Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1991

Spalte:

903-905

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Reinhold, Gotthard G. G.

Titel/Untertitel:

Die Beziehungen Altisraels zu den aramäischen Staaten in der israelitisch-judäischen Königszeit 1991

Rezensent:

Vieweger, Dieter

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

903

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 12

904

des EB benutzt hat. Diese Alternative verdient eine gründliche
Diskussion. Sie kann hier nicht geführt werden. Zwei methodisch
grundlegendere Sachverhalte seien jedoch der kritischen Prüfung
der hier vertretenen positiven Sicht empfohlen. Obwohl die tragenden
Begriffe fehlen, werden theologische Konzeptionen als
den Text prägend postuliert, z.B. „Bund" (107ff), so daß Arnos
und die Unheilsprophetie des 8. Jh.s nur vom Bund als Interpretation
des Gottesverhältnisses her zu verstehen seien. Genausowenig
will den Rez. das Postulat einer Ziontheologie in der Art
von Jes 2 (Zion und Gesetz!) als Hintergrund von Ez 5,5f bei
gleichzeitiger Ansetzung von Ez 5 vor 587 überzeugen. Bei der
Breite der Untersuchung verwundert das Fehlen eingehender li-
terarkritischer Analysen der einschlägigen Texte und die schnelle
Beruhigung des Vf.s bei einer „mittleren Ebene". Daß selbst Ez
20, und noch dazu geschlossen, auf den Propheten selbst zurückgehen
soll, wird die Diskussion sicherlich befördern.

Berlin Matthias Köckert

Reinhold, Gotthard: Die Beziehungen Altisraels zu den aramäischen
Staaten in der israelitisch-judäischen Königszeit. Frankfurt
/M.-Bern-New York-Paris: Lang 1989. XV, 552S.m.4
Abb., 18 Taf. 8 = Europäische Hochschulschriften. Reihe
XXIII: Theologie, 368. Kart. DM 98,-.

In seiner 1989 an der Universität Frankfurt a. M. angenommenen
Dissertationsschrift unternimmt der Vf. den ausdrücklich
begrüßenswerten Versuch, auf der Grundlage des vorhandenen
außerbiblischen wie alttestamentlichen Quellenmaterials und
durch kritische Sichtung der vorliegenden Literatur ein begründetes
Gesamtbild der Beziehungen zwischen Altisrael und den
Aramäern nach unserem heute erreichbaren Forschungsstand zu
entwerfen. Dabei bemüht er sich, auf breiter Front die vielfältigen
Forschungen zu literarischen Quellen, zur Epigraphik und
zur Archäologie aufzuarbeiten. Der Risiken einer solchen Untersuchung
ist er sich bewußt. Einerseits bestehen bis heute gerade
auch bei dieser Thematik in der Forschung noch gewaltige Wissenslücken
. Andererseits kann die Erschließung bisher unpubli-
zierten Quellenmaterials unseren Forschungsstand jederzeit verändern
.

Der Vf. stellt den beiden Hauptthemen seines Buches eine
kurze Einführung in die gegenwärtige Forschungslage (0.1.; 1-3)
und Erläuterungen zu materiellen und geistigen Hinterlassenschaften
(0.2.; 4-22) voran.

Im ersten Kapitel („Zur Frühbezeugung und Herkunft der
Aramäer anhand außerbiblischer und biblischer Quellen";
23-67) analysiert der Vf. zunächst das Erscheinen der Termini
„ Aram(u/e/i)" als Orts- bzw. Personennamen in altorient. Dokumenten
seit dem 3. Jtd. v. Chr. Doch erst ugaritische und ägyptische
Dokumente des 14. und 13. Jh.s gäben Aufschluß über eine
Frühbezeugung der Aramäer als Volksgröße (s. UgM 321 1 III 22
u. Ortsnamensliste Amenophis III.), deren Ursprung am ehesten
mit den besiedelten Rändern der Wüste des Vorderen Orients zu
bestimmen sei.

Anhand aufgelisteter atl. Quellen ließe sich der aramäische der
biblischen Patriarchen Altisraels ablesen, wobei Haran der zentrale
Ausgangspunkt der Sippe Abrahams sei. Die Transmigration
der Vorfahren Altisraels stehe allerdings nicht zwingend im
Zusammenhang mit bekannten außerbiblischen Stämme- und
Völkerbewegungen, sondern sei sozialgeschichtlich mit verschiedenen
Faktoren der Lebensweise von Halbnomaden zu verknüpfen
(Einwanderung „ante Amarna", wohl zwischen MBrI und
SpBr). Eine Identifizierung der Patriarchen mit den hab/piru sei
expressis verbis unzulässig, dennoch wäre deren Status durchaus
vergleichbar.

