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Ausgabe:

1991

Spalte:

539-541

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Komm, Heiliger Geist! 1991

Rezensent:

Mendt, Dietrich

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 7

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von der Überzeugung, daß im Zeitalter atomarer Massenvernichtungswaffen
die herkömmlichen theologischen Urteilsformen
nicht mehr zureichend sind (CA XVI spricht allerdings nicht von
,.iuste bellare" sondern von „iure bellare", 114). Freilich bleiben
die eigenen Vorschläge des Verfassers an manchen Stellen zu skizzenhaft
; insbesondere hätte man sich nähere Ausführungen zu
dem Vorschlag, das „heute noch möglich" der Heidelberger Thesen
von 1959 zurückzunehmen, gewünscht (132)- und zwar gerade
in seinem Verhältnis zu der These, daß Soldatenstand und
Militärdienst nicht „cn bloc als ein schmutziges Geschäft diffamiert
werden" dürfen (143). Weitere Überlegungen wird sicher
auch die Frage erfordern, wie sich die notwendige „ Veränderung
in der Tiefe des Bewußtseins der Menschen", von welcher der
Verfasser spricht (VI, vgl. 153). zu dem offenkundigen Mangel an
organisatorischen und rechtlichen Formen einer Weltfricdens-
ordnung verhält.

Solche Wünsche nach weiterer Ausarbeitung sind Zeichen des
Dankes für eine beachtenswerte Argumentationshilfe. Das Verdienst
des Buches von Wilfried Joest besteht darin, wichtige
theologische Grundlagenfragen der Friedensethik in klarer Sprache
und überzeugender Form behandelt zu haben.

Heidelberg Wolfgang Huber

Praktische Theologie: Allgemeines

Christenson, Larry: Komm heiliger Geist. Informationen, Leitlinien
, Perspektiven zur Geistlichen Gemeinde-Erneuerung.
Übers, von T. Demmler u. [. M. Malich. Metzingen: Franz;
Neukirchen -Vluyn: Aussaat 1989. 375 S. S°. Kart. DM 39.80.

Der Zweck des Buches: Es will „authentisches Zeugnis Charismatischer
Erneuerung" sein. „Wer sich darauf einläßt, wird diese
wachsende Bewegung in ihrer Selbstdarstellung kennenlernen,
ins Gespräch kommen, eigene und andere Stärken und Schwächen
entdecken, kritisch und selbstkritisch auf entstehende Fragen
eingehen." (Bischof Hansclmann im Geleitwort) Das Buch
ist das Arbeitsergebnis einer Gruppe, die im Anhang beschrieben
ist. Die einzelnen Kapitel sind aber nicht gekennzeichnet, so daß
man sie nicht identifizieren kann, offenbar, weil das Gesamtmanuskript
von allen Beteiligten gebilligt ist. Die Verfasser wollen
nicht ein besonderes Programm für besondere Gruppen und besondere
Gemeinden aufstellen, sondern die Geistliche Gemeinde
-Erneuerung der gesamten Kirche zugute kommen lassen. Es
handelt sich „um die Bilanz einer innerkirchlichen Gruppe,
deren Mitglieder man gewöhnlich .Charismatikcr' nennt" (9). Zu
den wenigen kritischen Bemerkungen, die das Buch verdient, gehört
in diesem Zusammenhang meiner Ansicht nach die Tatsache
, daß der Sonderweg Kopfermanns in Hamburg mit seiner
Trennung von der Landeskirche und der Gründung einer eigenen
, neuen Freikirche (anstatt sich einer der bestehenden Freikirchen
anzuschließen) nicht differenzierter betrachtet wird.
Diese Art Spaltung wird nicht verurteilt, während eigentlich das
ganze Buch eine durchgehende Warnung vor Spaltungen ist und
auf seine Weise dazu beitragen möchte, daß es zu keinen Spaltungen
kommt.

Von diesem Ansatz her ist die große Offenheit selbstverständlich
. So wird keiner bestimmten Methode der Vorzug gegeben,
wenn es darum geht, die Gabe des Heiligen Geistes wirksam werden
zu lassen. „Es gibt keine biblische Verheißung, die besagt,
daß man die Gabe des Heiligen Geistes erhält bzw. nur dann erhält
, wenn zuvor die Hände aufgelegt werden ... Wir können die
Möglichkeit nicht ausschließen, daß das Auflegen der Hände als
Kanal für Gottes Kraft dient, doch wir können Gott nicht darauf
festlegen, nur so zu handeln." (86) Oder „Die Bibel macht keinen

