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Ausgabe:

1991

Spalte:

817-819

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Wenisch, Bernhard

Titel/Untertitel:

Satanismus 1991

Rezensent:

Seidel, Hans

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 11

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"ligkeit-, 1 Völkische Frömmigkeit" und 2. „Frömmigkeit im amenka verkünden, daß sie mit dem Teufel und den Dämonen
SPon.- Dieser AbschntBuches vermittelt einen Emdruck. im Bunde stünden. S.e praktizieren das. was man früher Hexen
<* der ^^S^^Lltar«ligiö« Wesen" bei Verlust vorgeworfen hatte. D.e Beobachtungen entstammen nicht einer
<*er der ZZZ "es östlichen Glaubens auf Forma.ien sensationslüsternen ko™™ ^ ^
*inc Religiosität säkular investiert. Der Teil a Völkische" Fröm- Gerichtsprozessc u. a. Quellenmatenal s tu zen
m'8Xei, stellt das Phänomen unter Beiziehung der entsprechen- Die Reakt.on mnerhalb der ev. und der kath. Kirchen sei so
de" hymnischen Lvrik (besonders Baidur von Schirach) höchst daß die Voraussetzungen übernommen wurden und man die
'"«rukti v am Nationalsozialismus und sogen. Dritten Reich dar. Realität von satanischen Machten annehme andere se ts aber
Im IV. Kapitel Wesensmerkmale der spiritualen Frömmig- gäbe es in beiden Kirchen Theologen, die den «Abschied vom
(1.2-177) untergliedert in 1. Die Frömmigkeit der Grie- Teufel" als notwendigen Schritt der geistlichen Aufklärung formen
2. Das Wesen de!Römisch-Katholischen Frömmigkeit 3. dem. um den gegenwartigen Vorkommn.ssen den geistigen
Das Wesen der reformatorischen Frömmigkeit, unternimmt es Boden zu entziehen.

der Vf.. das Proprlum des jcweiligen Frömmigkeitstyps heraus- Der Vf. argumentiert als kath Theologe auf der Basis des

«•arbeiten. Hinsichtlich der altgriechischen Frömmigkeit hebt er kirchlichen Lehramtes, das mit Differenzierungen die: trad.tio-

yor allem den ehernen Tun-Ergehens-Zusammenhang hervor, nelle Lehre vom Satan und den Dämonen bestätigt. Das Buch

d«sen Fortwirkung durch nichts, keine Reue. Buße. Vergebung, will in diesem Rahmen informieren und orientieren, aber auch

aufzuhalten ist. Der zentrale, gewichtige Unterschied zum zeigen, daß „die Mentalität und die Praktiken der modernen

ärmlichen Glauben ist damit zweifellos im Kern erfaßt und auf- schwarzmagischen Okkultisten auch verständlich gemacht wer-

Hinsichtlich der Römisch-Katholischen Frömmigkeit den können, ohne auf das Wirken böser Geister zuruckzugrei-

stc'lt nach Auffassung Thilos neben mancherlei anderen Aspek- fen."(!2)

,e" spezifisch das Faktum, .daß die Vermittlerrolle ... eine ganz In Kap. 1 informiert das Buch über d.e heutige Szene, den Heuere
Rolle spielt als dies in der evangelischen Kirche der Fall xenglauben und den Satanismus und verarbeitet dafür einen Teil
ls,"( 130). ein zentrales Wesensmerkmal dar. Durchgängig ist üb- der erschienenen Literatur.

n8ens ein besonderes zugeneigtes Verständnis des Autors für den .n vorsichtig kritischer Weise nimmt der Vf. in Kap. 2 (Proble-

Katholizismus auszumachen, was wesentlich auf dessen religio- malische Formen des christlichen Teufels und Damonenglau-

*r Integrat.onsweite und Integrationskraft (135) im Blick auf die bens) zur Lehre der kath. Kirche Stellung und weist auf d.e auch

naturale Religiosität sowie offenbar auf einer existentiellen Fas- jD protestantischen, vor allem fundamentalistischen Kreisen vor-

«nation durch das Erleben benediktinischer Spiritualität beruht. handene Kritik am Dämonen- und Satansglauben hin. die in

dle sich auch in der Widmung seines Buches („ Den Mönchen des Kurt E. Koch und seinen Publikationen ihren extremsten Vertre-

^nediktinerpriorates in Nütschau. Schleswig-Holstein") nie- tcr habe. Er verschweigt nicht die fragwürdigen Exorzismen von

Erschlägt. Am schwierigsten gestaltet sich vom Pluralismus sei- Amtsträgern der kath. Kirche, die z. B. im Fall Klingenberg ein

ner Phänomenologie her die Wesensbestimmung des Protestan- gerichtliches Nachspiel hatten.

