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Ausgabe:

1991

Spalte:

857-858

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Klimek, Nicolaus

Titel/Untertitel:

Der Begriff "Mystik" in der Theologie Karl Barths 1991

Rezensent:

Fangmeier, Jürgen

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Seite 1

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8$7 Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 11 858

K"cera in dieser Frage Tillich unkritisch, wenn er der „antik- Stimmung wie in der Einschätzung der Sache, auch innerhalb ka-
^holastischen Tradition des metaphysischen Theismus" vor- tholischer Orden, deutlich. Das Interesse an der Mystik reicht
w'rft. sie vergegenständliche Gott (vgl. 194). Eine solche pau- heute bis in Mathemat.k und Naturwissenschaft (150) Der
*hale Kritik ist aber einfach nicht haltbar. Ein Blick in die Texte Schwerpunkt der Untersuchungen hegt gegenwärtig durchaus
dieser Tradition würde hier genügen! Ich erinnere nur an Plotin, nicht in der Theologie (152). Der Wert bzw. Unwert von Drogen
derdas „Eine", seinen Gott, ja gerade jedem auch nurdenkbaren für die Mystik wird auch m wissenschaftlichen Abhandlungen
S«bjekt-Objekt-Schema zu entreißen sucht - und der auch schon kontrovers beurteilt (1520- Hinsichtl.cn der Ursprünge ist es
*«ßte. w,e man angemessen von Gott zu reden hat. nicht zuletzt G. Bornkamms Artikel ^atnp'ov. uoeco m Kittels
D-eses Negativbeispiel deute, auch schon ein grundsätzliches Theol. Wörterbuch (IV, 809(0. der Klimek festen Stand verManko
so manch anderen Beitrages an. daß man sich nämlich schafft. - Klimeks Resultat das zusammengefaßt im 4. Teil vor-
a"zu häufig auf die reine Tillich-Interpretation beschränkt ohne liegt, besteht in Barths Myst.k-Knt.k und deren Beurteilung
Berücksichtigung der einschlägigen Tillich-Literatur und der phi- sowie, insbesondere, in positiven Voten und Elementen bei Barth
lc*ophisch-theologischen Tradition, in der Tillich - wie vielleicht und deren Gewichtung.

kein anderer protestantischer Denker unseres Jahrhunderts - Barths Mystik-Kritik ist vielfältig: Er sieht den Mystiker von

immer auch steht. sich aus zu Gott kommen wollen, an Gottes Offenbarung vorbei,

christusfern, mittels Erlebnis und psychischer Technik. Erdenkt

Trier Werner Schüßler an den Drang, mit Gott verschmelzen zu wollen, wie auch an die

quietistische Atmosphäre der Mystik (vgl. Klimeks Zusammenfassung
, 251 ff).

Klimek, Nicolaus: Der Begriff „Mystik" in der Theologie Karl Klimek versucht zu zeigen, daß sich Barth bei dieser seiner

Barths. Paderborn: Bonifatius 1990. 294 S. gr. 8 = Konfes- Kritik insbesondere an Schleiermacher und dessen Umfeld

sionskundliche und kontroverstheologische Studien. 56. Lw. orientiert (obwohl Barth, wie auch Klimek weiß, an E. Brunner

DM 48.-. kritisiert, daß dieser Schleiermacher .(.wir als Mystiker verstanden
hat), daß Barths Kritik die klassische christliche Mystik der

Die Publikation geht auf eine katholische Dissertation an der Kjrche un(j des Mitte|alters weithin nicht trifft. (Vg. die Zu-

Universität Bochum (1989) zurück. Sie erweckt zunächst den sammcnfassung 244ff: 4.3.2: „Die fehlende Eigenmächtigkeit

Eindruck, als stelle hier jemand aus beträchtlicher Distanz zu Le- einer christ|ichen Mystik".)

sern und in noch weit größerer Distanz zu Barth diesen großen ^ ß^ sjch ^ aussch,jcß|ich negativ u5er Mystjk aus.

Protestantischen Theologen vor. Dazu paßt, daß durchgehend ^ ^ yf reichlich zu dokumentieren. Zum Beispiel:

'■on „Blumenhardt "(statt Blumhardt) die Rede ist, oder so unbe- ^ ^ „ ^ pmesl (2g) ^ sje jn bestimmtem sinn

darfte Sätze begegnen wie: „ Der Band IV.4 der Kirchlichen Dog- djc Dogmatjk (37) erkennt sie_ nicht unbeeindruckt, in re-

"jatik ist nicht mehr ganz fertig geworden" (96) bzw. Religion sei fomljerter Frömmigkeit (45), fragt nach dem Recht, das ihr nicht

-tur Barths Theologie ein wichtiger Gegenbegriff zum Chisten- Dogrnatik, abcr in der Kirche zukomme (61). erwägt, ob

um" (Christentum!; 99). Der Titel des § 1 7 der KD wird auf S. njcht * ^ Re(jc u y unvcrmeidllch sel ,,, 8f). und stellt

>06 sehr frei formulien und derjenige des Vortrags „Das Wort Mystik, z. B. A. Ritschis (117. 1410.

