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Ausgabe:

1992

Spalte:

353-356

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Casey, Maurice

Titel/Untertitel:

From Jewish prophet to gentile God 1992

Rezensent:

Schweizer, Eduard

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 5

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einer entscheidenden Prägung oder sogar Entstehung dieser tung durch andere) gern ab, auch daß es noch kein Titel war2.

Stoffe im griechisch sprechenden Juden-, teilweise auch Heiden- Daß aber Jesus aus reiner Bescheidenheit so redete („Ein Mensch

Christentum unter Einfluß solcher paganen Parallelen zu rechnen wird sterben und nach drei Tagen wieder auferstehen", Mk 8,31;

sein, die man wenigstens der Sache nach als theios aner- „Ein Mensch geht dahin, wie von ihm geschrieben steht; doch

Traditionen bezeichnen kann. Als ein die Forschung zweifellos wehe dem Menschen, der ihn verrät", 14,21) und nur auf einer

befruchtender Beitrag ist B.s Werk aber im wesentlichen unter zweiten Ebene an sich selbst dachte (51), ist mir fast unvorstell-

folgenden drei Gesichtspunkten zu begrüßen: Erstens trägt B.s bar. Wer hätte solche „man"-aussagen überliefert, und zwar

Untersuchung nunmehr speziell in bezug auf die mk Wundertra- abgesehen von Apg 7,56 nur in Worten Jesu und nur mit doppel-

dition der schon länger gewonnenen Einsicht Rechnung, daß Pa- tem Artikel („der Sohn des Menschen" [erst durch Übersetzer

lästina in ntl. Zeit in hohem Maße hellenisicrt war und das antike eingefügt, S. 150?]), wie es sonst nur die noch immer unsicher

Judentum weitaus stärker, als gemeinhin angenommen, an magi- datierbaren henochischen Bildreden tun? Ich vermute noch

sehen Vorstellungen der Antike partizipierte, teilweise seinerseits immer. Jesus habe den Ausdruck bewußt aufgenommen, weil er

sogar magische Formeln zum corpus der hellenistischen Zauber- als bloße Selbstbezeichnung wie (im Status emphaticus) als Hin-

Papyri beisteuerte. Hieraus resultiert zweitens eine berechtigte weis auf eine nicht titelhaft festzulegende, von Gott gegebene

Warnung B.s davor, einzelne Topoi der mk Wundergeschichten Sonderstellung verstanden werden konnte.

allzu selbstverständlich als hellenistische theios a/i?r-Tradition Kap. 5 (57-77) bespricht das Problem des historischen Jesus.

zu betrachten, ohne vorher auch jüdische Motivparallelen ernst- Wie schwierig es ist, hier zur Wahrheit vorzudringen bei all den

haft auf ihren Wert hin überprüft zu haben. Drittens - und dies Vorurteilen hüben wie drüben, zeigt sich besonders, wenn man

scheint mir entscheidend zu sein - wird damit die vielfach recht das Kriterium der Unähnlichkeit methodisch ablehnt, da Jesus

schematisch gehandhabte Vorgehensweise grundsätzlich in Frage natürlich in seiner jüdischen Tradition lebte (57), aber auch die

Bestellt, beim Vorhandensein von hellenistischen Parallelen Tür Gemeinde einiges von ihm lernte. Hier kann ich nur Fragen stel-

einen mk Wunderstoff von vornherein auch auf einen „Sitz im len, ohne Sicherheit vorzutäuschen. Wenn die Aussagen von der

Leben" in der hellenistisch-christlichen Gemeinde außerhalb Pa- Parusie des Menschensohns alle sekundär sind (530. ist dann die

'ästinas zu schließen. Vielmehr sprechen B. zufolge hellenistische Naherwartung innerhalb einer Generation so sicher jesuanisch

Motivparallelen nicht prinzipiell gegen ein (hellenisiertes)juden- (58f Irrtum Jesu: 168)? Kann man die einzigartige Aussage von

christlich-palästinisches Überlieferungsmilieu. Ob damit für die der Gegenwart des Reichs (Mt 12,28 [nicht: 8]; Lk 17,21 fehlt)

umstrittene Frage nach der Geschichtlichkeit der mk Wunder- nur so nebenbei erwähnen (64, vgl. 72)? Wenn vor Überbewer-

stoffe Entscheidendes gewonnen ist, sei freilich dahingestellt. B. tung des „Abba" gewarnt wird (75, Anm. 6), müßte vielleicht

selbst jedenfalls vermeidet es bewußt, aus seinen Untersuchungs- doch diskutiert werden, daß die Anrede „Vater" zur Zeit Jesu

ergebnissen auch historische Schlußfolgerungen zu ziehen sehr ungewohnt war und daß Q wie Mk (und Mt, Lk) nur „mein

(•0.264). Vater" oder „euer Vater" kennt (freilich mit wenigen Belegen),

ohne Jesus mit seinen Jüngern zusammenzuschließen. Ob „In-

Göttingen Bernd Kollmann tensivierung des Gesetzes" mit Nachdruck auf dem Liebesgebot