tismus. Thilo behilft sich zuerst mit einer Art kirchenhistorischer Im Kapitel 3 (Argumente gegen eine undifferenzierte Dämoni-
Skizzedes 19. und gebotenerweise besonders des 20. Jh.s. welche sierung der Szene und der Besessenheit) geht der Vf. auf die
aufs Ganze gesehen die Brennpunkte trefflich erfaßt, aber be- Grundhaltung der Teilnehmer an Satanskulten ein wie zum Bei-
Sreiflicherweise auch nicht frei ist von mehr oder weniger subjek- spjei das Streben nach absoluter Autonomie und magischer
tiven Akzentuierungen. Seine wichtigsten Hervorhebungen bc- Macht. Mit Recht versucht er eine psychologische Deutung der
treffen die etwa durch Dorothee Solle verkörperter politische Phänomene (z.B. Hysterie) und vergleicht sie mit den von der
Frömmigkeit, derer viel Aufmerksamkeit widmet, und jene Spi- parapsychologic untersuchten Vorgängen.
Qualität, die sich in evangelischen Kommunitäten, vornehmlich Den Biblischen Perspektiven" ist das 4. Kap. gewidmet. Der
,n Taize. auch in der Michaelsbruderschaft, derer verbunden ist, im historisch-kritischen Denken und Auslegen geschulte Leser
überhaupt in der Suche nach Weisen und Formen religiöser Er- wjrcJ mer dje meisten kritischen Ansatzpunkte finden. Das be-
fahrung (Meditation. Retraite usw.) darstellt. ginnt mit der Kritik an einem Satz wie „Jesus hat doch ohne
Das V. und letzte Kapitel betrifft „Gesunde und neurotische zweifel in den Exorzismen einen Schwerpunkt seines Wirkens
Religiosität". Hier ist der Pastoralpsychologe und Psychoanalyti- gesehen" (91) bis hin zur Auslegung atl. Stellen (Sach3.1-7
ker Thilo in seinem ureigensten Element. Der abschließende Un- ij0b 1—3 und lChron21,l). Anscheinend läßt sich die Übersetterabschnitt
„Perspektiven neuer Frömmigkeit" orientiert auf zung dcs hebräischen Nomens schatan (Widersacher. Ankläger)
eine mystische Religiosität, an deren kirchlicher Erschließung als Bezeichnung für die Figur des Satans in atl. Texten aus der Li-
2wcifellos Entscheidendes hängt (nach Karl Rahner die Zukunft teratur nicht ausrotten (vgl. P. Day. An adversary in heaven, At-
des Christentums überhaupt!), auf die Synthese von Kontempla- |anta j 93g) Unbefriedigend sind die pauschalen Bemerkungen
l'on und Aktion (213). auf eine viel unbekümmertere basisorien- Q^er die Rolle der Dämonen in der zwischentestamentarischen.
l'erte ökumenische Praxis und stellt schließlich die bedrängende fälschlich häufig als apokryph bezeichneten Literatur.
Frage, „ob wir nicht in beiden Kirchen einer ganz anderen Form Die Texte der Abschnitte „Jesus als Exorzist" und „Die bösen
von Gemeinde und Gottesdienst entgegengehen". (214) Geister im Neuen Testament" wird man aus historisch-kritischer
Summa: Thilos neuestes Buch, eine Veröffentlichung ebenso sjcnt sjcher anders als der Vf. lesen. Die antik-jüdische Ausle-
erfahrener. weiser Supervision wie aktuellen Engagements, ver- gung und Deutung solcher Phänomene wie das Auftreten von
d<ent als ein Deutebeitrag der religiösen Lage alle Beachtung. Dämonen und die Exorzismen Jesu, wie sie in den Evangelien beLeipzig
Manfred Hauslein

richtet werden, ist für uns heute kaum nachvollziehbar.

Kap. 5 faßt unter der Überschrift „systematisch-theologische
Interpretation" die erarbeiteten Erkenntnisse zusammen und
versucht, praktische Konsequenzen zu ziehen. „Was not tut. ist
Wenisch. Bernhard: Sanatismus. Schwarze Messen - Dämonen- ejnc nuchterne Interpretation dessen, was in der Szene vor sich
- "exenkulte. Mainz: Grünewald, Stuttgart: Quell Hjer ^ und es

1988. 151 S.8 = Unterscheidung. Kart. DM 22.80. 6.. . ., . . . . _ . 6, ...

wäre sinnvoll, wenn sich jeder Seelsorger und auch ein breiterer
Der Vf. geht einleitend von der Beobachtung eines gegenwärtig Leserkreis sachgerecht informierten,
auftretenden Satanismus aus, dessen Vertreter nicht nur in Süd- Es bleibt freilich fraglich, „wie weit sich magisch denkende