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Ausgabe:

1992

Spalte:

345-348

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Fokkelman, Jan P.

Titel/Untertitel:

Narrative art and poetry in the books of Samuel 1992

Rezensent:

Stoebe, Hans Joachim

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 5

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Dokumentation der Textbelege dem .kreativen Leser' genügend renden Einträgen rechnen. Ich weise auf die Geschichte der

(Ein-)übungsstoff, die manchmal etwas thetisch formulierten Witwe von Thekoa (ISam 14 [ThLZ 1 13, 1988, 73]) zurück. Daß

Argumente auch selbst nachzuvollziehen. Jenen Lesern wie- Brüder auf dem Feld aneinandergerieten, dabei einer den andern

derum, die sich bereits mit Fragen zeichentheoretisch argumen- totschlug, kam sicher vor, ist kein Hinweis auf Kain und Abel,

tierender Linguistik befaßt haben, würde die Orientierung sicher die fehlende Vaterfigur eines Schlichters keine Anspielung auf

dadurch noch erleichtert, wenn das Anknüpfen an die oben ge- Davids Versagen als Vater. Auch ich stehe der Beobachtung von

nannten Autoren etwas deutlicher benannt würde. Gerade weil literarischen Eigenheiten nicht grundsätzlich ablehnend gegen-

Schweizer - bei aller (bzw. aufgrund der) Kritik am Umgang mit über, wenn ich auch die von F. durchgeführte Zählung von

literarischen Vorlagen - die Tradition der modernen Textwissen- Worten, Silben, Satzteilen oft für nicht sehr ergiebig halte. Es er-

schaft fortsetzt, geht das Eigene seiner Arbeit ja dennoch aus scheint mir von daher wenig sinnvoll, zu wiederholen, daß ich

jenem Kontext hervor, auf den sich seine Kritik zu Recht bezieht. diesem zustimmen, jenes nicht nachvollziehen könne und man-

Die Arbeit Harald Schweizers ermuntert nicht nur dazu, das che Resultate anders sehen müsse. Um die Möglichkeit, gleiche

e'gene Methoden-Repertoire auszubauen, sondern weckt auf Beobachtungen verschieden zu beurteilen, weiß jeder Exeget,

eine spezifische Art auch (wieder) die,Lust am Urtext'. Dazu tra- und eine Besprechung ist ja nicht das Kinderspiel, ich seh ein

gen m. E. besonders die höchst aufschlußreichen Besprechungen Ding, das du nicht siehst.

einzelner Textbelege bei (z.B. Lev22, 18; Ri20, 24; Gn27, 24, Ich habe in beiden Rezensionen daraufhingewiesen, daß ich

E"40, 14; vgl. 156-159). Das sachkundige Einsetzen eines com- mich bei allem, worin ich Zustimmung äußerte, eines Gefühls

Puterlinguistischen Programms hat hier zu Ergebnissen geführt, des Unbehagens nicht erwehren könne. Es scheint mir ange-

die unmittelbar in die persönliche theologische Arbeit des Lesers brachter zu sein, dem, was zunächst mehr anmerkend gesagt war,

(wohl besonders des Exegeten und des Predigers) übernommen weiter nachzugehen, es zu vertiefen und zu profilieren, auf die

werden können. Gefahr hin, daß dabei Wiederholungen unvermeidbar sind. Aber

manches wird eben auch deutlicher, wenn man ein Werk in einem

Grcifswald Wilfried Engemann größeren Zusammenhang übersieht, damit einen Autor besser

versteht, auch da, wo man grundsätzliche Kritik anmeldet. Die literaturkundlichen
Ansätze, Kolometrie, Stichen, Wortwahl- und

AltGS TGStafTIGnt Zählung, Gleichklang, Reim, Chiasmus, Parallelismus, alles, was

zum literarischen Stil gehört, haben sicher überall, wo es sich um

P .. poetische Erzeugnisse im weitesten Sinne handelt, ein gutes

fokkelmann, J. P.: Narrative Art and Poetry in the Books of Recht wie es auch am schiüssigsten ist, wenn Vf. seine Kriterien

»amuel. A füll Interpretation base on stylistic and structural , , . . , , . . .

analyses. III: Throne and City (IlSam 2-8 & 21-24). Assen- ^ anwendet (auch was er zu den Listen 2Sam 23 sagt, ist sehr in-

Maastricht: van Gorcum 1990. VI, 440 S. gr.8 = Studia Semi- struktw). Das hängt mit der inhaltlichen Geschlossenheit solcher

tica Neerlandica. Lw. Dfl 85,-. Texte sowie mit ihrer zwar anonymen, doch leidlich abgegrenzten
Verfasserschaft zusammen (ein Beter, ein Trauernder, einer.

