Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1991

Spalte:

690-691

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Radlbeck, Regina

Titel/Untertitel:

Der Personbegriff in der Trinitätstheologie der Gegenwart 1991

Rezensent:

Krötke, Wolf

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

689

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 9

690

rier z. B. wäre der Mensch wohl nicht auf dieser Erde erschienen.

Bcrlin-Mahlsdorl" Hans-Hinrich Jensscn

"er> zu modifizierten Formulierungen und Antworten kommen, gie" (117-134), sowie des Systematikers Sigurd Martin Daecke

J^er Einzige, der diese Frage wirklich verneint, ist der Salzburger „Gott der Vernunft, Gott der Natur und persönlicher Gott. Na-

B'ochemiker Prof. Dr. Günther Kreil, der nicht mit einem eige- türliche Theologie im Gespräch zwischen Naturphilosophie und

nen Beitrag vertreten ist. aber an dem Fernsehgespräch zwischen Worttheologie" (135-154) und seine „Einführung" (9-20) füh-

den Autoren teilgenommen hat, das den Abschluß des Bandes ren den Theologen auf ihm bekannteres Terrain, tun dies aber in

bildet (155-174). Er nimmt den Standpunkt eines naturwissen- sehr anregender und gut verständlicher Weise: wie denn der

^haftlichen Agnostikers ein und identifiziert sich weltanschau- Band überhaupt auch für den gebildeten Laien eine sehr geeig-

lch mit Francois Jacob, der meinte, wenn man die Evolution mit nete Lektüre darstellt.

menschlicher Aktiv ität vergleiche, sei sie das Ergebnis eines Pfu- Bela von Weissmahr betont in „ Evolution als Offenbarung der

Sehers (158). die Evolution sei das „Unvollkommenste, was es freiheitlichen Dimension der Wirklichkeit" (87-101) u.a. einen

8lbt" (157). mit einer ungeheuren „Fehlerrate" behaftet, wenn Gedanken, mit dem sich auch evangelische Theologie noch stär-

man bedenke, „daß es für jede lebende Art ungefähr 500 ausge- ker wird auseinandersetzen müssen, daß nämlich dem evoluti-

storbene gibt" (157/158). Dem stellt der Münchener katholische ven Geschehen von Gott Freiheit verliehen ist. es aber auf den

Philosoph und Theologe Bela Weissmahr SJ entgegen: „Ich Menschen als geistiges Wesen zielt:

würde dem glatt widersprechen, wenn Sie sagen, Evolution ist „In dem Sinne ist das Erscheinen des Menschen in unserem Weltall not-

das Unvollkommenste, was es gibt. Immerhin, die Evolution hat wendig. Der physiologische Organismus der Lebewesen hätte zwar ver-

"* zustande gebracht, und ich meine wirklich, ich bin so einge- mutlicn sich auch in ciner von der unsr'gcn verschiedenen Weise entwik-

bildri Hon ; ,u _ • i • i• i_ in____,__ kein können. Dann wäredcrGcist in einem andersartigen Leiberschienen.

"uei. daß ich meine, wir sind ziemlich vollkommene Wesen - ..... „■ . , . . I .. .

trot7 -,iia„i«/, toi u ■ iw ■ _■• ii ej c Doch es wäre derselbe Geist, die gleiche Intelligenz, die gleiche Freiheit,

'«iz allem! ( 58). wobei Weissmahr dies vor a em auf das Er- . . . .. ,

k„ . ' ' Denn Subjckthaftigkeit. Sclbstbezogcnheil als solche, mit denen der abso-

^nntnisvermogen des Menschen, seine Intcllektualitat und Ver- lu(c Slandpunkt und die Offenheit auf das Unendliche gegeben sind, kon-

ntt'166) und die Ewigkeits-Fähigkeit des Menschen (173) be- stituicrcn das geistige Wesen, das eine unverwechselbare Individualität.

* zugleich aber auch eine unbeschränkte Allgemeinheit besitzt".

Mit dieser Kontroverse ist m. E. der springende Punkt bezüg- Was übrigens die Vielzahl ausgestorbener Arten betrifft, so ist dies doch

'■eh der Beantwortung der Frage, ob die Evolution den Schöpfer wohl ein schwaches Argument. Denn wenn der Tod des einzelnen lndivi-

°ffenbart. getroffen. Es hängt maßgeblich von der Bewertung der duums als biologisch zweckmäßig angesehen werden muß. warum soll der

Evolutionsprodukte. nicht zuletzt der Bewertung des Menschen Arten-Tod nicht ähnlich gewertet werden? Die schöpferische Vielfalt hat

ab, ob die Evolution als Ergebnis göttlicher Schöpferkraft und sich dadurch doch nur breiter entfaltet! Und ohne das Aussterben der Sau-

eisheit oder aber des blinden Zufalls angesehen wird. Die Bewertung
aber ist keine naturwissenschaftliche, sondern eine na-
tUrPhilosophische. weltanschauliche Angelegenheit. Womit nicht
Besagt ist. daß nicht naturwissenschaftliche Erkenntnisse und

rationales Argumentieren naturwissenschaftlicher, philosophi- „ ...___„__ _ „ . irr:- j_ -t-. „-.-. .u i

seh», j . ■ • , . , „ • „ ... Radibeck, Regina: Der Personbegnlf in der Trinitatstheologie der

ner und theologischer Art diese Bewertung beeinflussen kon- Gegenwart - untersucht am Beispiel der Entwürfe Jürgen Mollen
. Das geschieht denn auch in den Beiträgen dieses Bandes. manns und Wai,er Kaspers. Regensburg: Pustet 1989. 232 S.

