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Ausgabe:

1992

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 5

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des Autors, wenn es um die Folgen der Gründung des Staates
Israel geht oder wenn er Bilanz zieht, wie Deutsche jeglichen
palästinensischen Ansatz, eigene Verantwortung zu übernehmen
, blockierten. Wir können in einem Buch aus diesem Teil der
Welt angesichts der schwerwiegenden politischen Zwistigkeiten
nicht erwarten, daß der Autorsich von jeder antisemitischen Ansicht
distanziert, die von einigen christlichen Persönlichkeiten
geäußert wurde. Der Autor berichtet ja nur. Es liegt an uns, es zu
akzeptieren oder es übel zu nehmen.

R.s Buch ist eine interessante Lektüre. Die Entwicklung einer
Kirche ereignet sich nicht im Vakuum. R. spiegelt prägnant die
Weltereignisse und sieht, daß Kirchengeschichte nur selten durch
direkte göttliche Fügung gemacht wird - deus ex machina - sondern
eher ein Resultat von Zwängen, Krisen und Chancen ist. Es
ist bemerkenswert, daß eine Kirche, die 1959 in dieser von Kriegen
gebeutelten Region gegründet wurde, nicht den Namen „palästinensisch
" führt. „Es ist wohl nicht zufällig, daß das Adjektiv
„palästinensisch" hier vermieden wird. Mitte der fünfziger Jahre
war die Zeit, da der ägyptische Staatspräsident Nasser den Pan-
arabismus proklamierte. Der Einfluß jener im ganzen Nahen
Osten verbreiteten Gedanken, machte sich auch in den arabischen
Gemeinden bemerkbar" (215). Plötzlich wird man gewahr,
daß palästinensischer Nationalismus auch aus dem Namen einer
Kirche herausgelesen werden kann.

Genf Hans Ucko

Müller, Karl, u. Werner Prawdzik [Hg.]: Ist Christus der einzige Weg
zum Heil? Nettetal: Steyler 1991. 199 S. gr.8 - Veröffentlichungen des
Missionspriesterseminars St. Augustin bei Bonn, 40.

Sattler, Dorothea, u. Theodor Schneider: Gedanken zum katholischen
Engagement bei der (Neu-)Evangelisierung Europas (ÖR 40, 1991, 168-
176).

Scherer, James A.: The Lutheran missionary pioneers: who were they?
(CThMi 17, 1990, 343-365).

Selge, Kurt-Victor: Mission als Aspekt der Kirchengeschichte (ZfM 17,
1991, 167-174).

Ting, K. H.: The church of Jesus Christ is there in China (CThMi 17,
1990, 375-380).

Vikner, David L.: Lessons from the church in China (CThMi 17, 1990.
366-374).

Vogt, H.: Die totale Mission der Mormonen. Aufstieg und Expansion
einer amerikanischen Großsekte (ZKTh 112, 1990, 406-426).

Referate über theologische
Dissertationen/Habilitationen

Bell, Richard H.: The Origin and Purpose of the Jealousy Motif in
Romans 9-11. A Case Study in the Theology and Technique of
Paul. Diss. Tübingen 1991. XIX, 359 S.

Diese Dissertation untersucht das Eifersuchtsmotiv in Rom 9-
11, d. h. die Eifersucht der Juden auf die heidnischen Christen. In
Kap. 1 wird die Bedeutung der Wurzeln k:p und £nA - untersucht.
Es wird festgestellt, daß das Verb 7tapa£r|A.oüv im Rom 10-11
„zur Eifersucht reizen" bedeutet, aber die Eifersucht manifestiert
sich auf zwei verschiedene Weisen: in Rom 10,19 als
„Ärger" und in 11,11.14 als „Nacheifern". In Kap. 2 werden die
verschiedenen Einleitungsfragen zu Rom9-11 untersucht: Paulus
verteidigt sein Evangelium von der iustificatio impiorum. Es
wird gezeigt, daß die Heilsgeschichte eine wichtige Rolle in
Rom 9-11 spielt und daß das Eifersuchtsmotiv ein wesentlichere
Teil dieser Heilsgeschichte ist.

In Kap. 3 wird Rom 10,14-21 ausgelegt sowie Rom 10,19 im
Detail untersucht. Es wird argumentiert, daß die Frage in 10,19
heißen muß: Wußte Israel nicht, daß das Evangelium (und das
zugehörige Heil) sowohl zu den Heiden als auch zu Israel gelangen
sollte? Dt32,21b gibt dann die passende Antwort: Ja, Israel
wußte es.

