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Ausgabe:

1992

Spalte:

22-23

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Rudolph, Kurt

Titel/Untertitel:

Die Gnosis 1992

Rezensent:

Tröger, Karl-Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 1

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könnte sich dann das (neuzeitlich unumgängliche) Planen gründen " (ebd.).
Auch dieser religionsgeschichtlich orientierte Beitrag zielt damit auf ein
theonomes Verständnis von Gerechtigkeit, Friede und Schöpfung ab.

Unter der etwas irreführenden Überschrift „Leben und Überleben als
Thema der Eschatologic" (123-138) legt W. Mostcrt kritisch-theologische
Gedanken sowohl gegenüber dem „die technisch-industrielle Expansion
treibenden Intellekt" als auch gegenüber dem „antiintcllektualistischcn
Emotionalismus. der Aufbietung der Seele oder der Ganzheit gegen den
Kopf" (| 27) dar. Mostcrt fordert die gleiche Sensibilität für die Schöpfung
-als Natur" wie Tür sie „als Geist" (128).

Er wendet sich gegen jede selbstgerechte, moralistische Haltung, die den
-wahrhaft anthropogenen Charakter der Krise verhüllt" (131), in der nie
-der noch so edle Gedanke handelt, sondern immer der konkrete Mensch"
(ebd.). Die Überlebenshoffnung, so schärft Mostcrt immer wieder ein,
gründe sich nicht auf den Menschen, sondern allein auf Gott (134). Die Bewahrung
der Schöpfung hänge letztlich davon ab. ob die Menschen geprägt
seien vom existentiellen „Vertrauen auf Gottes schöpferische und versöhnende
Liebe" (137). Der Glaube sei die „ Daseinshaltung, in der allein die
Schöpfung wiederdas werden könne, was sie am Anfang war, nämlich gut"
(138).

von anderem Ansatz her weist die Vorlesung von P. Bühlcr „Gottes Vorsehung
und die Bewahrung der Schöpfung" (99-121) in eine ganz ähnliche
Richtung. Ein nicht fatalistisch verstandener Vorschungsglaube, wie er im
Anschluß an Calvin dargelegt wird, wolle den Menschen gerade „von Ohnmacht
und Resignation befreien", also „ihn zu neuem Handeln anleiten"
(113).

Er ist berufen zum „vor Gott verantwortlichen Verwalter der Schöpfung
", nicht zu ihrem „Eigentümer" (115). Aus dem Vorsehungsglaubcn
erwachse ein entdramatisiertes und unterscheidungsfähiges Handeln für
die Welt.

Gedanken über „Ökologische Ethik im Rahmen wirtschaftlicher Übcr-
'egungen"( 139-147) legt H. Ruh vor, während W. Bcrnct mit einem originellen
Beitrag über „Gottesdienst als Einübung auf das Scinlasscn der
Welt" (149-153) vertreten ist.

W. Kramer schließlich behandelt in einem zweiten praktisch-theolo-
g'schen Vortrag „Gerechtigkeit, Friede, Bewahrung der Schöpfung in
'ebenszyklischen Krisen. Zur Reichweite der Kasualien" (155-164). Kramer
interpretiert die Kasualien in lebenszyklischen Krisen als „konstruk-

lve Neukonstituierung von Friede und Gerechtigkeit" (156) angesichts
Persönlich erfahrener DeStabilisierung und Identitätszerstörung.
Die Kasualien bildeten die Möglichkeit, „im sozialen Nahbercich

enritte in das weitere Feld zu tun. da Gottes Friede und Gottes Gerechtigkeit
in weiteren Zusammenhängen vergegenwärtigt werden"; darin läge
'nr - unauffälliger, aber keineswegs sinn- und wirkungsloser Beitrag" für

as Bemühen um Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung.
(164)

Insgesamt bietet der kleine Band eine gelungene Probe theologischer
ärstellungs- und Deutungsversuche - Beispiele für eine Theologie, die zugleich
aktuelle Herausforderungen annimmt und bei ihrer Sache bleibt.

,e meisten Beiträge sind im besten Sinne kritisch-bcglcitcndc Hilfe für
jjas christliche Engagement für Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der
enopfung. Einige von ihnen, vor allem die exegetischen, kann ich mir gut
™l Studienmaterial für Arbeitsgruppen im Umkreis der Ökumenischen
Versammlung vorstellen.

Leipzig Jürgen Ziemer

Religionswissenschaft

Lanczkowski, Günter: Geschichte der nichtchristlichen Religionen
. Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch 1989. 391 S. 8°- Fisher
Lexikon.

