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Ausgabe:

1991

Spalte:

859-860

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Pöhlmann, Horst Georg

Titel/Untertitel:

Abriß der Dogmatik 1991

Rezensent:

Kühn, Ulrich

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Seite 1

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859

Pöhlmann, Horst Georg: Abriß der Dogmatik. Ein Kompendium
. 4. und 5., verb. u. erw. Aufl. Gütersloh: Gütersloher: -
Mohn 1986 und 1990. 382 S. und 400 S. 8°. geb.

Horst Georg Pöhlmanns „Abriß der Dogmatik" - kurz: der
„Pöhlmann" - erschien in l.Aufl. 1973 und ist für Studierende,
die sich auf ihr theologisches Examen vorbereiten, längst zu
einem unentbehlichen Hilfsmittel geworden, das nicht mehr vorgestellt
zu werden braucht.

Daß dieses „Kompendium" (so der jetzige Untertitel) 1990 in
5. Auflage erschienen ist, zeigt, wie groß der (dankbare) Benutzerkreis
ist und wie sehr sich der „ Pöhlmann " offensichtlich bewährt
hat.

P. selbst weist in den Vorworten zur l. und 2. Aufl. sowohl auf
die Notwendigkeit wie auch auf die Gefahren eines solchen Abrisses
hin. Gerade seine eigenen Warnungen bestätigen sich,
wenn bei manchen Studenten das gesamte Dogmatik-Wissen
sich am Ende fast ausschließlich aus diesem Kompendium nährt
und nicht, wie Pöhlmann selbst unterstreicht, der „Abriß" lediglich
neben einem anderen dogmatischen Lehrbuch (Schlink,
Joest o. ä.) benutzt wird.

Auch die Gefahr, die in einer „unverdauten" Zitation von Pöhlmanns
Zentralformel „ victor quia victima" (S. 241 nun ein Kommentar
dazu) liegt, kann der Rezensent bestätigen. Beachtet man
freilich diese Gefahren, dann kann der „Pöhlmann" eine sehr
nützliche Hilfe zum Überlick über die Fragestellungen gegenwärtiger
Dogmatik (einschließlich der wichtigsten Schemata der protestantischen
Orthodoxie und in Grenzen
auch der Grundoptionen von Theologen des 18. und 19. Jh.s)
sein.

Von Aufl. zu Aufl. hat sich der Vf. um Aktualisierung seines
Abrisses bemüht. So sind in der 5. Auflage Exkurse zu den Themen
„Mythos" (1000, „Physik und Transzendenz" (1100 und
„New Age" (129f0 sowie ein neuer Abschnitt zur ökologischen
Problematik (191 fT) hinzugekommen.

In früheren Auflagen war die ursprüngliche Fassung z. B. durch
Hinweise auf den Aristotelismus in der Scholastik (200, eine graphische
Übersicht zur Systematischen Theologie im 19. und
20. Jh. (24), eine Ergänzung mit Schaubild zum Thema „Schöpfung
und Erhaltung" (1630 oder durch einen Exkurs zur Frage
der Einheit der Kirche (3340 erweitert worden: anders wiederum
war in Wegfall geraten.

Daß es dennoch schwierig ist, den Stand gegenwärtiger Diskussion
zureichend widerzuspiegeln, wird deutlich, wenn z.B. im
Locus „De nomine" die Anthropologie von W. Pannenberg
(1983) nur in einer Anmerkung (182, A. 45) knapp erwähnt wird,
ohne daß ihr fundamentaltheologischer Ansatz eine ausführliche
Würdigung erfährt.

Im Locus „De gratia" wird der ökumenische Gesprächsstand
zur Rechtfertigungsfrage im wesentlichen immer noch nach
Pöhlmanns eigenem Werk von 1971 dargestellt (ohne Bezug zu
den Gesprächsergebnissen der 80er Jahre, zu denen sich der Vf.
ja anderweitig durchaus geäußert hat). Das Gleiche gilt für die
Opferthematik im Zusammenhang des Abendmahls wie überhaupt
für die neuen in der ökumenischen Theologie wichtig gewordenen
sakramententheologischen Ansätze, ebenso für die
Amtstheologie - bei letzterer widerfährt dem Rez., daß er seit der
1. Auflage unverändert mit einer von ihm selbst längst überholten
Arbeit von 1970 zitiert wird (336). In der Ekklesiologie vermißt
man im übrigen Hinweise auf die gegenwärtig stark diskutierte
Frage der Sozialgestalt der Kirche (Huber, Herms, T.
Rendtorff u. a.).

