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Ausgabe:

1991

Spalte:

155-156

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Marian Studies; Vol. 38 1991

Rezensent:

Beintker, Horst

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155

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 2

156

Trotzdem wird hinlänglich deutlich: Das Schisma ist weder eine
Kurzschlußhandlung noch Verirrung eines Individualisten. Es ist
Signal einer doch recht tief reichenden Krise der Kirche. Und die
ernsthaften Anfragen, die an Lefebvre zu stellen sind, gelten vice versa
auch der Kirche als ganzer. Denn mit Marcel Lefebvre steht die Kirche
in Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Vergangenheit.

In welcher Weise, das zeigen die beiden folgenden Beiträge von
P. Krämer, „Religionsfreiheit und Ökumenismus in traditionalistischer
Kritik" (35-50), und W. Haunerland, „Die Messe aller
Zeiten. Liturgiewissenschaftliche Anmerkungen zum Fall Lefebvre"
(51-85). Damit werden in der Tat die schwerwiegendsten Problemkreise
angesprochen, die in der sachlichen Auseinandersetzung immer
wieder im Mittelpunkt stehen, und in diesem Zusammenhang vor
allem die so gut wie alles entscheidende Differenz im Traditionsverständnis
aufgewiesen. Denn Lefebvre nimmt die Geschichte nicht
zur Kenntnis. Er läßt die Entwicklung von Kirche und Theologie,
Dogma und Liturgie an dem Punkte, an dem er diesen begegnete - und
das war die Zeit des Antimodernismus! -, gleichsam gerinnen als
immer währende Wahrheit. „Die Tradition ist ihrem Wesen nach
zeitlos", so sagte es der Alt-Erzbischof einmal. Aber freilich: Will man
die Kirche in ihrer Geschichtlichkeit ernst nehmen, akzeptiert man
die Entwicklung in Kirche, Theologie und Glaubenserkenntnis, begreift
man die Tradition als etwas Lebendiges'und eben nicht statisch
Festgeschriebenes, so begibt man sich in eine Bewegung, in einen
hermeneutischen Prozeß, dessen Dimensionen noch immer nicht
abzusehen sind und der eben deswegen so manchen nach einem sicheren
Port Ausschau halten läßt, nicht nur den Alt-Erzbischof.

Die folgenden Beiträge von R. Ahlers, „Communio Eucharistica -
Communio Ecclesiastica. Zur wechselseitigen Immanenz von Eucharistie
und Kirche" (87-103), und von L. Gerosa, „Communio -
Excommunicatio. Zur theologischen und rechtlichen Natur der
Exkommunikation" (105-119), beleuchten weitere ekklesiologische
und kanonistische Bereiche. Und der Anhang, fünf wichtige Dokumente
vor allem aus dem letzten Stadium der Auseinandersetzung
(121-139), vermittelt einen Blick auch in die Originale. Zwei knappe
Register runden das ganze ab.

Man wünschte sich noch mehr solcher Ansätze zur Verarbeitung
der Herausforderungen durch das Schisma und solche, die womöglich
noch tiefer loten.

Schöneiche bei Berlin Hubert Kirchner

Marian Studies. Vol. 38, 1987. Proceedings of the Thirty-Eighth
National Convention of The Mariological Society of America held
in Washington, D. C. June 1 and 2, 1987-Marian Year 1987-88-.
Editor T. A. Koehler. Dayton, OH.: The Marian Library 1987.

Die marianische Bewegung nimmt weltweit zu, so daß auch die Plakate
in Heimen, wie ich sie in der ehemaligen DDR las, „Mit Maria
ins Jahr 2000" nicht zufällig sind. Mit „Marian Year 1987-88" auf
dem Titelblatt geht die Mariologische Gesellschaft Amerikas ebenfalls
mit über 360 "Active Members" auf2000 zu. Freilich sind es fast
nur Adressen in den USA; der große südamerikanische Teil der
römisch-katholischen Kirche ist nicht repräsentiert. Die Regionsberichte
(New England; Dallas, Texas; Houston, Texas; Western
Region; Mid-Western Region) zeigen eindeutig, wo die Aktivitäten
sind (195-205). Auch der Brief an Papst Johann Paul II und die Antwort
von Rom (Vat. Staatssekretariat) mit anerkennendem Dank für
die vorjährigen "Studies" (44-46) gehören dazu. Der Kurzbericht gibt
den Tagungsverlauf wieder und geht knapp auf die Referate ein,
ergänzt mit einer Note über den erfolgreichen Marian Congress der
New-Yersey Region (42 f).

