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Ausgabe:

1991

Spalte:

500-501

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Questions disputées d'Ancien Testament 1991

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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499

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 7

500

anerkannt. Das ist freilich so nicht akzeptabel. Angesichts dessen
versöhnt es ein wenig zu lesen, die Mannigfaltigkeit des Zeugnisses
werde durch den Ausgleichsprozeß nicht eingeebnet und es
gebe mehrere Möglichkeiten der Synthese.

Wenn gesagt wird: " Scholars who render a satisfactory account
of how the text functioned in the life-situation which gave it its
original form only teil part of the Störy, for the texts before us
have had a significant life beyond that original Situation" (25), so
ist demgegenüber festzustellen, daß man das erste heute nicht
mehr nur tut und das zweite durchaus bewußt ist und bedacht
wird. Andererseits ist die Exegese in sich bereits ein Mittel, den
biblischen Wortlaut hermeneutisch aufzuschließen. Es ist tatsächlich
zu fragen, ob das hier Geforderte nicht bereits vielfach
getan wird. Gut ist aber, daß die Verfasser vorliegenden Büchleins
es bewußt machen. Sie unterstreichen vehement die fortdauernde
Gültigkeit des Schriftwortes.

Stuttgart Wolfram Herrmann

Smend, Rudolf: Deutsche Alttestamentler in drei Jahrhunderten.

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1989. 336 S. m. 18 Abb.
gr. $. Lw. DM 78,-.

Wer R. Smend jr. über Alttestamentler der näheren oder ferneren
Vergangenheit hat reden hören oder einiges von ihm zur Geschichte
der atl. Wissenschaft hat lesen können, der wird dieses
Buch uneingeschränkt begrüßen.

Veröffentlicht sind in diesem Band Kurzbiographien, die
Smend in mehr als zwanzig Jahren zu unterschiedlichen Anlässen
verfaßt hat. Schon die Tatsache, daß diese biographische
Sammlung einen Zeitraum von über zweihundert Jahren umfaßt,
weist Smend als den sicher profundesten Kenner dieser Wissenschaftsgeschichte
aus. Es sei gleich eingangs vorweggenommen:
Der Leser dieses Buches wird nicht enttäuscht. Man liest es von
der ersten bis zur letzten Seite mit Lust und Gewinn. Fast hinter
jeder Zeile ist etwas spürbar von dem gründlichen Quellenstudium
, von dem biographischen Wissen bis ins Detail, und immer
wieder ist man fasziniert von Smends Fähigkeit, Einzelheiten
und Zusammenhänge in ihrem erweiterten theologiegeschichtlichen
Horizont darzustellen, zu beurteilen und zu vermitteln.

Die biograhische Sammlung beginnt mit Johann David Michaelis
(1717-1791) und endet mit Walther Zimmerli (1907-
1983). Im Zentrum der Sammlung steht Julius Wellhausen
(1844-1928). Von daher ergibt sich eine Art doppelter Rahmen.
Zwischen Michaelis und Wellhausen haben J.G. Eichhorn,
W. M. Leberecht de Wette, W. Gesenius, Fr. Bleek und A. Kampenhausen
ihren Platz, und Wellhausen folgen B. Duhm, B.
Stade, K. Marti, J. Meinhold, H. Gunkel, H. Greßmann, A. Alt,
W. Rudolph, G. von Rad und M. Noth. Dabei handelt es sich
ganz gewiß um eine repräsentative Auswahl deutschsprachiger
Alttestamentler. Mit ihren Namen verbinden sich die entscheidenden
Entwicklungen der atl. Wissenschaft in der Epoche der
historisch-kritischen Forschung. Mancher Name mag fehlen, der
es auch verdient hätte, in diese Reihe aufgenommen zu werden.
Das weiß Smend aber selbst am besten:

„Die Abrundung konnte nur ,eine gewisse' sein, und über die
Auswahl läßt sich wie immer streiten. So wären unter dem Gesichtspunkt
der Bekanntheit zwischen Gesenius und Wellhausen
eigentlich Ewald und Delitzsch am Platz, aber da das in Leistung
und Wirkung leicht unterschätzte, durchschnittliche' Gelehrten-
tum nicht allzu kurz kommen durfte, habe ich ihm in Gestalt der
redlichen Bonner Bleek und Kampenhausen nicht ungern vor
jenen beiden problematischen Schwergewichten den Vorzug gegeben
..." (9). Nicht die Wissenschaftsgeschichte der atl. Forschung
insgesamt oder auch nur im Überblick stehen im Vordergrund
, sondern Smend bietet Momentaufnahmen, er beleuchtet
ganz unterschiedliche Charaktere zu verschiedener Zeit, an unterschiedlichen
Orten und von verschiedener Herkunft. So wird
der Leser mithineingenommen in Michaelis' Hörsaal, oder mit
wenigen Sätzen wird ihm Alt bekannt gemacht, als hätte man
selbst unter seinem Katheder gesessen. Geradezu essayistisch
vermag Smend aus dem Leben der Gelehrten zu berichten, von
ihren Schwierigkeiten und ihren Erfolgen, von ihren Entbehrungen
und mitunter auch von manchen Kapriolen, aber nie ohne
den Ernst, zur Sache selbst zu kommen, zu ihrem Lebenswerk, zu
dem, was sie wissenschaftlich geleistet haben. Das. was sie geforscht
, was sie an Neuem entdeckt oder was sie auch nur übernommen
und weitergeführt haben, das steht im Mittelpunkt
einer jeden Biographie. Sie alle haben mit unterschiedlicher Wirkung
und in je eigenen Grenzen die atl. Forschung befruchtet und
vorangetrieben.

Smend ist in seinem Urteil einfach und eindeutig, aber nicht
ohne Scharfsinn und manchmal auch von einer gewissen Schärfe.
Nicht nur an diesem Punkt wird seine intensive Beschäftigung
mit Wellhausen spürbar. Zwar ist nach Smends Urteil B. Duhm
Wellhausen kongenial an die Seite zu stellen (144), und H. Gunkel
als der dritte große Alttestamentler um die Jahrhundertwende
stammt wie diese beiden aus Niedersachsen (160). Aber schon
mit diesen und ähnlichen Hinweisen deutet Smend an, wem
unter den Gelehrten sein vorrangiges Interesse gilt.

Wellhausens Bedeutung für die atl. Wissenschaft bestimmt
Smend selbst wie folgt: „Für unser modernes wissenschaftliches
Verständnis der Bibel und speziell des Alten Testaments sind drei
große Faktoren bestimmend gewesen: die Nötigung und die Freiheit
, die Bibel im Widerspruch gegen eine zunächst übermächtige
kirchliche Tradition mindestens auch als ein Buch wie alle anderen
Bücher zu lesen, die Erschließung der geschichtlichen Welt
des alten Orients und, last not least, die unermüdliche, alle Mittel
der Wissenschaft verwendende Arbeit an den biblischen Texten
selbst. Diese Arbeit hat wie jede menschliche Bemühung fruchtbare
und unergiebige Zeiten erlebt. Höhepunkte und Rückschläge
. Unter den Höhepunkten ist der größte mit dem Namen
Wellhausen verknüpft" (99).

Unter den 17 Alttestamentlern, die neben Wellhausen zur Darstellung
kommen, findet sich mit Ausnahme von Zimmerli keiner
, der nicht in irgendeiner Weise mit Wellhausen in Beziehung
gebracht wird; sei es, daß Smend Wellhausens Urteil über seine
Vorgänger und Zeitgenossen bzw. über ihre Werke mitteilt, oder
sei es, daß er Wellhausens bleibende Bedeutung für die atl. Wissenschaft
an den Werken seiner Nachfolger aufweist und erhellt-
Man ist geneigt, diesen heimlichen Leitfaden in Smends Darstellung
„deuteronomistisch" zu nennen, was allerdings nicht heißt-
daß Smend in seinem Urteil und in seiner Darstellung einseitig
oder gar doktrinär wäre. Allseitig will und kann Smend nicht
sein, aber das Ziel seines Buches, „Appetit auf eigenes Studium
zu machen" (10), hat er ganz sicher erreicht. Vor allem nährt er
mit diesem Band einmal mehr die Hoffnung, daß die atl. Wissenschaft
in Ungeduld und mit gutem Vorgeschmack auf seine Wellhausenbiographie
warten darf.

Halle (Saale) Ernst-Joachim Waschke

Brekelmans, C: Questions Disputees d'Ancien Testament.
Methode et Theologie. Continuing Questions in Old Testament
. Method and Theology. Revised and enlarged Edition b>
M. Vervenne. Leuven: University; Leuven: Peeters 1989. 245
S. gr. 8 = Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovanien-
sium, 33. Kart. BF 1 200,-.

Die 23. Veranstaltung der Journee bibliques de Louvain im
April 1972 war der Diskussion aktueller methodischer und theo-