Levl9,18 (61-64) Jesus genügend charakterisiert, wenn man

P sein „Ich aber..." mit Qumran vergleicht, fragt sich. Seltsamer-

TM,': Fr°m JerW'sh PJ°phet 10 9.!nt'le Pod-J^P!"181"! weise werden die Ansagen von Tod (als Sühne wie 2Makk7.370

and Development of New Testament Chnstology. The Edward , • ,• ,. „ , ,. , ,,. . ■ ,,

r„jL r .., . .. rn. . / ,noci 0, und „vindication als echt angesehen (64-66). wenn auch nicht

^adbury Lectures at the Uni versity of Birmingham, 1985-86. " ., . „ ... " ., _

Cambridge: Clarke; Louisville, Kent.: Westminster/Knox ,m Detal1 (zu MkfU1 s o- zu S- 5I>- Sicher hat d,e GruPPe der

' 991. 197 S gr8' Lw £ 22 50 Jünger und Jüngerinnen Jesu sich als jüdisch (68-72) im wesentlichen
nur durch ihre Beziehung zu Jesus von andern unterschie-

1977 erregte der Sammelband The Myth ofGod Incarnate (ed. den (72-75) verstanden. Kap.6 (78-96) behandelt besonders

' Hick) eine intensive Diskussion ohne klares Ergebnis. C. lehrreich Gestalten mit fast göttlicher, messianischer Würde. Ich

nirnmt die Frage wieder auf (9). In Kap. 2 (11-22) nennt er acht, unterschiede stärker zwischen solchen, die Gottes Handeln in der

erjenso sehr soziale wie religiöse (160. Faktoren, die die Identität Welt beschreiben, ohne sich tatsächlich von ihm zu unterschei-

des Judentums zur Zeit des zweiten Tempels ausmachen: Volks- den (Weisheit. Wort [nicht einmal in Weish 18. 15f, s. S. 84: „auf

Zugehörigkeit, Schrift, Monotheismus, Beschneidung, Sabbat- Erden, den Himmel berührend"!]), höchstens in menschlicher

e,er, Speise-und Reinheitsgebote, Hauptfeste (12). Gesetzesge- Gestalt erscheinen können (Engel), und Menschen, die als

J'crsam ist nicht immer mit Religiosität verknüpft (190- Kap. 3 „Söhne Gottes" bezeichnet werden und handeln (79; nach Sir

U3-40) zeigt den Ursprung der johanneischen Jesusverkündi- 4,10 jeder Fromme!). Auch wäre anzumerken, wo die Datierung

8ung (Präex istenz im Vollsinn, Gottheit Jesu) in der Gemeinde, in Jesu Zeit fraglich ist (äthHen Bildreden, grHen, slHen, JosA,

*le ja auch späte Gesetze auf Mose, Psalmen auf David zurück- Gebet Josefs [110] usw.). Das Fehlen von „Mensch/Mann" im

atiert wurden (27); Synagogenausschluß (9,22; 16,10 war vor aramäischen Fragment von äthHen 89, (l.)9 beweist zwar Für

ca. 85 nicht denkbar(31). Erst dann konnte man nur noch jüdisch 91-93 nichts (87), zeigt aber, wie vorsichtig man mit dieser Über-

°^er christlich sein (35). Kap. 4 (41-56) behandelt die Titel Jesu. Setzung einer Übersetzung des semitischen Originals umgehen

aß Jesus sich selbst weder Christus noch Gottessohn nannte, ist muß. „Präexistenz" bedeutet für die erste Gruppe etwas total

^eithin anerkannt. Ob deswegen auch das Petrusbekenntnis (von anderes als für die zweite, wo sie nicht sicher belegt ist (für den

esus nach Mk8,30f sehr zurückhaltend aufgenommen!) unhi- Messias [82]?).

frisch ist, ist eine andere Frage. Das scharfe Wort gegen Petrus Kap. 7 (97-120) bespricht von den drei Stufen christologischer

ist schwerlich erfunden oder anderswo einzuordnen. Ob Entwicklung die erste von Jesus zu Paulus. Die Gemeinde mußte

"der Sohn" (dem „Vater" untergeordnet!) nicht auf Jesus zu- an das Überleben Jesu glauben; Träume und Visionen waren

^ckgeht (44_46), bleibt mir fraglich. Noch immer ungelöst ist ebenso Teil des Judentums wie Vorstellungen von ewigem Leben

(7k ^nschensohnfrage (46-54, 150). Daß meine Vermutung und Erhöhung zum Himmel (101-103). Nun ist Jesu Auferste-

^ Nw 50, 1959, 185-209; NTS 9, 1963, 256-261), gerade die hung sicher Glaubensaussage (173). Die Berichte der Evangelien

^ezc'chnung des Irdischen gehe auf Jesus zurück, bei Casey (und sind nicht zu harmonisieren (980, das leere Grab historisch un-

(3eare ^ wieder erscheint, freut mich. Daß es aramäische Selbst- beweisbar. Daß es unbekannt war, also nicht verehrt wurde,

Zeichnung sein kann, nehme ich dem Fachmann (trotz Bestrei- konnte ebenso gegen Historizität (104) wie dafür sprechen. Die