Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1991

Spalte:

811-814

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Euler, Walter Andreas

Titel/Untertitel:

Unitas et Pax 1991

Rezensent:

Kandler, Karl-Hermann

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

811

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 11

812

versuchen, das hier Dargestellte zusammenzufassen, so soll nur
ein Moment herausgehoben werden.

Ps8 und Gen 1 stehen sicher für den Aspekt, daß Gott den
Menschen in der Schöpfung geehrt und ausgezeichnet hat. Aber
steht deshalb die alttestamentliche Weisheit schon Tür die andere
Seite? Wer vermag wirklich zu sagen, worauf die Weisheit zielt,
wenn sie nach der Erkenntnis der Ordnungen ihrer Welt strebt?
Will sich der Weise den Ordnungen einfügen oder will er sich
ihrer bemächtigen? Der Grat zwischen beidem ist schmal, und
kaum zufällig heißt der eine Baum des Gartens Baum der Erkenntnis
von Gut und Böse. Deshalb fordert die Weisheit an erster
Stelle und für den Anfang jedes Unternehmens: JHWH
Furcht, Gott zu ehren und zu fürchten (Provl,7 u.ö.). Überschätzt
nicht auch Hiob seine eigenen Grenzen und Möglichkeiten
? Vielleicht steht der Beter der Psalmen in der Mitte, weil er
trotz Not, Elend und Tod den eigentlichen Fluchtpunkt seiner
Beziehung nicht verliert.

All diese Seiten aber lehren uns, daß der Mensch, jeder
Mensch, wenn er in seiner Fragwürdigkeit zur Frage wird, dennoch
auch immer Antwort bleibt. Alttestamentlich betrachtet ist
der Mensch Gottes Antwort, wenn die Frage nach dem Sinn von
Schöpfung steht.

* Antrittsvorlesung an der Theologischen Fakultät der Martin-Luther-
Universität Halle-Wittenberg am 23. Oktober 1990. Sie wurde gehalten im
Rahmen der Theologischen Woche unter dem Gencralthema: „,... ich gehe
und weiß nicht wohin Theologische und anthropologische Koordinaten
der Frage nach dem Sinn des Lebens", und als Gastvorlesung am 15.
November 1990 an der Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum
vorgetragen.

1 Vgl. den Aufsatz von W. H. Schmidt unter dem gleichen Titel: „Was ist
der Mensch?" Anthropologische Einsichten des Alten Testaments, in:
Glaube und Lernen 4. 1989. 111-129; ferner: H'. Zimmerli, Was ist der
Mensch?, in: Studien zur alttestamentlichen Theologie und Prophetie,
Ges. Aufs. II (TB 51), 1974, 311-324: in beiden Aufsätzen ist auch der
methodische Weg für unsere Fragestellung vorgezeichnet.

2 Vgl. W. Zimmerli, Ort und Grenze der Weisheit im Rahmen der alttestamentlichen
Theologie, in: Gottes Offenbarung. Ges. Aufs. I (TB 19),
21969, 302.

3 Vgl. H. fVildberger, Das Abbild Gottes. Gen. 1.26-30, in: ThZ2l,
1965, S. 245-249. 481-501, 481 ff; W. H. Schmidt. Die Schöpfungsgeschichte
der Priesterschrift (WMANT 17), •'1973, S. 140ff; G. Warmulh,
Art.: War. in: ThWAT II. 1977, 357-363.

4 Vgl. /. Egnell, Studies in Divine Kingship. 1943; //. Frankfort. Kings-
hip and the Gods. 1948; //. Brunner. Grundzüge der altägyptischen Religion
. 1984.

5 Vgl. W. H. Schmidt. a.a.O. (A. 3). 139. 143 A. 3.

6 Vgl. Komm. z. St.

7 //. Spieckcrmann, Heilsgegenwart. Eine Theologie der Psalmc"
(FRLANT 148), 1989. 238.

