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Ausgabe:

1992

Spalte:

193-194

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Taatz, Irene

Titel/Untertitel:

Frühjüdische Briefe 1992

Rezensent:

Karrer, Martin

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 117. Jahrgang 1992 Nr. 3

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Stanton, Graham N.: The Gospels and Jesus. Oxford: Oxford landundDiasporazustärken";insofernseiensie„MittelderGe-

University 1989. XIII, 296 S. 8° = Oxford Bible Series. meindeleitung in der Diaspora vom Mutterland aus" (104). In

der Autoritätsgestaltung zeigten sie zwei Linien, zum einen kol-

Stantons Buch gehört zu einer auf 10 Bände geplanten Reihe, iektive Verantwortung(s. 2Makk 1 f und Rabbinenbriefe; „Wir"-

die, von ihm selbst und dem Alttestamentler P. R. Ackroyd gelei- Stil) zum anderen Beauftragung durch Gott (Grundmodell

tet, Nichtfachleuten Einblicke in den wissenschaftlichen Um- Jer 29; davon abhängig EpJer; mit Modifizierungen auch

gang mit der Bibel geben soll. Der vorliegende Band ist in der er- parJer 6 und syrBar 78_86; nach dem Grundmodell spricht T.

sten Hälfte eine Einleitung in die Evangelien, in der zweiten eine auch von pr0phetischen Briefen). Das Formular ist variabel.

Jesusdarstcllung. Der erste Teil ist von vornherein auf den zwei- Der Schlußabschnitt S. 110-114 schlägt den (nach dem Titel der

Jen hin angelegt, doch kommen Eigenart und Theologie der vier Studie unerwartet knappen) Bogen zu Paulus: Auch Paulus sei an

kanonischen Jesusbücher zu ihrem Recht. der Einheit verstreuter Gemeinden interessiert gewesen. Seine

Im einzelnen: Part I: The FourGospels(l-135): Nennung von Mitarbeitern lasse sich zum kollektiven Autoritäts-

I. Fromthe Gospels to Jesus-2. What isa Gospel?- 3. Mark's Gospel: modd, sdn apOStoi;scher Anspruch zu dem der prophetischen

'ne Way of Jesus - 4. Matthew's Gospel: The Way ofRighteousness - 5. n ■ c <• ■ „ , • u i n ■ u

11,1,.. A -. . , , . , , , ... 4 Briefe parallelisieren. Vergleichen ließen sich weiter parane-

Luke s Gospel: God s Way Triumphs - 6. John s Gospel; ,1 am the Way - . , , e K

7. Why Four Gospels? - tisches und weisendes Interesse, schließlich Formelemente zu

Part II: Jesus in Gospel Tradition (137-274): 8. What do we know about 2Makk 1 f und syrBar 78ff. T. sieht sich daher zur These berech-
J«usof Nazareth?-9. Assessingthe Evidence- 10. John the Baptist - 11. tigt, Paulus habe „für sich und seine Mitarbeiter vermutlich beProphet
and Teacher- 12. The Kingdom ofGod- 13. Parablesand Mirac- wüßt die Leitungsautorität, die das Synedrion für das Diaspora-
'es- 14. Messiah, Son of God, Son of Man - 15. Conflict - 16. The Last Judentum innehatte", übernommen (111).
Days - 17. Who was Jesus of Nazareth? - Bibliography, Index of Passages Dem Rez. stellen sich Fragen: Bei der Auswahl der Texte klam-
c'ted, General Index. mert j s ] 3f prjvatbriefe religiösen Inhalts, aber auch öffentli-

Soweit ich sehen kann, wird der Leser über alles Wichtige in- che ßriefe dje sich nicht mjt >religioscn" Angelegenheiten be-
'orm.ert. Auch die Umwei, (z.B. die jüdischen Gruppen m faßten aus Das kling( sinnvo„ und jst doch ejne schwierige
M5), die n.chtkanonischen Evangelien (in K.7), Leeres Grab Abgrenzung. Denn wie lassen sich dann etwa die „prjvaten"
"nd Auferstehung (in K. 16) kommen vor, obwohl die Uberschr.f- zügg jn parJer 6 genauer Qrten? Qder wjc sjnd dje Unterschiede
l«> das nicht ausweisen. St. schreibt we.th.n problemorient.ert. im Veröffentlichungscharakter der ausgewählten Texte zu bewer-
tr erläutert Methoden und was sie leisten, bespr.cht Lösungs- ten? Immerhin jsl EpJer als nachtragijche Ausformulierung von
Möglichkeiten für wichtige E.nzelfragen, bevor er sie beantwortet Jer 29 Z1J unterscheiden und 2Makk 1,10-2,18 als (nach T.) „echter
auch offenläßt wie z.B. beim Menschensohn), illustriert ter Brief (mit Nahe der Salutatio zu 2 Makk 9,19, einem Brief
"lanches durch die Gegenüberstellung großer Namen (Wrede Antiocnus IV!) von 2Makk 1,1-9 (wohl von Anfang an mit dem
^3 bleibt undeutlich). Seine eigenen Entscheidungen sind ge- Aljszug des Jasonschen Geschichtswerks verbunden; Mischfor-
maß,gt kritisch, was daran liegt, daß für ihn die Jesusüberliefc- mu,ar) Nachy0 klafTen knappe aktuel|e Rabbinenbriefe und
"ng von Anfang an auch (nicht nur) historische Motive hatte (so pseudonymeri rückdatierter Brief von syrBar 78-86 auseinander
sein erstes Buch. Jesus of Nazareth in New Testament der ,st also Dotys Meinung zwingend entkräftet, die überkom-

eaching, 1974). menen, über 7 Jahrhunderte gestreuten Texte seien zu schmal

tinzelheit: S. 171 und 175 heißt es gut Conzelmannisch, daß und disparat um eine geschlossene Entwicklungs- und Einfluß-

S.98fSkJOhanneS TäUfCr EP°Che GeSetZCS zuordnet; linie zu erheben (107 nach 100? T. gibt Anstöße, die mit weite-

... ang es anders. rem jviaterial zu prüfen sind (gar nicht erscheinen in den Aus-

Zwecf a"em: ßelungeneS Buch fÜr emen nutzllchcn wahlerwägungen die Briefe der Henochliteratur und der kürzlich

aus dem Qumranfunden bekannt gewordene Brief; zurückge-

,.„•.., . , . stellt wird 46 die teils eigenständige LXX zu Jer 29).

Heidelberg Christoph Burchard J, t * T* 5 ' .

Auffällig ist die Entscheidung zum Neuen Testament. Bei der

Aufnahme einer Tradition gemeindeleitender Briefe jüdisch-

f. jerusalembezogener Tradition dächte der Rez. zuerst an eine Dis-
atz, Irene: Frühjüdische Briefe. Die paulin.schcn Briefe im kussion von Act 15,23-29: Wäre die briefliche Fassung des Apo-
■^anrnen der offizie en re lgiösen Briefe des Fruhjudentums. . . , . , ... , ... KI , . „ . •
Fr0;K /c u ii • i /-. -..■ r t Steldekrets gegenüber der uns gelaufigen Nachordnung hinter
freiburg/Schweiz: Universitatsverlag; Gottingen: Vanden- c „ ^. ... rA .. r- ... . . . 1C

hoeck & Ruprecht 1991. 129 S. gr.8 = Novum Testamentum I5-19f aufzuwerten? T. ubergeht diese Frage, erwähnt Act 15

et Orbis Antiquus, 16. sFr32,-. nicht. Stattdessen stellt sie sich dem viel schwierigeren Schluß

auf Paulus, der nicht vom jüdischen Mutterland aus schreibt und

'n welcher Brieftradition stehen die paulinischen Briefe? Im die Adressen seiner Briefe nicht an jüdische Diasporatradition

^"gemeinen ordnet die Forschung sie bei all ihrer theologischen anlehnt. Die Erörterungen der S. 110-114 erscheinen dem Rez.

e'bständigkeit dem Kontext griechischer Epistolographie zu. so als interessanter Reflexionsanstoß, nicht jedoch als Erweis der

aatz (= x.) verschiebt in ihrer vorliegenden Hallenser Disser- kühnen Schlußthese.

at'on von 1989 unter Hinweis auf die jüdische Herkunft und Zu Recht lenkt die Studie im Rahmen der Arbeit am Corpus

^bbiniscne Prägung (vgl. Act 22,3) des Paulus die Priorität: Die (Judaeo-)Hellenisticum Novi Testamenti (s. 7) das Augenmerk

au'usbriefc gehörten in die Tradition offizieller, religiös ge- auf die jüdische und jüdisch-hellenistische Briefliteratur als ein

"^■ndeleitender Briefschreibung des Frühjudentums. bisher zu wenig beachtetes Feld. Zugleich zeigen sich an ihr die

Am Anfang dieser Tradition steht laut T. Jeremias Brief an die erschwerten Bedingungen solcher Arbeit im Deutschland-Ost der

a°ylonische Gola Jer 29. Elephantine-Papyri folgen für die per- letzten Jahrzehnte. Es ist zu wünschen, daß entschiedene Förde-

^lsche Zeit (AP 21 und AP 30), die Eröffnungsbriefe in 2 Makk rung dem übergreifenden Projekt bald den ihm gebührenden

^ ,m 2. Jh. v. Chr. Nach 70 finden wir - mit Rückschlußmöglich- Rang wird zuwachsen lassen,
't vor 70 - Rabbinenbriefe (namentlich in San 11 b par; für den

rnkreis wird Act 9.1 f;28,21 f mit angeführt) und als literarischen Wuppertal Martin Karrer
°hepunkt den Baruchbrief syrBar 78-86.

g. Ie Schreiben verbinde - schlußfolgert T. - die „ Funktion, die
'nheit des jüdischen Volkes in der Gemeinschaft von Mutter-