wesentlichen Unterschied zwischen den Auswirkungen des ersten
Ausgießens des Geistes und denen seines späteren Kommens
. Der Ausdruck „mit dem Heiligen Geist erfüllt sein" kann
auf beide Fälle angewendet werden." (94) Trotz einer ausführlichen
Auseinandersetzung mit Rudolf Bultmann, die wohl dem
deutschen Leser nichts bringt, was nicht schon oft gesagt worden
ist (145ff). huldigt das Buch nicht einfach einer fundamentalistischen
Bibelauslegung. „Es gibt keine Bibclauslegung ohne geschichtlichen
Ort." (35) „Zur charismatischen Hermeneutik gehört
die historisch-kritische Methode, soweit sie ideologiefrei
gehandhabt wird ...Die Notwendigkeit, die Bibel mit wissenschaftlich
bewährten Methoden zu erforschen und zu interpretieren
, folgt aus der Inkarnation (Menschwerdung) Jesu und der
Treue Gottes zu seiner Schöpfung." (38) Solche Sätze zwingen
auch von exegetischen Voraussetzungen her. die Charismatische
Bewegung ernster zu nehmen als das bisher in der wissenschaftlichen
Theologie oft geschehen ist, weil man schon auf dem Gebiete
der Methode der Exegese in Streit geriet. Larry Christenson
und die Mitverfasser wollen mit diesem lutherischen Entwurf zur
Versöhnung beitragen. „Allzuoft haben sich Christen gegenseitig
zu Gegnern gemacht. Unterschiedliche theologische Ansichten
über das Kommen des Geistes wurden zum Ausgangspunkt
von Kämpfen und von Spaltungen im Leib Christi... Die Strategie
des Geistes dient dem Kampf des Reiches Gottes gegen das
Reich des Satans. Seine Strategie vereint uns mit Christus und
miteinander; sie erfüllt uns mit dem Heiligen Geist, damit wirgemeinsam
in der Sache Christi vorgehen können." (1000

Obwohl das Buch keine grundlegende Lehre vom Heiligen
Geist bieten will, kommt es doch zu bestimmten wesentlichen
Aussagen: „Der Geist ist Gott: dies zeigt sich in der ganzen
Bibel." (47) Aber die Begegnung mit dem Heiligen Geist ist „in
erster Linie eine Begegnung mit dem auferstandenen Jesus Christus
, durch die ein Mensch mit dem Heiligen Geist erfüllt wird."
(25) Diese Begegnung vermittelt „Erfahrungen", wie überhaupt
die Erfahrung eine große und gerade in der lutherischen Kirche
bisher vernachlässigte Rolle spielt. „Was ich zutiefst suchte, war
eine persönliche Erfahrung", wird ein junger Missionar zitiert
(17). Und charismatische Erfahrungen haben ethische Auswirkungen
(30.37), und zwar „sichtbare und hörbare" Auswirkungen
(57). Daran wird deutlich, daß es keine automatische Verbindung
zwischen Wassertaufe und Geistverleihung gibt. Der
Heilige Geist kommt nicht „aufgrund einer dogmatischen Position
" (67). Die lutherische Brücke wird geschlagen durch das
Wort, ohne das die Menschen nicht „zu einer Erfahrung des Heiligen
Geistes geführt werden können" (67). Damit wird eine
Schwäche in der Praxis der „Kirche des Wortes" berührt, daß
nämlich das Wort die erwachsen werdenden Täuflinge nicht oder
doch nicht genügend erreicht, wie die gängige Konfirmationspraxis
hinreichend zeigt. Die Charismatiker „sind nicht zufrieden
mit der unzulänglichen Behandlung der Rechtfertigungslehre
von Seiten der lutherischen Orthodoxie. Wie Luther möchten sie
daran festhalten, daß die Dynamik der Rechtfertigung sich auch
auf die Heiligung erstreckt." (1 76) Die ethischen Auswirkungen
sind in erster Linie für die Lebensfähigkeit der Gemeinde da-
„Wie jemand Christ bleibt und geistlich wächst, lag der Charismatischen
Erneuerung zunächst mehr am Herzen als die Frage-
wie jemand Christ wird." (213) Schließlich wurde aber auch hier
„das Anliegen der Weltevangelisation deutlich zum Hauptthema
" (306). Damit in der kirchlichen Praxis die Charismatische
Bewegung wirklich der Gesamtkirche zugute kommt, gibt
das Buch Ratschläge für die Begleitung der Charismatischen Bewegung
durch die Kirchenleitungcn. die eine schützende, die Gemeinden
breit informierende, aber auch kritische Begleitung sein
soll (282).

Das Buch bietet in seinen 52 Kapiteln eine Fülle von fruchtbaren
Gedanken über das Beschriebene hinaus von den biblischen