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Ausgabe:

1991

Spalte:

533-535

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Noller, Gerhard

Titel/Untertitel:

Metaphysik und theologische Realisation 1991

Rezensent:

Keil, Günther

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 7

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Lebens (207). Dieser Wandel wird nun aber nieht mehr wie noch Theologisierung und die Ontologis.e ung. (231 Da e wa sind

'937 m„te,s der Säkularisierungskategorie gedeutet und verwor- die Grundthesen d.eses Buches ,„ ph.losoph seher^machA

fen. sondern positiv gewertet, Die Reformation bedeutet den Ge- metaphysische Grundc.nstellung der^Neuzeit laßt al cbesonder

Ansatz gegen die sfkralisierung", gegen den „Wust der Verhei- in ihrer Wissenschaft nur das als wirklich gelten, was derSinnen

W 208). Der Prozeß der Emsakralisicrung läßt sich aber ^^.^^

nicht mehr rückgängig machen Er ist nicht, „wie man in theolo- ist. Damit wird das anschauende und denkende Subjekt, also das
Bechen ,15 Ssel oft meint, eine Folge des menschliche Subjekt (undI nicht das Subjekt Gottes zum Knte-
^odernen Unglaubens.... sondern vielmehr eine geschichtliche rium und Mittelpunkt lur Wirklichkeit, die Wirklichkeit wird anWirkung
des Christentums ... Für das moderne Bewußtsein ist thropologisiert Diese Voraussetzungen der moderner, W, n-
Werleisakralisierte Frömmigkeit schlechterdings unglaubwür- schaft smd aber genauso metaphysisch w,e d,der alten
di8" (2100 Dementsprechend vermag Gogarten auch die Auf- Metaphysik auch. Wenn Theolog.e mit neuzeitlicher W.ssen-
klärung und das^„0^0 ^ AuSSnic im Gegensatz zur frü- schaft zusammenstößt, dann stößt also nicht Wrssensc a.t uber-
"eren Einschätzung (vgl. dazu z. B. 128) positiv als „ Mündigkeit haupt mit Glauben zusammen, sondern eine metaphys.sche Vor-
d« Geistes" zu deuten. „In dieser geistig-sittlichen Mündigkeit aussetzung mit der anderen

°der Selbst Verantwortung will der Mensch in der durch den Theologisch wendet sich das Buch - und hier liegt sein e genth-
ehnstlichen Glauben cntsakralisicrten Welt um die sittliche Ord- ches Anliegen - gegen die Anpassung der protestantischen
nung seiner Welt wissen" (216). Gogarten redet in diesem Vor- Theologie an d.e Metaphysik der Neuzeit (Kap. 11,2). So Hegt
Tag noch nicht von Säkularisierung, sondern lediglich von,, Ent- sein Ausgangspunkt be, Karl Barth, freilich nur sem Ausgangs-
»kralisierung-. der Begriff steht aber genau für den Sachverhalt. Punkt. wie schon der we,t ube; B,arth ^^ . u v £
den er später mit der Kategorie „Säkularisierung" beschreiben einer allem Glauben zugrunde liegenden Metaphysik zeigt.
*"d. In einem weiteren Vortrag vom 17.3.1938 über „Die „Barth denkt und argumentiert durch und durch theologisch und
Wahrheit der Geschichte" (219-228) entfaltet Gogarten diesen nimmt damit das W.rklichkc.tsvcrstandn.s der Bibel voll auf.
Gedanken in seinen Konsequenzen für das geschichtliche Be- Schroff überragt seine Theologie das neuzeitliche an hropologi-
*»Btsein und die Zerstörung der „mythischen Welt" (222). sehe Wirklichke.tsverstandnis^ (79). Nun freilich ist (übe Barth
Dam„ sind die Grundannahmen der späteren Säkularisierung«- hinaus) die biblische Botschaft nicht einlach beziehungslos zur
heone konzipier,! (Vgl. zum Ganzen auch die abgewogenen Aus- Wissenschaft zu entfalten, sondern bedarf der theologischen
Ehrungen des Hg.s im „Vorwor," (V-XVI, bes. VII-XIII). Realisation." Denn: „Wissenschaft ist auch be, der Anerkenntet
der Aufsatzband schon deshalb zu begrüßen, weil er wichtige nis eines theologischen Wirkhchkeitsverständnisses möglich
u"d z.T. an versteckter Stelle veröffentlichte Studien Gogartens Voraussetzung dafür ist. daß die Aussagen der Wissenschaf, nicht
erneu, zugänglich macht, so verdient er noch ein zusätzliches endgültig sind, sondern ihre allgemeine Geltung nur unter ihren
'nteresse durch die Dokumentation einiger Arbeiten aus dem Bedingungen haben." (68) Deshalb g, t: „ Aber dieses W.rkhch-
Nachlaß. die eine genauere Rekonstruktion der theologischen keitsverständnis" (der theologischen Wissenschalt) „dar! nicht
Entwicklung Gogartens ermöglichen. Freilich macht der Band innerhalb des Selbstgesprächs der Theologie bleiben, sondern
damit auch auf schmerzliche Weise bewußt, wie lückenhaft un- muß zum Dialog und zur Auseinandersetzung m,t dem neuzeitl-
*re Kenntnis der evangelischen Theologie im 20. Jh. ist. Die chen Verstehen von Wirklichkeit fuhren. (80) Daraus ergibt sich
Nachlässe der prominenten Theologen befinden sich weithin dann das Ziel der „theologischen Realisation : „Ziel der theolo-
^mer noch unter Verschluß. Das gilt auch für Gogarten. Der gischen Realisation ist die objektive und d.e subjektive Aneig-
- umfangreiche schriftliche Nachlaß Friedrich Gogartens". von nung theologischer Wirklichkeit. Der Ruckzug auf die subjektive
dem der Hg. spricht (XIV). ist jetzt mit einigen wenigen Beiträ- Gläubigkeit genügt nicht mehr ... Im Unterschied zu anderen
8en ein Stück weit erschlossen. Solange diese Quellen aber noch hermeneutischen Methoden versucht s.e nicht die theologische
"nzugänglich bleiben muß sich die Geschichtsschreibung der Wirklichkeit der Bibel an das anthropologische Wirkl.chkeits-
neueren evangelischen Theologie immer wieder mit Vermutun- Verständnis der Neuze.t anzupassen. S.e will s.e vielmehr in
8en und Hvpothesen behelfen. Es ist dem Hg. und Marianne ihrem theologischen Gehalt m d.e moderne Weliw.rkl.chkeit
Bultmann, der Tochter F Gogartens, zu danken, daß sie mit die- übersetzen." (81) Diese „theologische Realisation" w.rd dann in
ser Sammlung ausgewählter Aufsätze unsere Kenntnis über eine bezug auf vier Themen durchzuführen versucht: Schöpfung:
Nichtige, bisher aber nur unzureichend ausgeleuchtete Phase der Jesus - Gottes Sohn; Auferstehung: Wunder. Dabei fällt auf -
Theologie Gogartens bereichert und dazu beigetragen haben, das ohne daß das hier im einzelnen dargestellt werden kann -. wie
SPektrum der Vermutungen jedenfalls in dieser Hinsicht weiter wenig (oder wie vorsichtig formuliert) das .st. was vom b.bl.-
e'ngrenzen zu können scnen Wirklichkeitsverständnis nicht dem neuzeitlichen Denken

