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Ausgabe:

1991

Spalte:

617-619

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Gestrich, Reinhold

Titel/Untertitel:

Hirten füreinander sein 1991

Rezensent:

Schmidt-Rost, Reinhard

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 8

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6| au,er- Gerhard: Kann man Glauben lernen? Glaubenslehre im Reli- derungen, mit denen schon ein professioneller Seelsorger seine
'^Unterricht (EK 23. 1990. 553-556). Mühe hätte. Selbst der Abschnitt über die „Gemeinde als Scel-

hcll '"ebeeckx. Edward: Identiteit. cigenhcid cn universaliteit van Gods sorgerin" enthält „ 10x10 Regeln für die einfache (!) Seelsorge".

"> Jezus(TTh 30. 1990. 259-275). die in dieser kompakten Zusammenstellung nicht zur Mitarbeit

Freih,Un8!l"Slraumann- Hclen: Die Frau am Anfa"8- Eva und dic Folgcn einladen, sondern durch Überforderung abschrecken. Die Ver-
26gOurg-Basel-Wien: Herder .989. 190 S. 8 - Frauenforum, geb. DM wandtschaft der Merkmalslisten rür„die Eignung zur Seelsorge"

, Siegwal,. Gerard: Les deux regnes concernan, la relation cn.rc Eg.isc et <48 «dif ,rechte Hf"nS M £ Seelsorge" (49) usw. mit
tal (RHPR) 70 1990 165-177) den Merkmalslisten nach Rogers/Tausch ist unübersehbar. Die

Smalbrugge. Matthias: L ind.fference culturclle dans fheritage Bart- Frage, ob hier nicht doch der psychotherapeutische Fachmann
2'en Proposcritiquessurlathcologicprotcstantc(RThPh 122.1990,203- gesucht wird, kommt nicht in Sicht. Nach dem psychodynamischen
Gehalt der Hirtenvorstellung wird nicht gefragt (vgl. auch
sParn. Walter: Mit dem Bösen zu leben. Zur Aktualität des Thcodizee- die Autoritätspose des Seelsorgers auf dem Einband: Frau mit
r°^ems(NzSTh 32, 1990, 207-225). dem Rücken zur Wand, schwarzer Mann mit grauen Schläfen mit

peitsch. Ernst: Religion et Histoire. Esquisses philosophiqueset theo- dem Rücken zur Kamera, sein Kopf ragt über den Bildrand - und

"ot^T' tCC une P05""300 dc T' Mann Tex,es dditös" introduits ct an" als Kontrast dazu der einladende Titel: Hirten füreinander sein).
'"ParJ.-M.Tctaz. Trad.de A.-L.Fin et J.-M.Tetaz. Presentation de P. _ . .„. ... v „ . . ...

Gisei Genf, i k «r-j ,,w, ■,.,«.,, ■ n-u • i 10 - Der Text quillt über von Äußerungen einer hochsensiblen

uent: Labor et Fides 1990. 312 S. 8 = Lieux Theologiques. 18. M . , . . ....

p Ve"neil. Edmond: La pensec religieuse de Troel.sch. Reedite par H. Menschenlreundlichke.t, immer wieder w.rd das abs.chtslose
, uddi« avec une introduetion. Postface de P. Gisel. Genf: Labor et Fides Eingehen auf die Bedurfnisse der Menschen eingefordert (35. 94.
99°- '05 S. 8 = Histoire et Societe. 18. "8, 125 u.ö.). aber der Autor gibt sich keine Rechenschaft über

Heinrich. Michael: Die Weltlichkeit der Kirche. Systematische Zu- die hohen psychischen Anforderungen, die er mit dem Gcstus der

*^8e zu einem Grundproblem der Ekklcsiologie (EvTh 50. 1990. 206- Zurückhaltung den Seelsorgern aufbürdet (vgl. S. 18 „Seelsorger/
Jjj innen haben keinen Heilungsauftrag, aber ihre Tätigkeit kann

I l^iT Gumher: Charisma und Arn< (Theologische Beiträge 21. 1990, heilend wirken, wenn sie das Einfache sorgfältig tun: etwas, das

Wr.hir i, ^ einen Menschen bewegt, anzuhören, behutsam ans Licht zu brin-

"nnann. Günter: Gelassenheit. Dic mystische Intuition als Moment , . •,___,„___ „_j .t_i,__ i_____„ ,-. .

rellgiöser und ästhetischer Erfahrung (ZRGG 42. 1990. 353-364). 8en; es anzusehen und mitzutragen und stehen zu lassen. Oder:

(JWmann. Gunter: Rcchtf'crtigungslchre und Säkularisation „Die Gastgeberrolle ,st etwas sehr Tatiges weil der Seelsorger

'^RGg 42. 1990. 299-315). sich dabei unablässig um das Gemeindeglied kümmert, es bewirtet
und mit seinem Mantel umgibt, wenn es das nötig hat." (94)

_ Auch die Schelte der Hausbesuch-Trägheit der Pfarrer (95ff) er-

Praktische Theologie : SeelSOrge höht die Last. Zudem müßte die Problematik einer bedingungslosen
Bedürfnisorientierung in diesem Zusammenhang unbe-

