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Ausgabe:

1992

Spalte:

365-366

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters ; 45,1 u. 2 1992

Rezensent:

Haendler, Gert

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 5

366

kann Paulusbriefe gekannt haben, aber ob so bezeichnet? Auch Gervasius von Tilbury widmete Otto ein „solacium imperatoris"

wenn Papias Lukas nicht erwähnte, scheint er übrigens Jesus- (76). Auf Gervasius geht auch die Weltkarte von Ebstorf zurück;

Überlieferung, vorhandene Jesusbücher und eigene Arbeit ähn- sie zeigt Jerusalem im Mittelpunkt der Welt, die „heilige Stadt,

'ich zu sehen wie Lk 1,1-4; das wäre vielleicht mal ein paar Zei- mit dem Bild des auferstandenen Christus" (81). Ottos IV. Fröm-

'en wert. migkeit zeigt sich auch an einer Klosterstiftung, Geschenken für

W. hat jedenfalls das Verdienst, das Wir-Problem umfassend Kirchen sowie seiner Sorge um sein Seelenheil. Man war am Hofe

mit Glanz und Elend der gesamten Forschungsgcschichte im Ottos IV. bestrebt, „die Einheit von Himmel und Erde, von

Kopf angepackt zu haben. Was seine Lösung taugt, getraue ich Glauben und Wissen zu bewahren" (82).

mich nicht zu sagen. Denn inzwischen hat J. Thornton, Der James RossSweeney informiert über „Unbekannte Briefe Kai-
Zeuge des Zeugen. Lukas als Historiker der Paulusreisen, Tübin- ser Friedrichs II. im Codex Indianensis der Werke Senecas".
8en 1991, eine Materialschlacht angezettelt, an deren Ende Lukas Klaus H. Lauterbach nennt als Thema: Der „Oberrheinische Re-
als Verfasser der Apg und Augenzeuge zumindest für die Wir- volutionär" und Mathias Wurm von Geudertsheim. Neue Unter-
Berichte aufersteht, während W. neben anderen Helden der For- suchungen zur Verfasserfrage (109-172). Das zwischen 1490 und
schung auf der Walstatt bleibt. Die müßte man auch erst einmal 1510 entstandene „Buchli der hundert capiteln mit 40 Statuten"
besichtigen. Wem die Zeit dazu fehlt, der notiert sich beide war „weder als Pamphlet gegen Maximilian konzipiert noch als
Bücher und zieht sich mit dem Seufzer zurück, daß einige von Propagandatraktat für dessen reichspolitische Ziele". Es enthält
uns eine Lösung des Rätsels haben, wir aber nicht. „Einsichten und Positionen eines engagierten Beamten der königlichen
Kanzlei, der dem Generationswechsel im Regiment...
Heidelberg Christoph Burchard zunächst erwartungsvoll, dann aber zunehmend kritisch gegenübersteht
" (172). Theologisch gehaltvoll ist die Arbeit von Johannes
Fried „Endzeiterwartungen um die Jahrtausendwende"
Kirchengeschichte: Mittelalter (381-473). Eine Fülle zeitgenössischer Quellen läßt sich unterschiedlich
werten. „Beklommenheit und Angst sind also ein Sig-

n . _ ..... , num der Epoche, wenn auch keine bis zur letzten Stunde des

deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters. Namens der . , ra„ mnfl . • ■ .„ ,-,.„., .__, „„ -a „_«-_-u...«n;„«

»,„ . _ r- i ti Jahres 1000 terminierte rurcht, sondern jene unterschwellige,

ivionumenta Gcrmaniae Historica hg. von H. Fuhrmann u. H. ,

M. Schaller. 45. Jahrgang Heft 1 u. 2. Köln-Wien: Böhlau ,mmer erneuerte, und von Zeit zu Zeit dramatisch aktualisierte

1989. XX 791 S gr 8 Angst vor dem mystischen Jahre 1000" (437). Fried will aber

nicht zurück „zum romantisch-sensationellen Untergangsspek-

Einem Bericht von Horst Fuhrmann über Fortschritte bei den takel"; vielmehr wurden die Menschen motiviert, „in Aktivitäts-

Monumenta Germaniae Historica (I-XVI) folgt der Aufsatz von Fülle ihre Angst zu bannen" (472). Hans Eberhard Mayer berich-

Jörg W. Busch: „Landulfi senioris Historia Mediolanensis"- tet über „Das syrische Erdbeben von 1170" und wertet einen

Uberlieferung, Datierung und Intention (1-30). Erst späte Über- bisher unedierten Brief aus, den König Amalrich von Jerusalem

'ieferung sprach von einer „Historia"; ursprüglich vertrat jene an König Ludwig VII. von Frankreich richtete. Werner Rösener

