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Ausgabe:

1992

Spalte:

439

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Blázquez, José María

Titel/Untertitel:

El nacimiento del Cristianismo 1992

Rezensent:

Ortmann, Dorothea

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439

Theologische Litcraturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 6

440

nerseits eine Feststellung von Marcel Simon (in: Verus Israel. A
Study of the Relations between Christians and Jcws in the
Roman Empire. Oxford 1986, 232) zu wiederholen: „Gegen die
antijüdische Abneigung der offiziellen kirchlichen Kreise bildeten
die ebenso deutlichen pro-jüdischen Gefühle bei den Laien
und einigen Mitgliedern des Klerus ein Gegengewicht. Oder besser
: die Existenz pro-jüdischer Gefühle bei den Laien ist die wirkliche
Erklärung des christlichen Antisemitismus."

Die gründlichen und behutsamen Untersuchungsergebnisse
dieses Bandes klagen den in der Antike nicht stattgefundenen
Dialog zwischen Juden und Christen dringlich ein. Vielleicht
unter der Überschrift von Ep. Anne ad sence. 5: „Forschet also,
wer diese so schöne und ehrwürdige Welt gegründet hat."

Berlin Gerhard Beglich

Bläzquez Martinez, Jose Maria: El naeimiento del cristianismo.
Madrid: Editorial Sintesis 1990. 192 S. m. Abb. 8 = Historia
Universal Antiua, 16.

Der Autor dieses Buches ist vermutlich Altertumswissenschaftler
an der Copmlutenser Universität in Madrid im Fachbereich
Alte Geschichte, so weist es jedenfalls seine Unterschrift
aus. Absicht des vorliegenden Buches ist es, einer interessierten
Leserschaft die Hintergründe und die historischen Abläufe der
Entstehung des Christentums nahezubringen. Es bearbeitet auf
knapp 200 Seiten 400 Jahre Kirchengeschichte; damit ist klar, es
kann und will keinen eigenen wissenschaftlichen Beitrag leisten.
Die Literaturliste weist den Autor als Kenner klassischer Titel
zum Thema „Urchristentum" aus; dabei ist auffällig, daß ersieh
auf zahlreiche deutsche Autoren stützt, die ihm allerdings in
Übersetzungen vorlagen.

Erstaunlich ist die Unbefangenheit, mit der der Autor sein
Thema aufnimmt. Sein profangeschichtlicher Ausgangspunkt
schafft eine Distanziertheit. die es ihm erlaubt, das Thema so zu
behandeln, als hätte es nie jemand vor ihm getan. Das wirkt erfrischend
und befremdend zugleich. Zielstellung des Buches ist es,
die Entstehung und Entwicklung des Christentums im Zusammenspiel
der sie umgebenden Religionen zu verstehen, beispielsweise
aus den verschiedenen Gruppierungen des Spätjudentums
heraus und dann als hineinwachsende Religion in das Römische
Imperium. Von da ausgehend ist auch die Grundthesc des Autors
zu verstehen, wenn er behauptet, daß das Christentum ein religiöses
Phänomen des Römischen Reiches sei, denn der Aufstieg
des Christentums ist unmittelbar mit dem Zerfall des Römischen
Imperiums verbunden, wobei die Strukturen des Imperiums diejenigen
des sich entwickelnden Christentums zutiefst beeinflußt
haben. Es habe dabei eine Werteverschiebung stattgefunden, bei
der teilweise heidnische Werte übernommen oder durch neue
christliche verdrängt wurden. Schlußthese bleibt jedoch, daß das
Christentum eine synkretistische Religion ist, dies lassen die
Jahre seiner Entstehung ganz deutlich erkennen.

Rostock Dorothea Ortmann

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Lienhard, Marc, Nelson, Stephen E., u. Hans Georg Rott
[Bearb.]: Elsaß. Unter Benutzung der von J. Adam u. M. Krebs
hinterlassenen Materialsammlung bearb. III. Teil: Stadt Straßburg
1536-1542. Mit einem Beitrag von A. Gottwald. IV. Teil:
Stadt Straßburg 1543-1552 samt Nachträgen und Verbesserungen
zu Teil I—III. Gütersloh: Mohn 1986 u. 1988. 533 S. u.
621 S. gr.8 = Quellen zur Geschichte der Täufer, XV u. XVI.
Quellen und Forschungen zur Reformationsgcschichtc, 53 u.
54.

