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Ausgabe:

1992

Spalte:

24-25

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Niehr, Herbert

Titel/Untertitel:

Rechtsprechung in Israel 1992

Rezensent:

Köckert, Matthias

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 1

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per&Row in San Franzisco folgte. Sie erschien 1987 als paper-
back. Nun liegt die dritte Auflage der deutschen Ausgabe in einer
handlichen Form, vor allem zu Studienzwecken, vor.

Was zu dem Buch 1979 in der ThLZ ausgeführt wurde (Sp.
500-502), braucht hier nicht wiederholt zu werden. Die Gnosis-
forschung hat inzwischen enorme Fortschritte gemacht - seit der
Abfassung des Buches sind immerhin 15 Jahre vergangen. Es erschienen
Texteditionsreihen der Nag-Hammadi-Kodizes, Kommentare
, dazu philologische, exegetische und systematische Spezialarbeiter
neue Literatur über Mani und den Manichäismus
u. a. m. In seinem Vorwort zur vorliegenden Taschenbuchausgabe
geht K. R. auf diesen Tatbestand ein, den er selbst durch seine
Forschungsberichte in der Theologische Rundschau bestens
kennt, und schreibt: „Mein Buch wollte eine Zusammenfassung
auf Grund der gegenwärtigen Lage auf diesem Gebiet geben, und
das ist auch die Absicht der neuen Auflage geblieben. Eine Änderung
meiner Gesamtsicht des Gegenstandes hat sich mir als nicht
notwendig ergeben " (12). So blieb der Grundbestand des Werkes
unverändert. Abgesehen von Fehler-Korrekturen wurde „der
Fortgang der Forschung" und der „neueste Stand bei strittigen
Fragen" durch Ergänzungen dokumentiert, die sich vor allem in
den Anmerkungen und im Literaturverzeichnis finden. Kurt Rudolph
bemerkt dazu: „Irgendwelche Vollständigkeit ist dabei
nicht angestrebt worden; der Kenner wird das nicht benötigen,
der Laie nicht vermissen" (12).

Bedarf an sachkundiger Information über die Gnosis ist nach
wie vor reichlich vorhanden - nicht nur wegen ihrer Bedeutung
für die Geschichte des Christentums, sondern auch im Blick auf
die Neo-Gnosis in der Gegenwart und einer fundierten Auseinandersetzung
mit dieser Strömung. Die Taschenbuchausgabe
wird dabei gute Dienste leisten.

Berlin Karl-Wolfgang Tröger

Thyen, Johann-Dietrich: Bibel und Koran. Eine Synopse gemeinsamer
Überlieferungen. Köln-Wien: Böhlau 1989. XXX m. 2
Abb., 349 S. m Abb. 8°= Kölner Veröffentlichungen zur Religionsgeschichte
, 19. Kart. DM 58,-.

Dieses mit Abbildungen islamischer Miniaturen und volkstümlicher
Darstellungen sowie alter europäischer Stiche schön
gestaltete Buch macht es sich mit der Gegenüberstellung von zumeist
biblischen und koranischen Texten zur Aufgabe, nicht die
literarische Abhängigkeit koreanischer Zitate von der Bibel zu
bezeugen, sondern gleichklingende, sich einander entsprechende
Aussagen zu entdecken (vgl. IX, XVIII). Durch diesen Vergleich
kann es dem nichtislamischen interessierten Leser gelingen, die
Eigenart des Korans zu erfassen. Eben diesem Ziel dienen auch
die knappen Ausführungen des Herausgebers zur Entstehung des
heiligen Buches des Islams, der Haltung seines Stifters Muhammad
und einigen Positionen islamischer Gelehrter, für die - wie
für die Muslims überhaupt - der Koran Gottes Wort ist.

Der Vergleich folgt übersichtlich der Ordnung der Bibel, die in
der revidierten Lutherübersetzung von 1975 benutzt wird, und
setzt ihr passende Koranauszüge gegenüber, die in der wissenschaftlichen
Übertragung von R. Paret wiedergegeben und in
Fußnoten sparsam mit kommentierenden Bemerkungen sowie
inneren Verweisen versehen werden. Mehrere umfangreiche In-
dices erleichtern den Umgang mit diesem Buch.

Eine solche Synopse besitzt allerdings auch ihre Tücken.
Zudem geht der Hg. in der Auswahl nicht konsequent vor, ganz
zu schweigen von leider festzustellenden Mängeln auf philologischem
Gebiet, wo er arabische Begriffe und Namen teilweise unverständlich
eigenwillig oder falsch notiert.