Von seiner vierbändig geplanten Auslegung der Samuelisbü- derein Loblied anstimmt, sei er König oder ein anderer). Das ist

eher "Narrative Art and Poetry in the Books of Samuel" legt Fok- aber bei den Sam-Büchern anders. Hier wird eine Epoche drama-

ke'mann jetzt Bd. 3, "Throne and City. 2Sam 2-8; 21-24" vor tischen Geschehens dargestellt, die ihren Sitz im Leben in der

(Act IX: 2-5,5; X: 5,6-8; XI: 21-24.) Die frühere Gliederung Vergangenheit hat. Erst von da aus kann eine Beziehung zum

nach Szenen ist fortgefallen. Die Hinzunahme von Kap. 21-24, Menschen heute gefunden werden, die über ein rein ästhetisches

einer Größe eigener Art ohne Bezug zum Vorangehenden, ist oder intellektuelles Interesse hinausgeht. Gottes Handeln ist

w°hl einem Prinzip zuliebe erfolgt. nicht ein Wirken an sich, sondern es vollzieht sich immer kon-

Angelegt ist der Band wie seine Vorgänger; Bd. 1, King David, kret. Dies Geschehen wird in seiner Polarität oft in der Wider-

198'; 2Sam 9-20 und lKg 1-2; 4 Akte (I: 9-12; II: 13—14; III: sprüchlichkeit verschiedener Überlieferung geschildert. Das hebt

'5-20; IV: 1 Kg 1-2; 32 Szenen). In der Besprechung (ThLZ 109, die Einheit der Vorgänge nicht auf, zunächst auf geschichtlicher

'984, 106) ist auf die Problematik der Verwendung von lKgzur Ebene, dann, dem nachgeordnet und in übertragenem Sinne.

Strukturanalyse hingewiesen. Bd. 2, The crossing fates, 1986 auch im literarischen Bereich (vorsichtige Zustimmung zu F.).

(ßespr. ThLZ 113, 1988, 730-733) schildert in 5 Akten (29 Sze- Damit wird freilich die Gestalt des Narrators, Redaktors, wie

nen, 1 unit) den Ausgang Sauls (IV: ISam 13— 16; V: 17— 19; VI: immer, eine etwas problematische Größe; manche seiner Kunst-

°~23,13; VII: 23,14-26,25; VIII: 27-31, 2Sam I). Es fällt auf, fertigkeit zugeschriebenen Beobachtungen könnten sich aus der

daß Kap. IV sowohl für IKg 1-2 wie für ISam 13-16 gilt. Akt natürlichen Begabung volkstümlichen Erzählens erklären.

*j-XlV sollte wohl für Akt I-IV in Bd. 2 stehen. Auch scheint Die Auslegung wird nach Akten und Szenen gegliedert. Ist

mir 2Sam 10-19 besser zu Throne and City zu gehören. Absalom auch in Bd. 3 die Szenenzählung fortgefallen, bleibt mir doch die

^ja nur Katalysator, der den Plan Gottes mit Thron und Stadt Vorstellung einer Aufteilung in Einheiten, die nach Art eines

ayids deutlich macht. Wie verhalten sich hier Strukturanalyse Drehbuches zunächst für sich behandelt werden. Sie wird durch

Und inhaltliches Verständnis zu einander? einzelne Formulierungen bekräftigt. (S. 102: the camera zooms

'eh habe mich in den Besprechungen bemüht, das Anliegen des in; S. 142: the autor Switches to the numbers; S. 172: the camera

8 deutlich zu machen und ihm gerecht zu werden; etwa dem Swings round. S. 139 spricht von einem flash-back to the dead of

v°n mir geteilten Respekt vor dem überlieferten Text, seiner Re- Saul; S. 207 von einem Photographie negative). Gewiß weiß der

serve gegen zu selbstsichere Anwendung der Ergebnisse histo- Vf., daß ein Ganzes nicht eine Summe von Teilen ist (299). läßt

r'sch-kritischer Forschung, gegen eine starrer Fixierung auf ein- diese darum nicht isoliert für sich stehen. Auch hier gibt er je-

j^'tig, d.h. ohne Berücksichtigung größerer Zusammenhänge weils eine Kontextintegration (zu IX S. 143-149; zu X S. 263-

erausgearbeitete Einzelergebnisse. Wenn auch ich von einer 268). Aber diese ist relativ kurz, zudem ist der Ausgangspunkt

^"-heitlichkeit der Texte rede, meine ich freilich etwas anderes entscheidend. Man muß ja an jede Auslegung mit einem, natür-

E ' nicht eine literarische Einheitlichkeit, sondern eine, auch lieh korrigierbaren, Vorverständnis eines großen Zusammenhan-

" Widersprüchen liegende, Einheit des Geschehens. Deswegen ges herangehen. Um im Bilde zu bleiben, ich sehe in derZusam-

ß 'eh bei F. oft mit der Überbewertung m. E. zufälliger literari- mensetzung zu einem Ganzen doch etwas von der Arbeit eines

er Anklänge, und damit zusammenhängend, mit paraphrasie- cutters. Mag das nicht ganz zutreffend sein, liegt eine Berechti-