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Ausgabe:

1991

Spalte:

538-539

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Joest, Wilfried

Titel/Untertitel:

Der Friede Gottes und der Friede auf Erden 1991

Rezensent:

Huber, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 7

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- 5) bemüht sich, geistcsgcschichtlichc Hintergründe der Gentechnik henuntersuchungen bilden gesellschaftliche Zukunftsprobleme,
zuzeigen: Westliches neuzeitliches Denken und die westliche Gesell- die prospektiv wahrgenommen und einer solchen normativen
a t seien von einer problematischen „Prägemetapher" (99) und ent- Bewertung und Restriktion unterzogen werden sollten, welche
nxhender „Bewußtscinsdisposition" (103) gekennzeichnet: nämlich eindeutig den individuellen Freiheits- und Entscheidungsspielken
i, u"kllonalismus(122ff). Bloßes quantifizierendes Nützlichkcitsdcn- raum herausste||t und es verhindert, daß dem einzelnen ein ihn

objek, ^eSCmZWeCkC'nCKnl'kdeSU,i'itariSmUS: l«lff-bcs- 200f0-Vcr- überforderndes Wissen um sich selbst von außen aufgebürdet

j^MiMuung. einseitige Rationalität und die Mechanisierung von

Jnsch und Welt (129f. 135) seien gesellschaftlich und ökonomisch vor- oder &ar aufgenötigt w.rd.

rrschend. Systemtheorie (Parsons) und der soziologische Funktionsbe-
*>rifUz.B. Merton) werden -füreinc auf gesellschaftliche Entwicklungen in Wachtberg-Niederbachem Hartmut Kreß

ven '-'SA zugeschnittene Arbeit erstaunlich! - aber nicht aufgegriffen.

j aKsenur,„,Wcrk(H. Rombach Substanz. System. Struktur. 965. vgl. ^ ^ Grund| dcr Fricdensctmk. Neukirchen-

Denken 6'Ubrc,rnommen- dem zufo|gc dcr Umbruch ^ni •funktionalen Neukirchener 1990. VIII. 153 S. 8. Pb. DM 34.-.

Ich Dcscartes. Spinoza. Leibniz erfolgt sei. Luthers Zwcireiche-

''^V DadsNCfp ÜrK'frr tbCnfa!'S dCT Funkl,0"ali,sHnlus Das Manuskript dieser Schrift des 1914 in Karlsruhe gebore-

-'• uas NS-Rcich habe funktionale und eugcnischc Ideen Nietzsches ° . .

^gesetzt (179 [Die wichtigen Differenzierungen zur Wirkungsgeschichte nen Erlan8er Professors für Systemat.sche Theolog.e wurde im

%lc'«ches durch die zunächst in den USA publizierten Arbeiten W. Kauf- Juni 1989 abgeschlossen. Der Vf. war zu Recht davon überzeugt,

"janns werden nicht erwähnt!]). Der Ansatz, pauschal einscitigdie Neuzeit daß es an Aktualität nichts eingebüßt hatte, als er es im Jahr 1990

a s bloße Vcrfallsgeschichte funktionalen Denkens zu deuten, unter Aus- dem Verlag zum Druck übergab. Die tiefgreifende Wende in den

er>dungetwa der Entwicklungdcr Mcnschenrcchtsidec, spricht jedenfalls europäischen Verhältnissen seit dem Herbst 1989 und der Prozeß

^gen sich selbst. TI.4 (236-374) entfaltet, daß genetische Tests heute im der deutschen Vereinigung haben das Nachdenken über die

^cnst funktioneller Effizienz stünden. Sinnvoll wäre gewesen, das US- Grundlagen der Friedensethik sowie über die Verantwortung der

auch'i h° Wohlfahrls- und Gesundheitssystem zusammenhängend - Christen und der Kirchen für den Frieden keineswegs überflüssig

^ßerungen ;RdarHStelHn- T Sf* ^ TT/V^ZZ gemacht. Der Golfkrieg zu Beginn des Jahres 1991 hat das in be-

"wungen. z.B. über „den Staat zu vermischen („der Staat achte " .. . .

-"nmera,.r^«„ /- u r- w .,„», . xl___„: druckender Weise tn Ennncrung gerulen.

'"icraul den Vorteil des Funktionsganzen [270] und sei ausokonomi- DB

Gründen an Gcnthcrapic zwecks „funktionstüchtiger Bürger" intcr- Es handelt sich um eine theologische Arbeit, die sich um Allge-

essiert [321 ]). |n Teil 5-6 (375-472)"wird - ohne freilich das soziologische meinverständlichkeit bemüht. Herausgewachsen ist sie aus dem

' ^u|arisicrungsproblcm zu beachten - der funktionalen eine christliche eigenen Engagement des Verfassers im Rahmen der christlichen

".T^'^ungs"-Metapher plakativ und antithetisch entgegengesetzt. „Es Friedensbewegung. Der nur in wenigen Bemerkungen angedeu-

l>au|d e 8anZ° We"" und Mcnscncnsicnl auf dcn K°Pf zu stellen" (398). tete weg des Autors von einer nationalprotestantischen Prägung

memHSihabC RÖm '2Jff- 'Kor'2 d'° "Gescllscnafl" (![statt: Gc- während der Weimarer Zeit bis in die Teilnahme an den Bemü-

W^a,?5U"vi0l^ christologiseh gegründete Gemeinschaft be- h der Friedensbewegung um Abrüstung und die Überwin-

