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Ausgabe:

1991

Spalte:

706-707

Kategorie:

Interkulturelle Theologie, Missionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Partonadi, Sutarman Soediman

Titel/Untertitel:

Sadrach's community and its contextual roots 1991

Rezensent:

Ahrens, Theodor

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 9

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s°n)die Überlieferung der Jesustradition durch deren Wertschät- Baudler, G.: Große Mutter - erhabener Vater. Die Stellung der Frau in
*Ung an sich (Zum Wanderradikalismus vergleiche jetzt die der Kirche aus dem Blickpunkt der Religionsgeschichte (ZThK 112.1990.

Arbei' von Th. Schindler: Brechungen. Urchristliche Wander- 257-270)
cnarismTi;i,„. r» • _ . . . .1 „ Herr. Theodor: Zum Verluiltnis von Sozialwisscnschaltcn und Thcolo-

""smatiker im Prisma soziologisch orientierter Exegese. SBS . ,, „,

'36 Stnttno^ mom r- j ■ ■ ., -t-l uf a gic. HcriTicncutischc Überlegungen (ThGI 80. 1990.36-57).

°i Stuttgart 1989). Ferner diskutiert H. zwei Thesen von W. A

Meetc ■ " """" "• 1 ■■"»"■ "■ Jullien. J.: Tclcvision et lamilles: amies ou ennemies? (NRTh 112.

c*s. einerseits die These einer Korrelation zwischen dem ]99Q 535.550)

» remden Gesandten" im JohEv und einer sozialen Entfrcm- palinke. Donatc:Gcschlcchtsspczifischc religiöse Sozialisation im Spic-

ng der johanneischen Gemeinde von ihrer Umwelt, anderer- ge| weiblicher Autobiographien (In: Sparn. W. (Hg.): Werschreibt meine

Seits die These einer Korrelation zwischen paulinischer Thcolo- Lebensgeschichte? Gütersloh: Mohn S. 256-267).

S|e und der Erfahrung von Statusdiskrepanz in den paulinischen Sehooyand. M.: Nouvcaux pouvoirsdel*hommcet institution politique

Gemeinden. Er meint jedoch, solche wissenssoziologische Analy- (NRTh 112. 1990.516-534).

Sen von Glaubensvorstellungcn scheiterten an der" multifunctio-

na'uy of beliefs" (137). Wenn W. A. Meeks sieben verschiedene ÖkUITienik: Missionswissenschaft

soziale Funktionen der paulinischen Kreuzestheologie feststelle,

*° Zeige das: Es gebe keine eindeutige Korrelation zwischen . _ .____., „

G anho^ ^ 1 r- . • „ . . , . „ , . „, Partonadi. Suterman Socdiman: Sadrach s Comnuinitv and its

üb r" 7 . ' tl0n- 'St" 8' rCrr uS Contextual Roo.s: A Nine.een.h Century Javanese Expression
b crs £,e| hinaus, wenn er hinzufügt: "wc arc bereit ol the possi- 0f Christianity. Amsterdam-Atlanta. GA: Rodopi 1990. XIV.
^ "> tosayanythingmuchaboutcorrclationat all" (139). Wenn 317 S. m 1 Faltakte 8 = Currents of encounter, 3. Kart. hfl.
2- B. lexikographisch sieben verschiedene Bedeutungen eines 90.-.
ortes feststellen, so schließt solche semantische Polyvalcnz keineswegs
aus. daß wir in konkreten Kontexten die jeweilige Wort- Diese an der Vrijen Universiteit in Amsterdam vorgelegte Dis-

edeutung genau bestimmen können. Im Gegenteil: Erst auf dem sertation befaßt sich mit Sadrach Surapranata. einem javanesi-

Mintergrund der virtuellen Bedeutungsmöglichkeiten wird der sehen Pionier-Evangelisten, der im vorigen Jh. der charismati-

k°nkrete Text erhellt. Dasselbe gilt, wenn man die Bedeutung sehe Leiter einer vom holländischen Missionschristentum

^°n Glaubcnvorstellungen auch auf ihre soziale Funktion aus- unabhängigen christlichen Gemeinschaft wurde, die in Karang-

ehnt: Die Multifunktionalität religiöser Symbole ist die Voraus- jasa, dem Wohnsitz Sadrachs, ihr Zentrum hatte und der zeit-

e'zung für deren Lebendigkeit und ihre jeweils neue Aktualisic- weise Christen aus mehr als 80 Dörfern angehörten. Sadrach
^"g in sozialen Kontexten. Auch wenn H. (mit Recht) starb über 90jährig 1924. Zu Lebzeiten war er von Kolonialregie-
^'ssenssoziologische Beiträge zum NT für methodisch ver- rung wie von holländischen Missionaren im allgemeinen besuchsweise
.schwierig' hält, lehnt er sie aber nicht grundsätzlich kämpft oder zumindest mißtrauisch beäugt worden. Die einen

befürchteten antikolonial-rcvolutionäres Potential, die anderen

In der Tat ist das gesamte Buch von H. ein besonnenes Plä- eine synkretistische Verfälschung calvinistischen Christentums.

