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Ausgabe:

1991

Spalte:

927

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Ouspensky, Leonid

Titel/Untertitel:

The meaning of icons 1991

Rezensent:

Onasch, Konrad

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Seite 1

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927

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 12

928

gilt für die Aussage am Ende der Schrift, die Literatur Heinrich
Bolls sei „eine säkulare Theologie der Befreiung" (109). Denn
weder ist Bolls Literatur „ säkular" (der Autor ist - wie der Vf. selber
herausarbeitete - stets engagierter Christ gewesen) noch
„Theologie": sie ist bei allem christlichen Engagement hocharti-
fizielle Kunst.

Diesen unbrauchbaren Kategorien stehen freilich andere Kategorien
gegenüber, mit denen der Vf. das Verhältnis von Theologie
und Literatur beschreibt. Bolls Werk sei ein „Ort" von Theologie
(5), eine Chance, „sich lebens- und wirklichkeitsnah dem Menschen
mitzuteilen" (4), ein „Verbündeter der Theologie" (109),
ja eine „ Herausforderung der Theologie, von Gott als Gott zu
sprechen, um allen Domestizierungsversuchen Gottes zu widerstehen
" (109). Diesem Anliegen wird man nur zustimmen können
. Ebenso dem Satz: „Weil die Literatur Heinrich Bolls die
theologischen Bedingungen eines Sprechens von Gott erfüllt, unterstützt
sie die Theologie von ihren eigenen Voraussetzungen
her bei der Verkündigung der Botschaft von der Befreiung des
Menschen in Christus und der Utopie des Reiches Gottes" (80).
In der Tat: Heinrich Bolls Werk kann zu einer Herausforderung
steriler, menschen- und subjektloser Theologie, kann und sollte
zum „ Verbündeten " von Theologie werden, „ Bewohnbarkeit und
Heimat als Befreiung und Reich Gottes zu verkünden" (109). Ja
es kann zur großen Unterstützung einer Theologie werden, die
vom menschgewordenen Christus her den Erniedrigten und Beleidigten
, den Marginalisierten und Verachteten ihre Würde zurückgibt
. Zum Ersatz für Theologie darf es nie werden. Indem
aber verschiedene, sich logisch ausschließende Kategorien zur
Verhältnisbestimmung von Theologie und Literatur hier unver-
bunden nebeneinander stehen, hinterläßt diese Arbeit einen
zwiespältigen Eindruck.

Tübingen Karl-Josef Kuschel

Ouspensky, Leonid, and Vladimir Lossky: The Meaning of
Icons. Transl. by G. E. H. Palmer and E. Kadloubovsky. 3nd
ed. Crestwood, NY: St. Vladimirs Seminary Press 1989. 222
S. m. Abb. u. Taf. schw./w. u. färb. 4°.

Das vorliegende Buch ist die englische Übersetzung von „ Der
Sinn der Ikonen" derselben Autoren, das im Urs Graf-Verlag Bern
und Ölten 1952 erschienen war." Publisher's preface to the second
edition " (8) informiert darüber, daß diese Ausgabe 16 neue Tafeln
sowie eine Anzahl von Farbtafeln bringt, die in Zusammenarbeit
mit Leonid A. Ouspensky ausgewählt wurden. Ouspensky, einer
der bedeutendsten Ikonentheologen, -maier und -restauratoren ist
inzwischen verstorben. In folgenden Kapiteln wird der Stoff so
dargestellt: „Tradition and traditions" (Vladimir Lossky, (9-22);
"The meaning and language of icons" (Leonid Ouspensky,
23-49); "The technique of iconography" (Leonid Ouspensky,
51-55); "Explanation of the main typs of icons" (59-214), deren
Aufführung im einzelnen sich beide Verfasser unter sich aufgeteilt
haben. Ein "Index of Plates", "Index of illustrations in the text",
sowie eine "Select bibliography" schließen das Buch ab. Die letztere
ist eine wesentliche Bereicherung der englischen Ausgabe,
auch wenn man natürlich ihren Umfang etwas größer gewünscht
hätte. Seit bald 40 Jahren seit Erscheinen der deutschen Erstausgabe
hat sein Inhalt keinen Deut an Informationsreichtum für Forscher
, Freunde und Sammler der Ikonen verloren. Deshalb sei
diese Edition ihnen angelegentlich empfohlen, um so mehr, als die
deutsche inzwischen eine Rarität geworden ist. Ganz abgesehen
davon, daß die englische Sprache mehr noch als die deutsche in
der Lage ist, komplizierte Zusammenhänge einsichtig und klar
wiederzugeben.

