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Ausgabe:

1991

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 2

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Auch die reiche Bebilderung macht das Büchlein zu einer instruk- als das Spinoza-Verständnis weithin im argen lag, einer der wenigen

tjven Einführung in das. was an jüdischer Kunst in der Antike möglich profunden Kenner der Philosophie des großen Holländers gewesen ist.

war. Seine Darstellung hat lange Zeit das Verständnis des Spinozismus be-

r- • „ .. , herrscht.

ureifswald Hans Georg Thummel . .

Es ist deswegen ebenso von historischem wie von systematischem

_ Interesse, Jacobis Spinoza-Interpretation einer Prüfung zu unterziehen
. Inwieweit ist Jacobi den Intentionen Spinozas gerecht ge-
Archimandrit Makari (Weretennikow): Grundsätze der Ikonenmalerei. worden? ln welchem Umfang haben seine eigenen philosophischen
^erstreitende Ansichten im Rußland des 16. Jahrhunderts (SOrth 1989, 8, überzeugungen seine Interpretation (mit-)bestimmt? Der Benedikta
,,,. _ „ . , , _ _..... - , , tiner-Pater E. Bauer stellt und beantwortet diese Fragen mit Sach-

Drevmayer, Reinhard: ..Gnomon typusque vitae Chnstianae : zum emblc- ... ,, „ „ . ... , . , ° .

"«tischen Hintergrund des ..GnoiW-BegrifTs bei Heinrieh Oraeus kenntnis und spekulativer Kraft. Seine philosophische Dissertat.on.

11584-1646) und bei Johann Albrecht Bengel (1687-1752) (BWKG 88, 1988, mit derer 1986 in Innsbruck promoviert hat, klärt einen wichtigen

289-323). Abschnitt der Wirkungsgeschichte des Spinozismus.

Bvtschkcm, Viktor W.: Bild. Darstellung und Ikone im orthodoxen Kultur- In einem ersten Teil („Die dialektisch-zweidimensionale Struktur

reis. Aus byzantinischer Zeit ererbte Leitlinien orthodoxer Geisteskultur des spinozianischen Systems", 13-108) entwirft Bauer in sorgfältiger

'SOrth 5,1989,43-46). Berücksichtigung von Spinozas Schriften und im Gespräch mit der

Cardenal, Ernesto: Den Himmel berühren. Gedichte 1979 bis 1985. Miteincr maßgeb|ichen Literatur Grundzüge einer zeitgemäßen Spinoza-

hand i°n J .B- M"Z Verldhune deS FriedensPreises des B"coh- Interpretation, die ihm im folgenden als Kriterien für Jacobis Aus-
Andels an Ernesto Cardenal. Hg. von H. G. Schmidt. Gütersloh: Mohn 1989 , , c- • ■ i (-..... . ..

(Lizen™,., u a „ , .. >„ _ . r- a „,i egung des Spinozismus dienen. Im ausführlichen zweiten Haupttei

"-'"nzausgabe des Verlages Hammer. Wuppertal). 98 S. 8= ErnestoCardenal. 6 s . .. _ . . . , IT . ... ... K

°as poetische Werk. 8. GTB Siebenstern. 448. DM 12,80. („Spinoza im Lichte Friedrich Heinrich Jacobis , 109-277) zeichnet
Poesie der Naturvölker. Aus dem Span, von A. Schwarzer de Ruiz u. L. er dann das Spinoza-Bild Jacobis nach und unterzieht es einer kritische
. Gütersloh: Mohn 1989 (Lizenzausgabe des Verlages Hammer, Wup- sehen Prüfung. Ein kurzes Schlußkapitcl („»Jacobi - Spinoza< - auf
Pertal). 220 S. 8" = Ernesto Cardenal. Das poetische Werk, 6. GTB Siebenstern, einen Blick", 279-283) faßt den Gang der Untersuchung und ihre Er-
6- Kart. DM 19.80. gebnisse übersichtlich zusammen.

-•^Wölken aus Gold. Für die Indianer Amerikas II. Mit einem Nachwort von Spinoza hat zwei Traditionsstränge aufgenommen und in seiner

• Frenz. Aus dem Span, von E. Wirth de Argüello u. L. Kliche. Gütersloh: philosophie zur Geltung gebracht: einerseits das Denken Descartes'

'^onn 1989 (Lizenzausgabe des Verlages Hammer. Wuppertal). 120 S. 8' = , , _ . . . „. ... „,,,„,• . . c&K, „ a fru

En,,,, „ . . ... ., ___ und der Cartesianer, andererseits mystische Erfahrungen und Uber-

trnesto Cardenal. Das poetische Werk, 7. GTB Siebenstern. 447. Kart. DM ~~ ' , . .__ _««.. %

14.80 liclerungen (Kabbala, Neuplatonismus etc.). Spinozas Cartesianismus

Kckert. W illehad Paul: Antijüdische Motive in der christlichen Kunst und »* offenkundig; er gipfelt in dem Versuch, ein „more geometrico" ent-

ihreFolgen (BiKi 44.1989.72-79). faltetes Gesamtsystem der Wirklichkeit auszuarbeiten. Der im Früh-

Gerhardt, Christoph: Meditationsbilder aus dem ehemaligen Klarissen- werk, noch deutliche mystische Einfluß ist in der »Ethik« zurückge-

kl°sterRibnitz(TThZ98.1989.95-112). treten, aber nicht völlig verschwunden. Er kommt beispielsweise in

Hofmann, Werner: Malerei in der Nachfolge Christi. Die Geburt der Mo- den Lehren von der intuitiven Gotteserkenntnis und vom „amor

erne aus dem Geist der Religion (EK 23.1990.42-44). intellectualis Dei" zum Ausdruck. Spinoza selbst bemühte sich um

Balzenbach, Friedrich Wilhelm: Religiöse Aspekte der sogenannten ejne dia|ektjsche Verbindung der beiden Wurzeln seines Denkens.

riegslyrik" unter Berücksichtigung des literarischen Expressionismus , . ., ,. , .....- i ... . . .

