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Ausgabe:

1991

Spalte:

824-825

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Reventlow, Henning

Titel/Untertitel:

Gebet im Alten Testament 1991

Rezensent:

Seidel, Hans

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 11

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Die Einbeziehung des Ugaritischen wie des Eblaitischen bringt
keine akzeptable Lösung. Das Problem bleibt offen. Kap. 2
(§§2-5)" A New Approach: Texts Linguistics" (19-22). H. Wein-
rich unterscheidet die zweifache Funktion, einmal in Rede/
Bericht (in l. und 2. Pers. gebrauchte Verbform), zum anderen in
der Erzählung (in 3. Pers. verwendet). Bei der Rede wird zumeist
Präsens, Präsens-Perfekt und Futur gebraucht, während in der
Erzählung Imperfekt als einfache Vergangenheit oder konditional
gebraucht wird. Dazu werden drei Aspekte "linguistic atti-
tude", "foregrounding", "linguistic Perspektive" beachtet.
Kap. 3 (§§ 6-13) " Narrative and Comment" (23-34). Der Nominalsatz
, beginnend mit einem Nomen, sagt aus. wer das Subjekt
ist ; dagegen beginnt der Verbalsatz mit einem Verbum, das aussagt
, was das Subjekt tut. Für die Erzählung ist der Übergang von
WAYYIQTOL - (WAW) - x - QATAL, umgekehrt für die Rede ist
weQATAL - WAW - x - YIQTOL typisch. Beide Verbformen
sind Zeichen der Beziehung der Textsegmente untereinander,
sog. "macro-syntactic signs" (33). Ein Indikator für die Erzählung
ist wayehi, für Rede und Erzählung kann es wehinne sein,
ausschließlich für die Rede steht weätta oder wehaya als makrosyntaktische
Zeichen. '"Discourse' also includes the 'comment'
sometimes found within a narrative ... I will... use the term 'dis-
course' when the text addresses the listener directly, i.e. in dis-
course proper, dialogue, prayer, etc.; for all other cases I will use
the term 'comment'" (33). Kap.4 (§§14-25) "WAYYIQTOL
AND QATAL" (35-45). QATAL wird in der Erzählung wie im
Bericht gebraucht, dennoch ist es keine Erzählform, "it conveys
recovered information ... or even a comment on the main events
(background)" (35). WAYYIQTOL steht in der Erzählung an erster
Stelle, in der Rede an zweiter Stelle. Kap. 5 (§§26-50) "Hc-
brew Narrative" (47-72). In der Regel ist die Erzählung mit
WAYYIQTOL eingeleitet, steht aber am Satzanfang eine Umstandsbestimmung
oder ein anderes nominales Element, so tritt
QATAL an die 1. Stelle auch als Ausdruck für die Handlung. Für
den Temporalsatz hat oft wayehi die Einleitungsfunktion. Zur
Bezeichnung der Funktionen gilt: "The only criterion is seman-
tic: context and meaning" (71). Kap.6 (§§59-98) "Discourse"
(73-109). Die Vielfalt der Verbformen in der Rede ist größer als
in der Erzählung; denn im Hebr. stehen die 3 volitiven Formen -
Kohortativ. Imperativ, Jussiv. Den volitiven Aspekt bezeichnen
auch Formen mit inversivem WAW. - Kap. 7 (§§79-94) "Tense
Shift" (111-123). Der Wert des Tempuswechsels kann durch 3
Aspekte umschrieben werden. Es sind keine temporalen Metaphern
. - Kap. 8 (§§95-127) "The Two-Element Syntactic Con-
struketion (2SC)(Protasis - Apodosis)" (125-162). Das Problem
ist die Koordination in Parataxe und Hypotaxe; steht jedoch ein
Waw, so ist die syntaktische Funktion unverändert. Parataxe und
Hypotaxe basieren nicht auf semantischen Kriterien, vielmehr
auf grammatischen und syntaktischen. Der "Casus pendens" ist
nicht "a valid syntactic category" (147). sondern ein syntaktisches
Äquivalent für einen zusammengesetzten Nominalsatz. "I
think therefore that 'casus pendens' should be an acknowledged
past of Hebrew syntax" (148) - Kap. 9 (§§128-167) "Summery
on the Use of Tense in Prose" (163-191). Zusammenfassung
nach "a. Criteria" und b. "Forms and Constructions", u.z. (1)
"Morphology and Meaning". (2) "The synchronic level", (3)
" Verb forms and grammatical constructions", 940 "The funetion
of such forms and constructions", (4) "The funetion of such
forms and constructions" (5) "Tense and 'mode of action'". (6)
"Theemphatic funetions and word-order in the clause". 2 Tabellen
über die "First Position in the sentence" und die "Basic struc-
tures of Hebrew prose" beschließen das Kapitel. - Kap. 10
(§§ 168-174): "Comments on the Use of Tense in Poetry" (193-
197). Grundlegend für des Vf.s Darlegungen ist das Kompendium
: Hebrew Poetry von W. G. E. Watson, 1984. YIQTOL- und
QATAL-Formen beschreiben dasselbe Tempus in parallelen Reihen
; es begegnet schon in den Amarna-Briefen. "This phenomen
... indicates that verb forms in poetry do not have fixed tense
(196). "Whereas Prose usually provides clear indications of the
tense when the action takes place (...) poetry often gives no such
clues. The tense of a verb form, therefore, has to be determined
on the basis of context and other exegetical factors. This explains
the differences, often quite marked, among the various transla-
tions". (197).

