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Ausgabe:

1991

Spalte:

134-135

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Jung-Inglessis, Eva-Maria

Titel/Untertitel:

Römische Madonnen 1991

Rezensent:

Strohmaier-Wiederanders, Gerlinde

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 2

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r»l» ■ MI k V ♦ nH I itaratur Beispielen jüdischer Bearbeitung des Stoffes bis zu den didaktischen

unristiicne Kunst una Liieraiur Ependes X6/xl Jhs TorquatoTaSsound Aionsode Acevedo, vorführt
(248-314), und Adamspiele (314-330) vom ordo represen-

Erffa, Hans Martin von: lkonologie der Genesis. Die christlichen tacjonjs Ade, Tours Bibl. Munic. ms. 927, zwischen 1146 und 1175,

Bildthemen aus dem Alten Testament und ihre Quellen. 1. Bd. nQch übef John Miltons paraciise Lost von 1667 hinausgehend bis zu

München: Deutscher Kunstverlag 1989. 542 S. 4 Lw. DM Daniele Properzi (193o)Und Everett Hahn (195.1).

" ' Wie stark die Einheit der beiden Testamente für die christliche

Der Vf. hat innerhalb der alttestamentlichen Themen in der bilden- Schriftauslegung und Kunst der Antike und des Mittelalters vorauszu-
den Kunst mit Recht eine Dominanz der Darstellungen zur Genesis setzen ist, zeigt der Abschnitt über die Kreuzlegende im Zusammen-
(bzw. angeregt von Motiven der Genesis) beobachtet. Diese Fülle der hang -Die Bäume des Paradieses". Hier fehlt der Ur- und End-
Genesis-Darstellungen ist nicht zuletzt dann begründet, daß Gen. geschichte verbindende Hinweis auf die Rolle des Kreuzes im Zuneben
dem Psalter nach der Einführung der lectio propria das einzige sammenhang des Weltgerichtes. Einige weitere Monenda seien hier
atl. Buch war. das im Stundengebet noch ganz gelesen wurde und also angeführt: 42: Augustin ursprünglich Gnostiker!; 64: Dionysisches
•den Klerikern stets gegenwärtig und vertraut" war (10). Dabei zeigen Schema wurde kanonisch durch Aufnahme im 8. Buch Const. ap. (um
die Bildthemen deutlich, daß es. um die Auslegung des Bildes zu ver- 370/380); 88: Widerspruch zu 135; 114: 1.5.3 muß heißen 1.1.5.3;
«ehen, nicht genügt, die Beziehung zum Bibelvers herzustellen, son- 115: Legendenkomplex der Kreuzlegende geht von Paradies bis End-
dern vielmehr nötig ist. die ganze Breite der Auslegungsgeschichte in gericht; 122: r. Sp. Z. 11 Gottes bzw. seinen Kreuzestod, 1. Sp.: ErTheologie
und Frömmigkeit bis hin zur Literatur-, Musik- und kenntnisbaum in der frühchristlichen Sarkophagplastik.
Theatergeschichte einzubeziehen und von der Geographie bis zur Was die Spezialliteratur zu einem so weitgespannten Unternehmen
Burleske und von der Ethnologie bis zur Tiefenpsychologie die Ver- angeht, so könnte natürlich an verschiedenen Stellen gebeckmessert
b'ndungslinie zu ziehen. So nur gelingt „die Zusammenschau von werden, etwa zur altorientalischen Religionsgeschichte oder zum AT.
Wort und Bild, das Sichtbarmachen also des Unsichtbaren im Kunst- Doch darf davon ausgegangen werden, daß der findige Leser aufgrund
werk: das ist das Arbeitsfeld der lkonologie" (12). dieser Vorarbeiten die neueste Literatur schon finden wird. Insgesamt

Eine so verstandene lkonologie geht über die ikonographische stellt das Werk eine nützliche Bereicherung verschiedener Wissen-
Fragestellung, „was dargestellt ist und wie es dargeboten wird", hinaus schaftszweige dar, der es gelingt, über den garstigen Graben der Fakul-
und fragt weiter „nach dem Warum einer Darstellung, und: warum täten und Disziplinen zu springen und zumal dem Theologen eine begerade
hier, in diesem Zusammenhang? . .. Denn das wenigste in der reichernde Stoffülle zur Auslegungsgeschichte von Gen. 1-11 vor
christlichen Kunst ist. . . Illustration, das meiste ist um einer be- Augen zu führen.

Mühlacke'r Wolfgang Wischmeyer

stimmten Aussage willen gemalt.. . und diese Aussage gilt es zu finden
. ' (13) Bei diesem Finden spielt die Typologie - also ein christolo-
gischer Bezug - eine entscheidende Rolle, ergänzt durch symbolisch-

allegorisches Material und die Interpretation der christlichen Sakra- Jung.InglessiSi E..M.: Römische Madonnen. Über die Entwicklung

■en e und Riten sowie die heidnisch-antike Kunst und die jüdische der Marienbilder in Rom von den Anfängen bis in die Gegenwart,

'oelauslegung. die in einer jüdischen Kunst eine Verbindung einge- St. Ottilien: EOS 1989.211 S. m. 65 färb. Abb. 8'. Pp. DM29,80.

