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Ausgabe:

1992

Spalte:

277-278

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Witherington, Ben

Titel/Untertitel:

The christology of Jesus 1992

Rezensent:

Pokorný, Petr

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 4

278

Paulus 403)? Immerhin gibt auch dieser Band Beispiele dafür, und seine Menschlichkeit scheint nur eine äußere Schale zu sein,
daß sich die Gnadenlehre des Paulus unter ganz neuen Katego- Zum Schluß wird sich der Vf. dieser Gefahr bewußt und läßt zu,
nen als Korrektiv und Leitlinie in der Geschichte der Auslegung daß das Wissen Jesu auch einige Grenzen hatte, wie es in
durchsetzt. So ist das vorliegende Werk nicht nur von seiner rei- Mk 13,32 angedeutet ist, aber sonst mußte er die Rolle des Mes-
chen Materialdarbietung, sondern auch von seinem Problembe- sias nach einem in seinem Bewußtsein vorgeprägten Szenarium
wußtsein her ein wichtiges Hilfsmittel für die weitere Erörterung gespielt (d. h. eigentlich nicht wirklich menschlich gelebt) haben,
der Bedeutung der Wirkungsgeschichte für die Auslegung bibli- Das sagt W. selbstverständlich nicht, aber als Leser konnte ich
scher Schriften. Daß dabei entscheidende Fragen noch offen blei- diesen Eindruck nicht loswerden.

ben, mindert nichts an seinem Wert. Durch die Gegenüberstellung der konservierenden Auffassung

der mündlichen Tradition, wie sie B. Gerhardsson in ihren GeFrankfurt
Walter Klaiber setzlichkeiten geschildert hat, und der Formgeschichte hat W.

methodische Weichen gestellt, die ihn zu den eben angedeuteten
Ergebnissen führen mußten. Bei allen ihren Fehlern hat nämlich
die formgeschichtliche Schule nachgewiesen, daß jeder Tradition
eine Tendenz zur Interpretation innewohnt und daß es im Neuen

Paulusvcrständnis in der Alten Kirche, BZNW 18, 1937.

1934, 2. Auflage mit einem Nachtrag von Georg Strecker, BHTh 10,

■ —. - ..m..-»w.....>....>.... ,.cv....c6 ~>—»----' "...... Testament eine durch Ostern motivierte Neuinterpretation gab.

, , ■. PJ,. ........ . . . ■ Das Grundanliegen des Vf.s ist berechtigt: zu zeigen, daß

J Der Stachel im Fleisch. Paulus in der frühchristlichen Literatur bis ° . . ,„ ,.,„!,„„ c:„h

Irenaus 1979 einige Ansätze zur Christologie bei Jesus selbst zu suchen sind

4 Paulus im ältesten Christentum. Das Bild des Apostels und die Re- und daß die meisten Einheiten der nachösterlichen Tradition

zeption der paulinischen Theologie in der frühchristlichen Literatur bis mindestens indirekt seine irdische Wirkung widerspiegeln. Eini-

Marcion. BHTh 58. 1979. ge Einzelbeobachtungen sind zudem nützlich, aber von dem

Ganzen gilt das Votum des Rez. (L. Houlden) aus The Expository
Times (1991, 378): "This ist a vigorous, lively, old-fashioned

Witherington, Ben: The Christology of Jesus. Minneapolis: For- book 1

tress Press 1990. X, 310 S.gr.8°. „ . „ ■,

Prag Petr Pokorny

Es geht in dieser Studie vor allem um die Auseinandersetzung
mit einigen Ergebnissen der kritischen Bibelforschung, die die

Annahme eines ausgeprägten messianischen Bewußtseins Jesu in Horstmann Axe,. Materialien fur griechische Sprachkurse an

rage stellen. theologischen Ausbildungsstätten. Kurzgrammatik und Lehr-

Nach den Überlegungen zur Methodologie werden die bedeu- buch 3 uberarb. Aufl. Frankfurt/M.-Bern-New York-Paris:

tendsten historischen und besonders religionsgeschichtlichen 1991 vill, 112 S. 8 - Forum Linguisticum. 16. Kart.