Ges'rich, Reinhold: Hirten füreinander sein. Seelsorge in der Ge- dingt bedacht werden.
Heinde. Stuttgart: Quell 1990. 167 S. 8 . Kart. DM 24,80. - Nicht nur als Weisung zur Prarramtsfuhrung. sondern auch

als Beitrag zur wissenschaftlichen Seelsorgclehre versteht G. sein

Am Leitfaden des 23. Psalms will dieses Buch „Leitbilder pa- Buch: „Poimenik (= Hirtenlehre), das war bis in unser Jahrhun-

st°raler Seelsorge" (5) bieten. In neun Abschnitten - nach Art den meist eine Zusammenstellung von Regeln für Pastoren, die

'"er Homilie - werden Impressionen und Assoziationen zu ver- ihnen zeigte, wie sie mit bestimmten Problemen ihrer Seelsorge-

sehiedenen pastoraltheologischen Themen zusammengestellt: kinder umzugehen hatten, eine Mischung aus lebenskundlichem

astoraltheologische Gedanken zur Rolle des Pfarrers als Seel- Erfahrungsschatz und kirchlicher Pädagogik. Im Gegensatz dazu

^■"ger (Rabbi - Hirte - Priester; IL), Die Gemeinde als Subjekt geht es mir um eine Pastorallehre, die sich so am Adressaten

er Seelsorge (III.). Die Seele als Objekt der Seelsorge (IV.), Seel- orientiert, daß sie fragt, wann er in seinem Leben Seelsorge über-

sorgerüches Verhalten bei den Passage-Riten (V.). Leid und Trost haupt gebrauchen kann" (16). Läßt man den Mangel an histori-

J•)- Seelsorge und Sozialpolitik (VIL). Seelsorge als Gast- sehen Kenntnissen beiseite - warum kam G. nicht wenigstens

Kundschaft (VIII.). Seelsorge und Rechtfertigung (IX.), Gedan- beim Quell-Verlag die Evangelische Gesellschaft Stuttgart und

et> zur seelsorgerlichen Wirkung des Gottesdienstes und Seel- damit die Innere Mission in den Sinn? (vgl. Rösslers Grundriß

~°rge an Sterbenden zum Psalmvers „Und ich werde bleiben im § 12,3 Die Seelsorgebewegung im 19. Jahrhundert) -. so bleibt

"lause des Herrn immerdar" (X.). immerhin zu fragen, ob er selbst etwas anderes liefert als eine Mi-

Dieser letzte Abschnitt läßt G.s Arbeitsweise gut erkennen: schung aus lebenskundlichem Erfahrungsschatz und kirchlicher

**> nicht eben benachbarte, aber assoziativ naheliegende The- Pädagogik (oder ist die klinische Seelsorge-Ausbildung etwas an-

mer> praktischer Theologie. Gottesdienst und Sterbebegleitung deres?).

Verden gemeinsam dem Stichwort „Haus des Herrn" zugeord- Ärgerlich darüberhinaus: Die Art der Polemik gegen das Wort!

net. Dieser Stil einer Problembearbeitung durch Assoziationsket- „Worte sind von großer Bedeutung, fast immer sind sie das Me-

,en prägt das ganze Buch, wobei vor allem drei Quellen benutzt dium der seelsorgerlichen Beziehung. Ich habe aber ein Abwehr-

erden: Der biblische Text, die Erfahrungen G.s in Gemeinde gefühl gegen ein mund-betontes Verständnis der Seelsorge ... Der

Utld Klinik und die neuere Literatur zur Pastoralpsychologie. Hirte ist kein Seelenmeister, kein Kanzelredner und kein weiser

Dieses Verfahren führt zu gravierenden Inkonsistenzen: - G. Guru. Seine Worte braucht er für die einfache Aufgabe der seel-

-Leitbilder pastoraler Seelsorge" entwerfen, die denen die- sorgerlichcn Begleitung, und er spricht immer lieber ein paar zu

"en- „die in der Gemeinde als Angestellte oder ehrenamtliche wenig als zu viel. Schließlich heißen wir doch alle die Grundent-

^irten arbeiten" (9). „Pastoral" meint hier scheinbar nicht die Scheidung gut, daß Seelsorge hauptsächlich ein zu-hörendes Amt

at'gkeit des Pfarrers, sondern all der Menschen, die im Alltag ist und kein zu-redendes." (530 Von den Autoritätsstrukturen.

-,n der Gemeinde Seelsorge üben, sei es als ehrenamtliche oder die etwa in der analytischen Therapie durch Schweigen aufge-

' angestellte Hirten" (5). Sie ihres Auftrags gewiß zu machen, baut werden, nimmt G. keine Notiz.

at sich G. vor allem vorgenommen. Faktisch aber schreibt er bis Befremdlich schließlich: Es wird neueste Literatur verarbeitet

au'Abschn. III ganz aus der Perspektive des Gemeindepfarrers, (M. Dieterich), aber die thematisch einschlägige übersehen: Chr.

erintlich zum einen explizit an entsprechenden Schilderungen Möller, M. Seitz und H. Tacke haben zum Thema ..Seelsorge in

•' v-VIII.). kenntlich implizit an den immensen Arbeitsanfor- der Gemeinde" beachtenswerte Texte geschrieben, auch der