In Kap.4 wird Rom 11.11-32 mit dem Schwerpunkt auf
11,11-14 und 1 1,25-32 ausgelegt. Nacheifern wird hier als ein
zukünftiges Geschehen gesehen und hängt zusammen mit der
Rettung Israels bei der Parusie.

Der genaue Zusammenhang zwischen dem Eifersuchtsmotiv
und der endgültigen Rettung Israels bei der Parusie wird in
Kap. 5 untersucht. Es wird argumentiert, daß die beiden Wege
der Rettung (durch Eifersucht und durch die Parusie) zusammengehören
(Rom 11,11-15). Diese Eifersucht ist eine Vorbereitung
für die Rettung Israels bei der Parusie, indem Israel den Heiden
nacheifert.

Kap. 6 behandelt die Frage nach den theologischen Gründen
der Eifersucht. Es wird festgestellt, daß Paulus keine Substitutionstheorie
im Römerbrief vertritt (d.h. die Kirche substituiert
Israel nicht). Israel wird nicht deshalb eifersüchtig, weil seine Privilegien
übertragen werden, sondern weil sie auf die Heiden erweitert
werden. Weitere Gründe für die Eifersucht sind: die Heiden
wurden berufen, Israel aber wurde verstockt; das Leben der
Christen war charakterisiert durch Gnade und Freiheit, das der
Juden durch Werkgerechtigkeit; nach Paulus haben alle Menschen
(einschließlich Israel) die Gottebenbildlichkeit verloren
und nur für diejenigen, die in Christus sind, ist das Bild wiederhergestellt
.

Kap. 7 behandelt den Ursprung des Eifersuchtsmotivs. Entscheidend
ist das Lied des Mose, Dt 32,1 -43. Dieses Lied, das die
ganze Geschichte Israels darstellt, hatte eine wichtige Stellung im
palästinischen und hellenistischen Judentum, und die heilsgeschichtliche
und eschatologische Dimension des Liedes wurden
von Paulus aufgegriffen. Das Lied nimmt einen wichtigen Platz
in der „ Bibel des Paulus" ein (vergleichbar der „ Bible of the early
Church" von C. H. Dodd). Als Paulus Dt 32,2 lb zitierte, hatte er
das ganze Lied im Blick. Dieses Lied ergab einen guten Hintergrund
für Röm9-ll: Erwählung und Sündenfall Israels, seine
Eifersucht auf die Heiden und die Rettung der Heiden und
Juden.

In Kap. 8 wird der Zusammenhang zwischen dem Eifersuchtsmotiv
und der Erfahrung des Paulus untersucht. Paulus war vor
seiner Bekehrung nicht eifersüchtig auf die Christen, sondern
eiferte für Gott. Der Eifer des Paulus entsprach dem Eifer Gottes
um Israel. Paulus der Pharisäer dachte wie Israel, daß er durch
den Eifer einen direkten Zugang zu Gott habe. Der christliche
Paulus aber erkannte, daß der Eifer Israels (und daher auch sein
vorchristlicher Eifer) nicht in der Erkenntnis des Heils in Christus
war (cf. Rom 10,2). Israels Zugang zu Gott wird nicht auf direktem
, sondern indirektem Weg erfolgen, nicht durch Eifer, sondern
indem die Juden den Heidenchristen nacheifern. Es wird
weiterhin festgestellt, daß die lukanische Eifersucht eine andere
als die in Rom 9-11 ist. Der CfyKoq der Juden in Acta 13,45
17,5) war lediglich Neid auf den Erfolg der Apostel.

In Kap. 9 wird unter Berücksichtigung der Ergebnisse von
Kap. 4 und 5 festgestellt, daß Paulus selbst erwartete, daß er die
„Fülle der Heiden" durch die Mission in Spanien einbringen
würde und daß durch diese Mission Israel eifersüchtig würde. Die
Theorie von Johannes Munck über den Zusammenhang zwischen
der Kollekte und dem Eifersuchtsmotiv wird hier abgelehnt. Es
wird dargelegt, daß Paulus die jüdische Erwartung der Völkerwallfahrt
umdrehte. Paulus glaubte, daß Israel zur Herrlichkeit Gottes
in den Heiden kommt und nicht umgekehrt (wie in Jes2,2-3)-
Zum Schluß wird gezeigt, daß das Eifersuchtsmotiv nicht bedeutet
, daß eine Mission an Israel abgelehnt werden muß.