,zRGG4i 1989 340 361 Bauer bleibt diesem Versuch gegenüber skeptisch und spricht von

KranR a ' w . . , ..... „.,. . i |.■ . einer „kaum überbrückbare(n) spannungsgeladcne(n) Kluft" die sich

■vrauu, Annette: Menschen in Jesu Nahe. Bilder der japanischen Malerin v ■ ° v

AWko Maria KoikefGuL 62.1989.97-125). hier auftuc (279).

'-angner, Johannes: Architektur im Zeitalter der Vernunft - Das Beispiel der Jacobi ließ in seiner Spinoza-Interpretation überhaupt nur die eine,

Kl°sterkirche von St. Blasien (in: Mühleisen. Hans-Otto [Hg.]: Die Franzö- cartesianische Tendenz gelten und hat sie in radikaler Einseitigkeit

^'sche Revolution und der deutsche Südwesten. München-Zürich: Schnell & auf die Spitze getrieben. Der „wahre Spinozismus" sei ein moni-

«iner 1989. S. 148-164). stisches, rationalistisches, deduktives, streng in sich geschlossenes

auser, Ekkart: Die Muttergottesikone als Bild von Leid und Leiderfahrung System, das - Spinozas Betonung der Alleinwirksamkeit Gottes zum

FnZ 98 19s9 i n_ ...

,i»o»,iu i-.i. Trotz - auf einen fatalistischen Atheismus hinauslaufe, da es nur den

^nneider, Wolfcang: Georg Trakls Gedicht ..Grodck". Gedanken zu einer . „ er ■ u. j „ i„k„„j- wr > r ui i

Apokai, u r- u ■ „ ,, i ä ■ ■ j,- f» io-Begri ft. nicht aber die lebendige Wirklichkeit Gottes kenne.

''""•aiypse zerbrochener Einheit (ln: Hemmerle, K.: Der dreieine Gott unddie • L • • • „ • „ .

e'ne Menschheit Freiburg-Herder 1989 S ->6-42) Zwar entging Jacobi die andere, mystisch-intuitive Seite von Spinozas

s<iebert, Klaus: .....um die Taubheit der Seele zu heilen". Christliche Denken nicht; er rechnete sie aber nicht dem philosophischen System,

Mot've in der sowjetischen Gegenwartsliteratur (Die Christenlehre 43, 1990, sondern nur der persönlichen Frömmigkeit des Philosophen zu.

'-•7). Daß Jacobi so entschieden auseinandergerissen hat. was Spinoza -

Weiß, Ruth: Die Richtstatt. Legenden und religiöse Motive im Werk wenn auch problematisch genug - zusammendenken wollte, sieht

^hmgis Aitmatows (DieChristenlehre42. 1989.196-205). Bauer zu Recht in Jacobis eigenem dualistischen Ansatz vorgeprägt.

Jacobi faßte den (wahren) Spinozismus nämlich als unausweichliche
Konsequenz eines rein rationalistischen Ansatzes auf. Weil ein

PhÜOSOphie, ReligiOnsphilOSOphie solcher Ansatz auf die Leugnung Gottes, der Freiheit und der Entwicklung
hinauslaufe, sei er offenbar absurd und müsse deshalb aufge-

Ra„ _ _ , ■ . geben werden-durch einen Sprung. Für den Rationalismus stelle sich

aut-r, hmmanuel J.: Das Denken Spinozas und seine Interpretation ,. . , „ . .. . , . . ,,

durch jacobi. Frankfurt M.-Bern-New York-Paris:. Lang 1989. d'eserals ein Salto mortale dar. weil er sich nicht am Verstand, son-

297 S. 8- = Europäische Hochschulschriften. Reihe XX: Philo- dern an den Elnslchten des Gem^ orientiere. Aus diesen erwachse

Sophie. 270 Kart sFr70- e'n System, das sich in allem antithetisch zum Spinozismus verhält:

seine höchste Instanz ist die intuitive Vernunft und nicht der dis-

Mit seinen 1785 veröffentlichten Briefen »Über die Lehre des kursive Verstand, es bezieht sich auf den lebendigen, persönlichen

Spinoza« hat Jacobi den sogenannten „Pantheismus- oder Spinoza- Gott und nicht auf den bloßen Begriff Gottes, und es läßt Freiheit.

Streif ausgelöst, an dem sich von Herder bis Sendling viele bedeu- Selbstverantwortung und Entwicklung gelten.

tende Köpfe der Zeit beteiligt haben. Den Anstoß zu dieser Abhand- Es ist Bauer zuzustimmen, wenn er betont, daß Jacobi den (zuge-

'Un8 hatte Mendelssohns Pantheismus-Vorwurf gegen Lessing ge- spitzten) Spinozismus damit nur beiseite geschoben, nicht aber

Beben. Die Forschung war und ist sich einig, daß Jacobi zu einer Zeit, argumentativ überwunden hat. Er selbst deutet an. daß ein katho-