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Ausgabe:

1991

Spalte:

940-942

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Gerosa, Libero

Titel/Untertitel:

Charisma und Recht 1991

Rezensent:

Müller, Ulrich

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 12

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Das Globalziel „religiöse Kompetenz" ist nicht etwa als formale Dabei nehmen die christologischen Fragen (Kap. IV bis vl

Integrationskategorie zu verstehen, sondern bezeichnet genau das, einen breiten Raum ein. Dies hängt mit dem christozentrischen

was in Lernprozessen erworben werden kann. Denn nur als Reli- Charakter des zugrundeliegenden theologischen Ansatzes zusam-

gion/Religiosität wird Glaube anthropologisch und sozial faßbar. men, aber auch mit der Erfahrung in vielen Gesprächen mit

Glaube selbst bleibt unverfügbar. Daher ist jede Weitergabe des Lehrern, daß gerade an dieser Stelle oft Verstehensschwierigkei-

Glaubens nur mit Hilfe religiöser Formen (Symbole, Sprache, reli- ten auftreten (z. B. Jesus der Christus, Kreuz und Auferstehung

giös motiviertes Verhalten) möglich. Die Mitteilung des Glaubens die Gottheit Jesu). Der Vf. läßt dabei vielleicht seine eigene Mel'

ist, so könnte man die Gedanken des Verfassers weiterführen, die nung zu stark zurücktreten, offenbar um die Leser zunächst in

geistvermittelte Tiefenstruktur religiöser Kommunikation bzw. exegetische Fragestellungen und Erkenntnisse, theologische An'

religiösen Lernens. Diese begrifflichen Präzisierungen erlauben es, sätze in Geschichte und Gegenwart einzuführen und zur eigen?11

sowohl die theologische Ambivalenz religiöser Erfahrung wie auch Urteilsbildung anzuregen, somit zur Klärung und Vergewisse-

geschichtlich konkrete Intentionen und Inhalte religiöser Kom- rung des eigenen Standortes zu verhelfen. Oft ist die Darstellung

munikation (z. B. Gottesebenbildlichkeitk, Nachfolge, Glaube) zu fast neutral-distanziert. Es werden aber auch an verschiedenen

berücksichtigen. Sie weisen auf Elemente religiöser Kompetenz, Stellen kritische Anfragen an einzelne theologische Konzept'0"

die in Erziehungsprozessen nicht verfügbar sind, aber als ge- nen gerichtet (z. B. S. 215: Fragen an Bultmann und Barth). Oder

schenkte Existenzmöglichkeiten in Freiheit ergriffen und lebens- es folgt nach einem Überblick über die Diskussion eine Zusam-

praktisch gestaltet werden können. Die konkretere Beschreibung menfassung, die den eigenen Standort zum Ausdruck bringt (z. b-

der einzelnen Dimensionen religiöser Kompetenz läßt Möglich- S. 221-224: Die Auferstehungsbotschaft in der Gegenwart). Be-

keiten einer kritischen Integration pädagogischer, psychologischer stimmte Positionen werden sogar eindeutig abgelehnt (z. B. ein

und soziologischer Theorien sichtbar werden, die deren Verabso- rein diesseitiges Verständnis von Auferstehung, 21 lf,

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lutierung verhindern kann. Darauf kann der Verfasser dieser trotz Doch die Tendenz, zwischen den Positionen zu vermitteln. ist

des erheblichen Umfangs gut lesbaren Habilitationsschrift nur dominant.

noch hinweisen. Auch evangelische Religionspädagogen sollten an Um den Lesern den Zugang und die Orientierung zu erleich-

diesem grundlegenden theoretischen Werk nicht vorbeigehen, tern, sind die einzelnen Abschnitte mit Zwischenüberschriften

zumal es in ökumenischem Geist geschrieben wurde. und Zusammenfassungen versehen. Das relativ ausführliche Inhaltsverzeichnis
und das Sachregister soll gerade den ReligionS'

Münster Heinz Schmidt lehrern/innen dazu dienen, für die Themen ihres Unterrichts die

einschlägigen Passagen schnell zu finden.

Ein Verdienst des Autors besteht vor allem in der Klärung so-

, ^ , , ^ ..• • „. , ..... , genannter theologischer „Begriffsdinosaurier", von Begriffen-

Kruhoffer, Gerald: Grundlinien des Glaubens. Ein biblisch- .. . . r ... ... ... , . A.ca

, .' . . c , i, j u i c r» u. die nicht mehrgreiten, wei sie Unverstand ich geworden sind. 3"

theologischer Leitfaden. Gottingen: Vandenhoeck& Ruprecht . _ f ... „ ,.„ "T _„ . Ai.

