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Ausgabe:

1992

Spalte:

274-277

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Paul and the legacies of Paul 1992

Rezensent:

Klaiber, Walter

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 4

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Das zweite Kapitel zeichnet die rabbinischen Auseinanderset- tung (im Anschluß an J. Gutmann), die auf den späteren Seiten
zungen um den Geltungsbereich des 2. Gebots nach. Zum pro- des Werkes immer mehr Gestalt annimmt: Die Bilder der Syn-
grammatischen Nein gegenüber der kaiserkultischen Idolatrie ge- agogen und Grabmäler sind ähnlich wie die »litterature para-
sellt sich das pragmatische Verhalten in einer Welt voller Bilder, so biblique« (gedacht ist an antike jüdische Texte wie die Targume,
etwa, wenn Gamaliel H. den Besuch im Aphroditenbad gegen- Apokryphen, Pseudepigraphen, Josephus' Antiquitates u.a.) in-
überdem Philosophen mit der Differenzierung von Religion und terpretierende Entfaltungen der Schrift; sie interpretieren sich
Ästhetik zu rechtfertigen weiß (mAZ 3,4: „das Bad sei nicht zur gegenseitig (261-263). Die Bilder entbergen nicht anders als
Ausschmückung der Aphrodite, sondern die Aphrodite sei zur Übersetzungen und Kommentare den Reichtum des Schrifttex-
Ausschmückung der Badeanstalt aufgestellt worden"). tes. Beide haben ihren Sitz im Leben in der Liturgie als der »pro-

Die ornamentale Kunst begegnet denn auch in Privathäusern wie Syn- clamation d'une temporalite qui repousse les limites de la chro-

agogen. und ihr entspricht die zunehmende Hellcnisierung samt dem Vor- nologie humaine« (hier meine ich wieder auf die oben beanstan-

dringen der griechischen Sprache gerade auch nach der Katastrophe von dete Unschärfe des Gottesdienstverständnisses zu stoßen).
•35. p. kann nicht umhin, von einem »courant laxiste« zu sprechen rjas sjeote un(J achte Kapitel sind Zugaben: Sie handeln von

(18-24). etwa im Blick auf jüdische Idolhandwcrker. Es gibt zwischen dem den Bilddarstellungen in jüdischen und christlichen Bibelhand-

2 und 475. Jh. zahlreiche Belege für ein blühendes Kunsthandwerk in Pa- schriften sowie von der Anonymen Katakombe der Via Latina.
'astina (24fT). Jedenfalls ,st der Eindruck bestimmend daß das antike Ju- ^ jüdischen Ursprungs so vieler christlicher Bild-

dentum ^ betrachteten Zeitraum von einer bemerkenswerten Ersch* * zugunsten eines traditionsgeschichtlichen

"Ungsvieifalt gekennzeichnet ist und keineswegs in derjenigen rigiden ' „ .1. ' ' °'„ ,„ , ,„ , ^. ' . .

monolithischen Gestalt erscheint, die man ihm herkömmlicherweise für Modells (313f; 343f; vgl. ferner 138-141): DieChr.sten machten

d|c Zeit nach 70 attestiert hat. Damit nimmt Prigent S. 30-32 auch Stel- sich selbst den »bagage parabiblique d'ongine juive« zu eigen,

•ung zum monumentalen Lebenswerk von E. R. Goodenough (Jewish Sym- wie ja schon die vorwiegend christliche Überlieferung so man-

b°ls in the Greco-Roman Period, 13 Bde., dessen "Abbridged edition" eher dieser Texte selbst belegt.

samt kundiger Einleitung wir jüngst J. Neusner verdanken (1988]): Goode- rj)je Conclusion (345-349) ordnet die vielen Einzelausführun-

no"gh ging vom Gegensatz zweier Judentümer aus, deren eines, das ortho- gen nochmals in ein kohärentes Ganzes ein: »L'image apparait

doxe rabbinischc und bilderfeindliche, das andere, das mystische und hei- dans ,e JudaTsme avec une connotation religieuse et eile gardera
Jmstische, wie es bei Philon und eben in der symbolischen Kunst, etwa in ce ^ ^ ^ dg sa ^ (345) ^ jfl.

£ Synagoge von Dura Europos, zum Vorschein kommu verdräng, ha . beobachteten Zeitraums geht also weit über or-

demgegenüber stellt Prigent die »etonnantc coexistence d Orthodoxie ri- ..... ., „ . _. , . ,

8idee,douverturcärhellenismeetäsesimages«fest(32):»lln-yapaseu namentale, d.dakt.sche oder bloß narrative Z.elsetzungen hin-

deux JudaTsmes. 11 y a eu une volonte prudentc mais deliberee d'hellenisa- aus; die Bilder wollen am Beschauer selbst arbeiten, nicht anders

tion« -zumal ab dem 4. Jh. die Abgrenzung vom idolatrischen Heidentum als die gottesdienstlichen Textauslegungen. Gott selbst wird im

derjenigen vom beherrschend werdenen Christentum weicht. Die Bezie- Sinne des zweiten Gebots nicht figurativ dargestellt.
'""Wv/W/e zwischen antiken jüdischen texten und Hildmoliven aufzudek- Dje ausnehmende Bedeutung der Kultsymbolik erkläre sich nicht nur