Sangen waren, die zu den Voraussetzungen einer christlichen Kunst

gehört. Der Untertitel läßt eine chronologische Darstellung vermuten. Das
Damit hat der Vf. ein weites interdisziplinäres Feld abgesteckt, für betont zuerst auch das Vorwort: „Wir möchten die ikonographische
das er eine erstaunliche Weite der Belesenheit einbringen kann. Dieser Entwicklung dieser Marienbilder von den Katakomben bis in die
'■BandzuGen 1-11. der herkömmlichen Trennung in Urgeschichte Gegenwart chronologisch und thematisch verfolgen." Am Schluß
und der für Band 2 vorgesehenen Pariarchengeschichte folgend, hat heißt es allerdings: „Es geht hier jedoch weder um eine kunstkritische
seinen deutlichen Schwerpukt in der mittelalterlichen Kunst des noch um eine dogmatische Analyse, sondern um eine liebevolle Südwestens
. Demgemäß ist als Bibeltext die Vulgata von entscheidender betrachtung." (8) Warum das eine das andere ausschließen müßte, ist
Bedeutung. Das müßte aber einmal deutlich gesagt werden. Dem- nicht einsehbar. Es wäre mit dieser Publikation durchaus die Chance
gegenüber ist der Sprachgebrauch v. E.s schwankend (25!). Es gibt - gegeben, kunst- und theologiegeschichtliche Erkenntnisse mit medita-
Ur>d gab -schließlich auch eine Kunst der östlichen Christenheit, und tiver Betrachtung so zu verbinden, daß Leser und Betrachter eine
diese war oft genug der große Anreger für den Westen. echte Bereicherung erfahren könnten. Leider ist dieser Brückenschlag
Ein zweites Monendum sei gleich hier angeführt: So beeindruckend nicht gelungen, aber eben auch nicht angestrebt. So werden die
das Buch auch in seiner bibliographischen Leistung ist-grundsätzlich Madonnen römischer Kirchen thematisch geordnet aufgezählt und
folgt jedem der durch den Text vorgegebenen Abschnitte ein drei- erbaulich beschrieben, ohne den Gehalt ihrer Aussagen in ihrem ge-
feches Literaturverzeichnis zu Schriftquellen, theologischer und son- schichtlichen Zusammenhang ernst zu nehmen. Zu jedem Motiv gibt
st'ger außerkunstwissenschaftlicher Literatur sowie zur kunsthisto- es eine Abbildung in vorzüglicher Reproduktion. Zusätzlich werden
isch-ikonographischen Literatur -. so dürfte doch das Zitieren weitere Bilder aufgezählt als Information für Rom-Reisende. Doch
nach Mignes (!) Patrologien heute auch in kunsthistorischen Kreisen welchen Sinn die Katakombenmalerei in der Zeit ihrer Entstehung
°bsolet geworden sein und sollte zumindest in einem Hand- und Lehr- hatte, wird ausgelassen, obwohl dies für das ausgewählte Beispiel aus
buch, das für Studenten und jüngere Gelehrte gedacht ist, vermieden der Priscilla-Katakombe eminent wichtig wäre (9-10). Wenn in der
werden. zumal auch kein praktischer Vorteil darin zu sehen ist, denn Tradition der Kirche das Hohelied als Zwiegespräch zwischen Maria
diese 394 Quartbände hat man gewöhnlich nicht daheim im Regal. und Christus oder menschlicher Seele und Christus gedeutet wurde.
Zu den fünf Großabschnitten dieses 1. Bandes, Schöpfung, Fall des so kann man heute nicht die Erkenntnis verschweigen, daß es sich
Renschen. Erdenleben der Urväter, Sintflut und Turmbau zu Babel, hierbei um eine Sammlung altorientalischer Liebeslieder handelt (16).
finden sich 137 Bildthemen. Allein schon die Zahl zeigt, welches Ge- Ebenso unbekümmert geht die Autorin mit exegetischem Wissen um,
Wicht den Darstellungen zukommt, die auf Apokryphen und wenn sie meint, judenchristliche Kreise hätten die Marienverehrung
Pseudepigraphen des AT zurückgehen. Hier sei etwa auf 1.3.7.2 ver- im 1. Jh. gepflegt (42). Daß Jesus im Arm der Mutter bis zum Früh-
w'esen, einen gelungenen Überblick über die Henoch-Literatur und mittelalter meist als kleiner Erwachsener dargestellt wird und seltener
■hre Motive (418-428). Das Glanzstück dieser Art aber ist die Be- als Wickelkind, begründet Jung-Inglessis mit historisierenden Überhandlung
der Adamsliteratur. Hier tfennt v. E. in Adambücher, die er legungen (52-54). Den christologischen Hintergrund nimmt sie
ln 40 Ziffern von der Moseapokalypse und der Vita Adae et Evae als scheinbar nicht wahr.