Die bibliographischen Angaben, aber auch der Abstand von 27
bzw. 29 Jahren zu Bd. 1 und 2 deuten die komplizierte Entstehungsgeschichte
der beiden vorliegenden Bde. an. über die das
Vorwort genauer informiert (III. 7-16). Für die zeitliche Abgrenzung
war das Ende der ersten Periode der Straßburger Reformation
(Tod Kaspar Hedios 1552) und der Führungswechsel im
Stadtregiment (Tod Jacob Sturms 1553) maßgeblich. Wie bei den
beiden Vorläufern wurde auch das Landgebiet Straßburgs mit berücksichtigt
. Dadurch konnte u.a. die einzige Verbindung zwischen
Bauernkrieg und Täufcrtum (in Borsch) mit dokumentiert
werden (III, 101. 1060- Nachdem Vorbild von Bd. I und 2 haben
sich die Bearbeiter bemüht, „sämtliche Strömungen und Individuen
- außer Katholiken und Juden - die, meist unter der sehr
pauschalen Bezeichnung .Wiedertäufer', sich mehr oder weniger
von der offiziellen Kirche absonderten oder mit ihr und mit der
Obrigkeit... irgendwie in Konflikt gerieten", zu erfassen (III. 9).
So bieten die Bde. die Quellen zum Schicksal Melchior Hofmanns
, zu den Schweizer Brüdern, die um 1540 wieder stärker
von sich reden machten, zu „Visionäre(n) aller Art" (III. 10).
d.h. zum Kreis um Hofmann, zum Küfer Martin Steinbach, zu
Clemens Zieglcrs Bruder Jörg, zu Ruprecht von Mosheim und zu
dem „prophetische(n) Philosoph(en) Justus Velsius" (ebd.). aber
auch zu Spiritualisten wie Sebastian Franck und Johannes Campanus
, zu den „Epikuräern" Anton Engclbrecht und Wolfgang
Schultheiß sowie über die Straßburgcr Beziehungen Kaspar
Schwcnckfeldts samt Anhang. Schließlich sind noch die Quellen
über den „religiös schwer cinzurcihcndc(n) Querkopf" Veit Bar-
thel (III, 11), einen albcrtinisch-sächsischcn Untertanen, der
wegen Bruch der Urfehde gegenüber Herzog Georg bis zu seinem
Tod 1552 siebzehn Jahre in schwerer städtischer Haft gehalten
worden ist, zu nennen.

Den Bearbeitern standen für die Jahre 1536-1538 nur später
angefertigte Protokollauszügc als offizielle Quelle zur Verfügung.
Wie bei Bd. 1 und 2 ergänzen sie diesen Grundstock durch die
Korrespondenz und die Gutachtertätigkeit der Straßburgcr Reformatoren
sowie durch einschlägige Passagen aus zeitgenössischen
Drucken. Ein Teil konnte nur auszugsweise oder in Regestform
wiedergegeben werden. Dem Platzmangel ist leider die
deutsche Übersetzung (Kurzfassung) der „Twistreden" von
David Joris mit den Hofmanniancrn. die von Johannes Aeronius
stammt (III, 157). zum Opfer gefallen. Ein Petit-Abdruck wäre
wünschenswert gewesen. Ausführliche Informationen über die
aufgenommenen Quellen erhält der Benutzer nicht. Er ist in der
Regel auf die knappen Bemerkungen in Bd. 1 (Vllf) und 2 (495)
angewiesen. So bleibt unklar, was z.B. unter Original zu verstehen
ist. wenn diese Quellenangabe für so unterschiedliche
Gattungen wie einen Brief Martin Frechts (III. 291). Capitos
Doktordisputation (III. 352f) oder die 1539 angenommenen
Glaubensartikel (III. 332-334) verwendet wird. Hat man sich bei
Briefen Ausfertigungen vorzustellen? Ähnliches gilt für die „Aufzeichnungen
". z.B. die von Heinrich Walther und Michel Hans
(III. 318-322) oder die des Notars Hilarius Mcigcr über den Rentenkauf
Anton Engclbrcchts (IV, 11). Läßt sich die Funktion der
„Gleichz. Abschr." des Schreibens vom Domkapitel an seinen
Vogt in Borsch wegen des Täufers Lienhart Bischof (III. 280 gL"
naucr bestimmen? Solche Details können mitunter konkrete Zusammenhänge
erhellen. Ergänzungsbedürftig sind die Angaben
zu Nr. 9a der Nachträge zu Bd. 1. einem knappen Auszug aus dem
an Thomas Müntzer gerichteten Brief Konrad Grcbcls (IV. 383)-
Die heutige Signatur: Vad. Br. XI/97h. Es fehlt der Hinweis. daß
der Brief unbestellt an den Absender zurückging. Aus der Vicf-
zahl der nicht verzeichneten Neudrucke vermißt man vor allen1
die Faksimilcausgabc von J.C. Wenger: Conrad Grcbcl: ^T°'
grammatic Leiters of 1524. With facsimiles of the original German
script of Grcbcl's letters. Scottdale. Pennsylvania 1970.