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Ausgabe:

1991

Spalte:

171

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Holmberg, Bo

Titel/Untertitel:

A treatise on the unity and trinity of God by Israel of Kashkar (d. 872) 1991

Rezensent:

Knauf, Ernst Axel

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171

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 3

172

situationsbezogener Spontaneität und der Auswertung der die theologischen
Grundlagen sichtenden Tradition wird so lange verfehlt, als
das Interesse sich nur auf den einen oder den anderen Pol richtet.
Evangelische Ethik hat sich nicht zwischen dem einen und dem anderen
zu entscheiden, sondern beiden Polen Rechnung zu tragen. Nur so

kann sie der Erwartung gerecht werden, daß die Ethik spontanes Handeln
in wechselnden Situationen auf der Grundlage eines aus der
christlichen Botschaft entwickelten Menschenbildes vorbereitet und
beurteilt.

Alter Orient

Holmberg, Bo: Treatise on the Unity and Trinity of God by Israel of
Kashkar (d. 872). Introduction, edition and word index. Lund: Plus
Ultra 1989. 168 S., 120 S. arab., 6 Taf. gr. 8° = Lund Studies in Afri-
can and Asian Religions, 3.

In der christlich-arabischen (wie in der christlich-jüdischen)1 Kontroversliteratur
des Mittelalters kommt seitens der Christen der Vermittlung
von monotheistischem Anspruch und trinitarischem/
christologischem Dogma eine zentrale Rolle zu, kritisiert doch schon
der Koran die christliche Orthodoxie als Tri-Theismus. Im vorliegenden
Buch ediert H. erstmalig - und mustergültig - einen christlicharabischen
Traktakt zur Denkbarkeit der Dreiheit in der Einheit
(Risälah fi tatbit wagdaniyat al-bari' wa-tatlit hawäsihi), der bislang
gewöhnlich dem jakobitischen Polyhistor Yahyä b. Adi (starb 974)
zugeschrieben worden ist. In der Einleitung widerlegt H. diese Zu-
schreibung schlüssig (17-41), um sodann, von einer Randnotiz des
ältesten erhaltenen Manuskripts (vor 1570) ausgehend, unter jenen
Theologen nach dem wirklichen Verfasser Ausschau zu halten, die
mit dem alten nestorianischen Bischofssitz Kaskar verbunden werden
können (42-106). Dabei kommen nur zwei Kandidaten ernsthaft in
Betracht: die beiden Patriarchen namens Israel von Kaskar (arab.
Kaskar), deren älterer 872 und deren jüngerer 962 starb. Die
Argumentation des Autors, die von bewundernswürdiger Klarheit
und Prägnanz ist - seine philosophische Schulung wirkt sich hier
ebenso wohltuend aus wie der selbstauferlegte Zwang, in der internationalen
Wissenschaftssprache der Gegenwart zu schreiben - kann
hier nicht im einzelnen nachgezeichnet werden. Er entscheidet sich
für den älteren der beiden Kandidaten,2 wobei er Traditionen, Zitate
und Werke eines „Israel von Kaskar" oder „Bischofs von Kaskar"
nach Möglichkeit einem von ihnen zuordnet (61-80). Seine sorgfältige
Argumentation unterschlägt keine Zweifel und Gegengründe.3
Ein zweites Einleitungskapitel beschreibt die Manuskripte, stellt das
Thema auf und legt über die Grundsätze der Edition Rechenschaft ab
(107-138). Angesichts der Tatsache, daß die Manuskripte um so
„korrekteres" Arabisch aufweisen, je jünger sie sind (123), wird fraglich
, ob der Herausgeber mit der Standardisierung der Sprache des
Traktates wirklich die Intentionen des Autors trifft.4 Es ist aber keine
Frage, daß die Edition damit sprachgeschichtlich nicht geschulten
oder nicht interessierten Lesern entgegenkommt. Die in Aussicht gestellte
Übersetzung wird durch eine ausführliche Inhaltsangabe vorläufig
ersetzt (129-138). Detaillierte Indices beschließen die Einleitung
, wie sich am Ende der arabischen Textausgabe ein vollständiges
Wörterverzeichnis findet (73-120). Damit macht sich der Herausgeber
zugleich um die arabische Lexikographie und historische
Linguistik verdient.

