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Ausgabe:

1991

Spalte:

65-66

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Perels, Hans-Ulrich

Titel/Untertitel:

Wie führe ich eine Kirchengemeinde? 1991

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1 16. Jahrgang 1991 Nr. 1

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Halle/S. Eberhard Winkler

allen Kirchenmitgliedern zu erheben (921 ff, 943f) an eine Praxis der unsachgemäße behindern kann. Noch wichtiger aber ist, daß die

acht Landeskirchen im Bund der Evangelischen Kirchen. Leistung nur folgt, wenn der Glaube geschenkt wird. Natürlich weiß

Wie schwieriges bleiben wird, Maßstäbe kirchlicher Ökonomie aus der Vf. das. Es müßte aber doch deutlicher zur Geltung kommen, daß

der Ekklesiologie zu entwickeln, wie es W. Lienemann- im Anschluß die „Gute Botschaft" in erster Linie nicht „Produkt" der Ge-

an W. Huber vertritt, drängt sich als bleibender Eindruck auf. Die meindeaktivitäten ist, sondern ihre Voraussetzung.
..tiefe Verflechtung aller Tempel-, Kult- und Kirchenfinanzen mit
den jeweiligen politischen Herrschaftsordnungen, Gesellschaftsstrukturen
und Produktionsverhältnissen" wird nach Lienemann durch die
Studien dieses Bandes belegt (947). Diese Tatsache darf die Theologie

jedoch nicht zu abstrakten Normativen verleiten. Sie ist vielmehr Praktische Theologie:

genötigt, sich im geistlichen Interesse stärker mit ökonomischen Fra- SeelSOrge/Psychologie

gen zu befassen. Ein wichtiges Hilfsmittel dafür liegt mit diesen Stu-

Goldbrunner, Josef: Seelsorge - eine attraktive Aufgabe. Bausteine zu

Rostock Jens Langer einer Pastoraltheologie. Würzburg: Echter 1990. 142 S. 8' = Studien

zur Theologie und Praxis der Seelsorgc, 4. Kart. DM 39,-.

Pprei« Ii in • u im «u i i. i m_t • a i m™i;„i. Dieses Buch ist eher eine Bilanz als ein „Entwurf (5). Der Autor,

rerels. Hans-Ulrich: \ic führe ich eine Kirchengemeinde.' Möglich- , , , ,. , " . , ™ulL"-

keilen des Managements. Gütersloh: Mohn 1990. 96 S. m. Abb. 8". hochgeachteter Lehrer der katholischen Pastoraltheologie. legt im 80.

Kart. DM 22,80. Lebensjahr eine Sammlung der Gedanken vor, die seine akademische

Tätigkeit leiteten und seine Gemeindescclsorge noch immer prägen.

Pereis möchte Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre für die als Der schmale Band enthält keine „Fundamentalpastoral" im Sinne

-Nonprofit-Organisation" verstandene Kirchgemeinde fruchtbar P. M. Zulehners, sondern überwiegend Einzelstudien aus dem gesam-

niachen. Das „Produkt" der Kirchengemeinde ist das Evangelium, ten Arbeitsbereich des Seelsorgers und aus verschiedenen (leider nicht

das wirkliches Leben gibt. Wie läßt sich die Effizienz der kirchlichen gekennzeichneten) Schaffensperioden des Jubilars (IV.-XIII.. u. a.

Leistungen im Blick auf dieses Ziel erhöhen? Der Vf. erläutert die, „über die Pfarrei der Zukunft", „Angst und Seelsorge". „Seelsorger

Managementsituation in der Kirchengemeinde, Gründe für Manage- und Arzt am Krankenbett", „Kult und Zelebrant", „Lebenskrisen der

nentprobleme - die Schwierigkeit, den Erfolg zu messen, die Wider- Seelsorger"). Den Rahmen bilden drei historisch-systematische Skiz-

stände gegen Innovationen, die das Image bestimmenden Faktoren - zen zur Grundlegung der Seelsorgelehre (I.—III.) und eine „autobio-

Ur|d er stellt positiv die Möglichkeiten von Management in der graphische Skizze" (XIV.): „Am Fenster der Zeit". Sie rundet das

Gemeinde dar. Die Kriterien und Begriffe des Managements in Non- Buch und den Eindruck ab, es hier mit einem sehr persönlichen Bei-

Profit-Organisationen dienen dazu, die Strukturen und die Praxis der trag zur Pastoraltheologie zu tun zu haben.

