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Ausgabe:

1991

Spalte:

656-657

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Klauck, Hans-Josef

Titel/Untertitel:

4. Makkabäerbuch 1991

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 9

656

Wendorf von Blumröder, Susanne: Sozialgcschichtliche Bibclauslegung
(JK 51. 1990. 432-433).

Wolde, Ellen van: Van tekst via tckst naarbetckenis. Intertckstualitcit en
haar implicatics (TTh 30, 1990, 333-361).

Woude, Adam S. van der: Fünfzehn Jahre Qumranforschung (1974-
1988) (ThR 54. 1989. 221-261).

Zimmer, Christoph: Negation und via negationis (LingBibl 1990, 64,
53-91).

Judaica

Henten, J. W. van [Hg.]: unter Mitarb. von B. A. G. M. Dehand-
schutter u. H. J. W. van der Klaauw: Die Entstehung der jüdischen
Martyrologie. Leiden-New York-Kopcnhagen-Köln:
Brill 1989. VII, 271 S. gr. 8 = Studia Post-Biblica, 38. Lw. hfl.
118,-.

Hinter dem Titel des Buches verbirgt sich die Rechenschaft
von einem Workshop, der unter demselben Thema vom 6. bis
8. Sept. 1984 bereits an der Theologischen Fakultät der Universität
zu Leiden veranstaltet worden ist. Bei den zehn in diesem
Band abgedruckten Aufsätzen handelt es sich um die überarbeiteten
Fassungen der während des Workshops gehaltenen Vorträge
. Ergänzt werden sie durch einen aufbereiteten Bericht von
der geführten Diskussion anhand der Tonbandaufzeichnungen.
Anliegen des Workshops war es, ausgehend von E. Tchcrikovers
Feststellung "Jewish historiography isfar behindJewish martyro-
logy" ("Jewish Martyrology and Jewish Historiography", in:
YIVOAnnualof Jewish Social Science 1 (1946). S. 9), die „ Entstehung
des jüdischen Martyriums als literarisches Phänomen" zu
untersuchen. Die gestellte Aufgabe lautete daher, die martyrolo-
gische Literatur nicht als „Protokolle historischer Vorgänge",
sondern vielmehr als das. was sie eigentlich sind, nämlich als
„Ergebnisse der Literaturgeschichte" zu begreifen. Um freilich
den „Ursprung und die Herkunft des jüdischen Märtyrerbildes"
und damit des Martyriums erklären zu können, bedarf es der genauen
Erforschung der „historischen Umstände seiner literarischen
Entstehung".

Den eigentlichen Status quaestionis und die sich daraus ergebende, eben
angedeutete Aufgabenstellung haben B. Dehandschuttcr und J. W. van
Henten in ihrer „Einleitung" (1-19) eingehend und präzise beschrieben
und dabei zugleich das zu untersuchende frühjüdische Quellcnmaterial
vorgestellt. - Mit dem vermutlich bedeutendsten Zeugnis für die Entstehung
des literarischen Martyriums befaßten sich E. Haag „Die drei Männer
im Feuer nach Dan 3:1-30" (20-50) und U. Kcllcrmann „Das Danicl-
buch und die Märtyrertheologie der Auferstehung - Erwägungen" (51-75).
- Den Vorstellungen von Leiden und Rettung. Erniedrigung und Erhöhung
. Tod und Leben nach dem Tode sind L. Ruppert „Der leidende (bedrängte
, getötete) Gerechte nach den Spätschriften des Alten Testaments
(inclusive Septuaginta) und der (nichtrabbinischen) Literatur des Frühju-
dentums unter besonderer Berücksichtigung des Gottesbildes" (76-87)
und J. C. H. Lebram „Jüdische Martyrologie und Weisheitsübcrlicferung"
(88-126) nachgegangen. - „Dasjüdische Sclbstverständnis in den ältesten
Martyrien", d. h. vor allem nach dem Zeugnis von 1 und II Makk, analysierte
J. W. van Henten (127-161). wobei es ihm nicht zuletzt darum ging,
die Gruppe der asitlaioi näher in den Blick zu bekommen. - Ausschau nach
möglichen griechischen resp. ägyptischen Vorbildern der frühjüdischen
Martyrien haben H. S. Versncl „Quid Atheniset Hierosolymis? Bemerkungen
über die Herkunft von Aspekten des "effective death"" (162-196), J. F.
borghouts "Martyria: some correspondent motifs in Egyptian rcligion"
(197-203) und B. Dehandschuttcr „Martyrium und Agon - über die Wurzeln
der Vorstellung vom agön im vierten Makkabäerbuch" (215-219) gehalten
. - M. de Jonge schließlich versuchte am Beispiel von "Test.Benjamin
3:8 and the picturc of Joseph as'a good and holy man" (204-214) zu
klären, wie sich die mögliche christliche Überarbeitung frühjüdischer
Texte auf ihre Wirkungsgeschichte hin ausgewirkt hat.

