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Ausgabe:

1992

Spalte:

387-388

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Nuntiaturberichte aus Deutschland ; 3. Abt., 7. Bd.: Nuntiatur Giovanni Dolfins 1992

Rezensent:

Koch, Ernst

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 5

388

Konzils auszulegen sei (51). Auch Th. Schneider hält die jetzt gegebene
Lage aus diesen Gründen für „kontraproduktiv" im Blick
auf die jetzt eidespflichtig gemachten jungen Weihekandidaten
und Pfarramtsanwärter (109); er gibt zu bedenken, daß sich im
Jahre 1969 neben anderen prominenten Theologen auch der jetzige
Präfekt der Glaubenskongregation noch für „die Freiheit der
Theologen und der Theologie" eingesetzt und nach Abhilfen
gegen eine Gefährdung der freien theologischen Arbeit gesucht
hatte (1100-

Abschließend stellt Schneider die Frage nach dem neutesta-
mentlichen Verbot zu schwören im Blick auf die kirchliche Praxis
(117-120). Er beantwortet sie selbst nicht, zitiert aber überzeugende
kritische Voten. Sie wären Grund genug, die gleiche Frage
auch einmal im Blick auf unsere evangelischen Verpflichtungsformeln
zu stellen.

Brühl Albert Stein

1 Hans Heimerl, Romkritik vor dem Forum des Kirchenrechts, Österr.
Archiv Tür Kirchenrecht 38, 1989, Heft 3/4, 473ff. 377 („unverständliche
Schlamperei").

2 ABI Bischofskonf. Nr. 5/1991, 4f.

3 Allerdings wäre auch S. 142 sanctire besser mit „in Kraft setzen" als
mit „heiligen" übersetzt gewesen.

Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken
. 3. Abt.: 1572-1585. 7. Bd.: Nuntiatur Giovanni Dol-
fins( 1573-1574). Im Auftrage des Deutschen Historischen Instituts
in Rom. Bearb. von A. Bues. Tübingen: Niemeyer 1990.
LVIII, 794 S. gr.8°. Kart. DM 256,-.

Dieser neue Band der III. Abteilung der seit 1888 vorbereiteten
und im Gange befindlichen Edition hat eine Vorgeschichte von
nahezu 100 Jahren. Die ersten Überlegungen zu seiner Planung
waren mit wissenschaftspolitischen Rivalitäten zwischen Preußen
und Österreich verwoben, die im Gefolge der Öffnung des
Vatikanischen Archivs durch Papst Leo XIII. auftraten. Diese
Rivalitäten wurden im Dezember 1891 durch eine Einigung beigelegt
, die Österreich die Publikation der Nuntiaturberichte aus
den Pontifikaten Pius' V. (1559-1572), Preußen die der Nuntiaturberichte
aus dem Pontifikat Gregors XIII. (1572-1585) überließ
. Auf dieser Einigung beruht die Abgrenzung zwischen den
Abteilungen II und III der Reihe, während Abteilung I die Jahre
von 1533 bis 1559 umfaßt.

Die vorgenommene Abgrenzung hat es mit sich gebracht, daß
die Texte der Amtszeit des Nuntius, dem der vorliegende Band
gewidmet ist, nicht nur auf mehrere Bände der gleichen Abteilung
verteilt sind - das wäre bei dem Umfang des überlieferten
Materials ohnehin zu erwarten gewesen -, sondern auch über die
Abgrenzung zweier Abteilungen hinaus. Die Amtszeit von Giovanni
Dolfin (Dolfino) begann in der Mitte des Jahres 1571 und
endete im April 1578. So kommt es, daß die (freilich in geringer
Zahl überlieferten) Texte aus dem Jahr 1571 in Bd. 8 der Abteilung
II (hg. v. J. Rainer, Graz-Köln 1967) enthalten sind, während
Bd. 6 der Abteilung III (hg. v. H. Goetz, Tübingen 1982) das
Material des Jahres 1572 und des Frühjahrs 1573 enthält (der
vorliegende Band beginnt mit dem 25. April 1573 und endet mit
dem Dezember 1574).