Gemeinde in einer verfremdeten Terminologie zu beleuchten. Das Die Attraktivität, ja Faszination des Abenteuers Seelsorge besteht

..Topmanagement" der Gemeinde erhält Anregungen, die Effizienz für G. zunächst nicht in neuen, sondern in der Wahrnehmung ihrer

der Gemeindepraxis zu prüfen, die Organisation zu verbessern, traditionellen Aufgaben der „Begleitung menschlichen Reifens", der

Schwerpunkte zu setzen und Marketing zu betreiben. Gute Graphi- „Begleitung der Menschennatur zu ihrer Gottesbeziehung", „der

ken zeigen übersichtlich, worum es geht. Das Buch ist anregend für Auseinandersetzung mit dem Bösen", der „Gemeindebildung" und

Theorie und Praxis des Gemeindeaufbaus. der „Feier in der Gemeinschaft der Pfarrgemeindc als Partizipation an

Der Versuch. Kirche und Gemeinden als „Betrieb" zu sehen, der der göttlichen Heilstat" (22-28). Grundlegend für alles seelsorgerliche

■möglichst wirksame Leistungen für sein spezifisches Ziel bringen soll, Handeln ist die Beziehung zu Christus: „Nicht nur die Sache Jesu lebt

■st allerdings nicht neu. Obwohl man in einer solchen Arbeit nicht weiter, er selbst lebt in der Erhöhung. Die Beziehung zu ihm beginnt

harten darf, daß alle wichtigen Publikationen berücksichtigt wur- wohl mit Bewunderung und endet bei Bewunderung. Bewunderung

den, ist doch bedauerlich, daß dem Verf. das Buch von Waldemar aber hat wiederum zu tun mit Faszination, mit Anziehung und

Wilken, Ein Betrieb namens Kirche. Menschenführung in Kirche und Attraktivität." (29)

Gemeinde. München 1973. entgangen ist. Es wurde in der ThLZ99 Die Anziehungskraft der Seelsorgeaufgabe ergibt sich für G. auf dic-

(,9?4) 68f besprochen. Wilkcn ging vom Modell der Akademie für sem Hintergrund recht eigentlich aus seiner Sorge um die Menschen

Führungskräfte der Wirtschaft in Bad Harzburg aus. Leider fanden in der modernen Gesellschaft: Die wissenschaftliche und technische

se'ne Impulse in der umfangreichen Literatur zum Gemeindeaufbau Bestimmtheit des sozialen Lebens führt zu einem „gesellschaftlichen

Wenig Resonanz. Wichtige Anliegen von Pcrels wie die Fragen nach Defizit für den menschlichen Innenraum, um den sich niemand mehr

Effektivität und nach Prioritäten wurden aber hier und da bedacht kümmert" (28). G.s Drängen auf eine wahrhaftige Auscinander-

<z- B. inThLZ 99 (1974) 39-50: ZdZ 1973, 125-132). Setzung der Seelsorge mit der modernen Welt verlangt vom Seelsorger

Die Hauptprobleme bei der Übernahme von Managementmetho- sowohl die Besinnung auf Irrwege der Seelsorge in der Vergangenheit

den liegen m. E. in den Fragen der Leistungsfähigkeit und -Willigkeit (vgl. bes. VI. Seelsorge und Angst) als auch das Vertrauen auf die

der Mitarbeiterinnen. Bei Pereis fällt auf, daß er oft von „Sollen" positiven Möglichkeiten der Seelsorge, als da sind: „Lebenshilfe, der

Und „Müssen" spricht. Er nimmt als selbstverständlich an, daß die Geist des Evangeliums, und dazu eigene religiöse Erfahrung mit dem

-Funktionäre" der Gemeinde „ihre Aufgaben fachlich hervorragend Gott des Fascinosum und Tremcndum" (64).

erfüllen" (69). Im besten Fall darf man es aber als selbstverständlich G. dokumentiert seine eigene Umbruchserfahrung: Seelsdrge kann
annehmen, daß alle bereit sind, ihr Bestes zu geben und sich dafür in der modernen Welt nicht mehr überwiegend institutionell abgesi-
auch weiterzubilden. Daß ständig Hervorragendes geleistet werden chert vollzogen, sondern muß personal verantwortet werden. Die
niusse. wurde in der DDR-Gesellschaft 40 Jahre lang gefordert, mußte Auseinandersetzung mit der Tiefenpsychologie, ein Grundzug der
aber Phrase bleiben. Wie werden Menschen motiviert, ihr Bestes zu Arbeit G.s nach seiner Begegnung mit C. G. Jung, legt ihm metho-
geben? Die entscheidende Motivationsfrage kommt bei Pereis zu disch zunächst die Orientierung an der „ärztlichen Heilkunst" (64)
kurz. Die evangelikalen Ansätze zum Gemeindeaufbau, die oft ein nahe, und läßt ihn inhaltlich eine „neue Konzeption einer christbemerkenswertes
Verständnis für das Organisatorische bekunden. liehen Lcbcnslehre" fordern, die der „Entfaltung der menschlichen
s°Hten gerade unter dem Aspekt der Motivation differenzierter be- Natur ihren Platz" (gibt) und „sie zeitgemäßer Seelenhygiene ein(ord-
UrteiIt werden. Es ist richtig, daß der Glaube etwas leistet und daß man net)" (640- G.s Vermittlungsbemühungen zwischen der religiösen
Leistungen durch zweckmäßige Organisation fördern oder durch Tradition des Christentums und humanwissenschaftlichen Erkennt-