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Ausgabe:

1991

Spalte:

599-601

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Tajra, Harry W.

Titel/Untertitel:

The trial of St. Paul 1991

Rezensent:

Schille, Gottfried

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599

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 8

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rynck, La matiere marcienne dans l'evangile de Luc; J. Delobel,
La redaction de Lc, IV, 14-16a et la „Bericht vom Anfang"; R.
Pesch, La redaction lucanienne du logion des pecheurs d'hom-
mes (Lc, V, 10c) (bereits veröffentlicht in ETL 46, 1970, 413-
432; vgl. auch ders., Der reiche Fischfang, Düsseldorf 1969); A.
Denaux, L'hypocrisie des Pharisiens et le dessein de Dieu. Analyse
de Lc, XIII, 31-33; B. Dehandschutter, L'Evangile selon
Thomas: temoin d'une tradition prelucanienne?; E. Samain, La
notion de ARCHE dans l'ceuvre lucanienne; J. Dupont, Les dis-
cours de Pierre dans les Actes et le chapitre XXIV de l'evangile de
Luc. Die Notes additionelles aus dem Jahre 1989, die überwiegend
von den Verfassern, in einigen Fällen jedoch vom Hg. stammen
(zu den Beiträgen von W. G. Kümmel, J. Duplacy f, W. C.
van Unnik t, E. Samain), sind sowohl in sachlicher wie in bibliographischer
Hinsicht von hohem Wert, da sie einen expliziten
Bezug der damaligen Beiträge zur gegenwärtigen Diskussionslage
herstellen. Dieser Bezug wird komplettiert durch den Supplementteil
von 1989 (333-565), der freilich inhaltlich um quellenkritische
Fragen kreist, insbesondere um den Problembereich der
Benutzung markinischen Materials durch Lukas (vgl. F. Nei-
rynck, La matiere, 67ff). Es handelt sich um folgende Beiträge: T.
A. Friedrichsen, The Matthew-Luke Agreements against Mark. A
Survey of Recent Studies: 1974-1989; F. Neirynck - T. A. Friedrichsen
, Note on Luke 9,22. A Response to M. D. Goulder (Der
Beitrag setzt sich mit M. D. Goulder, Luke. A New Paradigm,
JSNT SS 20, Sheffield 1989, insbesondere mit seiner Beurteilung
der Minor Agreements, auseinander; vgl. dazu auch den Forschungsüberblick
von Friedrichsen passim); C. J. Schreck. The
Nazareth Pericope: Luke 4,16-30 in Recent Study; P. J. Judge,
Luke 7,1-10: Sources and Redaction; J. Verheyden, The Sour-
ce(s) of Luke 21; F. J. Matera, Luke 22,66-71: Jesus before the
Presbyterion. Luke 23,1-25: Jesus before Pilate, Herod, and Israel
; als Appendix ist der ursprünglich niederländisch verfaßte
Beitrag von G. Bouwman, Le 'premier Ii vre' (Act., 1,1) et la date
des Actes des Apötres (553-565) beigegeben, der auf dem Löwe-
ner Kolloquium 1968 vorgetragen worden war und hier zum ersten
Mal veröffentlich wird.

Der Band wird abgeschlossen von einem Autorenregister und
einem Stellenindex zu Lk und Act; beide Indices beziehen sich
auf den Gesamtband. Ergänzend ist auf die umfassende Bibliographie
zum LkEv 1973-1988 von F. van Segbroeck hinzuweisen
, die ursprünglich als Appendix zur vorliegenden Ausgabe geplant
war. nun aber gesondert erschienen ist (BETL 88, CoBRA
2, 1989).

Mit der Neuauflage des Bd. 32 der BETL, die dem Andenken
von J. Duplacy und W. C. van Unnik gewidmet ist, ist ein wichtiges
und hervorragend gestaltetes Arbeitsinstrument zu Theologie
und Quellenkritik im Lukasevangelium geschaffen, das besonders
durch seinen dialogischen und den Zeitraum von über 20
Jahren gelehrter Lukasdiskussion übergreifenden Charakter besticht
.

Naumburg (S.) Eckart Reinmuth

Tajra. H. W.: The Trial of St. Paul. A Juridical Exegesis of the Se-
cond Half of the Acts of the Apostles. Tübingen: Mohr 1989.
XVII, 225 S. gr. 8 = WUNT. 2. Reihe, 35. Kart. DM 79,-.

