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1991

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Systematische Theologie: Dogmatik

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 6

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«chöpflichkcit und ihrem Teilhaben an der Ewigkeit Gottes bei der ereilten
eschatologisehen Zukunft nachzudenken. Es wird zur Aufrichtung
öl|igen Rechtes durch Gott kommen (dies der eigentliche Sinn der Ge-
richtsankündigung. wobei von einer Spannung in neutestamentlichen Auslagen
über die Gerechtigkeit Christi die Rede ist. 362), und es ist speziell
lc Feier der Eucharistie, in der solche Hoffnung präsent ist und von wo
aus ihre Gestaltwerdung erfolgt.

^s ist schon daraufhingewiesen worden, daß diese Christologie,
wenn man sie mit dem Entwurf von 1972 vergleicht, sehr deutsch
die Veränderung der die Theologie damals und gegenwärtig
ewegenden Fragestellungen widerspiegelt und damit im Mittel-
creich christlichen Denkens Kontextbezogenheit dokumentiert,
abei erschließen sich indessen in beeindruckendem Maße Dimensionen
der zu bedenkenden Sache selbst. Dies gilt speziell für
le leitenden Gesichtspunkte der Messianität Jesu und der
chöpfungsbezogenheit der Christologie. Es ist erstaunlich, wie
ie vor vier Jahrzehnten in der deutschen Theologie in den Bereich
des Mythos verbannte Figur des „kosmischen Christus"
"ns gegenwärtig neu provoziert. Wesentliche Gedanken der
cnöpfungstheologie M.s kehren wieder. Der der lutherischen
Edition verpflichtete Theologe wird naturgemäß besonders an
Jenen Stellen aufmerken, an denen Jürgen Moltmann diese Tradi-
''°n kritisch anfragt. M. wirft ihr mehrfach eine Engführung vor,
le nur das Kreuz und nicht die Auferstehung, nur die Vergebung
und nicht die Heiligung, nur die Innerlichkeit des Einzelnen hier
und jetzt und nicht den Veränderungsprozeß der Welt im Blick
habe (vgl. 207f; 301 die Kritik an den lutherischen Einwänden
Segen Sittlers Vortrag). Man dürfe nicht „.soteria' zum abstrak-
ten Oberbegriff für die soteriologischen Termini im NT ... ma-
en" (127). Auch „Versöhnung" könne nicht Zentralbegriff
n, weil „Versöhnung, re-conciliatio,... ein nach rückwärts geachteter
Akt" sei und eine „heile Welt" voraussetze, „die durch
"Menschliche Sünde zerstört wurde" und um deren Wiederher-
stellung es ginge (210). In solchen Urteilen meldet sich eine inncr-
reforrnatorische christologische und soteriologische Differenz.
ts muß allerdings zunächst gesagt werden, daß hierauch Mißver-
s,ändnisse und Verzerrungen im Spiel sind. Denn daß in der lutherischen
Tradition nur das Kreuz und nicht die Auferstehung,
nur der innere Trost der Vergebung und nicht die neue Schöpfung
'n Heiligung und neuer Gemeinschaft im Blick seien, kann man
■"e'ativ rasch widerlegen: z.B. durch den Hinweis auf den (von
'"elanchthon verfaßten!) christologischen Artikel 3 der Confes-
s'o Augustana. von der Weite der Rechtfertigungstheologie Luthers
, von der eschatologischen Dimension seines Heilsverständ-
n'sses und dem Ort der neuen Gemeinschaft bei ihm noch ganz
arjgesehen. Aber die Akzentuierung des Ganzen dürfte in der Tat
anders sein, als sie Moltmann Tür richtig hält. Nachdenklich
macht darüber h inaus. daß ein Exeget wie Peter Stuhlmacher
-Versöhnung" als sachlichen Zentralbegriff der neutestamentlichen
Botschaft angesehen hat (Vom Verstehen des NT, 1979),
und daß Jesus als „soter" geboren wurde, ist immerhin die Botschaft
der lukanischen Weihnachtsgeschichte (Lk 2,11). Aber na-
jürlich käme es dann auf die Interpretation dieser Begriffe an.
^'er aber meldet sich die Frage, ob die lutherische Tradition
n'cht Gründe für ihre stärkere Akzentuierung z. B. des Trostmo-
'1Vs und des Gesichtspunktes der Versöhnung hatte. Während
er Akzent des Moltmannschen Entwurfs auf der Veränderung
es Menschen und der Welt durch den Geist Christi liegt, ist es
er lutherischen Tradition darum zu tun, den Menschen dazu zu
elfen, trotz aller Zeichen des Neuen angesichts des bleibenden
osen leben zu können, individuell, gemeinschaftlich und gesellschaftlich
- als Getröstete und Versöhnte, die inmitten der beengenden
Wirklichkeit der Freundlichkeit des Schöpfers und
■"barmers ständig neu gewiß werden. Es ist gewiß nicht zu über-
•*hen. daß gerade im kosmologisch-eschatologischen Bereich
Holtmann die voreschatologische Realität des Todes und des

Bösen gegen evolutionistischen Optimismus unterstreicht (und
hier wohl auch für sich selbst neue Akzente gesetzt hat). Dennoch
bleibt die unterschiedliche „Grundgestimmtheit". Es wird deutlich
, daß die christologisch-soteriologische Erkenntnis in der
Christenheit nicht auf einen Nenner zu bringen ist. Aber ist das
ein Schaden? Ganz gewiß stellen Moltmanns weitreichende und
immer wieder überraschende Perspektiven ernste Anfragen an
andere Konzeptionen und Traditionen. Aber diese Anfragen provozieren
zugleich dazu, erneut und verschärft nach den Gründen
für solche anderen Traditionen und Akzentuierungen zu fragen.
Neben aller Anregung und inneren Weiterführung auch dieses erneut
geleistet zu haben, ist das nicht geringste Verdienst dieser
Christologie.

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