Quelle die Ambrosianische Eigenständigkeit Mailands, „die schildert „Hofämter an mittelalterlichen Fürstenhöfen" (485-

unter dem Aufbegehren der Pataria schließlich dem Vordringen 550). Anna-Dorothea v. den Brincken bietet den 2. Teil ihrer

de>" römischen Reform unterlag" (15). Buch I—III stammen aus „Studien zur Überlieferung der Chronik Martins von Troppau"

den Kampfjahren 1076/77, Buch IV ist nachgetragen. Jürgen Pe- (551-591). Joachim Deeters stellt vor: Ein neuer Textzeuge der

tersohn überschreibt seinen Beitrag: Jubiläumsfrömmigkeit vor Vita Henrici secundi imperatoris des Adalbold von Utrecht

dem Jubelablaß - Jubeljahr, Rcliquientranslation und „remis- (592-595). Verena Epp untersucht die Entstehungeines „Natio-

s,o" in Bamberg (1189) und Canterbury (1220). Stephan Langton nalbewußtseins" in den Kreuzfahrerstaaten (596-604). Zumal

ha(te 1220 die Gebeine des 1170 ermordeten Thomas Becket die Chronik des Wilhelm von Tyrus entstand aus dem Gefühl,

Urjerführt; dies galt „als frühester Versuch, in Anlehnung an das „zur Bewahrung der Heimat verpflichtet zu sein und aus diesem

alttestamentliche Jubeljahr ein 50. Jubiläum der mittelalterli- Verantwortungsbewußtsein heraus Geschichte zu schreiben"

Cnen Kultgeschichte mit dem Gedanken der Sündenvergebung (604). Eine weitere Miszelle von Gabriel Silagi gibt Informatio-

Zu verbinden" (35). Aber „gut 30 Jahre zuvor bereits hatte in nen „Zum Text der Gesta Hungarorum des anonymen Notars"

Bamberg die Translation eines Heiligen ebenfalls im 50. Jahr (173-180). Ein Nachruf für Hermann Heimpel (372-374), der

lach seinem Tode stattgefunden, und auch dieser Akt war Anlaß „Bericht über die Tätigkeit der Pius-Stiftung Für Papsturkunden-

v°n Äußerungen über den Zusammenhang von „Jubiläum" und forschung im Jahr 1987/88" (375-377) sowie ein Bericht über

"remissio" geworden, die für das Verständnis der hochmittelal- die Arbeiten an der „Germania Sacra" (378-379) sind zu nen-

jerlichen Jubiläumskonzeption von Gewicht sind" (38). Eine nen; Literaturangaben und Rezensionen Füllen die Seiten 181-

redigt über Otto von Bamberg steigerte die „Vorstellung zu der 371 und 605-763.
Gewißheit, daß im Otto-Jubiläum die durch den Heiligen ver-

J^'ttelte Gnade den Gläubigen vor allem durch das im spirituel- Rostock Gert Haendler
^n Sinn erneuerte alttestamentliche Jubeljahr zuteil werde" (45).

s wird schon „das typische Vokabular der hochmittelalterlichen .,.,..-.-»_.,. . ,.

Ablaftc^, u >. j » u j- . ,, - ... . Nicolai de Cusa: Opera Omnia mssu et auctontateacademiae lit-

"'dusprache verwendet; aber die „jurisdiktionelle Sphäre des , „ .. ,,K j j <-j „ j-, wi c
Ablacc. • . . . ■_ • ■ l terarum Hcidelbergensis ad codicum fidem edita. XVI: Ser-
■asses w.rd weder erstrebt noch erreicht (47). Aber manche mones , Fasc Q. Praefationes et Indices< a R Haubst et M. Bedanken
gehören „durchaus in die Vorgeschichte des Jubi- dewig w Krämer, H. Pauli editi. Hamburg: Meiner 1991.
ums des Jahres 1300 hinein" (50). Hans Martin Schaller be- LXIX, S. 453-547 4 . Kart. DM 218,-.

treibt

,Das geistige Leben am Hofe Kaiser Ottos IV. von

raunschwcig" (54-82). Otto wurde „in allen ritterlichen Kün- War 1970 Fasc. 1 der großen Edition der Predigten des Niko-

sten erzogen " (57), er war „ zumindest zwei-, wenn nicht gar drei- laus von Kues (N vK) erschienen, so 1984 der 4. Aber erst jetzt ist

^Prachig aufgewachsen" (59). Kunstdenkmäler in Braunschweig der 1. Band derauf vier Bände konzipierten Edition vollständig.

|.an8en mit Otto IV. zusammen; hier gab es „noch die alte, kirch- Der Fasc. enthält ein umfangreiches allgemeines Vorwort zur

'ch-klassische Bildung des 12. Jahrhunderts, in der die Kultur Predigtedition (IX-LXI) und ein Vorwort zu Band I (LXIII-

es Mittelalters zweifellos einen Gipfel erreichte" (75). Magister LXIX), beide von R. Haubst, und die Indices, die H. Pauli erar-