Mcoen (413). Nun handelt es sich fraglos um eine anthropologisch weit- . " T , . ... . „ . .

reichend». u- ■■ n u i n c- u. dung des Krieges in den achtziger Jahren gibt dem Buch eine ein-

^"cnac und normativ-ethisch äußerst belangvolle Einsicht, wenn aus ■ ■ b °

ud|sch-christlicherSicht heraus menschliche Existcnzganzhcitlich und rc- drucksvolle Authentizität.

a'ional zu verstehen ist. Jedoch gerade M.Bubcr.aufdcn die Vfn. hinweist Inhaltlich knüpft es in gewissem Umfang an Matthias (nicht:

94>- hat mit Hilfe seiner dialogischen Anthropologie das Problem der Manfreds, S. 2) Kroegcrs Studie über „Theologische Klärung un-

i zwange und Eigcngcsctzlichkeitcn in der vom „Es" bestimmten Gc- seres Friedensverhaltens" (Stuttgart 1984) an. Wie Kroeger so

^ schaft nicht überspielt, sondern hat. unter Beachtung dialogischer Nor- wjn auch Joest die theologischen Voraussetzungen Tür die Frie-

schaf rcalltätsbcz°Senc- umsetzbare Kriterien für eine humane Gesell- densverantwortung der Christen im Blick auf die evangelische

^rlie!0^"1"18 ZU formulicren versucht. Dagegen überhöht, verklärt das Xradition und die in ihr enthaltenen Kontroversen klären. Doch

«-gende Buch den Bczichungsbegriff. indem z. B. der Krankhcits- an .__.__. ... . ... ... , . . .,

den r»,:.l . , , . . ., ,, . jj, ■ Joest geht über den dort im wesentlichen verhandelten Zusam-

oeziehungsbcgnfl angebunden wird. Krankheit wird dabei zu einem ° . .

'"eoioeiseh.-o m 11« i c .i ui . - ,a a i ■ r- „„h,,^ menhang der Zwei-Reiche-Lehre hinaus,
'"giscnen (!) Urteil: „Eigentlich krank ist dcr. der keine Gottesbczie- ~

"ung hat" (425: 4340. Ein schillernder Bczichungsbegriff dient der - D,e klare und übersichtliche Gliederung des Buches läßt den
^"st unscharfen und daher gefährlichen! - Legitimation von Genthera- Gang der Untersuchung schnell erkennen. Die Frage nach dem
g'e: Nach vorheriger Klärung anderer Thcrapicmöglichkciten „macht die Verhältnis zwischen dem Reich Gottes und der Gestalt dieser
j^'ehungslosigkcit dcs jeweiligen Menschen eine Gentherapie unum- Welt bildet den Horizont, innerhalb dessen alle Fragen christli-
,cn ('■)" (449). eher Wcltgestaltung ihren Ort haben (I). Joest kann einsichtig ma-
Trotz der gravierenden Einwände gegen Methode, Formulie- chen, daß das Warten auf das Kommen des Reiches und ein Hantigen
und Argumente des Buches sei festgehalten, daß die In- dein im Dienst der Bewahrung der Welt einander nicht
^ntion einer Darstellung der amerikanischen Praxis und De- ausschließen, sondern zusammengehören.
patte zur Gentechnik, auch im politischen Raum (z.B. die Die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Auftrag der Kir-
^sident's Commission von 1983 [275]). an sich sinnvoll ist. Es che und der politischen Verantwortung bildet die Mitte des Bu-
zu-daß „reines", neutrales wissenschaftliches Wissen heute ches (II). Hier diskutiert Joest die Kontroverse zwischen der

trifft

lcht mehr möglich ist (2160- Die Überschneidung von Industrie „Zwei-Reiche-Unterscheidung" und der These von der „Herr

^nd Universität (51. 346) wirft Probleme unabhängiger For- Schaft Christi über Kirche und Welt". Schon terminologisch

c"ung. auch von Bcgleit- und Folgenforschung, auf. Für die gc- macht er damit beiläufig Angebote, die zur Überwindung festge-

jj^ische Beratung sind in den USA formulierte Kriterien wie in- fahrener Alternativpositionen beitragen. Wichtig ist beispiels-

I rm>erte Zustimmung zu evtl. genetischen Tests sowie Vertrau- weise auch die Unterscheidung zwischen Zwei-Reichc-Positio-

^hkeit unhintergehbar (258, 275). Da zu beachten ist. daß das nen. die eine „Eigengesetzlichkeit", und solchen, die eine

y lssen um das eigene Genom das zukünftige eigene Leben und „Andersgesetzlichkeit" implizieren (65). Ebenso bedachtsam

^■"haltendes einzelnen zutiefst bestimmt (214), ist das Recht auf wird die Kontroverse über das Verhältnis von Glaube und Ver-

glcr"twisscn zu schützen und sollte-auch von den Kirchen!-die nunft in ethischen Entscheidungen geklärt. Insgesamt stellt die-

^deutung psychologischer wie seelsorgerlicher Begleitung er- ser Abschnitt eine wichtige knappe Argumentationsskizze zum

ü nnt werden. Gefahren genetischer Diskriminierung und Vor- Problem „Kirche und Öffentlichkeit" dar.

au eh'e" CtWa 8c6cnüt>er XYY-Chromosomenträgern (2560, oder Relativ kurz werden die materialen Probleme einer Friedens-

Cn denkbare, in den USA schon durchgeführte genetische Rei- ethik besprochen (III). Bestimmt werden diese Überlegungen