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Ausgabe:

1991

Spalte:

20-22

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Andersen, Francis I.

Titel/Untertitel:

Amos 1991

Rezensent:

Otto, Eckart

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 1

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lieh in Familie und Gemeinde zu betreiben ist, seine Bestimmung von
Pädagogik/Religionspädagogik als „Fachwerk" (131 u. ö.) der
Theologie in der Kunst der Erziehung und die (noch kaum wiederentdeckte
) Rolle der Musik deutlich erfaßt. S. weist allen Kirchen die
Richtung einer gangbaren Praxis. Seine Rezeption könnte u. a. Reste
des Kulturkampf-Katholizismus vollständig auflösen. Modern ist er
in der Bindung der Religion an eine (beschreibend-darstellende!)
christliche Ethik. Seine „Kunst des versöhnten und versöhnenden
Lebens" (132) macht ihn zu dem Klassiker „einer universal integra-
tiven Religionspädagogik".

Die Darstellung von F. A. W. Diesterwegdurch K. Dienst zeigt ihn
in „seiner historischen Bedingtheit" (147): ein „Kulturprotestant",
der Dogmatik durch Naturreligion ersetzt. Erinnerungen an die 60er
und 70er Jahre werden wach (Halbfas; Otto; Vierzig).

Hingegen erweist sich Chr. Palmer (Darstellung durch H. Kremers)
als „ein Speerträger der Reaktion" (150) und Förderer des kerygma-
tischen Religionsunterrichts (152ff). Pestalozzi ablehnend, geht er
vom Dogma der Erbsünde aus. Auf jeden Fall kein Klassiker!

Fr. Niebergall wird von D. Zilleßen vorgestellt. Er findet gegenwärtig
kein Interesse, ist aber wertvoll, weil von ihm „Problemstellungen
aufgeworfen oder aufgegriffen und bearbeitet worden (sind), die religionspädagogische
Grundfragen" darstellen. Was sind die „religiösen
Ziele" des RU (1630? Welche „pädagogischen Probleme" werden
„angesprochen" (164)? Die „echte Religion (wohnt) im Herzen"
(166). Hauptziel des RU „ist und bleibt" es, „die Gesinnung Jesu zu
wecken". Z. rügt jedoch, daß N. die „inhaltlichen Kriterien von Religion
und Lebenssinn" (177) fehlen.

R. Kubisch findet neuerlich Interesse. Zwar bleibt seine Psychologisierung
„unerträglich" (183), aber sein Erfahrungsbezug und seine
Kindgemäßheit sind von Bedeutung. W. Richter zeigt auf, daß er von
der Psychologie seiner Zeit, vom „reformpädagogischen Umfeld"
bestimmt war (185).

Die Vorstellung Maria Montessoris durch Chr. Reents ist als eine
„religionspädagogische Werbung" für diese Ärztin und Pädagogin
gedacht. Aus Liebe zum Kind „die zarten Offenbarungen des Kindes
sehen und verstehen", das hält auch die „evangelische Theologie für
wichtig" (207). Die religionspädagogische Bedeutung der täglichen
Stille, M.s Nähe zur Liturgie und zum Gebet, auch die Arbeit ihrer
religionspädagogischen Freundin Lubienska de Lenval werden nicht
notiert. Der Akzent liegt auf der Kreativität, der „Selbsttätigkeit" des
Kindes.

Die Bedeutung von O. Eberhard liegt in seinen Publikationen und
ist, wie K. E. Nipkow aufweist, konfessionell begrenzt. Er ist nicht nur
ein Religionspädagoge, sondern gebraucht auch diesen Begriff.

Eine eingegrenzte Bedeutung kommt R. G. Bohne zu. Bartholomen
Vrijdaghs erweist sich als kritischer Referent, der auch fatale
politische Äußerungen nicht verschweigt.

O. Hammelsbeck bezeichnet sich selbst als „Autodidakten". Über
Volkshochschularbeit und Mittelschule wird er zum „Schulmann der
Bekennenden Kirche" (240) und setzt auf den „kirchlichen Unterricht
" (241). G. Adam betont, daß er - nach dem Krieg in der Lehrerbildung
führend - das Konzept einer evangelischen Pädagogik vom
Evangelium her als „Erziehung um der Freiheit des Menschen willen"
entfaltet habe, das auch heute noch gültig sei (246). Auf dem Gebiet
der „Evangelischen Unterweisung sei er ein Klassiker" (248).

Ihren Namen erhielt diese freilich durch H. Kittel, über den J. Lähne-
mann referiert. Er hat nach dem Krieg „dem christlichen Unterricht in
der Schule ... ein eigenständiges, von der Mitte evangelischen Glaubens
bestimmtes Profil gegeben" (260), dies allerdings eher unkritisch,
so daß L. mit „weiterführende(n) Bedenken" (261 f) schließt.

