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Ausgabe:

1991

Spalte:

667-669

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Loader, William R. G.

Titel/Untertitel:

The christology of the fourth gospel 1991

Rezensent:

Schenke, Hans-Martin

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Seite 1, Seite 2

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667

Theologische Litcraturzcitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 9

668

«Logos de Dicu, Jesus est venu eeprimer le Pete qui donne la
vie»(498).

Leipzig/Halle (Saale) Wollgang Wietel

Loader. William: The Christology of the Fourth Gospel. Struc-
ture and Issues. Frankfurt/M.-Bern-Ncw York-Paris: Lang
1989. VIII. 303 S. 8 = Beiträge zur biblischen Exegese und
Theologie. 23. Kart. sFr 65.-.

Der aus Neuseeland stammende und in Australien lehrende
Neutestamentlcr W. Loader. der über eine vorzügliche Kenntnis
der neutestamentlichen Forschung in Deutschland verfügt und
schon mit einem in deutscher Sprache geschriebenen Werk über
die Christologic des Hebräerbriefes hervorgetreten ist.' legt hier
nun die Frucht einer über fünfzehn Jahre gehenden Bemühung
um die schwerer zu fassende Christologic des Johanncscvange-
liums vor. Diese Monographie steht in einer interessanten und
lehrreichen Beziehung zu einem etwas älteren, programmatischen
Aufsatz zum gleichen Gegenstand,- in dem Grundanliegen
. Methode und Zielvorstellung des Autors vielleicht noch
deutlicher zum Ausdruck kommen, während jedoch die Akzente
nicht ohne weiteres die gleichen sind wie später und manche
Aspekte vorkommen, die in der Monographie nicht mehr wiederkehren
und also vielleicht aufgegeben wurden, jedenfalls durch
andere ersetzt erscheinen. Der Vf. erweist sich als auf der Höhe
der Forschung stehend und dabei als zu demjenigen Bereich der
gegenwärtigen Johannes-Forschung gehörig, wo man um das geistige
Erbe Bultmanns ringt. Typisch für die Zugehörigkeit zu diesem
Bereich sind u. a. die Vorstellung einer johanneischen Schule
und einer kontinuierlichen Entwicklung innerhalb derselben. Allerdings
stehen solche Vorstellungen bei L. keineswegs im Vordergrund
. Vielmehr möchte er, um ein Ergebnis zu erzielen, das
unabhängig von den Unsicherheiten der einschlägigen Qucllen-
und Schichtenhypothesen ist. seine Frage nach der Christologic
gerade nicht an diesen Quellen und Schichten orientieren, sondern
an der Form des Johannesevangeliums, in der es nun einmal
überliefert ist - was ihm freilich sogleich die herbe Kritik J. Bek-
kers eingebracht hat. '

Dieser Ansatz bei der endgültigen Fassung des Werkes dürfte
übrigens auch einen gewissen Einfluß der strukturellen Linguistik
verraten. Wenn er das. wonach er sucht, außer central struc-
ture auch /wv/rstrueture/pattern nennen kann, und zwar im Kontext
eines Redens von the surface und to surfacc. so darf man
wohl den Eindruck haben, daß er bei der johanneischen Christologic
eine Tiefenstruktur von der Oberflächenstruktur unterscheiden
möchte und er also das Wesen der johanneischen Christologic
eigentlich unterhalb der Oberfläche des Textes sucht.
Das heißt aber doch, ihm müßte so etwas Ähnliches vorschweben
, wie es bei Bultmann dergnostische Mythus vom erlösten Erlöser
ist - und es würde auch hier die überaus interessante und im
übrigen bewußte Bindung L.s an die Vorgaben Bultmanns zutage
treten. Denn worum es ihm eigentlich geht, ist ein exegetisches
Experiment, nämlich zu probieren, was herauskommt, wenn
man das von Bult mann herausgearbeitete Phänomen der johanneischen
Christologic beim Wort nimmt, d. h. ohne den „ Filter"
der Bultmannschcn Interpretation, wonach der Evangelist gar
nicht meint, was er sagt, weil er hier einen vorgegebenen gnosti-
schen Erlösermythus bei der Übertragung von dessen Kategorien
auf Jesus von Nazarcth entmythologisiert habe.