^n. ist denn auch eine der zentralen Intentionen des Autors. In diesem aus der Erinnerung, sondern aus dem Verweis auf den Gotteswillen, der

Zusammenhang wird auch - leider allzu knapp! - die immer koexistie- durch menschliche Unternehmungen nicht gehindert werden könne, sie sei

rende, eine strenge Auslegung des 2. Gebots betreibende Bilderfeindlich- zugleich Repräsentation von Himmlischem und Vorabbildung von End-

ke't dargestellt (32-35), die sich erst im 677. Jh. unter dem Einfluß des zeitlichem (an dieser Stelle hätte eine präzisere Differenzierung der sehr

•slam wieder durchgesetzt hat; sie geht einher mit einem Wiedererstarken verschiedenartigen Dimensionen der Spiritualisierung von Kultbegriffen

der hebräischen Sprache zuungunsten der griechischen. und speziell der Tcmpelsymbolik. deren distinktc Ausprägungen sich kaum

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Symbolik der Syn- unter der Flagge einer Gegenwart und Zukunft vereinenden Eschatologic

a8ogen und Grabmäler und stellt insbesondere die Transponie- versammeln lassen, weiterführen können). Im ganzen bleibt die Kunst der

rung der Kult- und Tempelsymbolik im Raum der Synagoge und Synagogen und Grabmäler trotz intensiver Anleihen bei der hcllenisti-

'"res Gottesdienstes heraus. Deshalb spielen die kultischen Sym- sehen Kunst dem nicht-realistischen Typ der orientalischen Kunst treu

k'e(Aron, Menora, Lulab, Etrog, Schofar) eine hcrausragende (347). Texte und Bilder erhellen sich gegenseitig, und um so mehr,st unser

R0|je mangelndes Wissen um Liturgie und Gesänge der Synagogen jener Zeit zu

„ .' , beklagen (3480- Leider fehlt im Indexteil des Buches ein Verzeichnis der

Prigent will die Symbolik und Liturgie der Synagoge betont eschatolo- ejngehendcr benande|ten Motive der Malereien und Mosaike.
« *n deuten im Sinne einer »eschatolog.e ä la fois reahsee et cependant prj hat ejn außerordentiich materialreiches, gediegen auf-

.enTV?'e m°ndeä VCnir<<(80)' ?ei SäuC" f ieser„Art'roht nic,ht *± gemachtes Werk vorgelegt, das den Reichtum des antiken Juden-

>en die Gefahr, daß der Vf. de möglichen eschatologischen Konnotationen 851 11 «f . . .... . ,. „,imAm- „..,

^ Symbo.e in einer Weise überdehn,, die meines Erachtens eher dem spe- auch ™" der Sei te seiner bildenden Kun t ^«*™»

zir'sch altehristliehen Vcrs.ändnis des Gouesdienstes entspricht. - ™ sehen lehrt. Die seit Goodcnough in die Mitte gerückte Frage

Das vierte und fünfte Kapitel führt uns in die Mitte des Werkes, "ach dem inneren Zusammenhang der v.elfaltigen Ersche.nungs-

di* Darstellung der biblischen und paganen Szenen und Themen: formen des Judentums auch nach 70, wofür heute etwa durch die

^nächst David und Goliath, Adam und Eva, Noah, Samson, Publikation der Hekalotliteratur e.ne neue textliche Bas.s zur

Dan.el, Sa.omo, und besonders natürlich die Aqeda, die Opfe- Fügung steht, hat Prigent nur gerade m großen Zügen, zu be-

ru"e Isaaks (112f0- Prigent hebt die spezifisch theologische Ab- antworten gesucht Zu weiterer Forschung durften. auch die v,e-

Slcht der Bilder hervor. Die Rezeption paganer Motive, insbeson- '™ Beziehungen der antik-jud.schen zur altehristliehen Kunst

dere des Tierkreises (159fT), entspringt gleichermaßen einem anregen.

Ideologischen Trieb, nämlich Gottes allerfüllende Macht sinn- Bern Samuel Vollenweider

al'ig darzustellen (ähnlich dem christlichen Pantokrator). Hier
lst eine » veritable apologetique« wahrnehmbar, die freilich nicht
synkretistisch einebnet gegen Goodenough (167), sondern vor-

Neues Testament

?u8'ich mit Motiven einer »neutralite quasi-naturelle« arbeitet.

bas sechste Kapitel ist der berühmten, 1928-32 ausgegrabenen Babcock, William S. [Ed.]: Paul and the Legaciesof Paul. Dallas:

ynagoge von Dura F.umnns oewidmet deren Wandmalereien „...... .....

ausderM V°n °Ura Eur°POS gewidmet- deren Wandmalereien South;rn Methodist University Press 1990. XXVIII, 426 s!

Ijc^ u<-r<vlitte des 3. Jh. s stammen. Die Bebilderung ist hier glück- gr go j^w 53250
■ erweise ausnehmend reichlich. Besondere Aufmerksamkeit

>jeet "atürlich die Darstellung der Vision von Ez 37 (240-249). Wenn es um die Frage nach dem Paulusverständnis der Alten

e Ausführungen geben Prigent Gelegenheit zu einer Vermu- Kirche ging, wurde von unseren akademischen Lehrern gerne