Der vorliegende Band schließt sich erstmals in der Editionsreihe
konsequent der venezianischen Schreibweise des Namens
des Nuntius an: Dolfin statt der latinisierten Form Delfino (vgl.
S. XII Anm. 21). Dolfin stammte aus Venedig. Er war im erwähnten
Zeitraum Nuntius am kaiserlichen Hof in Wien. Das bestimmt
die Schwerpunkte der Angelegenheiten, von denen in seinen Berichten
und den Weisungen der Kurie die Rede ist. Die Diktate des
Nuntius sind „Momentaufnahmen, Zeitungsmeldungen vergleichbar
" (XXI). Für seinen Korrespondenzpartner an der
Kurie, den Staatssekretär Tolomco Gallio, ist wichtig zu berücksichtigen
, daß seine Tätigkeit durch die Behördenreform unter
GregorXIII., eine starke Profilierung in Richtung auf Modernisierung
und Effektivität erfuhr (zur Struktur des Staatssekretariats
vgl. die Beschreibung durch die Bearbeiterung S. XXVIII-
XXX). Die Bearbeiterin des vorliegenden Bandes macht anhand
der Textänderungen Gallios an den Primärvorlagen der Weisungen
an Dolfin die Bemühung um Präzision und gewünschte stilistische
Prägnanz klar, auf die es dem Staatssekretär im Umgang
mit dem Nuntius ankam. Der Nuntius selbst und die Nuntiatur
fungieren im Sinn der Kurie als Werkzeuge und Mittel der nach-
tridentinischen Kirchenreform im Reich. Es sind Erzbistümer
und Bistümer und die Territorialherren, die das Interesse des
Nuntius erregen. Freilich berichtet er meist nur als Außenstehender
von den Vorgängen. Gelegentlich erscheint der spanische Gesandte
am Kaiserhof als Vermittler präziserer Informationen.
Aber auch die Ereignisse der großen Politik in der Türkenfrage
und in der polnischen Thronangelegenheit finden das Interesse
Dolfins. Das alles bedeutet, daß er im wesentlichen Berichterstatter
ist und von der Kurie nicht aktiv in Vorgänge außerhalb des
Kaiserhofs eingeschaltet wird.

Die Gestaltung der Edition beruht auf einer vollständigen Wiedergabe
der unmittelbaren Korrespondenz zwischen Dolfin und
der Kurie. In der Kommentierung eingearbeitet wurden die Berichte
anderer Gesandter am Kaiserhof, vor allem derer aus Florenz
, Venedig, Mantua und Ferrara, aber auch ergänzende bzw.
erläuternde Schriftstücke aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv
in Wien. Die Textgeschichte der Weisungen des Staatssekretärs
Gallio wird nun auswahlweise nachgewiesen. Im übigen identifiziert
der Kommentar Personen, Orte und Ereignisse, auf die die
Texte Bezug nehmen, immer wieder auch unter Nennung ausgewählter
Forschungsliteratur. Knappe durchnumerierte Kopfregesten
, deren Zählung mit der fortlaufenden Zählung der Abschnitte
der Schriftstücke selbst korrespondiert, ermöglichen
eine erste Orientierung über die Inhalte. Zwei Übersichten über
die erhaltene Korrespondenz nach Daten und monatlicher Anzahl
, Archivalienverzeichnis, Literaturverzeichnis und ein Register
beschließen den Band.

Mit dieser Edition liegt der Forschung eine wichtige neue
Quellenpublikation vor, die die Beziehungen zwischen Kaiserhof
und Kurie in einer entscheidenden Epoche der Papstgeschichtc
und der römisch-katholischen Kirche dokumentiert. Sie vermag
auch die Verhältnisse am Hof MaximiliansII. und die Pläne weiter
zu erhellen, die dort die europäische Politik begleitet haben-
So z. B. enthalten die publizierten Texte Erwägungen über eine
Entsendung römisch-katholischer Prediger nach Kursachsen
im Gefolge der dortigen religionspolitischen Umorientierung in1
Frühjahr 1574.

Stichproben haben folgende Unsicherheiten und Ungenauig-
keiten ergeben: Der Name Seyfried Preiner erscheint S. 46
Anm. 14 und S. 65 Anm. 5 und an weiteren Stellen in unterschiedlicher
Schreibweise. - Der Verweis des Registers auf Kurfürst
August von Sachsen für S. 526 ist unzutreffend; S. 526 Z. 25
ist vom duca di Savoia (also von Emanuele Filiberto), nicht vom
duca di Sassonia die Rede. - S. 584 Anm. 2 und im Register
S.774 ist Martin Moller in Heinrich Moller (1530-1589) zu ändern
.

Die Bearbeiterin des Bandes, der für große Umsicht und Sorgfalt
zu danken ist, sagt voraus, daß die noch ausstehenden 1"
Jahre der Abteilungiii „noch einige Zeit auf ihre Bearbeitung
[werden] warten müssen" (LVIII). Das mag bedauerlich seinwird
aber der Wirklichkeit näher kommen als seinerzeit die op"'
mistischen Prognosen des ausgehenden 19. Jh.s.

Leipzig Ernst Koch