Ein handliches Lexikon im Taschenbuchformat ist immer
nutzlich und willkommen, wenn es von Fachleuten geschrieben
Jst' denn der gebildete Zeitgenosse benötigt gediegene Informa-

nen auf Gebieten, in denen er selbst nicht zu Hause ist. Mit
ern v°rliegenden Fischer Lexikon der nichtchristlichen Religionen
liegt ein solches Nachschlagewerk in einer benutzerfreundli-

en Typographie vor. Es handelt sich dabei um die „gründlich

überarbeitete, aktualisierte und erweiterte Neuausgabe des 1972
erschienenen FISCHER LEXIKON Geschichte der Religionen"
(so auf der Rückseite des Titelblattes) unter Berücksichtigung
einiger „Neustiftungen" aus dem Fischer Taschenbuch „Die
neuen Religionen" von 1974.

Der Band enthält 68 Religionen und Religionskomplexe in
alphabetischer Reihenfolge als die „denkbar neutralste" Anordnung
des Stoffes. Behandelt werden die Religionen der „Alten
Welt" (ägyptische, babylonisch-assyrische, elamische, etrus-
kische, germanische, griechische, hethitische, keltische, puni-
sche, römische, sumerische und ugaritische Religion; der hellenistische
Synkretismus und der Manichäismus), die noch lebenden
„Weltreligionen" (Hinduismus als Fortsetzung des Brahma-
nismus, Buddhismus, Judentum und Islam), Religionen mit vorwiegend
(aber nicht nur) regionaler Ausstrahlung (afrikanische
Religionen, chinesische Religionen, Jinismus, Shinto, die Sikh-
Religion) und neuere Religionen (Bahai-Religion, Caodaismus)
sowie Religions- bzw. Gemeinschaftsgründungen der jüngsten
Vergangenheit (Vereinigungskirche, Gralsbewegung, Lorber-
Gesellschaft, Mormonen, Mazdaznan, Peace-Mission).

Besonders hervorzuheben ist die Aufnahme religiöser Neugründungen
in Japan, über die noch weithin ein Informationsdefizit
besteht: Konkökyö, Kurozumikyö, PL-Kyödan. Omoto-
kyö, Reiyükai, Risshö Köseikai, Söka Gakkai und Tenrikyö. Sofern
den „Neuen Religionen" nicht ein eigener Artikel gewidmet
ist, sind sie „ihren Entstehungsgebieten als Neustiftungen zugeordnet
" worden und finden sich in den Abschnitten Afrikanische
Religionen, Chinesische Religionen, Hinduismus, Koreanische
Religionen und Ozeanische Religionen. Beim Hinduismus werden
Integraler Yoga (Aurobindo), Sarvodaya-Samäj (Gandhi),
Transzendentale Meditation, Divine Light Mission, International
Society for Krishna Consciousness (ISKCON). die Ananda
Marga- und die Bhagwan-Shree-Rajneesh-Bewegung besprochen.
Vertreten sind auch die Black Muslims, die Musica-Religion und
die Ras Tafari-Bewegung, ferner Umbanda und Wodu, die Yesi-
den, die Inka- und Maya-Religion, indianische und mexikanische
Religionen, der Parsismus (Zarathustra), die Mandäer und anderes
mehr. Bei den „Neureligionen" vermißt man die Sciento-
logy Kirche (Hubbard) und die Kinder Gottes (David Berg).

Die Artikel sind konzentriert, aber gut lesbar, unpolemisch
und dialogfreundlich geschrieben. Hilfreich sind die religionswissenschaftlichen
Begriffe, die Ausspracheregeln, eine Rcli-
gionsstatistik und eine 22seitige Bibliographie im Anhang sowie
ein Register von Namen und Sachen, das den Benutzungswert
des Lexikons noch erheblich erhöht.

Berlin Karl-Wolfgang Tröger

Rudolph, Kurt: Die Gnosis. Wesen und Geschichte einer spätantiken
Religion. 3., durchges. u. erg. Aufl. Göttingen: Vanden-
hoeck & Ruprecht 1990. 451 S. m. Abb., 1 Faltkte. kl.8« UTB
für Wissenschaft: Uni-Taschenbücher, 1577. Kart. DM 39,80.

Kurt Rudolphs Gnosisbuch ist seit seinem Erscheinen im
Jahre 1977 bei Koehler&Amelang in Leipzig bzw. 1978 bei
V.&R. in Göttingen bereits zu einem internationalen Standardwerk
geworden, das durch seine übersichtliche Anlage (Quellen,
Wesen und Struktur, Wirkungsgeschichte der Gnosis) und allgemeinverständliche
Darstellung eines vielschichtigen Phänomens
einen großen Benutzerkreis unter Wissenschaftlern und Gnosis-
intercssenten gefunden hat. Das läßt sich durch einen Blick in die
Literaturverzeichnisse von Publikationen über Gnosis und Neo-
Gnosis in den letzten zehn Jahren unschwer feststellen. Bereits
1980 konnte eine zweite Auflage erscheinen, der 1984 eine eng-
lischsprachigc Ausgabe bei T.&T. Clark in Edinburgh und Har-