Vielleicht müßte im Blick auf etwaige weitere Auflagen insgesamt
überlegt werden, ob das in diesem Abriß weithin noch an den
großen evangelischen Theologien der Mitte dieses Jh.s orientierte
Spektrum doch einer grundlegenderen Veränderung bedürfte, als
sie durch einige Exkurse möglich ist.

860

Diese und andere Fragen schmälern nicht den Dank für den
Dienst, den dieses Kompendium in nunmehr nahezu 20 Jahren
geleistet hat.

Leipzig Ulrich Kühn

Praktische Theologie: Homiletik

Damblon, Albert: Frei predigen. Ein Lehr- und Übungsbuch-
Düsseldorf: Patmos 1991. 120 S. m. 12 Abb. 8 .

Der Vf. Albert Damblon ist Katholik und ökumenisch gesinnt -
darum redet er selbstverständlich von der Kanzel wie von»
Ambo, vom Pfarrer wie von der Pfarrerin; er ist Dozent, darum
hat er seinen Stoff gut aufbereitet, mit Bildern. Skizzen und Fragen
zur Selbstkontrolle versehen; er ist Gemeindepfarrer, darum
schreibt er in lebendiger, kommunikativer Sprache. Seine
Grundthese lautet: „Predigt als Verkündigung der Frohbotschaft
ist freie Rede und sonst gar nichts. Das ist meine These, die ich in
diesem Buch behaupte und verteidige." Zu solch freier, im Augenblick
formulierter Predigt, die auch bei der Vorbereitung aut
jedes ausgearbeitete Manuskript verzichtet, möchte er den Predigerinnen
und Predigern Mut machen und praktische Anleitung
geben. Jeder Predigthörer kennt die Schwerfälligkeit und Gemeindeferne
von sorgfältig ausgearbeiteten und wörtlich vorgelesenen
Schreibtischprodukten, und Albert Damblon hat keine
Mühe, im 2. Kapitel „fünf gute Gründe für eine frei gesprochene
Predigt" vorzutragen. Viele, so ist er überzeugt, ziehen aber daraus
die Konsequenzen nicht, weil sie Angst haben, Kanzelangst.
Von ihr reden in aller Regel die Homiletiken nicht, obwohl jeder
Prediger und jeder Homiletiker sie kennt. Von ihr redet sein
3. Kapitel: „Was mache ich auf der Kanzel mit meiner Angst?"
Seine Ratschläge von der richtigen Sprechatmung bis zur gründlichen
Vorbereitung zeugen von eigener Erfahrung. Freilich
fürchte ich, viele Predigtängste sitzen erheblich tiefer als die
Angst vor der Blamage, steckenzubleiben oder ins Schwimmen
zu kommen. Nun folgen nützliche und sehr konkrete Hinweise
zur Vorbereitung einer frei formulierten Predigt: denn „frei predigen
heißt nicht, unvorbereitet schwätzen". Besonders wichtig
ist die Methode des „Sprech- Denkens" dabei, der bei den Hörern
das „ Hör-Verstehen " korrespondiert. Immer neue Sprechdenk
-Versuche am Schreibtisch - der letzte mit Uhr und Kassettengerät
- sind das Grundgerüst zur Predigtvorbereitung, an
deren Ende ein klarer Zielsatz und ein übersichtliches Stichwortkonzept
steht. So weit - so gut.

Aber - wie viele fruchtbare Anreger - ist Damblon Rigorist.
der neben seiner Methode nichts anderes mehr gelten läßt. „Da
die Frauen und Männer auf der Kanzel nicht mehr frei sprechen
können, liefern sie sich einer Fehlform der Predigt aus." Sie bringen
das Wort um seine Wirkung und verachten die Hörer. Im
„Verwirrspiel der Homiletik" wird „Irrlehre" vertreten, im günstigsten
Fall „zweigleisig" gedacht und nicht gesehen, daß „die
ausformulierte Predigt Redemißbrauch" ist. Jede Form eines
ausformulierten Manuskripts, sei es zur Selbstkontrolle, zum
Memorieren oder als erster Entwurf für eine dann freie Rede,
fällt unter dieses Verdikt. Kennt er nicht auch die Prediger, die
sich zu sehr auf ihre Intuition verlassen und denen man als Predigthörer
dankbar wäre, wenn sie durch probeweises Ausformulieren
daheim sich selbst zu mehr Denk- und mehr Sprachdisziplin
gezwungen hätten? Sind Predigerinnen und Prediger nicht
so verschieden, daß sie ein homiletisch vielgestaltigeres Instrumentarium
brauchen?

Im letzten Kapitel bietet Albert Damblon - und das ist mutig
und gut - ein konkretes Beispiel: seinen Stichwortzettel und die
Tonbandnachschrift der dann gehaltenen Predigt. Überraschend

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 11