°>er für die sozialgeschichtliche Forschung - auch aus theologi- Das Thema, das diesem Fall zugrunde liegt, ist also die kulturelle

^hen Gründen. Er nennt sich einen "conservative. high-church Fremdheit der Kirche in einem asiatischen Kontext. Der Vf.

"'heran Student of Theology" (145). plädiert aber entschieden greift ein Problem von weitreichender Bedeutung auf. Inwieweit
dafür, daß man die Botschaft Gottes nicht verstehen kann, ohne sind die christlichen Kirchen in Asien auch in Asien verwürfe
Verleiblichung in lebendigen Gemeinden zu berücksichti- zeit?

j>en. Aber er warnt auch for der Gefahr, daß man den „ Leib" fin- Der Vf. sieht Sadrach und seine christliche Gemeinschaft als
ei- aber die „Seele" verliert. Die Überschrift des letzten grund- ein Beispiel für eine gelungene Kontextualisierung des Christen-
Jüchen, hermeneutischen Teils heißt: "Finding the body - tums, also als einen Fall, in dem der christliche Glaube in der
Uf|d losing the soul?" Sprache der Gesellschaft und ihrer Kultur situationsgerecht und
Das Buch beansprucht nicht, einen umfassenden Forschungs- zeitgenössisch zur Sprache kommt. Sadrach wird entlastet von
er'cht zu geben. Zur Charakterisierung nenne ich nur einige dem Vorwurf nicht weniger holländischer Missionare, das Evan-
hernen. die ein Leser vermissen könnte: Einmal Arbeiten über gelium verraten zu haben und in einem unkritischen, wenn nicht
le Autoritätsstrukturen in den urchristlichen Gemeinden. W. gar programmatischen Synkretismus untergegangen zu sein. Die
^ehluchter (ed.): Max Webers Sicht des antiken Christentums. Apologie der eigenen Väter, die Entdeckung des grundlegenden
""ankfurt 1985. enthält dazu v iele Beiträge - vor allem die ausge- Beitrags der einheimischen Evangelisten zur Kirchwcrdung und
*eichnetc Einleitung von W. Schluchter selbst. Die zahlreichen eine radikale Kritik des Missionschristentums markieren m.E.
°rschungen zur Struktur des Hauses und von Hausgemeinden eine wesentliche Vorbedingung in der Ausprägung kontextuellen
und damit auch zur Sklaven- und Fraucnrolle im Urchristen- Christentums und kontextueller Theologie heute,
'frn) werden nicht besprochen. Das Buch des Soziologen M. N. Der Vf. legt eine klar gegliederte Arbeit vor. die zunächst den
Derts. Das Charisma des Gekreuzigten. Zur Soziologie der Je- sozio-kulturellen. politischen Kontext Zcntral-Javas in der Mitte
^jsbewegung. WUNT 45. Tübingen 1987. sucht man vergeblich. des vorigen Jahrhunderts beschreibt, um dann in Kapitel 2 Sa-
' an könnte noch anderes nennen. Dennoch kann man fcststcl- drachs Biographie und in Relation dazu die Entw icklung seiner
n: Holmbergs Buch ist der bislang beste Überblick über eine unabhängigen Kirche zu beschreiben. Die geglückte Beziehung
neue Forschungsrichtung. Ich habe es mit großer Freude gelc- des holländischen Missionars J. Wilhelm mit Sadrach als Aus-
*n. Beeindruckend ist die Fairneß, mit der die verschiedenen nähme der durchgängig spannungsvollen Beziehungen be-
^ eiträge referiert werden, sympathisch der Respekt auch vor kri- schreibt Verfasser einfühlsam (relative Isolierung Wilhelms von
gierten Positionen, bewundernswert die Fähigkeit zur Darstcl- seiner missionarischen Subkultur einerseits, wirkungsgeschicht-
Ung und Strukturierung forschungegcschichtlicher Zusammen- liehe Bedeutung seines Beispiels andererseits. 75ff).
nge. Die Kritik an der bisherigen Forschung ist m.E. immer Das dritte Kapitel befaßt sich dann genauer mit der Kontex-
1 'reich und weiterführend. Ich kann das Buch allen an der So- tualität der entstehenden christlichen Gemeinschaft (10091T). In
'algeschichte des Urchristentums Interessierten empfehlen. einem durch kolonialen Feudalismus und javanisierten Islam geprägten
Milieu gelang es Sadrach. aus bescheidener Herkunft und
Idelberg Gerd Theißen nach erster religiöser Formation in der muslimischen Tradition
- und ihren Schulen dann nach seiner Bekehrung, ein Christentum