1989. 326 S. 8 3D Biblisch- theologische Schwerpunkte. 1. ist mit Gerechtigkeit oder Rechtfertigung des Sunders ..die

Kart DM 38 - Treue, mit der Gott an den Menschen festhält" gemeint. Aulerstehung
ist nichts anderes als „ von Gott endgültig angenommen

Hilfreich und aktuell ist die Intention, die den Vf. bei der Ar- zu sein, Unsterblichkeit die „unzerstörbare Beziehung zu Gott"-

beit an den „Grundlinien des Glaubens" geleitet haben. Er will Jüngstes Gericht bedeutet „Unbedingtheit der menschlichen

den Lesern, für die er es geschrieben hat, Religionslehrerinnen Verantwortung", ewiges Leben ist „echtes und erfülltes Leben"

und Religionslehrern, den christlichen Glauben in elementari- Zu kritisieren ist eine gewisse Fixierung auf Ebelings Theologie

sierter Form vermitteln. Er tut das aufgrund seiner Erfahrungen und somit ein Personalismus und Verbalismus, der die leibliche,

als Mitarbeiter des Religionspädagogischen Instituts Loccum. sakramentale, kosmische und ganzheitliche Dimension der Erlo-

Anlage und Aufbau der einzelnen Kapitel sind entsprechend sung zuwenig in Anschlag bringt,
strukturiert. Bei der Einführung in theologische Grundfragen

werden zuerst Aussagen der Bibel thematisiert. Deshalb werden Wallenhorst Horst Georg Pöhlmann
in jedem Kapitel unter Teil A „Biblische Grundlagen" behandelt
, und zwar werden einzelne ausgewählte Texte interpretiert

und Aussagen biblischer Schriften zum jeweiligen Thema im Kirchenrecht

Überblick dargestellt. Der Einführung geht es um eine Verbin-

dung von Exegese und systematischer Theologie. So werden im Gerosa Ljbero. charisma und Recht Kircnenrechtliche überle.

Abschnitt B eines jeden Kapitels - „Systematisch-theologische gungen zum >>Urcharisma" der neuen Vereinigungsformen in

Aspekte"-zunächst Aussagen aus der Theologiegeschichte dar- der Kjrche Einsiedeln: Johannes Verlag 1989. 303 S. 8 -

gestellt, die für die weitere Zeit besondere Bedeutung erlangt Sammlung Horizonte. NF 27. Lw. DM 42.-.
haben, und im Anschluß daran einige der theologischen Ansätze

der Gegenwart. Es ist ihm wichtig, daß die Leser in seiner „ Laien- Mit Sicherheit bereitet es vielen Lesern großes Vergnügen, die
dogmatik" in die Fragestellung hineingenommen werden, wie tiefgründige Habilschrift von Libero Gerosa intensiv zu studie-
auf der Grundlage der Bibel die christliche Botschaft in der ren. Das Thema „Charisma und Recht" wird scharfsinnig und
Gegenwart verantwortlich bezeugt werden kann. Die jeweils interdisziplinär ausgeleuchtet. Interessant sind die Verbindun-
behandelten theologischen Ansätze sind ausgewählte Beispiele. gen, die zwischen der systematischen Theologie, der praktischen
Unter fachtheologischen Gesichtspunkten hätte im Einzelfall die Theologie und der Theologie des katholischen Kirchenrechts geAuswahl
selbstverständlich auch anders erfolgen können. zogen werden. Für den Autor ist es nach dem II. Vatikanischen
Die dem Buch zugrunde liegende theologische Konzeption ist Konzil selbstverständlich, die Zusammenhänge zwischen „Cha-
zur Verständigung mit dem Leser zunächst in der Einleitung „ Bi- risma und Recht" kirchen(rechts)geschichtlich und ökumenisch
bel-Bekenntnis-Theologie" dargelegt. Im Anschluß an die refor- zu betrachten.

matorische Theologie geht der Vf. vom 1. Gebot aus; die Gottes- Durch diese Weitsicht ist die vorliegende Arbeit auch, oder

lehre setzt beim „Strittigsein Gottes" ein (Ebeling). Dies wird in besser gesagt, gerade deshalb, für evangelische Theologen und

Kapitel I exegetisch und systematisch entfaltet und leitet dann fachkundige Laien ein profundes Lehrbuch der neueren kirchli-

unmittelbar zu grundlegenden der christlichen Botschaft über, chen Rechts- und Verfassungsgeschichte.