Die vorliegende Studie wurde Anfang 1988 an der School of
Theology in Genf vor F. Bovon als Theologe, B. Schmidlin als
Romanologe und A. Giovanni als Historiker verteidigt. Harry
Tajra kommt von F. F. Bruce her und wurde durch F. Bovon in
die Arbeitsweise der mitteleuropäischen Redaktionsgeschichte
eingeführt. F. Bovon bemerkt im Vorwort, daß er die im wesentlichen
ungebrochene Bejahung lukanischer Aussagen durch T.

nicht ohne weiteres teile, seinen „historical optimism". Immer
wieder drängen sich Beobachtungen auf, die Bovons Zurückhaltung
begründen. So bemerkt T. zu Act 28, Lukas behandle die römischen
Juden, als kennten sie das junge Christentum nicht-
Dabei hat Act 18,1 ff doch von innerrömischen Auseinandersetzungen
berichtet, die Juden und Christen betroffen haben dürften
. Man kann tatsächlich auf den Hiatus zwischen Geschehe"
und Bericht stoßen. Hier ist T. in der Tat arglos. Doch Tür die Beurteilung
des Buches im ganzen mag das hingenommen werden,
da das Vorgehen redaktionsgeschichtlich eingeordnet werden
kann, so daß die Studie einen Beitrag zur Überbrückung des
Abstandes zwischen anglikanischer und europäischer Auslegungstradition
liefert.

Formal geht T. im amerikanischen Stil vor. Er bespricht nicht
alle möglichen, sondern nur die für seine Frage wichtigen Teilaspekte
, vor anderem die rechtlichen Aussagen. Er kann daher
auf Spezialfragen verzichten, etwa auf den Schiffbruch Act 27.
Das kommt der Geschlossenheit des Heftes zugute. Trotzdem
geht er exegetisch vor, Abschnitt für Abschnitt. Es geht zunächst
um die Auseinandersetzungen in Philippi (Kap. 1: 3-29). Thessalonich
(2: 30-44) und Korinth (3: 45-62), ehe ab Kap-4
(63-196) ein Durchgang durch den lukanischen Haftbericht erfolgt
, auf dem naturgemäß das Gewicht liegt. Im Gegensatz zu älteren
Untersuchungen, die zu zeigen versuchten, daß Lukas die
entstehende Kirche seinen Lesern als eine Sekte innerhalb des Judentums
vorführe, um den Christen den rechtlichen Schutz einer
religio licita zu sichern, stellt T. fest, Lukas sei es darum gegangen
, Paulus als römischen Bürger vorzuführen, der von Rom '
und zwar nach römischem Recht - gegen die jüdischen Angriffe
geschützt werden muß! So beginnt Lukas gleich in Philippi. also
zu Beginn seiner Paulus-Darstellung, mit einer Berufung auf das
römische Bürgerrecht. Vergleichbar ist der Anfang des Haft-
Berichtes: Auch in Jerusalem beruft sich der lukanische Paulus
sofort auf sein Bürgerschaftsrecht (81 ff). Später steigert Lukas
diese Berufung bis zur Appellatioan den Kaiser (142ff). Sogar die
zweijährige Gefangenschaft in Rom könnte in diesem Rahmen
gedeutet werden (19Iff), nämlich als Zeitüberschreitung seitens
der Juden, die in Rom nicht als Kläger erscheinen, was. vom römischen
Rechtsstatus aus gedacht, wie eine Empfehlung für Paulus
aussieht. Dabei konstatieren die verschiedenen Behörden
"the apostle innocent of the politkal charges hisenemies had lod-
ged against him" (200). Das besagt nicht, daß Lukas etwa seinen
Paulus als unanfechtbar vorstellen wollte. Vielmehr stellt Lukas
auf diesem Weg die anstehende Streitfrage als eine Glaubensfrage
vor, die nicht vor ein öffentliches Gericht gehört. "Nonetheless
some of the charges against Paul were religious in nature" (ibid.)-
Genau auf diese Pointe zielt schon die Episode in Thessalonich
(44), mit der Lukas den Eindruck erweckt, daß die politisch arrangierte
Anklage gegen Paulus gerade für den Politiker entscheidende
Fragen offenläßt (es bestehe "a fundamental contradic-
tion"). In Korinth steigert Lukas dahin, daß Gallio für ein
öffentliches Eingreifen keinen ausreichenden Grund erkennt.
Die Anklage als "mixture of theological and political charges"
kann den Prokonsul nicht irritieren, "the accusation was exclusi-
vely about the manner of observing Jewish religious law" (57).
Dementsprechend führen die Verhöre und Gutachten im Haftbericht
zu dem Ergebnis, Paulus sei politisch "innocent" und religiös
umstritten. Das kann nur so ausgelegt werden, daß Lukas seine
Leser auffordert, die öffentlich-rechtliche Unangreifbarkeit der
Christenheit anzuerkennen, die anstehende Streitfrage also nicht
aufs Politische auszudehnen. Lukas plädiert demnach nicht für
eine Einordnung der Christenheit ins Judentum, sondern dafür,
die religiöse Frage als die eigentliche Streitfrage zu erkennen und
von der politischen Frage strikt zu trennen. Lukas argumentiert
darum so energisch mit der römischen Bürgerschaft des Paulus,
weil er zeigen möchte "that his earthly patria was Rome and not