Die 38. Tagung bot fünf substantielle Referate, die vollständig aufgenommen
und mit Anmerkungen ergänzt wurden: Mary in Latin
American Liberation Theologies (47-62) by Bertrand de Margerie,
S. J.; The Magnificat: Reflections (63-77) by Matthew F. Morry,

O. P.; Mary and the Missions today (78-136) by J.Armand
Robichaud, S. M.; The blessed Virgin Mary in the Theology and
Devotion of the Seventeenth-Century (137-170); A Survey of Recent
Mariology (171-194). Diesen letzten Bericht zur marianischen Entwicklung
nach Ereignissen, Veröffentlichungen nach Büchern und
Artikeln gab wie jährlich gewohnterweise Eamon R. Carroll. Der
Bericht über Maria in Theologie und Frömmigkeit beschränkte Sich
ganz auf die Kirche von England und stammt von William L. Lahey,
S. S. C. Das informative Referat regt zu weiterausgreifenden Forschungen
über die Gründe der marianischen Abstinenz im Calvinismus
an.

Das Gleiche gilt vom ersten Referat: Man hört von der Bedeutung
der Mutter des Herrn für die lateinamerikanische Befreiungstheologie
: " In a renewed ecclesiology - the doctrine of the Church as People
of God - Mary personifies the mercy of God, his preferential Option
for the poor, for those who suffer. Mary is our model of commitment
in faith and discipleship towards Christ... This is the New Creation;
it is in this sense that Mary is a Symbol of liberation and reconciliation
in Latin America and for all the world" (350- Man hört aber nichts
von den Klängen, die uns mit Boff erreichten, oder von einer Bedeutung
der Befreiungstheologie für Reformen. Es ging um "a polemical
presentation". B. de Margerie entwickelte die Polemik aufgrund
„positiver Elemente" bei sieben lateinamerikanischen Mariologen,
nach denen Maria "is not only the glorious mother of God"; sie sei
"the mother of all mankind, the advocate of the poor". Es entspreche
"the papal message at Puebla" und vervollständige mit einer mehr
populären Mariologie die Lehren von Medellin und Vaticanum II.
Der Trend ist deutlich: Rücksicherungen. Die Reflexion des Magnifi-
kats führt ebenfalls auf die bekannten Formeln: „Typ und Mutter der
Kirche, unser Vorbild (model), die Glaubensfrau" sei Maria in ihrem
Gotteslob. Auch für das Missionswerk heute sei Maria durch Gottes
Liebe anwesend, „wie sie anwesend war in dem Leben von Jesus the
first missionary"!

Was hervorgehoben über die Rettung der Marienfrömmigkeit
durch anglikanische Theologen in England gesagt wird (39 u. 169),
daß „mit Mißbilligung von allen Seiten, mit Monarchen, die lieber
politische Diener als geistliche Leiter wünschten", mit häretischen
Lehren im Hintergrund es erstaunlich sei, so viel und mit hoher Gelehrsamkeit
davon zu bewahren,' das gilt wohl auch für den bisweilen
kurios anmutenden Vorgang dieser Sammelbewegung von Marianisten
in den USA: dieser Motor marianischer Frömmigkeit veranlaßt
und tradiert viel Gelehrsamkeit. Ob die berechtigten Klagen der
Armen in Lateinamerika damit zusammengehen, weiß man so wenig,
wie man nichts erfährt über die soziologischen und sozialkritischen
Realitäten der Länder damals und heute, auf denen der Blick ruht.

Jena Horst J. E. Beintker

' S. 169: "With disagreement on all sides, with monarchs who wanted politi-
cal servants rather than spiritual leaders where the church was concerned, with
a background of heretical teaching that could not but have tempered their theo-
logical curiosity in all areas, with a research posture that put holy scripture in a
unique if not narrow Position. And with the necessity of keeping their heads
actually as well as literally - it is amazing not only that they were able to do so
much, but also that they did it with such scholarly process."

Cunningham, Lawrence S. [Ed.]: The Catholic Faith: A Reader. New York-
Mahwah: Paulist 1988. V, 272 S. 8 Kart. $ 9.95.

Fries, Heinrich: Maria - Stein des Anstoßes oder Chance für die Ökumene?
(StZ 114,1989,158-170).

Napiörkowski, Stanislaw Celestyn: Mariologie als ökumenische Frage (Stu-
dia i Dokumenty Ekumeniczne 1988,3,23,13-51).

SchefTczyk, Leo: Die sakramentale Ehe als Abbild der Christus-Kirche-
Verbindung (In: Stöhr, J.: Die Familie: ein Herzensanliegen. St. Ottilien: EOS
Verlag 1988. S. 127-140).

Schwager, Raymund: Kirchliches Lehramt und Theologie (ZKTh 111, 1989.
163-182).