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Ausgabe:

1991

Spalte:

428-429

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Studies on the Testament of Job 1991

Rezensent:

Schenke, Hans-Martin

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427

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 6

428

gen und im theologisch verantworteten Sinne zu verchristlichen"
(238). Wie die gegenläufigen Aspekte Akzeptanz und Reinigung
zugleich vollzogen werden können, wird mit Interesse von den
angekündigten weiteren Aufsatzbänden erwartet werden dürfen
.

Göttingen Friedrich Wilhelm Horn

Klinghardt, Matthias: Gesetz und Volk Gottes. Das lukanische
Verständnis des Gesetzes nach Herkunft, Funktion und seinem
Ort in der Geschichte des Urchristentums. Tübingen: Mohr
1988. VIII, 371 S. gr. 8°= WUNT, 2. Reihe, 32. Kart. DM 89,-.

Die von M. Klinghardt vorgelegte Studie - eine bei K. Berger
gearbeitete Dissertation - setzt mit der Feststellung ein, daß die
Forschung die Frage nach der Geltung bzw. nach der Funktion
des alttestamentlichen Gesetzes „zwar bei den anderen Evangelien
und bei Pls behandelt hat. nicht aber bei Lk." (1) Der Vf.
führt die Vernachlässigung des Gesetzesthemas in der Lukasforschung
dabei auf die durch Ph. Vielhauer eingeleitete und in
ihren Ansätzen schon auf F. Overbeck zurückreichende Lukaskritik
zurück, die den dritten Evangelisten gerade in der Gesetzesfrage
als „verflachten Pauliner" beurteile, der aus „der Situation
eines mehr oder weniger gesicherten Heidenchristentums
heraus schreibe und darum weniger prinzipiell mit dem Gesetz
umgehen könne als Paulus." (3)

Nach Meinung des Vf.s basiert diese weithin aufgenommene
Position auf heute kaum mehr haltbaren Propositionen: Sie setze
in Nachfolge der Tübinger Schule einen einlinigprogressiven Verlauf
der Geschichte des Urchristentums voraus, in deren Abfolge
„Lk nur als Weiterentwicklung der pln Position verstanden werden
" könne (4) und deshalb auch zwangsläufig als Repräsentant
des Heidenchristentums zu gelten habe. Der Vf. hält dagegen,
daß die entscheidenden, für das Verständnis des Gesetzes bei Lk
bedeutsamen Fragen keineswegs schon abschließend beantwortet
sind, sondern nach der Überwindung der Vorurteile einer einseitig
von Paulus herkommenden Lukaskritik ganz neu gestellt
werden müssen: „War Lk Heidenchrist? Gab es Judenchristen in
der Gemeinde? Behandelt Lk mit dem Thema ,Juden/Heiden'
ein aktuelles oder ein vergangenes Problem?" (10) Es geht ihm
also in der Frage nach dem lk Verständnis des Gesetzes letztendlich
um eine generelle Klärung des Verhältnisses „des Lk bzw.
seiner Gemeinde(n) zum Judentum" (11).

Ein erster Teil der Studie - „Programmatische Formulierungen
zum Gesetz bei Lukas" (14-123) - steckt unter Bezug auf
Lkl6,14ff; Apgl3,38ff und 15,1 Of grundsätzlich den Rahmen
der Überlegungen ab; ein zweiter Teil - „Tradition, Redaktion
und Gemeindewirklichkeit in den lk Gesetzestexten" (124-305)
- sucht diesen durch Untersuchungen zu „Dekalog und doppeltem
Liebesgebot" „Apostelkonzil und Aposteldekret" „Auseinandersetzung
um den Sabbat" und „Gesetz und Tempelkult"
weiter auszufüllen. Dabei reklamiert der Vf. für die Lukasschriften
ein Verständnis des Gesetzes, das nicht nur beachtliche theologische
Geschlossenheit aufweist, sondern zugleich auf eine
noch aktuell von der Gesetzesproblematik bewegte Gemeinde
schließen läßt: Die lk Gemeinde könne deshalb nicht nur aus
Heidenchristen bestanden haben, sie müsse vielmehr auch durch
beachtliche Anteile an Judenchristen geprägt gewesen sein; die
offenbar strittige Frage nach der Bedeutung des Gesetzesgehorsams
verlangte nach theologischer Klärung.