Zusammenhänge geprüft, in denen einige Forscher die Gestalt dm 29,-.

und die Botschaft Jesu sehen und sie dadurch nach der Meinung

von W. in ihrer bewußten messianischen Einstellung relativie- Von den zuerst 1978 erschienenen „Materialien für griechi-
ren. Die Exegese der betreffenden Stellen soll nachweisen, daß sehe Sprachkurse an theologischen Ausbildungsstätten" von
Jesus mehr als ein Prophet etwa der Art von Johannes dem Täu- Axel Horstmann liegt hier die dritte, Überarb. Aufl. vor. Rezenter
sein mußte und daß sein messianisches Bewußtsein - schon sionen der ersten Auflage erschienen in: ThLZ 106, 1981, 253-
wegen des friedlichen Einzugs in Jerusalem - keinesfalls macht- 254 sowie im Mitteilungsblatt der Schweizerischen Evangeli-
P°litisch eingestellt war. Seine Wunder sind u.a. als indirekte sehen Bibelschule Aarau Nr. 101 (Oktober 1981). Aus dem
"nd dadurch authentische Zeichen der Messianität zu deuten Vorwort zur 2. Aufl. (Hinzufügungen des Rez. in eckigen Klam-
Ur>d seine Lehrtätigkeit paßt weder zu dem Bild eines charismati- mern): „Die Grundkonzeption ist geblieben. Die Kurzgramma-
schen Wanderpredigers noch zu dem Modell eines frommen tik als Nachschlagewerk (auch für den Lehrenden) gedacht,
Schriftgelehrten. Das Reich Gottes, das er verkündigt, transzen- wurde an etlichen Punkten geändert, der Sachindex (61-63 [in
d'ert die damaligen Erwartungen und Vorstellungen. der 1. Aufl. S. 61-65, in der 3. S. 57-59] gekürzt und dafür ein

Ausführlich beschäftigt sich W. mit dem Problem des Men- Worlindex mit den wichtigsten griechischen Wörtern (65-66
Schensohnes in den Evangelien, u. a. mit dem Ergebnis, daß man [jetzt S. 60-61, 24 Verben, 18 Partikeln, 9 echte Präpositionen.
d'e Worte von dem leidenden Menschensohn nicht für sekundär 4 Pronomina, 2 Negationen. 2 Adverbien und 1 Zahlwort]) hinhalten
kann. zugefügt. Das Lehrbuch erfuhr eine teilweise Umgestaltung

Der Vf. ist belesen und kann sich auch in der deutschsprachi- durch Austausch einiger Beispielsätze (B), die neutestamentli-

8en Sekundärliteratur gut orientieren (um so überraschender ist chen Stellen wurden, soweit möglich, der 26. Aufl. des Nestle-

es. daß er die thematisch so naheliegende Arbeit von G. N. Stan- Aland angepaßt." Aus dem Vorwort zur 3. Aufl.: „Die Beispiele

l°n "Jesus of Nazareth in New Testament Preaching", 1974, zur Kurzgrammatik sind teils entfallen (§3 [Akzente] B, §4

nicht zitiert). In vielen Fällen ist es ihm gelungen, einige wirkli- [Wortbildung] ß, § 16 [Infinitiv] B und § 17 [Partizip] B). teils ein-

che Schwächen der Gegenposition zu entdecken. So macht er die gearbeitet worden (§ 7 [Pronomina] B -> § 7:4). (Der Bedarf ist

ntl- Forschung auf manche ungelösten Fragen aufmerksam. bei der Einführung in den grammatischen Stoff der einzelnen

Das positive Ergebnis ist jedoch recht strittig: Jesus habe sich Lektionen durch den Lehrenden abzudecken.) Auch einige an-

rür die eschatologische messianische Gestalt im Sinne des Hirten dere Paragraphen sind umgearbeitet bzw. erweitert worden. Auf

'sraeis gehalten (143), für die (präexistente) Weisheit Gottes (55) die Synopse des grammatischen Stoffes des Lehrbuchs zu Borne-

u"d für den Menschensohn, der als Sühnopfer stellvertretend lei- mann-Risch, Griechische Grammatik ist verzichtet worden, da in

den muß (262). zunehmendem Maße andere Schulgrammatiken (z. B. Kaegi oder

E'ne solche apologetische Exegese, wie intelligent sie auch in Langenscheidts Kurzgrammatik Altgriechisch) daneben benutzt

der" Einzelheiten sein kann, relativiert nicht nur die bisherigen ir- werden. Ansonsten ist das Lehrbuch ebenfalls überarbeitet wor-

reversiblen Ergebnisse der Forschung, sondern führt auch theolo- den.
8lSch an die Schwelle einer Häresie. Ostern tritt in den Hinter-

8rund, die innere Spannung der Geschichte Jesu verschwindet Halle (Saale) Siegfried Kratzsch