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Ausgabe:

1991

Spalte:

583-585

Kategorie:

Religionswissenschaft

Titel/Untertitel:

Die Geschichte des Judentums 1991

Rezensent:

Kehnscherper, Günther

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583

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 8

584

trio", 185-194; Eilert Herms. Calvin über den unfreien Willen, 195-214;
Eberhard Jüngel. Zum Begriff der Offenbarung. 215-221; Lothar Perlitt.
Dt 6,20-25; eine Ermutigung zu Bekenntnis und Lehre, 222-234: Rudolf
Smend, Theologie in Göttingen, 235-247; Hans Christian Knuth, Gottes
Wort und Wirklichkeit. Zwölf Jahre Leuenberger Lchrgespräche über „das
Amt heute". 248-268; Günter Linnenbrink, Lutherische Theologie und
ökumenische Bewegung. Dargestellt am Beispiel einer lutherischen Stellungnahme
zum Lima-Dokument „Taufe. Eucharistie und Amt", 269-
279; Karl-Alfred Odin, Die Russische Orthodoxie Kirche im Aufbruch.
Beobachtungen bei den Feiern des Milleniums der Taufe Rußlands, 280-
295.

M. P.

Grosse, Rudolf: Walter Bactke in der sächsischen Akademie der Wissenschaften
zu Leipzig (In: Baetke. W.: Altnordistik. Vielfalt und Einheit.
Weimar: Böhlau 1989. 11-16).

Grote, Heiner: Quaestor dissimulans. Deutsche Sozialdemokraten der
Frühzeit unter der Anklage der Rcligionsschmähung (PTh 80. 1991, 163—
174).

Krötke, Wolf: Die Kirche und die „friedliche Revolution" in der DDR
(ZThK87, 1990. 521-544).

Leich. Werner: Der geistliche Auftrag der Kirche Jesu Christi und seine
politischen Auswirkungen. Gedanken über die friedliche Revolution in der
DDR (Theologische Beiträge 21. 1990, 301-306).

Petzold, Ernst: In beiden Booten gemeinsam anpacken. Möglichkeiten
und Herausforderungen nach dem 9. November 1989 (Diakonie 16, 1990,
22-25).

Rieca, Paolo: Valdo Vinay 1906-1990. La vita - Le opere - La fede (Protest
. 46, 1991. 2-40).

Schottroff, Luise: Über Herrschaftsverzicht und den Dienst der Versöhnung
. Rede vor der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
am 4.Dezember I990(JK52, 1991,95).

Simon, Helmut: Eine neue Verfassung für Deutschland. Referat am
13. Juli 1990 in Potsdam (JK 51. 1990. 546-556).

Religionswissenschaft

Hartmann, Karl: Atlas-Tafel-Werk zur Geschichte der Weltreligionen
. Karten, Tabellen. Erläuterungen. III: Die Geschichte
des Judentums. Stuttgart: Quell 1990. 240 S. 4: Ringbuch DM

56,-.

Mit dem vorliegenden Band III kommt das „Atlas-Tafel-Werk
zur Geschichte der Weltreligionen" zum Abschluß. Nachdem
1987 Bd.I „Die Geschichte der fernöstlichen Religionen" und
1989 Bd.II „Die Geschichte des Islam" erschienen waren,
schließt nun „Die Geschichte des Judentums" eine erhebliche
Lücke in der religionswissenschaftlichen Literatur, die immer
wieder schmerzlich von dem empfunden wurde, der sich - meist
kurzfristig -, aber dennoch präzise über Vorgänge und Entwicklungslinien
des Volkes Israel orientieren wollte. Wo fand er für
einen Vortrag trotz einer kaum überschaubaren Israel-Literatur
den zeitgeschichtlichen Hintergrund und die religionsgeschichtliche
Situation zur Zeit der Erzväter, der Könige oder der Propheten
klar und übersichtlich dargestellt? Wo konnte er Grundwissen
von Zeit und Geschichte Israels exakt rekapitulieren und
vor allem zwischen politischen Ereignissen und theologischen
Deutungen unterscheiden lernen?

Am 26. Februar 1960 reagierte die Synode der evangelischen
Kirche in Spandau auf vorausgegangene Ausschreitungen mit der
dringenden Bitte an den Rat der EKD, Ursachenforschung zu
veranlassen, die „vielschichtige Frage nach dem Verhältnis von
Kirche und Israel noch eingehender zu bearbeiten". Und ein
Wort der Berliner Provinzialsynode ergänzte die Bitte: „ Erarbeitet
Euch die biblische Erkenntnis, daß unsere Errettung von der
Erwählung Israels nicht zur trennen ist." Hier liegen die Wurzeln
und Anstöße zu vorliegendem Werk.

