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Ausgabe:

1991

Spalte:

476-477

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Theilemann, Christof

Titel/Untertitel:

Die Frage nach Analogie, natürlicher Theologie und Personbegriff in der Trinitätslehre 1991

Rezensent:

Theilemann, Christof

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 6

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deutung die Enthaltsamkeit der römischen „Schwachen" hatte
und c) welche Rolle dieselbe in der römischen Gemeinde spielte.
Vorliegende Arbeit entfaltet und begründet folgende Thesen:
[. Bei der Abfassung von Rom 14,1-15,13 hatte Paulus eine
konkrete Situation innerhalb der christlichen Gemeinde Roms
vor Augen. Dies wird anhand des Vergleichs zwischen Rom 14f
und IKor 8-10 einerseits, und zwischen dem paränetischen Stil
in Rom 12f und dem in Rom 14f andererseits bewiesen.

2. Es ist nicht möglich, die Enthaltsamkeitsform der römischen
„Schwachen" von der pythagoreischen Askese oder von
den asketischen Erscheinungen gnostischer Gruppen abzuleiten.
Die wenigen vorhandenen Anhaltspunkte für den Vergleich machen
eine solche Annahme eher unwahrscheinlich. Zu den gno-
stischen Richtungen sind Berührungspunkte nur da festzustellen,
wo diese in ihrer Frömmigkeitsäußerung jüdischen Einfluß aufweisen
.

3. Die für die in der Diaspora lebenden Juden(christen) besonders
schwierige Frage der Reinheits- bzw. Unreinheitsvorschriften
der Tora bildet historischen Hintergrund und Motivation der
Enthaltsamkeit der römischen „Schwachen". Der ausschlaggebende
Bezugspunkt zwischen diesem Hintergrund und dem Text
Rom I4f besteht in dem bei Paulus nur in Rom 14,14 vorkommenden
Begriff „Kaipöc,". Der Gebrauch dieses Begriffs war nur
unter griechisch sprechenden Juden(christen) in der Bedeutung
„unrein" üblich und verständlich.

4. Die römischen „Schwachen" waren Judenchristen, die ihre
Frömmigkeit weiterhin in der von der jüdischen Tora vorgeschriebenen
, ihnen von ihrer Geburt an vertrauten Form ausgeübt
haben. D. h.: In der festen Überzeugung, Christi Willen zu
entsprechen, berührten sie keine - nach ihrer Auffassung - unreinen
Speisen und hielten den Sabbath und die Fast- sowie Feiertage
ein.

5. Der Konflikt in der römischen Gemeinde hatte seine Ursache
in der verständnislosen (verachtenden) Haltung, mit der die
„Starken" den Skrupeln der „Schwachen" begegneten, und in
der richtenden Einstellung der „Schwachen" mit der diese - in
ihrem Glauben durch das rücksichtslose Essen von unreiner
Speise seitens der „Starken" verunsichert - sich wehrten.

6. Der Brennpunkt dieser Auseinandersetzungen war in erster
Linie die Tischgemeinschaft im gemeinsamen Gottesdienst. In
der frühen Christenheit hatte das gemeinschaftliche Sättigungsmahl
seinen festen Platz innerhalb des Gottesdienstes. Gerade
bei dieser Gelgenheit hatten es die „Schwachen" schwer, volle
Gemeinschaft mit ihren Geschwistern zu praktizieren, weil der
gemeinsame Tisch auch mit unreinen Speisen gedeckt wurde. Sie
haben die Gemeinschaft zwar nicht aufgekündigt, beschränkten
sich aber bei den Mahlen auf fleischloses Essen, was ihnen die
Verachtung und den Spott ihrer „starken" Geschwister einbrachte
.

7. Statt konkrete Anweisungen zur Regelung der Auseinandersetzung
in der römischen Gemeinde zu geben, versucht Paulus in
seinem mahnenden Wort vielmehr, die Voraussetzungen Für die
Suche einer Lösung zu schaffen, indem er sich gegen die unversöhnliche
Haltung beider Gruppen und gegen das rücksichtslose
Verhalten der „Starken" ausspricht und sie als dem Handeln
Christi und dem Wesen des Reiches Gottes nicht entsprechende
Verhaltensweise hinstellt.

8. Paulus sah sich nicht veranlaßt, die „Schwachheit" der Enthaltsamen
zu tadeln oder ihre Enthaltsamkeit als dem christlichen
Glauben nicht entsprechend hinzustellen, weil ihre Tora-
Gebundenheit nicht ein Aufzwingen-Wollen des Gesetzes oder
eine heilsbegründete Auffassung desselben implizierte. Aus diesem
Grund ist die „milde" und entgegenkommende Haltung des
Paulus in bezugauf die „Schwachen" von seiner missionarischen
Einstellung her zu beurteilen, nach welcher die Aufnahme des
Evangeliums nicht (unbedingt) mit der Forderung nach Aufgabe

der jeweiligen äußeren Lebensbedingungen (IKor 7,17-24; vgl-
9,19ff) identisch ist.