Das Ergebnis L.s hinsichtlich der Struktur der johanneischen
Christologic erscheint schon auf S. 76J und sieht folgendermaßen
aus:

The Father
sends and authorises the Son.
who knows the Father.

comes from the Father.
makes the Father known.
brings light and lifc and truth.
complctcs Iiis Fathcr's work.

returns to the Father.
exalted, glorificd. ascended.
sends the diseiples
and sends the Spint
to cnahle greater understanding.
to equip for mission.
and to huild up the Community of faith.

Nun ist dieses Gebilde, wie bei der Lektüre der Monographie'
nur nach und nach deutlich wird (während es in dem Aufsat/ vo*
vornherein gesagt wird), nach Auffassung von L. kein organisch
gewachsenes und in sich einheitliches, sondern ein aus zwei 1 !<■'-
menten zusammengesetztes. Der Grundbestand, etwa die ersten
zwei Drittel umfassend, ist das sogenannte revelation patterfl
oder envoy revealer modcl bzw. die central strueture im engeren
Sinn, aber das ist am Ende, das letzte Drittel beitragend, ergänzt
und überlagert worden durch das sogenannte Son of Man Cluster,
das vor allem eine hermeneutische Funktion habe "giving th*
clue to how what is expressed in the central strueture evercame to
be understood. For it isonly on thebasisof theglorification of the
Son of Man. that the truth of the central strueture could be pereei-
ved" (NTS 30. 199). Zu diesem Cluster werden folgende Motiv*
gerechnet: "the title. Son of Man: exaltation: glorification: a*
cension (and descent): 'the hour 'the timc". 'now'; judgemeiit;
and the promise of a 'greater evenf to come" (227).

Daß dies Ergebnis so früh schon in der Arbeit erscheint, häng1
mit dem besonderen Weg zusammen, den der Autor seine Leset
führt: Es geht erst um die bloße Herausstellung der christologi-
schen Grundstruktur und dann erst um die Einbindung derselben
in das ganze Evangelium. Entsprechend hat das Werk zwei
Hauptteile, nämlich: (nach I. Introduction [1-19]) II. The Strueture
of Johannine christology (20-92) und III. Issues of Johan-
ninc christology (93-225). Es folgt dann noch eine Conclusiofl
(226-232). die aber - im Unterschied zu den zahlreichen eonclu-
sions der Einzelteile, wo wirklich die Ergebnisse artikuliert werden
- nur eine einfache Aufzählung dessen ist. was der Autor in
seinem Werk gemacht hat. S. 233-273 bringt schließlich die in
einem großen Block nachgestellten Anmerkungen. S. 274-293
das eindrucksvolle Literaturverzeichnis. S. 294-299 einen Select
Index of Passages Citcd und S. 300-303 ein Register modernd'
Autoren. Durch diese Apparate am Ende wird aus dem Lesebuch
eine brauchbares Arbeitsmittel. Nun sind die beiden Hauptteile
- außer einer noch vielfältig weitergehenden Untergliederung -
jeweils in drei Hauptabschnitte gegliedert, deren Themen auch
noch mitzuteilen von Nutzen sein könnte. Es sind dies:

II A. Identifying the Central Strueture (20-38): II B. The Strueture of.M-
hannine Christology: A Survey of the Ciospcl (34-75); n C. The StrucutrC
of Johannine Christology: An Outline (76-92: Hier werden die Ein/cl-
motive der herausgestellten Struktur, besonders die unterwegs hinzugekommenen
des dritten Drittels, nacheinander besprochen). Sodann: III V
The Death of Jesus in John (93-135). III B. The Salvation Event in John
(136-189); III C. The Fourth Gospel in the Light of its Christolog) (190-
225; der 3. und letzte Unterabschnitt heißt übrigens: "Johannine Christo1
logy and the (iospel Today" und zeigt noch einmal, daß das gesamte Bult"
mannsehe Spektrum johanneiseher Christologic im Werk on L. präsen'
ist. nur daß die Dinge eben nicht ineinander gesehen sind, sondern auscin*
andergezogen werden).

Im übrigen gehört es zum Wesen des gewählten Weges, daß er
anders endet, als er anfängt. Der Autor ist nämlich gar nicht an
sich gegen Quellcnthcoricn. Schichtcnanalyscn und die Dimension
des Werdens überhaupt. Er möchte seine Christologic nur
nicht von vornherein davon abhängig machen. Am Ende werden
all diese Aspekte eben doch wieder hineingenommen, etwa zo(
Erklärung, warum das Motiv vom Sühnetod Jesu und die Mcs-