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Ausgabe:

1992

Spalte:

428-430

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Becker, Hans-Jürgen

Titel/Untertitel:

Auf der Kathedra des Mose 1992

Rezensent:

Broer, Ingo

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 6

428

"Sin: Covenant and Cosmic", während die folgenden drei: Nah.
Hab, Zeph "Punishment: Covenant and Cosmic" behandeln
und schließlich Hagg, Sach, Mal "Rcstoration: Covenant and
Cosmic" entfalten (72). Daß der Begriff „Sache des Bundes",
wenn dabei an Hebräisch b'rit gedacht sein sollte, in den meisten
dieser Bücher fehlt, wird ebenso großzügig übersehen, wie der
Tatbestand, daß in keinem von ihnen Israel als Gottesvolk und
Kosmos gleichrangig nebeneinandergestellt wird. Dagegen wird
es für eine so steile These notwendig, ohne näheren Nachweis zu
behaupten, daß im Jonabüchlein "every phrase" sich auf das
durch den Profeten symbolisierte Israel beziehe (84) oder daß
Nahum "demonstrates the validity of the promises of judgement
in Hosea-Micah" (91). Einen durchgängigen Gedankengang als
plot versucht Kap 4 aufzuweisen, beginnend mit den Anfängen
von Gottesgeschichte mit Israel bis hin zur rcstoration. Dabei
erfährt der überraschte Leser, daß er im Dodekaprophcton eine
Art von Komödie kennengelernt hat: "Though not a comedy ge-
nerally, the Twelve displays many comic features" (161). Ein
fünftes Kapitel untersucht die Charaktere des als Zusammenhang
gesehenen Textes und beschränkt sich auf vier Helden:
Jahwä. den Profeten, Israel "as Rebel and Rcmnant", die Fremdvölker
. Kap 6 bringt einen Überblick: "The Twclve's point of
View" mit dem Ergebnis, Gott sei der vorausgesetzte Autor, der
Profet der „Erzähler", Israel wie die Heiden aber, beide "sinful
and remnant", die Adressaten (240f).

Der letzte Absatz des Buches leitet den Epilog mit dem Satz
ein: "There is absolutely no way to verify that the pattern I have
proposed was exactly what the original shapers of the Book of the
Twelve had in mind" (244). Das wird ein resignierender Leser
bereitwillig unterschreiben.

Hamburg Klaus Koch

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Neues Testament

Becker, Hans-Jürgen: Auf der Kathedra des Mose. Rabbinisch-
thcologischcs Denken und antirabbinischc Polemik in Matthäus
23.1-12. Berlin: Institut Kirche und Judentum 1990.
267 S. 8 1 = Arbeiten zur neutcstamcntlichcn Theologie und
Zeitgeschichte. 4.

Der Vf. erläutert in seiner Berliner Dissertation von 1988 nach
einer kurzen Übersicht über die einschlägige Literatur sein Ziel,
das naturgemäß mit den von ihm festgestellten Mängel in den
Vorgänger-Untersuchungen zusammenhängt: Die rabbinischen
Quellen sollen zur Abgrenzung und Interpretation der matthäi-
schen Redaktion in Mt 23 benutzt werden und auch die Entstc-
hungssituation der Rede in Mt 23 besser verstehen lehren, da
ohne eine Berücksichtigung der Situation der Toraübcrlicfcrung
nach 70 eine sachgemäße Interpretation v. a. der Aussage von Mt
23.2f nicht möglich ist. Der Vf. beschränkt sich dabei auf Mt
23.1 — 12. da die Heranziehung der rabbinischen Parallelen zu den
Wcherufcn zwar Einzelnes zu diesen hätte beitragen können,
„darüber hinaus aber dem anhand von V. 1-12 Erarbeiteten
nichts Wesentliches hinzugefügt" hätte. Dem Programm entsprechend
finden sich in dem Buch B.s immer wieder lange, auf die
Erhellung der entsprechenden jüdischen Tradition vor und nach
70 bezogene Passagen und daneben andere, die die Interpretation
von Mt 23 auf diesem Hintergrund behandeln.

Im ersten Abschnitt beschäftigt sich der Vf. mit der Konsolidierung
des Judentums nach 70 unter Führung der die Nachfolge
der Pharisäer antretenden Chakhamim, dem Gcschichtsvcr-
ständnis der Letzteren und dem Kathcdra-Motiv in der jüdischen
Literatur. Die sich wandelnden Verhältnisse hin zur Vormachtstellung
der Chakhamim spiegeln sich auch im Mt. wo die
bei Mk noch differenzierende Rede von den Schriftgelchrten als
eigenständiger Gruppe wegfallt und diese undifferenziert und
formelhaft zusammen mit den Pharisäern genannt werden.
Durch die ebenfalls formelhafte Zusammenstellung der Pharisäer
und Sadduzäer (in Mt 16) nimmt Mt dem Text gerade den
sonst eindeutigen Charakter einer Ablehnung der rabbinischen
Lehre. Mt 23.2f ist im übrigen älter als die rabbinischen Belege
von der autoritativen Stellung der Chakhamim und zeigt, daßdic
entsprechende Vorstellung schon im ersten Jahrhundert vorhanden
war. Gleichwohl kann sie sich nach 70 nicht so schnell durchgesetzt
haben, daß man das Mt etwa schon auf 85 datieren
könnte.

Die Exegese von Mt 23.2f beherrscht den zweiten Abschnitt
des Buches. Im Kontext der von B. herangezogenen Belege sind
Mt 23.2.3a, die der Vf. im übrigen auf die Redaktion des Evangelisten
zurückführt, als Bekräftigung des Anliegens der Chakhamim
zu verstehen, der von ihnen vorgetragenen Tora Verbindlichkeit
zuzuweisen.

Die Gemeinde des Mt soll den Forderungen der Chakhamim nachkommen
. Mt will an dem u.a. in Yavncgefundenen Minimalkonsens unbcdiW
festhalten. Der Vorbehalt des Mt richtet sich ausschließlich gegen das IW
der Chakhamim. zu dem ihre Ablehnung Jesu und seiner Autorität geholt
Deswegen kann Mt die Polemik gegen die Schriftgelchrten und PharisäCi
insgesamt - bei Schonung hinsichtlich der Lehre! - verschärfen. Die hüuf'l
als Gegeninstanz zu Ml 23.2.3a herangezogene Belegstelle Mt 15.1-20 enthält
nach B. keine pauschale Verwerfung der Tradition, vielmehr will M' "'
seinem Werk die Kontinuität der Lehre Jesu zur seit jeher tradierten l|ik'
neu interpretierten Tora aufzeigen.

Da die Übereinstimmung von Lehre und Tun vor allem in der Zeit der
sich erst herausbildenden Autorität der Chakhamim zwingendes OcW
war. muß Mt 23.3b als überzogene Polemik verstanden weiden, die zumindest
in ihrer Verallgemeinerung der Realität nicht gerecht wird, wem1 ~
auch bei Juden und „Christen" einzelne Fälle gegeben haben w ird, die <W
Mahnung von 23.3b notwendig machen.

Der dritte Abschnitt behandelt Mt 23.4. B. versteht diesen v-