Nicht die jüdische oder nichtjüdische Lebensweise an sich sind
von entscheidender Bedeutung, sondern das Tun der Gebote
Gottes, das Sein ev Xpiaicj das Leben in der 7tiaTic; 5i' äyditTlS
evspYOU|ievr| (Gal. 5.6).

Theilemann, Christof: Die Frage nach Analogie, natürlicher
Theologie und Personbegriff in der Trinitätslehre. Eine verglej-
chende Untersuchung britischer und deutsch-sprachiger Trim-
tätstheologie. Diss. 1989. 381 S. Kirchliche Hochschule Berlin
-Brandenburg

In der Systematischen Theologie wird gegenwärtig besonders
das Verständnis des trinitätstheologischen Personbegriffes diskutiert
. Es geht dabei vor allem um die Frage nach der sachgemäßen
Anwendung des Subjektgedankens in der Trinitätslehre.

Die Arbeit bedenkt diese Debatte, indem die Zusammenhänge
zwischen dem theologischen Verständnis der Rede von Gott, der
Thematik der „natürlichen Theologie" und dem trinitätstheologischen
Personbegriff kritisch reflektiert werden. Die Untersuchung
konzentriert sich auf britische und deutschsprachige Veröffentlichungen
seit der Mitte des Jahrhunderts.

Teil 1 stellt die Gedanken zweier britischer Gelehrter vorderen
Denkansätze beispielhaft unterschiedliche Möglichkeiten
der Ausformung des Personbegriffs veranschaulichen.

L. Hodgson versteht die trinitarischen Personen als „distind
intelligent, purposive centres of consciousness". Im Blick auf die
Frage nach der Sachgemäßheit dieses Personbegriffes werden in
der Arbeit die Beziehungen zwischen Hodgsons Schöpfungs- und
Trinitätslehre, sein Verständnis der Einheit Gottes und seine Interpretation
der augustinischen Trinitätslehre analysiert. Hodgson
begründet die Gedanken der Einheit und Dreiheit Gottes aus
verschiedenen Quellen heraus (Offenbarungstheologie, philosophische
Theologie). Der im Kontext dieser Unterscheidung erarbeitete
Personbegriff erlaubt es nicht, das ihm entsprechende
Verständnis der Einheit Gottes als eines schlechterdings undurchdringlichen
Geheimnisses zu präzisieren.

J. Macquarrie denkt Gott als das „heilige Sein", als dessen
„modes of Being" die trinitarischen Personen verstanden werden
sollen. Die Arbeit zeigt, daß Macquarrie nicht einsichtig zu
machen vermag, was er behauptet: daß die philosophische Theologie
formal zu dem Gedanken der Trinität Gottes gelangen
könne. Die auf dem Hintergrund der Polarität von Personalität
und Unpersönlichkeit in Gottes Sein gedachten „modes o>
Being" gewinnen bei Macquarrie nicht die Personalität, von der
in der Trinitätslehre die Rede sein muß.

Teil 2 der Arbeit bemüht sich um die Differenzierung des Personbegriffes
gegenüber diesen beiden Konzeptionen. Zu diesem
Zweck werden die einschlägigen Arbeiten W. Pannenbergs. W-
Kaspers, J. Moltmanns, H. Mühlens, K. Rahners und E. Jüngels
kritisch gesichtet. Der Durchgang durch die Äußerungen dieser
Autoren zur Analogiethematik zeigt, wie wichtig es ist, bereits an
dieser Stelle trinitätstheologische Entwürfe zu hinterfragen und
sich nicht allein mit einer Debatte im Bereich des Personbegiffes
zu begnügen. Es wird deutlich, daß die Frage nach der Relevanz
des Verständnisses der „ natürlichen Theologie" für die Trinitätslehre
keine müßige Spekulation darstellt. Die Problematik der
Begründung der Gedanken der Einheit und Dreiheit Gottes aus
verschiedenen Quellen Findet sich - in differenzierterer Form *
auch bei Rahner und Pannenberg.

Mit der Bestimmung des Verhältnisses von „immanenter" und
„ökonomischer" Trinität fällt eine weitere Vorentscheidung über
den Personbegriff. Die Untersuchung befragt verschiedene Versuche
der Näherbestimmung dieses Verhältnisses nach den dar-