8 Vgl. etwa G. von Rad. Das erste Buch Mose. Genesis (ATD 2/4)-
41972, 45.

9 Ps. 8: mliat me)"'lohim und das Verb mäsal: Gen 1: bfsalam "rlohii"
und die Verben radäh und käbas.

10 S. dazu E.-J. Waschke. Untersuchungen zum Menschenbild der Urgt"
schichte (ThA 43), 1984, 35ff.

11 H. Spieckcrmann. a.a.O. (A. 7). 237.

12 G. Wallis. Psalm 8 und die ethische Fragestellung der modernen Naturwissenschaft
, ThLZ 34, 1978, 193-201.

13 So schon//. Gunkel. Die Psalmen (HAT II/2), 1926, S.604L: vgl. auch
H.-J. Kraus. Psalmen (BK XV), 51978, 1122.

14 H. Spieckcrmann. a.a.O. (A. 1 1), 238.

15 A.a.O., 242.

16 A.a.O., 277.

17 O. Eißfeldt. „Mein Gott" im Alten Testament, KS III. 1966, 35-47.
40.

18 H.-J. Kraus. a.a.O., (A. 13), 89.

19 J. L. Seeligmann. Voraussetzungen der Midraschexegese. in: VT.S 1-
1953, 150-181, 156.

20 Vgl. G. von Rad. Weisheit in Israel, 1970, 277.

21 W. Zimmerli. a.a.O. (A. 2), 311.

22 Vgl. G. von Rad. a.a.O. (A. 20), S. 272f. 281 f,

23 Vgl. Komm. z. St.; W. Zimmerli. a.a.O. (A. 1), 321 f.

24 R.dePury. Hiob -der Mensch im Aufruhr (BibSt 15). 1957. 23.

25 G. v. Rad. a.a.O. (A. 20), 280f.

26 C. Kühl. Vom Hiob-Buch und seinen Problemen, in: ThR 51. 1954.
261-316, 308 (zitiert nach O. Kecl. s.u. A. 28).

- L. Steiger, Die Wirklichkeit Gottes in unserer Verkündigung, in: FS
//. Diem. 1965. 143-177, 160(zitiert nach O. Kcel. s.u. A. 28).

28 O. Kcel, Jahwes Entgegnung an Ijob. Eine Deutung vom Ijob 38-41
vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Bildkunst (FRLANT 121)-
1978.

28 A.a.O.. 157.

30 R. Knierim, Die Hauptbegriffe für Sünde im Alten Testament. 1965.

31 Die Begriffe <<tsctb/issabön erscheinen im Alten Testament auße
Gen.3,16f. (5,29) nur noch Prov. 5,10: 10,22; 14.23. 15.1; Ps. 127.2:
139,24 (<os<eb).

32 Vgl. jeweils den ausdrücklichen Zusatz in Gen. 3.1 und Hiob 40.15-
daß JHWH selbst diese Tiere geschaffen hat. Wenn dieser Zusatz in
Hiob 40,15 eine Glosse sein sollte (vgl. Komm. z. St.), dann ist es jedenfalls
eine theologisch sinnvolle.

33 J. Hempel, Gott, Mensch und Tier im Alten Testament, in: Apoxys-
mata(BZAW 81). 1961, 198-229, 209.

34 Den derzeitigen Forschungsstand skizziert K. Berge. Die Zeit des Jah-
wisten. Ein Beitrag zur Datierung jahwistischer Vätertexte (BZAW 186).
1990. 1-9; zum Verhältnis von Urgeschichte und Gen. 12.1-3 s. auch /
Crüsemann. Die Eigenständigkeit der Urgeschichte, in: FS //. W. ii'olti.
1981, 11-29.

35 E.-J. Waschke, a.a.O. (A. 10), 153ff.

Religionswissenschaft

Euler, Walter Andreas: Unitas et Pax. Religionsvergleich bei Rai-
mundus Lullus und Nikolaus von Kues. Würzburg: Echter; Altenberge
: Telos 1990. 296 S. 8°= Würzburger Forschungen zur
Missions- und Religionswissenschaft. Religionswissenschaftliche
Studien, 15. Kart. DM 43,80.

Die Rede vom Absolutheitsanspruch des Christentums mag
vom Deutschen Idealismus stammen, die Sache ist in seiner Botschaft
gegeben. Heutige interreligiöse Dialoge verwischen die
christliche Botschaft oft aus angeblicher (aufklärerischer) Toleranz
. Schon im Mittelalter, dessen Denken noch immer als monolithisch
-geschlossen angesehen wird, hat es interreligiöse Dialoge
gegeben, doch waren die Redenden und Schreibenden vom
Christentum als der „wahren Religion" (Augustin), als der „or-
thodoxa fides" (Nikolaus von Kues = NvK) überzeugt. Sie differenzierten
aber „zwischen exklusiver und inklusiver Absolutheit
", zwischen der absolut wahren christlichen Religion und den
vielen Religionen, die an der Wahrheitsfülle der einen Religion
teilhaben und jene auf diese in verborgener Weise hinordnen
(2560- Waren sie damit nicht den heutigen Dialogpartnern überlegen
?

Der Vf. widmet seine Dissertation von 1989. am Raimundus-
Lullus-Institut der Freiburger Universität angefertigt, dem Religionsvergleich
bei Raimundus Lullus (RL) und NvK. Dieser Vergleich
ist in der Tatsache begründet, daß NvK sich von Jugend an
intensiv mit den Schriften des RL befaßt hat und sein Denken
wesentlich daher mitgeformt wurde. 68 verschiedene Schriften
des RL waren nachweisbar NvK bekannt (226)! Grundsätzlich,
aber auch in der Frage des Religionsvergleiches ist beider Denken
durch eine tiefe Durchdringung philosophischer und theologischer
Probleme geprägt. Wenn NvK RL selten ausdrücklich zitiert
, so wird das darauf zurückzuführen sein, daß die Schriften