Der Vf. arbeitet heraus, daß Lk das Gesetz besonders in ekkle-
siologischen Zusammenhängen fruchtbar mache und ganz offensichtlich
als Einheit stiftende Größe der sich aus Juden(christen)
und Heiden(christen) zusammensetzenden Gemeinde verstehe.
Es zeige sich, „ daß Lk als Inhalt der Gesetzesforderung vor allem
zwei Bereiche kennt: Reinheitsgebote und Besitzverzicht. Dabei

fällt auf, daß das Aposteldekret - also die rituellen Forderungen -
sich an Heiden richtet, während die Forderung nach Besitzverzicht
(soweit sie im Gesetz begründet ist) nur gegen Juden erhoben
wird. Lk hat also ganz offensichtlich sehr genau zwischen den
verschiedenen Möglichkeiten, die Einheit der Gemeinde darzustellen
, unterschieden: Heiden erfüllen die Reinheitsgebote als
den sie betreffenden Teil des Gesetzes und Juden verzichten zugunsten
der Einheit der Gemeinde aufgrund des Gesetzes auf Besitz
." (310) Das Verständnis der z.T. auch gegenläufig orientierten
Texte ergäbe sich aus ihrer Zuordnung zu bestimmten
Gruppen in der Gemeinde, denen hinsichtlich des Gesetzes jeweils
eine besondere Position zugeordnet wird.

Die Untersuchung beeindruckt durch profunde Kenntnis der
Literatur, die Gründlichkeit der Einzelanalysen, die Fülle der
herangezogenen Vergleichstexte und die Originalität der Lösungsvorschläge
. Sie läßt freilich auch Fragen offen und kommt
in einer Reihe von Aussagen über Wahrscheinlichkeiten, hypothetische
Urteile und das Angebot von Denkmöglichkeiten nicht
hinaus. Grundsätzlich stellt sich an die in der Studie vorgelegte
Auslegungsweise die Frage, ob Vf. die Mehrschichtigkeit der lk
Darstellung - Historisierung des Stoffes und über diese Historisierung
zugleich fordernde Anrede an die eigene Gemeinde -
nicht zu schnell einebnet. Auch scheint es problematisch, allein
von der Analyse der Gesetzestexte einen derart weitreichenden
Rückschluß auf die Position und die Gruppenbildung der lk Gemeinde
zu wagen, wie es in der vorliegenden Studie geschieht.
Man wird zudem angesichts der Periodisierung der Mission in
der Apg fragen müssen, ob nicht Lk selbst seine Gemeinde(n)
einem mehr heidenchristlichen Milieu zuordnet bzw. den Übergriff
des Wortes Gottes auf den übergreifenden Raum der damals
bekannten Welt als vollzogen und damit in der Tat die Auseinandersetzung
über die Bedeutung des Gesetzes als überwunden ansieht
.

Dies alles sind Fragen, die sicher auch von anderer Seite an den
Vf. gestellt werden. Sie sollen den Wert und die Qualität des Buches
nicht in Abrede stellen, sondern lediglich anzeigen, daß der
Vf. zwar eine Frage eröffnet, sie aber kaum schon abschließend
beantwortet hat. Ohne Zweifel aber hat er einen Beitrag vorgelegt
, der manche der in der Lukasforschung schon als sicher geglaubten
Positionen neu in Fluß bringen und der Frage nach der
Position der Lukasschriften neue Impulse vermitteln kann.

Erfurt Claus-Peter März

Knibb, Michael A., and Pieter W. van der Horst [Ed.]: Studies on
the Testament of Job. Cambridge-New York-Port Chester-
Melbourne-Sydney: Cambridge University Press 1989. VII,
172 S. 8 = Society for New Testament Studies. Monograph Se-
ries, 66. Lw. $ 37.50.

Das lange vergessen gewesene pseudepigraphe „Testament des
Hiob" hat im Rahmen des allgemeinen Wiederaufblühens des
wissenschaftlichen Interesses an den jüdischen Schriften aus hellenistisch
-römischer Zeit eine für den Uneingeweihten vielleicht
etwas erstaunliche Wiederbeachtung gefunden. Davon zeugt
neben vielem anderen auch die hier vorzustellende kleine Sammlung
von Abhandlungen. Die in ihr vereinigten fünf Beiträge
gehen alle auf Vorträge zurück, die in den Jahren 1986 und 1987
im Verlaufe des SNTS Seminars "Early Jewish Writings and the
New Testament" gehalten worden waren. Auf den SNTS General
Meetings jener beiden Jahre war nämlich das TestHiob der Gegenstand
dieses Seminars. Und es sind die beiden Leiter dieses
Seminars, die diese Beiträge hier nun, um einer Zersplitterung
der Veröffentlichungen vorzubeugen, im Block herausgeben,
nicht zuletzt auch, weil sie - m. E. übrigens zu Recht - der Mei-