Jena Jutta Körner

Reventlow, Henning Graf: Gebet im Alten Testament. Stuttgart"
Berlin-Köln-Mainz: Kohlhammer 1986. 334 s. gr. 8 . Kart.
DM 36,-.

Die Einleitung „ Das Gebet in der heutigen Diskussion " signalisiert
dem Leser einen Informationshorizont, der viel weiter gespannt
ist, als es der Titel vermuten läßt. Auf 72 Seiten führt der
Vf. durch die Theologie- und Frömmigkeitsgeschichte über Thomas
von Aquin, Kant, Fichte. Feuerbach. Schleiermacher.
Braun, Bremond bis zu Solle. Er geht dabei von dem Leitsatz aus.
daß Gebetsverständnis und Gottesverständnis eng miteinander
verknüpft sind und daß „für die verschiedenen Arten des Gottesverständnisses
das Gebet ein Prüfstein" sei.

Unter der Überschrift „Formen des Betens im Alten Testament
" (B) gliedert der Vf. das reichhaltige Material nach literarischen
Gattungen und beginnt mit den Kurzgebeten in der älteren
Prosa. Er rechnet dazu die frühe Klage, das Gelübde. Gebete bei
der Orakeleinholung, die Segensformel und faßt das Ergebnis zusammen
: Es lasse sich eine vom Kult gelöste frühe Gebetsfrömmigkeit
im AT nicht sicher nachweisen. Die Kurzform könne
nicht als besonders urtümliche Form gelten, sondern stelle ein
Zitat aus längeren Gebeten dar. Diese These möchte man mit
dem Vf. intensiver diskutieren. Gerade Ex 15,21 wäre das beste
Gegenbeispiel, da sich nur ein kurzer Text als Siegestanzlied verwenden
, d.h. mit wiederholbarem Text tanzen läßt. Ein Zitat
liegt ohne Zweifel mit einem deiktischen ki eingeleitet vor. aber
nicht eines Liedanfanges, sondern eines vollständigen Liedtextes
: „Da sprach Mirjam zu ihnen: Singt dem Herrn (folgendermaßen
): Hoch erhaben ist er, Roß und Reiter warf er ins Meer."
Auf den Übergang von der mündlichen zur schriftlichen Form
weise nur 2Sam 7,18ff hin. Lehrhafte theologische Elemente signalisieren
eine von Anfang an literarische Komposition.

Kap. 2 untersucht „Das Loben" und geht auf die Probleme der
Bestimmung des Hymnus ein. Die Beispieltexte sind Ex 15,1-18;
Ri 5; Ps 33; Ps8; Ps93 und Ps24,7-10).

Kap. 3 ist den Bitten gewidmet. Es werden die „ Klage des Einzelnen
", die „ Klage des Volkes" und die „Klage des Königs" (anhangsweise
) genannt.

Im 4. Kap. (Das Danken) wird unter Bezug auf Westermann.
Crüsemann und andere die Frage diskutiert, ob das Danklied
eine eigene Gattung darstelle und ob - meist unter Hinweis auf
die prophetische Kultkritik - an eine Spiritualisierung des Dankliedes
zu denken sei. Zu den Formen des Dankliedes rechnet der
Vf. auch das Vertrauenslied, für das Ps23 herangezogen wird.

Die Fürbitte (Kap. 5) bespricht der Vf. anhand von Texten der
Prosatradition und der prophetischen Wortüberlieferung und
geht darüber hinaus auf die als Fürbitte gestaltete theologische
Betrachtung ein, die er in Gen 18, 22b-32, Ez 14, 12-20 und 18.
1-31 findet.

Jüngere Schriften des AT (Kap.6) enthalten ausführliche Gebete
, die wahrscheinlich rein literarische Produkte sind, was
nichts über ihre Qualität aussagt. Gebete bei Hiob. das Tempelweihgebet
lKön8, 23-53, Gebete in den Büchern Esra - Nehe-
mia und Daniel 9 kommen in den Blick. Der exegetische Ab-