Gottes als Aufgabe der Theologie" immer wieder falsch wieder- gewichtigcr s,nd für den Vf. Elemente echter, guter My-

egeben. Außerdem wird häufig Barth auch a aus Sekundär ite- ^^e: der Zug von negatlvcr jjg? d>r

n I- h^okT h ■ "h Th" , sei H99; haTnSn" der dialektischen Theologie e.gnet (2390. das Streben nach Gott,

mm das Objekt der mystischen Erfahrung sei (199). hat mich ns intellectum„ ^

^ los gemach, und ist kaum angetan, den Brückenschlag zw- ^ des Feiertags in der Ethik (87) w,e sein theologi-

sehen K. Barth und der Mvstik zu fördern. . _. IToiLJ i /->«m n . a r~.

r. .........17^ , ..„;.,„., scher Sinn für Selbstverleugnung (250). seine Betonung der Got-

Damit bin ich jedoch am Ende dergravamina und bereit zu at- ... ,„ .. *A ~ . • ." . » ]ZTZ

t»-. _, n „ .. . . ■ ... n ,k,„.t,n^»P teshebe (Genobj.; 248) oder seine Vorstellung von einer unio

testieren, daß a es in aem doch ein achtbares Buch zustande ge- „, . .-.„. c , • ., . „ ■ ■ . , „ „ -fc

l__ 7~L ......... —_____» hl. „ cum Christo (249). Es ist nicht das einzige Mal. daß Barth - wie

kommen ist. Es wi der spintue en Vertiefung in ökumenischem * ' . , ,. ,, , . ... ..

Li .. ,_. . . .. , vr k ict HaR h'er angesichts Gal 2.20-sagt: „Ist Mystik das, dann ist Mystik

Horizont dienen (vgl. 255). wobei sich der VI. bewußt ist, aau ,,,.,„._ , , ... , „. , J „

n; . . . „ . . . ... „ w„r,x vr-.,\, eine unentbehrliche Bestimmung des christlichen Glaubens.

"•cht nur ein K. Barth mit seiner durchgangigen Mystik-Kritik. v, l -mo 1^ 7 r -,-lais

sondern auch das Zweite Vatikanische Konzil zur Meidung des W "'-4-64- ™m* Zusammenfassung 2540

Begnffs und zur Ausblendung der Sache der Mystik beigetragen Wir staunten an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal, als

hat (12) unsJ. Moltmann vor etlichen Jahren einen Vortrag ausgerechnet

Klimek hat nicht wissen können, wie K. Barth über den Ver- über Mystik anbot, und fanden dann, er se. s.ch durchaus treu,

such Albrecht Oepkes (.Karl Barth und die Mvstik', Leipzig als er akzentuierte: Ohne Mystik keine Kraft zu konsequentem

1928). .hn mit östlicher Mvstik in Verbindung zu bringen (vgl. Bekennertum. zum Martyrium!

13). gesprochen hat. (Er habe seinen Studenten nur wortlos das Es ist eine starke Seite von Klimeks Buch, daß es sich grosso

Buch hingehalten. Die Wirkung sei zunächst tosendes Gelächter modo an solchen Zeugen der Mystik und mystischer Theologie

und später noch ein kleines Bühnenstück gewesen.) Aber auch orientiert, die Barth in seinem Gespräch mit den Vätern in der

wenn Klimek dies gewußt hätte, wäre ihm seine Eingangsthese Kirche ernst nimmt: zu denken ist besonders an die großen Kir-

kaum vergällt worden: „Wer sich von der vordergründigen Pole- chenlehrer des Mittelalters. Daß auch „die New-Age-Bewegung

mik gegen eine Erlebnismystik blenden läßt, bekommt Barth mit ihren verschiedenen Richtungen und Facetten ... ein beein-

nicht vollständig zu Gesicht." (14) druckendes Beispiel" sei (13), wirkt demgegenüber eher pein-

Im 1. Teil der Arbeit stellt der Vf. K. Barth und dessen Lebens- 'ich.
lauf unter besonderer Berücksichtigung seiner Aussagen zur My- Wir können einverstanden sein, daß Barth von katholischer
stik vor. um im 2. Barths Äußerungen zur Mystik zu systematisie- Seite /wrein positives Verhältnis christlicher Theologie zu christ-
ren. Im 3. versucht Klimek im Blick auf seine Aufgabe zu einem licher Mystik reklamiert wird. Wir würden Karl Barth indes
festen Standpunkt zu gelangen, indem er sich um den Ursprung höchstens halb u. d. h. nicht wirklich hören, wenn wir seiner kriti-
des Begriffs „Mystik" wie um deren klassische Gestalten in der sehen Stimme in dieser Sache zu entraten suchten.
Christenheit bis zu Nikolaus von Cues müht. In diesem Zusammenhang
werden starke Unterschiede schon in der Begriffsbe- Wuppcrtal-Schöller Jürgen Fangmeier