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Ausgabe:

1991

Spalte:

501-502

Kategorie:

Judaistik

Titel/Untertitel:

Bat Qol, die Offenbarungsstimme in der rabbinischen Literatur 1991

Rezensent:

Becker, Hans-Jürgen

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 7

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°8'scher Probleme der alttestamentlichen Wissenschaft gewid- thematischen Gesichtspunkten, sondern „der literarischen Ei-
™et- Chris Brekelmans, der Leiter der Tagung, hatte namhafte genart und dem Alter der Werke der rabbinischen Literatur, in
elehrte als Referenten gewonnen, die in den zur Diskussion ge- denen sie sich finden" (13). Allerdings ist die Einteilung der rab-
S'ellten Fragen -Philologische Methode und Textkritik. Bund im binischen Literatur in „Gesetzescorpora". „Midrashim" und
lten Testament. Position der Weisheitsliteratur in der alttesta- „Werke mit einer gewissen Sonderstellung" problematisch. Das
mentlichen Theologie - unterschiedliche Auffassungen vertre- „literarische Prinzip" (12), das dieser Einteilung zugrundeliegt.
. ■ Diese Zusammensetzung hatte nicht nur eine besonders wird nicht klar umrissen. Es erscheint aber z.B. wenig sinnvoll,
'"teressante Debatte ermöglicht, sondern auch nach der Veröf- wenn die unter „Gesetzescorpora" subsumierten Talmudim in
entlichung der Beiträge unter den Fachleuten, die an der Tagung Kuhns Sammlung ausgesprochen „aggadische" Bat-Qol-Tradi-
'm Jahre 1972 nicht teilnahmen, ein lebhaftes und positives Echo tionen aufweisen. Mit dem „Alter" der Werke bezeichnet der
ervorgerufen. Es gab also Veranlassung, den Band noch einmal Verfasser die vermutete Zeit ihrer Endredaktion, wobei aber „ein
'•''scheinen zu lassen, zumal die Probleme, um die es vor fast zwei spät redigiertes Werk bekanntlich sehr frühe Traditionen aufge-
anrzehnten ging, "continuing questions" sind. Die Beiträge nommen haben kann"(13). Eine Hilfe zur Datierung der Einzel-
Gerden unverändert geboten, aber durch Ergänzungen, insbeson- traditionen darf man daher von Kuhns Anordnung der Texte -
, ere auch bibliographischer Art. auf den gegenwärtigen Stand ge- trotz ihrer im Prinzip chronologischen Orientierung - nur sehr
^racht (203-222). Für die inzwischen verstorbenen Mitarbeiter bedingt erwarten.
■ A. H. de Boer. D. J. McCarthy und M. Dahood hat der Hg. M. Insbesondere dem Theologen, der den Band zu den neutesta-
ervenne diese "supplementary notes" verfaßt. Hinzugekom- mentlichen Belegen der Offenbarungsstimmen heranziehen will,
en sind weiterhin verschiedene ausführliche Register (225- wird der Umgang mit den rabbinischen Traditionen also nicht er-
- 5). Die Autoren und ihre Beiträge: leichtert. Wenngleich Kuhn das Verdienst zukommt, im Unter-
^M. Dahood. Northwest Scmitic Texts and Tcxtual Criticism ofthe He- schied zu der entsprechenden Textsammlung in Billerbecks
Cw Blblc (11-37); J. Barr. Philology and Exegesis. Some General Rc- Kommentar (auf die er sich ausdrücklich bezieht) die Texte nun-
jJJ« s. w,th lllustrationsfrom Job (39-61); J. F. A. Sawyer, The "Original mehr im Rahmen der von ihm einbezogenen Schriften vollstän-
''oiwfi"?87f th° TCXI 3nd °ther Legitima,e Subjccts for Semantic Descrip- dig darzubieten, ist es fraglich, ob der Neutestamentier auch grö-
stamln,!^^7°);ETKu,sch GotlcsZusPruchundAnsPruch beritinderalttc- ßeren Nutzen aus der neuen Sammlung ziehen wird. Denn das

55Uol?^ ^""n ? mccarthv' ^p'h re,'a,i°n" methodische Problem, wie die rabbinischen Texte für die Ex-

,r. 1" - iuj). p. A. H. de Boer. Quelques remarquessur 1 aredans la nuce ... , „ - ...

genese 9.8-17); (105-114); L. Dcqucker. Noah and Israel. The Everla- e8ese der neutestamentl.chen Stellen fruchtbar zu machen sind.