Alle Beiträge, ursprünglich ohnehin als Diskussionseinstiege
konzipiert, beanspruchen nicht, fertige Ergebnisse zum jeweiligen
Thema vorzulegen. Als solche Diskussionsbeiträge dber stellen
sie eine außerordentlich interessante Lektüre dar. insbesondere
auch im Hinblick auf die Frage nach den (Wechsel-)
Beziehungen (?) zwischen frühjüdischer und frühchristlicher
Märtyrertradition. Wie die diesbezügliche Diskussion während
des Workshops verlaufen ist, hat dankenswerterweise J. van der
Klaauw anhand der Tonbandaufzeichnungen in sechs Kapiteln
entsprechend der in der Einleitung beschriebenen Aufgabenstellung
zusammengefaßt (220-261): 1) Das Phänomen des Martyriums
- Versuch einer Definition; 2) Relevante Texte: 3) Die
Martyrologie und ihre Herkunft; 4) Der sozial-, kultur- und reh-
gionsgeschichtlichc Hintergrund; 5) Die literarische Gestalt des
Märtyrers - Beispiele und Vorläufer (der leidende Gerechte, der
Märtyrer-Prophet, der ,leidende* Weise), und 6) Ergebnisse -
Empfehlungen für weitere Untersuchungen.

Wenn auch so manche Frage noch offen geblieben ist. so dokumentieren
die Beiträge doch mit ihrer starken Konzentration auf
insbesondere die sog. zwischentestamentarischc Literatur je auf
ihre Weise ein weiteres Mal nicht nur deren Bedeutung an sich,
sondern gleichermaßen auch als einer Brücke zwischen der hebräischen
Bibel und der frühjüdischen Tradition einerseits und
der frühchristlichen Tradition andererseits. Gleichsam unausgesprochen
plädieren sie damit zugleich für weitere intensive
Beschäftigung mit diesen Texten, die noch immer viel zu oft im
„ Niemandsland " zwischen den Domänen der Alt- und Ncutesta-
mentler belassen werden.

Berlin Stefan Schreiner

Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. III: Unterweisung
in lehrhafter Form. Lfg. 6: Klauck, Hans-Josef: *
Makkabäerbuch. Gütersloh: Mohn 1989. V, S. 645-763. gr-
8 .

Die vielteilige Sammlung der jüdischen Schriften aus hellenistisch
-römischer Zeit, ein Übersetzungswerk, das an die Stelle
der einbändigen Ausgabe der Alttestamentlichen Apokryphen
und Pseudepigraphen von E. Kautzsch treten soll, wird mehrheitlich
von Vertretern des neutestamentlichen Faches getragen-
Es kann als besonderer Glücksfall gelten, daß für die Kommentierung
des 4. Makkabäerbuches der Würzburger Neutestament-
ler Hans-Josef Klauck gewonnen werden konnte, der sich im
Rahmen seiner Arbeit an den Korintherbriefen als vorzüglicher
Kenner der hellenistischen Geisteswelt und Rhetorik ausgewiesen
hat. Damit wurde der Eigenart der zu behandelnden Schritt
Rechnung getragen. Daß diese in letzter Zeit verstärkte Aufmerksamkeit
fand, hängt mit dem Umstand zusammen, daß die Rezeption
rhetorischer Schemata und Topoi bei den neutestamentlichen
und frühjüdischen Autoren ungleich höher veranschlagt
wird als in früheren Jahrzehnten.

So kann der einleitende thematisch aufgefächerte Überblick,
aber auch die in Fußnoten präsentierte Kommentierung auf breiter
Vorarbeit in der einschlägigen Forschung (Bickermann. Brei-
tensteink. Lebram) aufbauen. Die Einleitung (647-685) weist
auf, daß die Bezeichnung als 4. Makkabäerbuch sich am ältesten
LXX-Kanon orientiert. In Aufbau und Gestaltung entspricht das
Buch den klassischen Stilregeln (Exordium. Narratio. Argumen-
tatio, Peroratio); literarkritisch betrachtet handelt es sich (mit
Ausnahme von cap. 18) um ein im wesentlichen einheitliches
Werk (657). Der Gattung nach ist es eine „epideiktische Rede"'-
die jedoch eher zum Lesen verfaßt als wirklich vorgetragen
wurde (665). Der Autor ist hellenistischer Diasporajude, der sich
in der biblischen Überlieferung auskennt und zugleich über eine
rhetorische Ausbildung verfügt (666). Wortschatz und Inhalt
sprechen für eine Abfassung Ende des l.Jh.s n. Chr. in einer
Stadt Syriens oder Kleinasiens (669).