Die Darstellung ist in sechs Teile gegliedert, die mit ihren 3-5

Untertiteln das ganze Spektrum der behandelten historischen
Stationen und ideengeschichtlichen Positionen erkennen läßt:

1. Teil: Vor der Zerstörung des Zweiten Tempels

Von der Urzeit bis zum Beginn der Römerherrschaft/ Herodianer. Zeloten-
Samariterer/ Essener - Jerusalem/ Frühe jüdische Diaspora

2. Teil: Das Rabbinat bis zur Entstehung des Talmud

Frühes Rabbinat und Christentum/ Die Tannaiten bis zur Entstehung der
Mischna/ Die Amoräcr bis zur Entstehung des Talmud

3. Teil: Das Judentum im Mittelalter

Wirtschaftliche Aspekte/ Die Diaspora während ihrer Westwanderung/
Spanien und Südfrankreich/ Deutschland, Frankreich und England/ Die
mittelalterlichen Verfolgungen

4-. Teil: Das Judentum zu Beginn der Neuzeit
Südosteuropa und der Orient/ Italien und Frankreich/ Deutschland und
Holland/ Polen und Rußland

5. Teil: Der Kampf um die Emanzipation

Südosteuropa und der Orient/ Deutschland zwischen Aufklärung und Antisemitismus
/ Frankreich. England und Amerika

6. Teil: Der Zionismus bis 1933/ Das Exiljudentum bis zum Holocaust/
Staat Israel, Entstehung und Festigung/ Judentum heute

Es gelingt dem Vf. trotz der großen Fülle der Zahlen, Namen
und Fakten, den Leser an die jeweils nun tatsächlich nach dem
Urteil der Historiker, Soziologen und Theologen für eine Epoche
entscheidenden Wegkreuzungen heranzuführen und Entw icklun-
gen und Frontstellungen einsichtig zu machen. Gerade die kontinuierliche
Einbeziehung des „Gegenübers" zunächst römischhellenistischer
und dann christlich-abendländischer sowie
morgenländischer Philosophie und Politik im Hinblick auf die
Entfaltung und Bedrängnis des Judentums werden in den landläufigen
Darstellungen zur Geschichte Israels selten einmal deutlich
. Hier aber wird die Historie immer wieder transparent für
die darin wirkenden geistesgeschichtlichen Kräfte.

Die Art der Darstellung fordert zu historischem Denken heraus
und vermeidet die Fixierung des Lesers auf einige theologischdogmatische
Leitsätze. Sie bleibt nicht auf die Religionsgeschichte
Israels im engeren Sinne beschränkt, sondern ist bemüht, durchgehend
die allgemeine historische Entwicklung in der entsprechenden
Region einzubeziehen und die Verflechtung von religiösen,
geistesgeschichtlichen, politischen und wirtschaftlich-sozialen
Strömungen aufzuzeigen. Wie auch in den vorhergehenden Bänden
kommt den Querverweisen auf Ergebnisse moderner historischer
, archäologischer und religionswissenschaftlicher Forschungen
eine besondere Bedeutung zu. Sie sind zuverlässig und bieten
durch eine gute Auswahl von wichtigen Literaturhinweisen zu den
Hauptepochen Möglichkeiten zur Vertiefung unserer durch die
Tafeln und Tabellen erneut strukturierten Kenntnisse.

Für einen sinnvollen und zeitintensiven Gebrauch des Tafel-
Werkes ist ein ausführliches Register der Personen, Sippen. Dynastien
, Völkerschaften, aber auch der Orte und vor allem der
Sachbegriffe (211-33) überaus hilfreich.

Nach Auschwitz kann kein Deutscher mehr „unparteiisch"
über das Judentum berichten. Dennoch versteht es der Vf. in seiner
bei aller Sachlichkeit behutsamen Art der Darstellung, sich
dem Sog aller jener durchaus nicht verschwiegenen Vorurteile,
die das deutsch-jüdische Gespräch durch die Jahrhunderte begleiteten
, zu entziehen. Immer wieder versucht er, sich in die
Lage derer zu versetzen, die beschrieben werden, und damit ihre
Partei zu ergreifen. So werden menschliche Grundwerte zwischen
den nüchternen Fakten und Tabellen erkennbar, ebenso
auch ein Ringen des Judentums um eine göttgefällige Lebensführung
und theologische Wahrheit bis in die Gegenwart.

Beim Gebrauch des Tafel-Werkes wird es sich als hilfreich erweisen
, für die Geschichte des Judentums auch immer wieder zu
bestimmten Epochen die Angaben des Bd. II zu Rate zu ziehen,
wo wichtige Lehren des Judentums und des Christentums anschaulich
in gesonderten Spalten wichtigen Texten des Koran gegenübergestellt
werden.