Bibel und Koran unterscheiden sich in Umfang, Inhalt, Entstehung
und Stellung beträchtlich voneinander. Eine Parallelisie-
rung bleibt immer unvollkommen und auch unbefriedigend. Zu
berücksichtigen ist insbesondere, daß der Muslim neben dem
Koran eine allgemein akzeptierte, umfangreiche und Muhammad
zugeschriebene prophetische Tradition (Hadith) kennt.
Auch wenn sie für den NichtSpezialisten schwer zugänglich ist,
bildet sie doch die zweite feste Grundlage des Islams. Bei einer
Gegenüberstellung müßte sie eigentlich mitherangezogen werden
. Die gesuchten Gemeinsamkeiten würden sich in diesem Fall
bedeutend erweitern lassen, vor allem, was einzelne Aussagen
betrifft. Die Erzählungen der Bibel finden in der islamischen
Literatur ihren spezifischen Niederschlag in den sogenannten
Prophetengeschichten (Qisas al-anbiya'), die bei einfachen
Gläubigen unvermindert beliebt sind, obgleich streng gesinnte
Schriftgelehrte sie eher mißtrauisch betrachten. Der biblisch-
koranische Gleichklang ließe sich also ohne weiteres verstärken.
Der Herausgeber hat es auf der einen Seite versucht, indem er
nicht nur die Bibel herangezogen hat, sondern ebenso auf Apokryphen
, die jüdische Tradition bis hin zu Philo und Josephus
sowie altes christliches Schrifttum bis hin zur Legenda aurea zurückgegriffen
hat. Folgerichtig wäre dann die Erweiterung des islamischen
Textcorpus über den Koran hinaus gewesen.

Trotz dieser Ausstellungen empfiehlt sich dieses Buch als eine
weitere Hinführung zum Koran gerade für jene, die sich für den
interreligiösen Dialog oder zu pädagogischen Zwecken mit seiner
Religion befassen.

Leipzig Holger Preißlcr

Altes Testament

Niehr, Herbert: Rechtsprechung in Israel. Untersuchungen zur
Geschichte der Gerichtsorganisation im Alten Testament.
Stuttgart: Kath. Bibelwerk 1987. 144 S. 8°= Stuttgarter Bibelstudien
, 130.

Das Buch bietet eine instruktive Darstellung der Geschichte
der Rechtspraxis Israels von der vorstaatlichen bis in die nach-
exilische Zeit unter Berücksichtigung des Zusammenhanges zwischen
gesellschaftlichem Wandel und Veränderungen in den Institutionen
der Rechtsprechung.

Nach rechtshermeneutischen Überlegungen zur Quellenlage
(13-17; vgl. den Exkurs: Fiktionale Erzählungen, 118-122) gibt
der Vf. einen Überblick über die Gerichtsorganisation im Alten
Orient, freilich ohne Ägypten (19-38). Besonderes Interesse verdient
Mari, weil das hier zu beobachtende Nebeneinander von
Stammes- und Stadtgesellschaft, von gentiler (Volksversammlung
, Älteste) und staatlicher Gerichtsbarkeit (beamtete Richter)
den gesamten AO bestimmt hat. Hervorzuheben sind die Interpretation
von ARM V 39 (Zusammenspiel mehrere Rechtsinstanzen
) und eine Korrektur im Verständnis des Titels merhum
(der gegen AHw keine forensischen Funktionen impliziert). Die
Frage nach dem König als Appellationsinstanz bedarf m. E.
jedoch weiter der Klärung.

In der segmentären Stammesgesellschaft des vorstaatlichen
Israel (39-57) liegt die Jurisdiktion beim pater familias (für die
innerfamiliären Konflikte) und bei den Sippenältesten (für Konflikte
zwischen den Familien). Daraus hat sich die Ortsgerichtsbarkeit
entwickelt. Bei Reinigungseiden und Gottesurteilen müssen
Heiligtümer und Priester eine Rolle gespielt haben. Eine
richterliche Zentralinstanz fehlt in vorstaatlicher Zeit jedoch; die
sog. „Kleinen Richter" hatten weder ein zentrales Amt noch
eines der Rechtspflege (so mit W. Richter). Die Rekonstruktion
der vorstaatlichen Verhältnisse hängt weithin an der Belastbarkeit
der herangezogenen Texte. Hier urteilt der Vf. wesentlich op-