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Ausgabe:

1991

Spalte:

345-346

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Accomplir les Écritures 1991

Rezensent:

Ploeg, Johannes P. M.

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Seite 1

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345

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 5

346

Frau personifizierten Bosheit gewesen (Sa 5,70, was dazu führte, rencontre de Dieu, Memorial Albert Gelin 1961, p. 119). Doch

m den Frauen den Ursprung allen Übels zu sehen, vorderen Ver- benutzt auch Cazelles das Wort in seinem Beitrag: Une relecture

fuhrungskünsten sich der Mann hüten müsse. du Psaume XXXIX? (o. c, 119-128).

Das Buch füllt eine Lücke und regt zur Beschäftigung mit der Es ist klar, daß man, was das Alte Testament betrifft, in späte-

aufgerollten Problematik an. Die Ausführungen verraten einen rer Zeit ältere Texte in einem neuen Sinn „gelesen "hat, wofür die

wachen Sinn für menschliche Wirklichkeit. Unter Heranziehung Entwicklung der religiösen Auffassungen im alten Israel verant-

umfangreichen Quellenmaterials werden die Dinge ausgewogen wortlich war. Im Neuen Testament stellt man dasselbe fest im

erörtert. Es wird zudem eingestanden, wo manches nur erschlos- Verhältnis zum Alten. Die Frage ist aber, ob wir auch heute noch

sen oder vermutet werden kann. Man findet sogar das dem weib- so verfahren können. Für mich ist die Antwort klar: der Bibelex-

llchen Geschlecht rechtlich Vorteilhafte erwähnt (28f, 164). eget soll den Sinn erklären, den die Autoren ihren Texten gegeben

Nun sind allerdings ein paar Einwendungen zu machen: Es trifft nicht haben. Alles andere ist Spekulation. Die Harmonie der zwei Te-

den wahren Sachverhalt, wenn es heißt (710. in der geschichtlichen Zeit stamente bringt es mit sich, daß der Theologe, der in der Einheit

habe es Wanderpropheten gegeben, welche die Aufgabe hatten, dem Volke der Heilsgeschichte glaubt, im Neuen Testament oftmals die Er-

as Gesetz zu bringen. Und wie alt ist Dt 31,12f? Ferner kann man schwer- füHungen von Worten des Alten Testaments findet. In der Bibel-

Hi 31. l f dahingehend generalisieren, daß es die in der hellenistischen exegese hat man fast von Anfang an einen mehrfachen Schrift-

ch?ue er,rdehte AufTassung spiegele'es sei ein Verstoß gegen d!?f^' sinn gefunden, der sich im Mittelalter zur bekannten These des

^'c Moral, ein junges, unverheiratetes Mädchen anzuschauen (110). Das . . . , .

mehrfaM, j . vierfachen Schriftsinnes entwickelte, in der heutigen Exegese

'"t-nrtach vorkommende Verbot des Konnubiums mit den mchtisraeliti- . , . 6 v6v;>v.

schen Vorbewohnern beurteilt die Vfn. zu geradlinig als frühe historische aber seine Gültigkeit verlor. Thomas von Aquin kannte praktisch

Realität (128). nur einen sensus litteralis und einen sensus typologicus; dazu war

Der Schriftsatz ist nicht absolut druckfehlerfrei. Unter der benutzten Li- er ein Anhänger der Auslegung, die die Antiochener theon'a

'eratur entdeckt man nahezu keine Publikationen deutscher Gelehrter. Ein nannten (im Gegensatz zur allegoria der Alexandriner) - man vgl.

