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Ausgabe:

1991

Spalte:

390-391

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Ahlers, Reinhild

Titel/Untertitel:

Communio eucharistica 1991

Rezensent:

Stein, Albert

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 5

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•ahrungsgeschichte" (116ff), insbesondere über gelebte und erlit-
tene Anfechtung bei Luther, und schließlich die materiale
Grundlage des Buches: Berichte über die „konkrete seelsorgerliche
Begegnung mit depressiven Menschen" (144-188). In diesen
Berichten findet der Grundgedanke St.s von der „Seelsorge als
Akt der Wahrnehmung" (123) eine anschauliche Gestalt. Er verbindet
die psychotherapeutisch-psychiatrischen Überlegungen
des ersten mit den Wirkungsperspektiven des dritten Teils: Dort
diskutiert St. „Begleitende Schritte der Seelsorge" (222ff):
«Während in der schweren Zeit der endogenen Depression die
Seelsorge zu einem stellvertretenden zuverlässigen Beistand herausgefordert
ist, soll sie dem psychogen erkrankten Patienten in
der zuverlässigen Beziehung sowohl Vertrauen als auch Zumu-
tung. sowohl den Weg zurück als auch den Weg in die Gegenwart
■ ■ • sowohl die Selbstlosigkeit der Nächstenliebe als auch die Verwirklichung
aus dem Glauben ermöglichen" (188).

Die Schritte der Seelsorge verlieren sich im dritten Teil aber
keineswegs im Pragmatischen, sondern verlangen weitere
Schritte des Verstehens, ein Verstehen der Situation des depressi-
ven Menschen nun auch von der Bibel her, denn „,Seelsorge lehrt
den Menschen eschatologisch sehen, Psychologie sieht am Menschen
, was vor Augen ist.' Seelsorge soll demnach den Menschen
*u dem begleiten, was er noch nicht ist, wohl aber nach Gottes
Willen werden soll und werden darf" (191). Darüber hinaus wird
die Möglichkeit einer Einbindung des Kranken in die Lebenszusammenhänge
der christlichen Gemeinde bedacht, auf dem Hintergrund
der Einsicht, daß die depressive Erkrankung nicht selten
mit Störungen der Lebensführung einhergeht.

Damit wird dem Seelsorger ein Verständnis seiner Aufgabe geboten
, mit dem er gemeinsam mit dem Arzt und doch spezifisch
anders auf den Kranken zugehen kann. Seine Wirkungsmöglichkeiten
liegen zunächst auf der Interpretationsebene, dann erst
auf der Handlungsebene.

Das Zusammendenken von Medizin und Seelsorge ist das zentrale
Anliegen des Buches. Es ergab sich für St. biographisch selbst-
verständlich aus der seelsorgerlichen Begegnung mit Menschen
am Kurort, die zur gleichen Zeil dort in ärztlicher Behandlung
waren. Eine „gemeinsame Mitte von Psychotherapie oder auch
Medizin und Seelsorge" findet St. in Viktor von Weizsäckers Gedanken
über den „Gestaltkreis" (Exkurs, 90ff), die „die Dissoziation
der sinnlichen und geistigen Phänomene" (91) durch eine Betonung
der leibhaften Erfahrung zu überwinden suchen.

In der differenzierten Problembeschreibung und behutsamen
Anweisung zu einer Begleitung aus der Kraft des christlichen
Glaubens wird auch der Gemeindeseelsorger manchen Hinweis
und manche Hilfe gewinnen, vor Überforderung aber wird ersieh
hüten müssen. Denn es bleiben zwei wichtige Fragen offen: -
Müßte nicht in einem Buch über Depression neben der Not der
Angehörigen auch der Problematik des Helfens und der Helfer
ausführlicher gedacht werden? Auch das Verhältnis von Gemeindeseelsorger
und Seelsorger am Kurort kommt nicht zur Sprache.
~ Warum bleiben die organisch-medizinischen Therapieversuche
Praktisch unerwähnt? Bei allem Engagement für eine „ganzheitliche
" (191ff) Betrachtungsweise, darf die pharmakologische
Forschung (Lithium-Brom-Analysen) und die Behandlung mit
Medikamenten als wenigstens lindernd, wo nicht im Krisenfall
'ebensrettend gerade in einem Buch für Seelsorger, das auf Zusammenarbeit
mit Ärzten aus ist, nicht übergangen werden.

Schließlich bleibt auch die Anfrage des Psychiaters - vielleicht
unvermeidlich - offen, ob der depressiv Erkrankte überhaupt zu
so tiefer Einsicht fähig ist. daß er sich das „Stillwerden, in dem
der Mensch sein Leben als Geschenk Gottes verstehen darf und
zum wirklichen Dienst für Gott und seinen Nächsten frei wird"
(197) überhaupt gewähren lassen kann.

Stuttgart Reinhard Schmidt-Rost

Kirchenrecht

Ahlers, Reinhild: Communio Eucharistica. Eine kirchenrechtliche
Untersuchung zur Eucharistielehre im Codex Iuris Canonici
. Regensburg: Pustet 1990. 192 S. gr. 8= Eichstätter Studien
, 29. Kart. DM 52,-.

Von Karl Barth hat das evangelische Kirchenrecht gelernt, sich
„in etwas gewagtem Ausdruck" als liturgisches Recht zu bezeichnen
, weil es „eine ursprüngliche Beziehung zu dem besonderen
Geschehen des christlichen Gottesdienstes" hat (Kirchl. Dogma-
tik IV/2, 987). Die erforderliche Folgerung aus dieser These ist
aber nicht schon gezogen, wenn Kirchenverfassungen oder Pfarrergesetze
eine in liturgischer Sprache gehaltene Präambel erhalten
, die Regeln für den gottesdienstlichen Vollzug dagegen in der
Sonderform einer „Lebensordnung" oder als bloßer „Liturgischer
Wegweiser" (so z. B. der gleichnamige Text der Evangelischen
Landeskirche in Baden, Karlsruhe 1989, eine Beilage der
zur Erprobung freigegebenen Agende I) kundmachen.

In der römisch-katholischen Kanonistik ist anerkannt, daß
„Wort und Sakrament als Bausteine der Kirchen Verfassung" zu
gelten haben (vgl. den programmatischen Aufsatz des Altmeisters
Klaus Mörsdorf im Archiv kath. Kirchenrecht 134 (1965)
72-79; jetzt in seinen „Schriften zum kanonischen Recht" Hg.
Winfried Aymans u. a., Paderborn u. a. 1989, 46-53). Für ihn ist
Kirchenrecht „nicht etwas Äußerliches oder Nebensächliches,
das aus einem menschlichen Sicherungsbedürfnis heraus zu der
durch Wort und Sakrament aufgebauten Kirche hinzukommt,
sondern wesentliches Element der sakramentalen Zeichenhaftig-
keit der Kirche." (AaO. 53).

Diese Vorerwägung mag es dem evangelischen Leser verständlich
machen, daß und warum im römisch-katholischen Bereich
eine theologische Dissertation über die Eucharistie als den innersten
Kernbereich katholischer Frömmigkeit auch und gerade als
kirchenrechtliche Arbeit geschrieben werden kann. Von einer solchen
Arbeit aufmerksam Kenntnis zu nehmen, ist evangelischer
Theologie nicht nur als eine Art von Probe auf die Durchführbarkeit
des methodischen Ansatzes zu raten. Auch ganz praktische
Probleme des ökumenischen Miteinanderlebens von Katholiken
und Evangelischen machen es ratsam, sich über die einer euchari-
stischen Gastfreundschaft von katholischer Seite aus gesteckten
Grenzen zu unterrichten. Die anzuzeigende Arbeit ist für beide
Anliegen eine gute Hilfe.

Eingangs setzt sich die Vf.n das Ziel, „am Beispiel der Eucharistie
zum einen den Gehalt theologischer Lehrsätze im CIC (1983)
zu untersuchen, zum anderen aber auch,.ob und inwieweit die
entsprechenden rechtlichen Normierungen diesem theologischen
Gehalt entsprechen" (31). Das einleitende Kapitel stellt
die „Grundlinien der dogmatischen Eucharistielehre" (33-55)
dar, wobei auch die Stellungnahme des Apostolischen Stuhles
zum „Lima-Papier" von 1987 berücksichtigt wird (520- Das
zweite Kapitel über „Die Eucharistie in der Systematik des CIC
(57-65) stellt zutreffend heraus, daß das neue Rechtsbuch der katholischen
Kirche der Eucharistie einen systematisch klareren
Ort und eine wesentlich verbesserte Darstellung gegeben hat (65).
Das dritte Kapitel über „Theologie und Eucharistiefeier"
(67-92) rundet die systematische Vorerörterung ab, indem die
ekklesiologische Dimension der Eucharistie als umgreifende
Größe klargestellt wird. Eucharistie bildet nach katholischem
Verständnis die Kirche, bezeichnet und bewirkt ihre Einheit,
weshalb auch die volle Zugehörigkeit zur Kirche eine wesentliche
Relevanz gerade in diesem Bereich besitzt (91).

Die zweite Hälfte der Arbeit behandelt nun auf dieser Grundlage
die kirchenrechtlichen Probleme der „Eucharistiefeier als
Aufbauelement der communio" (4. Kapitel, 93-162) sowie „Eucharistierechtliche
Einzelfragen" (5. Kapitel, 163-184). Dabei