Im zweiten Kapitel der Dissertationsschrift („Die wirtschaftlichen
und politischen Beziehungen Altisraels zu den aramäischen
Staaten, bis zum Niedergang der Herrschaft in Damaskus
732 v. Chr.") beschäftigt sich der Vf., bevor er zum eigentlichen
Thema kommt, mit dem Großreich Davids (2.1.; 68-88)
und den ökonomischen wie politischen Verhältnissen in Salomos
Reich (2.2.; 89-105). Damit will er verdeutlichen, daß die Aramäer
bereits zu dieser Zeit im Zentrum entscheidender ökonomischer
und politischer Umwälzungen im Raum Palästina-Syrie"
standen.

In zwölf Unterabschnitte gegliedert folgen dann die Erörterungen
der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen
den Teilreichen Israel/Juda und den aramäischen Staaten (2.3:
106-220), wobei sich durchaus an einigen Stellen Rückfragen an
die sachlichen Schlußfolgerungen des Vf.s ergeben. Auch darf bezweifelt
werden, ob die sachlich-logische Gliederung der einzelnen
Unterabschnitte und deren Stellung zueinander immer als
glücklich gelten darf.

(2.3.1.) Zunächst werden Probleme der Königsgenealogie aramäischer
Herrscher in Damaskus für die zweite Hälfte des
10. Jh.s diskutiert [Rezon ben Eljada, ante 955-931/30; - (?) He-
zion, 931/930-915 ?, vgl. 1 Kö 15,18; Tabrimmon, 915? -900].

(2.3.2.) Im 9. Jh. sei dann von einer eher kurzen Regierungszeit
Ben Hadads I. auszugehen (mit Cross bis 870). Ihm folgten Ben
Hadad II. und Adad-cIdri [deren Identifikation ließe sich auch
nicht aus dem Vgl. zwischen den Feldzugsberichten der Kö-
Bücher (z.B. lKö 20) und des Jahres 853 (Karkar) beweisen: so
2.3.5.]. In Exkurs 1 („Die Melkart-Stele Bis Hadads"; 221-249/
zu datieren post 850) rekonstruiert der Vf. deren zweite Zeile
nach Cross und schließt, daß der dort genannte Ben-Hadad. Sohn
des Adad-cIdril, der dritte Träger dieses Namens in der aram. Königsfolge
sei.

(2.3.3.) Den „lebenslangen" Kampf zwischen Asa und Baesa
gemäß lKö 15,16 bezieht der Vf. auf das Jahr 886, wobei Baesa
hoffte, seine territorialen Forderungen durch Grenzsicherungs-
maßnahmen gegen Juda, die dessen Handel mit den wichtigen
Staaten im Norden unterbunden hätten, durchzusetzen. Die Aufkündigung
des ökonomischen Bündnisses durch Ben-Hadad I.
hätte dann aber in einem Zweifrontenkrieg hohe Verluste für Israel
gebracht.

(2.3.4.) Zum Verhältnis zwischen Israel und Aram in der Zeit
Ahabs von Israel und seiner Nachfolger stellt der Vf. zwei verschiedene
Modelle vor. Zum einen brach Israel - unter Berufung
auf die literarkritische Arbeit Noths - möglicherweise schon 853
v. Chr. aus dem antiassyrischen Bündnis heraus (isr.-aram.
Kämpfe außerhalb der assyr. Feldzüge: lKö 20:855/4; 1KÖ22:
853; 2KÖ6: 846 v.Chr.). Zum anderen bleiben [mit H. Chr.
Schmitts Analysen zu lKö 20; 22; 2KÖ 3 u. 6] für die Omriden-
zeit allein Ahabs Beteiligung an der Schlacht von Karkar 853 und
die Annalennotiz 2KÖ 9,14f (Joram; Schlacht um Ramot-Gilead
gegen Hazael) als historische Ereignisse. Erst nach 845 sei die
Koalition Aram-Israel auseinandergebrochen (mögl. Anlaß: der
Tod Adad-cIdris 845 in einer Schlacht gegen Assur). Auch dessen
Sohn Ben-Hadad III. wird schwer verwundet und fällt - krank
darniederliegend - 842 dem Usurpator Hazael zum Opfer.

(2.3.6.) Nach Bemerkungen zu den wirtschaftlich wie strategisch
bedeutenden Faktoren beim Kampf um Ramot in Gilead
(anhand von Untersuchungen von Teil er-Rämtt; datiert ins Jahr
841), zeigt der Vf. in einer erneuten Analyse der Beziehungen Israels
zu den Aramäern in den Elia- und Elisageschichten (2.3.7.).
daß deren Grundschicht religiöse Auseinandersetzungen (z. B.
Förderung kanaan. Kulte durch die Oriden) der 2. Hälfte des
9. Jh.s reflektiere, als Israel angesichts des Aufbegehrens von
Moab und des unaufhaltsamen Vormarsches der Aramäer bis in
die Zeit des Hazael-Sohnes Ben-Hadad (2Kö 13, 3f.22f) und langer
Dürreperioden mit wachsender „Verarmung und Unzufriedenheit
" sowie „sittlichen und moralischen Verfall" zu kämpfen
hatte.