',ns Divinc Covenant with Mankind (115-129): P. Buis. Comment au bleibt in vollem Umfang bestehen, ja, es wird noch zugespitzt. So

(|P'ieme siede env isageaiton l'avenir de l'Alliance ? Etüde de Lv. 26.3-45 läßt Kuhn mit Recht die von Billerbeck noch angeführten, unsi-

lian'~'40' R' v,artin"Achard- Quelques remarques sur la nouvelle al- cheren Lebensdaten der zitierten Rabbinen weg. Um so ratloser

^ ccchezJeremie(Jercmie 31,31-34);(141 -164); H.D. Preuss. Alttesta- wird der Exeget die Sammlung aus der Hand legen: um viele „Pa-

cont Weisheit in christlicher Theologie? (165-182): J. Leveque, Lc rallelen" reicher, die ihm aber im Blick auf die historisch-

repomt theologique apportc par la reflexion sapientielle (183-202). kritische Interpretation seiner Texte nicht weiterhelfen.

Aus judaistischer Sicht ist an dieser Sammlung weniger das
.Thema" Bat Qol interessant, als vielmehr das Nebeneinander
der verschiedenen Versionen verwandter Texte in den verschie-

Jlldaica denen Sammelwerken. Es führt unmittelbar zum Problem der

Art und Weise der mündlichen und schriftlichen Textüberliefe-

Kuhn p„, _ _ . _. . . . ... rung. Wichtig ist hier vor allem die Frage nach der Entstehung

sehen t S ,e 0ff™barungsst.mme in der rabb.n.- verschiedener „Rezensionen", d. h. das Problem des Verhältnissen
Literatur. Sammlung, Ubersetzung und Kurzkommen- -r a „-

"erung der Texte. Regensburg: Pustet 1989. 110 S. gr. 8-Eich- fS ^ Wiedener Versionen einer Tradition zueinander und das

»atter Materialien. 13. Abt. Philosophische Theologie, 5. Verhältnis von Tradition und Redaktion im Ganzen der Sammel-

^art. DM 36.-. werke. Hier ist noch viel Arbeit am Detail der Texte zu leisten.

Mindestens ebenso nützlich wie die Übersetzung wäre zu diesem

lese Sammlung aller rabbinischen Texte, in denen eine „bat Zweck freilich eine synoptische Gegenüberstellung der hebräi-

fe° h erscheint-ist das angekündigte Supplement zu Kuhns „Of- sehen und aramäischen Originale gewesen; eine systematische

c. arungsstimmen im Antiken Judentum" (s. meine Bespre- Auswertung der Handschriften, auf die Kuhn verzichtet, wäre ge-

ur>g in ThLZ 115. 1990. 501-504) und zugleich die Textgrund- radezu unabdingbar. So wird also auch der Judaist die Hauptar-

8e des „rabbinischen" Teils dieser Arbeit. Kuhn legt hier also beit, gestützt auf die Quellen, erst noch selber leisten müssen.
^ ne neuen Textanalysen vor. sondern eine Zusammenstellung

r Texte in einer eigenen Übersetzung. Die Übersetzung ist Berlin Hans-Jürgen Becker
au. durch zahlreiche in Klammern eingefügte Interpreta-
in h tC 3ber dennocn füssigg zu lesen. Die Kurzkommentierung
sn Cn AnmerkunSen bietet mit vorwiegend textkritischen und

h,'£h^nnderrsr/rtUn8Mn ZT»' SÜSS?" Sekki< Arthur Evere,t: The Me™n& of a< Qum™- Atlanta.

ferunePn 0nde:S;VC"V01 S'nd dienH,nweise auf Paralleluberlie- GA: Scholars 1989. X. 261 S. 8 = SBL. Dissertation Series. 110.

Qu I Un Sekundärliteratur. Register der herangezogenen Kart. $ 11.95.
eine dar'n zitierten Schriftstellen und Rabbinen sowie

de,.6 Lbersicht über das Vorkommen der Bat-Qol-Traditionen in Es ist eine unlösbare Frage, wie man das Wort mach im Alten

j rabb'nischen Literatur erschließen die Sammlung. Testament definieren soll. Die Schwierigkeit ist nicht nur. daß

er Textabschnitt ist mit einer Überschrift versehen, die sei- ruach abgesehen von Geist auch Wind sogar Sturm sowie Atem

K.-H. B.

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■nh kurz zusammenfaßt. Diese Überschriften kehren im bedeuten kann. Diese Bedeutungen lassen sich mit ziemlicher Si-

Or tsverze'chnis wieder, das dadurch zu einer unentbehrlichen cherheit unterscheiden. >

rj)jeent'erungshilfe für den thematisch interessierten Leser wird. von „Geist" Gottes? Ist i

'Anordnung der Texte folgt nämlich - „um jede vorschnelle leicht etwas Generelles ü

ernatisierung zu vermeiden" (12) - gerade nicht inhaltlich- mach oder hat er mach!