So entwirft der Chemiker Herbert Gahmig in seinem Beitrag gr. 8 = Eichstätter Studien, N.F. 27. Kart. DM 58,-.
-Evolutionäre natürliche Offenbarung. Ein Beitrag aus der Sicht

der Chemie" (62-71) ein eindrückliches Bild der chemischen An der eindeutigen Verwendung von Begriffen muß der Theo-
Evolution, bei dem u.a. die bemerkenswerten Eigenschaften des logie in jeder Hinsicht gelegen sein. Besonders wenn Begriffe so
wassers und des Kohlendioxids als „Wunder" der Chemie her- in Bewegung geraten, wie das heute mit dem Begriff der,, Person"
v°rgehoben werden. Der Physiker und Genetiker Carsten Bresch in der Trinitätslchrc geschieht, besteht die Gefahr, daß Aequivo-
le8t in seinem Beitrag „Das ALPHA-Prinzip der Natur" (72-86) kationen zum dauernden Anlaß von Mißverständnissen werden
Pädagogisch klar und verständlich dar. daß sich die Evolution und den theologischen Diskurs behindern. Es ist das Verdienst
zum Menschen u.a. einer „ganz bcstimmte(n) Kombination der Vfn., darauf aufmerksam gemacht zu haben, indem sie die
einer großen Zahl von Anfangsbedingungen des Universums" trinitätstheologischen Entwürfe von Jürgen Moltmann und Wal-
und bestimmten „Eigenschaften der Materie" verdankt, die im ter Kasper in ihrer Rcgcnsburgcr Dissertation ciner eingehenden
Sinne eines Systemzwanges „zwar nicht im Detail, aber in großen Befragung im Blick auf die Verwendung des trinitarischen Per-
Entwicklungszügen" (85) zu immer höherer Komplexität und sonbegriffs unterzieht.

zum Menschen geführt hätten, weshalb man auch vom anthropi- Nach zwei Durchgängen durch Moltmanns Buch „Trinität und

Schen Prinzip spricht. In seinem Beitrag „Die alte und die neue Reich Gottes" und Kaspers „Der Gott Jesu Christi" (vgl. 21 ff.

Offenbarung der Schöpfung" (21-23) legt er dar: Während die 109ff) stellt die Vfn. fest, daß „keiner der beiden Theologen mit

ruhere Physiko-Theologie „die Eigenschaften des besonders wirklich einem Personbegriff" auskommt (205). Beide verwen-

Komplexen"- also der Lebewesen -„als Beweis für die Weisheit den „je drei verschiedene Bestimmungen trinitarischen Pcrson-

des Weltkonstrukteurs betonte, steht jetzt umgekehrt das Ele- seins" (ebd.). Moltmanns Rede von den trinitarischen Personen

mentarste im Mittelpunkt des Interesses, d. h. die Anfangsbedin- ist bestimmt vom „neuzeitlichen Subjektbegriff" (vgl. 52ff). vom

Hungen des Universums und die grundlegenden Eigenschaften „klassischen Personbegriff" des „Sclbstandes und der Relation"

^on Materie und Raum-Zeit, deren erstaunliches quantitatives mit „essentialistischem Schwergewicht" (vgl. 63ff) sowie von

^usammenpassen gerade den Ablauf einer Evolution ermög- einem sog. „anonymen PersonbegrifT" (vgl. 77ff). Letzterer ist

,chte. die als anthropisches Prinzip der Physik und als System- eigentlich gar kein „Begriff". Die Vfn. will hier gerade auf das

zwänge der Evolutionsbiologie die Grundlage einer erneuerten Vermeiden ciner expliziten Begrifflichkeit im Reden von Vater,

natürlichen Biologie bilden" (22). Sohn und Geist hinweisen. Kasper dagegen bevorzugt den „klas-

Die Beiträge des Publizisten Günther Schiwy überTcilhard de sischen". relationalen Person begriff (vgl. 133fT). den „Begriff der

^hardin (102-110). des Dogmatikcrs und Theologicgcschicht- absoluten Person" (153IT) und redet einmal (ähnlich wie K. Barth

ers Helmut Riedlinger „.Gott'und .Natur'. Zu den Anfängen der und K. Rahner) auch von der „Weise", in der der trinitarische

natürlichen Theologie' und ihrer bleibenden Bedeutung " Gott „Person" ist (vgl. 1691T).

(24-61). des dänischen Ethikers und Religionsphilosophen Hinter diesen gegensätzlichen Elementen des trinitarischen

iggo Mortensen „Theologie der Natur als natürliche Theolo- Personbegriffs sieht die Vfn. die Gegensätzlichkeit zweier Tradi-