geopfert werden darf. Der Unterschied zur abgelehnten Entmy-

Hamtmrg Hermann Fischer thologisierung Bultmanns (der ja auch den Kern der Botschaft

nicht anpassen will) ist jedenfalls in Wirklichkeit nicht allzu groß.
Negativ anzumerken sind die vielen undifferenzierten Verall-

N, gemeinerungen wie z.B.: Die Wissenschaft, die Metaphysik der

' °Jler, Gerhard: Metaphysik und Theologische Realisation. Das Ncuzejt jas biblische Wirklichkeitsverständnis u.a.m. Dabei

Ende der metaphysischen Grundstellung der Neuzeit und die bcruht d'ieArgurnentation zum großen Teil gerade auf diesen Vcr-

Neubesinnung auf die.theologische Wirklichkeit der Bibel. Zu- allgeniemcrungen! Das ist kein überzeugender Denkstil. Etwas

u. 1VZ 1990. 156 S. 8. Kart, st-r ll.-. sublimer zeigt sich das dann z. B. in der widersprüchlichen Ein-

„ •• Deshalb gibt es keinen menschlichen Geist ohne Metaphysik. Stellung zu I. Kant. Einerseits wird Kant geradezu zum Repräsen-

Die Rede vom Ende der Metaphysik meint also, daß eine be- tanten für das moderne Wirklichkeitsverständnis. z.B.: „Das

S,'mmte metaphvsische Grundeinstellung zu Ende gegangen ist. Denken, dem die Philosophie über zweitausend Jahre im Erken-

aber nicht, daß die Metaphvsik am Ende ist." (27) „Wieso sollte nen von Wahrheit und Wirklichkeit weithin den Vorrang vor der

d'e Metaphvsik am Ende sein, nur deshalb weil die moderne an- Sinnenwahrnchmung gegeben hatte. w,rd von Kant an die Kette

'Alogische Metaphvsik sich als Irrtum erweist?" (27)..... der Sinne gelegt." (42) Bei solcher grundsätzlichen Bewertung

"eidegger macht deutlich, daß diese Anthropologisierung der Kantschen Denkens wird aber der kurz zuvor geschriebene Satz

Wirklichkeit genauso Metaphysik ist wie die vorausgehende unverständlich: „Durch das Festhalten an einem Seienden, da: