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Ausgabe:

1991

Spalte:

698-700

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Kochanek, Franz-Hermann

Titel/Untertitel:

Theologie einer missionarischen Gemeinde 1991

Rezensent:

Ratzmann, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 9

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'ntercssant ist allerdings sein Versuch, die im Gleichnis selbst crzählung paßt. Auch einen lernpsychologischen Autbau der Prc-

2u entdeckende Spannung und Bewegung für die Predigt nutzbar digt lehnt der Vf. für die Gleichnispredigt ab. Er steht hingegen

Zu machen. ..Der Prediger müßte gleichsam stellvertretend für der Möglichkeit der Homilie im Hinblick auf die Glcichnisprc-

*C|ne Hörer das Kommunikationsangebot der Glcichniscrzäh- digt positiv gegenüber. Aber auch hier lauern Gefahren. Man

"ng annehmen: er müßte die Parabel als autonomes ästhetisches kann das Gleichnis nicht in Versen oder Halbverscn Stück für

"jekt wahrnehmen und sich ohne Deutungsabsicht unmittelbar Stück zitieren und das unmittelbar auf die Predigthörer und ihre

au,dieerzählteHandlungeinlasscn."(201)DcrPrcdigcrmußals Situation anwenden. „Eine Parabelpredigt kann als Homilie

Geologischer Fachmann, der mit dem Instrumentarium histo- darum nur so gestaltet werden, daß die Einzelaussagen in ihrer

^sch-kritischcr Exegese vertraut ist. den Traditionsprozeß der Bezogenheit aufeinander, also textimmanent, ausgelegt werden"

lcichniserzählung zu rück verfolgen und deren wahrscheinliche (214). Das Nacherzählen der Parabel und die Fortsctzungserzäh-

Yrgestalt zu rekonstruieren versuchen. Er muß dann versuchen. lung ist eine weitere Möglichkeil. Die Parabel von den Arbeitern

lcscr Erzählung möglichst unmittelbar zu begegnen. Der Prcdi- im Weinberg läßt sich aus der Perspektive der Ganztagsarbeit

8cr niuß wissen, daß „die Glcichniscrzählungen Jesu sich als dra- nacherzählen.

J^atisch konzipierte Erzählungen verstehen lassen und daß in der Besonderes Interesse zeigt D. für eine Predigt weise, in der der
Ke8el eine Person oder Personengruppe als Identifikationsfigur metaphorische Prozeß selbst zum Thema der Predigt gemacht
angeboten wird". Der Prediger muß die Identifikationsfigur für wird. „Ausgehend von der Glciehniserzählung als ganzer setzt
S|ch benennen, die Gliederung der Szenen feststellen, den Span- die Predigt mit der Provokation durch die Parabel und den da-
nungsbogen ermitteln. Erst nachdem der Prediger den Einblick durch ausgelösten Gefühlen ein und bearbeitet diese Emotionen
'n das »Drehbuch" genommen hat. kann er selbst in dem Drama im Spannungsfeld von homiletischer Situation und Gleichnis-
er Parabel mitspielen, also das Kommunikationsangebot des crzählung. Der Gedankengang der Predigt schreitet dann nicht
.k'chnisses annehmen. Das kann sich bei ihm natürlich nur um linear fort, sondern präsentiert sieh als eine Pendelbewegung zwirne
reflektierte Unmittelbarkeit handeln. Er muß freilich versu- sehen den beiden Polen, mit anderen Worten: „Die kommunika-
chen. die Parabel möglichst unmittelbar zu erfassen. Er muß sich tive Struktur der Glciehniserzählung manifestiert sich im Auf-
ausder Perspektive der jeweiligen Identifikationsfigur auf die er- bau der Predigt" (216). D. hält dieses Verfahren deshalb für gut.
*ahlte Geschichte einlassen und sich die Szenerie möglichst pla- weil der Prediger genötigt ist. persönlich zu predigen und Ein-
*tlsch und konkret vorstellen. Im Nacherlebender Handlung stel- blick zu gewähren in den Prozeß seines Umgangs mit der Parabel.
ensich dann beim Prediger notwendig Gefühle ein. Der Prediger Die Lebenspraxis der Hörer kann besser einbezogen werden. Die
S°H den Anspruch der Parabel, „das Tua res agitur", gleichsam theologisch-relevanten Zusammenhänge lassen sich direkt an-
am eigenen Leib spüren. „Im Vollzug der emotionalen Ancig- sprechen.

""ig einer Glciehniserzählung wird der Prediger dann unweiger- Leider wird dies nicht an einem konkreten Beispiel vorgeführt.

Ich in den durch die Parabel eröffneten metaphorischen Prozeß Zwar sind im ersten Teil des Buches bei den Predigten aus dem

■neingezogen und genötigt, die Spannung zwischen „alter" und 20. Jh. Elemente von Gleichnispredigten aufgenommen, an die

~neuer" Geschichte, die in der Glciehniserzählung Jesu angelegt der Vf. dabei offenbar denkt. Er führt das in diesem Zusammen-

ISI- zu bearbeiten. Darin erweist sich die Parabel als Wahrneh- hang allerdings nicht aus. So hinterläßt das anregende Buch doch

mungshilfe für die homiletische Situation ..." (206). ein starkes Defizitempfinden. Der bisherige Ertrag der Gleichnis-

Interessant w ird es in dem Augenblick, wenn der Vf. seine Vor- auslcgungist dadurch, daß E. Jüngel und H. Weder nicht w irklich

^Hungen am Gleichnistext erprobt. Leider nur v iel zu kurz wird bedacht werden, nur ungenügend ausgenutzt. Es fehlt auch die

as an drei Gleichnissen (barmherziger Samariter, verlorene exemplarische Analyse gelungener Gleichnisprcdigten im Sinne

ohne, zehn Jungfrauen) dargestellt. Die hilfreiche Idee, das des Vf.s Dennoch gibt das Buch dem kundigen Leser gute Am e-

'eichnis vom barmherzigen Samariter aus der Perspektive des gungen.
a.ni Wegrand liegenden (jüdischen) Überfallenen als Identifika-

''onsfigur zu betrachten und von daher die erzählte Handlung Hannover Horst Hirschlcr
Crn°t>onal zu erschließen, führt allerdings eher zu einer Einigung
der Wahrnehmung. Der Überfallene wird durch den

^ang der Handlung von seinem Vorurteil gegenüber den Samari- Koehanek, Franz-Hermann: Theologie einer missionarischen Gegnern
befreit. „Die Parabel vom barmherzigen Samariter er- meinde. Studien zu einer praktisch-theologischen Handlungs-
Weis» sich folglich als Wahrnehmungshilfe, indem sie die homile- theorie' Nettetal: Steyler 1990. XIII. 343 S. gr. 8 = Veröffentliche
Situation unter dem Gesichtspunkt des Vorurteils zu sehen ^u"ge" des Missionspnesterseminars St. August in bei Bonn,
anlehnt -• <->mv ™ -u u- ■ . . . . , . 39. Kart. DM 40.-.
"-hu. (_!07) Daruber hinaus kann das Gleichnis auch eine

ahrnehmungshilfe für theologisch relevante Zusammenhänge Das hier zu besprechende Buch ist zunächst als theologische
*M>. „ Der Prediger, der ... aus der Perspektive des Überfallenen Promotionsschrift verfaßt worden, die 1989/90 an der katholisch-
rkannt hat. wo er selbst möglicherweise Menschen durch seine theologischen Fakultät in Münster als Dissertation angenommen
■"Wartungen und Vorurteile festlegt, erlebt in dem Handeln des wurde. Der Vf. will mit dieser Studie auf die fortschreitende Ent-
mariters das Handeln grundloser und alle Grenzen. Erwartun- christlichung in den westeuropäischen und nordamerikanischen
-Ctl und Vorurteile übersteigender Liebe. Da diese Liebe für ihn Ländern reagieren und deshalb einen Entw urf vorstellen, der den
n der Rolle des Überfallenen jedoch un verfügbar bleibt, kann er Gemeinden zu einer missionarischen Grundorientierung helfen
le als die Liebe Gottes deuten." (209) Das ist eine sehr eng soll. Es geht ihm dabei nicht um methodische Tips oder konkrete
e ührtc Auslegung und hätte wahrscheinlich ausführlicherer Be- Rezepte für den Gcmcindcaufbau. sondern um eine Besinnung
r Cltung bedurft. fundamentaler theologischer Art mit biblischen und systematischer
die Gestaltung von Parabelpredigten nennt der Vf. fol- theologischen Kriterien, mit deren Hilfe die in den Gemeinden
ndc Gesichtspunkte: Er verweist kurz auf die scelsorgerliche Verantwortlichen ihr vor Ort gültiges Handlungskonzcpt entwer-
■genart der Parabeln Jesu und entdeckt auch missionarische fen können. Unter dem Leitbegriff „missionarische Gemeinde"
«Wjchkeiten. Die Parabeln stellen eine Form indirekter Ver- soll die traditionelle Gemeindearbeit zu einem fälligen „Paradig-
^Jndigung dar. Es ist bei der Predigt darauf zu achten, daß der mcnwcchsel" aufgefordert werden (S. V).

^Prechakt der Behauptung oder der Ermahnung nicht zur Offen- Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: In einem biblisch-

und scelsorgerlich-missionarischen Potenz einer Gleichnis- theologischen Teil werden neütestamentliche Grundlagen einer