Auch wenn uns heute die aristotelische Begrifflichkeit befremden
mag, mit der sich der Verfasser des Traktats dem Mysterium der dreifachen
Einheit Gottes annähert (aber sind wir wirklich in der Lage, in
dieser perennierenden Aporie christlicher Theologie vom Standpunkt
der beati possidentes aus die Alten herabsehen zu können?), verdient
das Problem - und .damit auch die vorliegende Lösung - über den
engen Kreis der am Christlichen Orient Interessierten hinaus Beachtung
seitens der gegenwärtigen Protagonisten christlich-islamischer
und christlich-jüdischer Dialoge. Es bleibt zu hoffen, daß die von H. in
Aussicht gestellte Übersetzung mit Kommentar deren Bedürfnissen
bald zur Verfügung steht.

Heidelberg Ernst Axel Knauf

' Cf. Th. Willi und I. Willi-Plein, Glaubensdolch und Messiasbeweis. Die
Begegnung von Judentum, Christentum und Islam im 13. Jahrhundert in Spanien
(Forschungen zum christlich-jüdischen Dialog 2; Neukirchen-Vluyn
1980), 36f.

2 Gerade wenn der Dialog zwischen dem älteren Israel und as-Sarahsi nicht
„historisch" ist (50-58), besteht die Chance, daß er dessen genuine Theologie
reflektiert, cf. J. van Ess, Theorie und Anekdote. Zur Verarbeitung theologischer
Argumente in biographischer Literatur, ZDMG 135 (1985), 22-54.

1 Nach H. Busse, Chalif und Großkönig. Die Buyiden im Iraq (945-1055)
(Beiruter Texte und Abhandlungen 6; Wiesbaden 1969), 469 könnte man weiter
den jüngeren Israel favorisieren (das Zeugnis, das nach ebd. Anm. 6 Ibn a(-
Tayyib im Fiqh an-Na$rämya seiner Wissenschaftsliebe ausstellt, hat H., soweit
ich sehe, nicht verwertet).

4 Cf. zur Problematik der Edition mittel-arabischer Texte auch S. Leder, Die
arabische Ecloga. Das vierte Buch der Kanones der Könige aus der Sammlung
des Makarios (Forschungen zur byzantinischen Rechtsgeschichte 12; Frankfurt
am Main, 1985),21-26.

Janowski, Bernd: Rettungsgewißheit und Epiphanie des Heils. Das

Motiv der Hilfe Gottes „am Morgen" im Alten Orient und im Alten
Testament. Bd. I: Alter Orient. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener
1989. XIII, 215 S. 8° = Wissenschaftliche Monographien zum Alten
und Neuen Testament, 59. geb. DM 64,-.

The various ways and contexts in which the Old Testament speaks
of God Coming to help someone in distress "in the morning" or iden-
tifies the morning, the light, or the sun with times of salvation, delive-
rance, and renewal of life have been examined by a number of scholars
in brief essays (for example J. Ziegler, Chr. Barth and J. W. McKay)
or as part of larger works, particularly on the Psalms (for example
H. Gunkel, H. Schmidt, L. Delekat, W. Beyerlin and H.-J. Kraus).
The work under review represents the first volume of the most
comprehensive study of this motif yet to appear. It deals with the
various representations and functions of the motif as it appears in
connection with the worship and theology of the sun god in the religions
of the ancient Near East, with particular attention to Mesopota-
mia and Egypt and a briefer look at Hittite and Ugaritic religion. A
second volume will deal with the motif in the Old Testament, exami-
ning the manner in which structural analogies with the religions of the
ancient Near East are integrated into Yahwism as it develops its own
particular manifestation of the " morning" motif.

This volume represents the first effort to bring the rieh textual and
iconographic data from the ancient Near East to bear on the topic.
Beyond simply uncovering that material, it is Janowski's aim to
demonstrate that already in the ancient Near East, the morning motif
is not simply a derivative of natural experiences but represents a
correspondence of cosmos and society. He argues that it is a motif
where, in a significat fashion, nature and history, cosmos and society,
are joined in one as the regulär rise of the sun in the morning and the
natural move from darkness to light is seen also as the overcoming of
the forces of darkness in nature and history and the renewal of life in
both the natural and the human ordere. One dimension of meaning
- the solar cireuit as a cosmic event - is related to another sphere of
meaning - the saving work of the sun god in the human realm - and
the result is an integration of nature and society, a consequence the
author believes is significant for understanding biblical texts
(pp. 16-17).

The extended discussion of the Mesopotamian evidence begins with
a sketch of the main elements of the "Shamash religion", noting the
central place of the sun god and the fact that no other god is called