Halle (Saale) Konrad Onasch

Bangert, Mark P.: The image of the resurrection music (CThMi 18-
1991, 115-121).

Dürrenmatt, Friedrich: Sur la tolerance (RThPh 122. 1990.449-466).

Garcia Alvarez, Cesar: La pintura romänica de san Isidora de Leon
(RAE 32, 1991,645-672).

Kulenkampff, Angela: Der Dreikönigsaltar (Columba-Altar) des RogiC
van der Weyden: zur Frage seines ursprünglichen Standortes und des Stifters
(AhVNRh 192/193, 1990, 9-46).

Morgan, David: Imaging the resurrection: an art historical view(CThM'
18, 1991, 85-91).

Moutsopoülou, N. K.: Kästron o Loggas (Kl. 18, 1986, 305-336: HO-

Sandberger, Jörg V.: Theologische Existenz angesichts der Grenze und
auf der Grenze. Karl Barth über Mozart und Paul Tillich über Bildende
Kunst (ThZ 47, 1991,66-86).

Sauser, Ekkart: Zur Geschichte und Ikonographie zweier Typen von
Christusikonen (TThZ 100, 1991, 81-90).

Sundermeier, Theo, u. Volker Küster [Hg.]: Das schöne Evangelium-
Christliche Kunst im balineischen Kontext. Nettetal: Steyler 1991. 98 S.
m. 3 Abb. u. 8 färb. Abb. gr. 8 = Studia Instituti Missologici Societatis
Verbi Divini Sankt Augustin, 51. Kart. DM 18,-.

Systematische Theologie: Allgemeines

Gerl, Hanna-Barbara: Die bekannte Unbekannte. Frauen-Bilder
in der Kultur- und Geistesgeschichte. Mainz: Grünewald
1988. 160S. 8 .Kart. DM 24,80.

Dieses spannend zu lesende, ungemein anregende Buch, auf
weite Strecken in poetischem Stil geschrieben, stellt eine Sammlung
von Essays dar (10), die inhaltlich um unterschiedliche Themen
kreisen: Frau und Kirche, Mariologie, Natur und Schöpfung
, Gottesrede. Den roten Faden bildet darin nicht nur das auf
Frau und Weiblichkeit zugespitzte Interesse der Autorin, sondern
ein bestimmtes systematisches Konzept zu dem. was sie
Geistesgeschichte nennt.

Dieses Konzept legt Gerl in ihrem ersten Essay dar unter dem
Titel „,Herkunft bleibt Zukunft'. Frau und Mann in Geistesgeschichte
und Religion" (11-53). Sie geht davon aus, daß im
menschlichen Bewußtwerdungsprozeß Ontogenese und Phylogenese
einander entsprechen und entwickelt Erkenntnisstufen, die
sich in Kulturstufen widerspiegeln. Die erste Stufe nennt sie die
„archaische Struktur" (140, denn „im Anfang steht eine reine
Identität" (15) zwischen Innen und Außen, Seele und Himmel.
Mann und Frau. Als Beispiel bringt sie u. a. den Kugelmenschen
in Piatons Symposion.

In einem nächsten Schritt charakterisiert die Autorin die „magische
Struktur" (16f) als Erleben einer numinosen Macht, der
die Menschen - ambivalent - „ausgeliefert und eingeboren" sind
(16). Das Ich ist noch nicht zu Bewußtsein gekommen, die Existenz
verdankt sich u.a. der Bindung an die numina Geschlecht
und Fruchtbarkeit, also an das Mütterliche (20). Und Gerl zeigt
auf, daß solche Mutterkulturen „nicht mit umgekehrten Vorzeichen
das sind, was Vaterkulturen heute vorstellen" (21).

Für die Entwicklungsstufe der „ mythischen Struktur" (28ff) gilt
nach Gerl „ein polares Gleichgewicht von Mann und Frau" (30).
Diese polaren Kräfte, die sich in den bekannten Gegensatzpaaren
wie: außen-innen, gebend-empfangend, Geist-Gefühl etc. darstellen
lassen, sind „ebenso gleichgewichtig wie deutlich unterschieden
" (30). Was nach Gerl noch fehlt, ist „personales Entschiedensein
für etwas Bestimmtes, für einen erklärten Wert" (34).

Solches kommt erst auf der letzten Stufe in Sicht, die die Autorin
die „mentale Struktur" nennt (35). Diese bricht durch im
Griechenland des 5. Jh.s und bildet auch die Basis des monotheistischen
Judentums bzw. dann des Christentums. In der mentalen
Struktur sieht Gerl „eine faszinierende Befreiung aus dem
Psychisch-Unentschiedenen, Unpersonalen, dem Kreislauf des