Im Gegensatz dazu hat M. Stallmann das „Verhältnis von Theologie
und Pädagogik" auf der Basis seiner Herkunft von der Dialektischen
Theologie und vom Existentialismus mit Reserve bestimmt
und die Möglichkeiten der Religionspädagogik begrenzt bejaht. RU
ist ein Fach wie andere auch! H.-K. Beckmann scheint nicht bekannt
zu sein, daß St. dem RU die Rolle eines „Buchstabierens der Bibel"

zugewiesen hat. Die Weite und die stets wirksame „Bedenklichkeit"
St. verschwindet hinter weniger präzisen Formeln (z. B. 2730- Daß
St. der erste Religionspädagoge ist, der auch katholischerseits voll
rezipiert wurde, wird von B. nicht notiert. - Hier und in manchem
anderen Beitrag wird bewußt, wie sehr sich gegenwärtige evangelische
Religionspädagogen auf die Positionen einstellen, die K. E. Nipkow
vertritt. Wäre es dann nicht richtiger gewesen, Nipkow alsbald als
„Klassiker" vorzustellen?

Schließlich lebt auch M. J. Langeveld noch, und dieser war Pädagoge,
und nicht zugleich Theologe. H. G. Heimbrock verweist darauf, daß
Wegenast zu den wenigen gehört, die von dem Pädagogen L. gelernt haben
. L. kommt von der geisteswissenschaftlichen Pädagogik, bestimmt
das Bildungsziel als „selbstbestimmtc, mündige Wahrnehmung der persönlichen
Verantwortung des Einzelnen im Gewissen" (280). Vor allem
in „Kind en religie" (1956!) hat er diese Erwartungen eingelöst. Der Beitrag
von H. deckt scharfsinnig die Ideologieanfälligkeit der Langeveld-
Interpretation auf. Aber wird er nicht selber ideologisch, wenn er argumentiert
, hinter der Fehlübersetzung der deutschen Ausgabe (Titel:
„Das Kind und der Glaube") stehe ein „doppelter Religionsbegriff. . .
in L. Ansatz selbst"? Der Rezensent hat dieses Buch anders gelesen und
vorgestellt (in: Was ist Religionspädagogik?, 1971, 70-87). Daß L.
„letztendlich die Quadratur des Kreises versucht", ist eine Behauptung,
ebenso diejenige, die deutsche Religionspädagogik habe einen „Nachholbedarf
in der Rezeption niederländischer Religionspädagogik.

Katholische „Klassiker" wie v. Felbiger, Hirscher, Göttler (der als
erster Religionspädagogik und Moralpädagogik zusammen als eine
dennoch theologische Disziplin bestimmte), Jungmann, Arnold, Til-
mann, Kampmann interessieren die Hg. nicht. Als katholisches
„Feigenblatt" benutzen sie A. Exeler, dessen Verdienst in seinem
Erfolg als Vereinsvorstand, Nationaldirektor und Mitglied des Katechetischen
Weltrats zu sehen ist. Die .Belobigung' durch E. Feifei
stimmt eher depressiv. - Welche Einschätzung haben die Hg. von
katholischer Religionspädagogik? Wenn es um Aktualität geht, ist
dann nicht vielleicht in beiden Konfessionen von Halbfas mehr angestoßen
worden? Werden andere katholische Religionspädagogen der
Generation Exelers nicht eher als „klassisch" gelten, auch wenn sie
weniger kirchenpolitischen Einfluß hatten? Folgt man diesem Band,
so gibt es eigentlich keine katholischen Klassiker des Fachs.

Für ein echtes Mißgeschick hält es der Rezensent, daß Klaus
Wegenast nicht selber vorgestellt, sein Werdegang und sein Wirken
nicht skizziert und seine Publikationen nicht aufgelistet und gewürdigt
werden. Dabei wäre freilich auch zum Vorschein gekommen,
daß W. selbst bedeutend ökumenischer gearbeitet hat, als es in diesem
Band riskiert wird. Auch war und ist er wesentlich praxisbezogener,
kindzugewandter und theologisch-biblisch informierter als die Mehrzahl
der Beiträge. Die Parallele zu Scheuerls „Klassiker der
Pädagogik" hätte nur dann realisiert werden können, wenn man
grundlegend anders angesetzt und die redaktionelle Mühe vervielfacht
hätte. Aber die Hg. wollten ja auch nur einen „Anfang" machen!
Mainz GünlerStachel

Altes Testament

Andersen, Francis [., and David Noel Krecdman: Arnos. A New
Translation with Introduction and Commentary. New York-
London-Toronto-Sydney-Auckland: Doublcday 1989. XLII,
979 S. m. 4 Ktn, 8 Taf. gr. 8° = The Anchor Bible. 24 A. Lw.
$ 30.-.

„Die Propheten sind ursprünglich nicht Schriftsteller, sondern Redner
gewesen. Wer beim Lesen ihrer Schriften an Tinte und Papier
denkt, hat von Anfang an verspielt. . . Vor allem aber muß der gegenwärtige
Leser, wenn er die Propheten verstehen will, völlig vergessen,
daß ihre Schriften lange Jahrhunderte nach ihnen in einem heiligen
Buch gesammelt worden sind" (H. Gunkcl, SAT 11/2, 21923,