Lieblingswort der Autorin ist das Verbum ,to deem' (dafür gibt es mehrere seinen Psalmenkommentar.

ynonyma). Auf S. 220 erklärt der Autor, daß er, neben der „ Erfüllung" der

prinzipiell beurteilt die Vfn. m. E. die anstehenden Fragen zu- Gesetze und der prophetien, über eine neue Art der „Erfüllung"

retlend. obwohl sie sich manchmal etwas zu einseitig ausspricht. reden wiu. »i'accomplissement du recit«. Jesus Christus erfüllt

o hat es die strengen patriarchalen Konditionen in der alten Zeit >>les figures du redt fondateur<< (i.c.). Mit Bibelexegese im eigent-

noch mcht gegeben. Sie setzten sich erst nach und nach durch. Es hchen sinne hat dies nichts mehr zu tun sondern man befindet

st daneben irreführend, wenn es heißt, das Mädchen hätte sich sjch auf dem Gebiet einer Theologie, wo Intuition, nicht mehr

ei der geringsten Gelegenheit dazu in unerlaubte sexuelle Bezie- wissenschaftiiche Erklärung, die Hauptrolle spielt. Es liegt dabei

ungen angelassen und als Beleg dafür Sir 26,12 zitiert wird ganz an der Grundeinsteilung des Lesers, ob ihm dies gefällt oder

l "'- Denn diese Worte Selten nur von der Schamlosen im Ge- nicht; und er muß sdne Wanl treffen

sensatz zu differierenden Sätzen vorher und nachher. A. nahm ,m Kapite, IV(159-195) schreibt der Autor über das Hohelied,

'n solch anderslautendes Urteil in ihre Beweisführung auf, näm- das bekanntlich auch heute noch sehr verschieden interpretiert

•cn 36,24 - 27 (124), hat es jedoch nicht gebührend gewürdigt. wjrd Der Autor scnlag, eine nützliche Analyse des Textes vor,

esus Sirach hat versch.edentlich Worte über die gute und lobens- (eme aus viden!) und |st der Mejnung, daß die Liebeslieder eine

erte Frau. Sie sowohl wie auch gerade Prov 31,10-31 sollten Allegorie enthalten. Es gilt nicht, einfach die einzelnen Wörter zu

aer Erkenntnis den Weg öffnen, daß in der frühjüdischen Zeit entzifrern> sondern »les choses de l'homme signifient les choses

ebenso eine erheblich abweichende Anschauung über die Frau de Dieu<< (, g6) Am ehesten könnte man djes a,s Typologie be.

das eheliche Leben wirksam war. Eine Bestätigung hierfür zeichnen. Diese Deutung trägt jedoch die Gefahr der Willkür in

'etert ,m übrigen 1 (3) Es 4,13 - 32, ein Stück, das die Vfn. in sei- sjch) denn wie weiß man immer genau we|che _ Sachen GoUes„

nem Gewicht nicht auswertete. Damit aber nicht genug, blieben die ^Sachen des Menschen" bedeuten?

: beiden Bücher Ester und Judit völlig auf der Strecke. A. ent- Das Buch ßeauchamps stellt ein eigenes »genre litteraire« dar

nahm ,hnen - wie auch 1 Es - zwar einige Belegstellen, überging unterschieden von der üblichen wissenschaftlichen Exegese die

Der das in ihnen enthaltene Spezifische und gerade die Funk- dem Autor aber gut bekannt ist. Sein Hauptwert liegt in den theo-

'on^d,e dort den Hauptgestalten zukommt, welche durchaus in ,ogischen Betrachtungen, die es enthält und die man annehmen

u'e Kategorie der „average women" zählen, von denen die Un- kann oderauch nicht
tersuchung handelt (11).

Am Ende sei angemerkt, daß wohl Prov 31,1 Ob für den Obertitel
verwendet wurde, der Vers jedoch ohne Beziehung zu der Studie
bleibt.

Stuttgart Wolfram Herrmann

Camp, Ludger: Hiskija und Hiskijabild. Analyse und Interpretation
von2Kön 18-20. Altenberge: Telos 1990. 339 S. 8°= Mün-
steraner Theologische Abhandlungen, 9. Kart. DM 43.80.

^eauchamp. Paul: L'un et fautre Testament. II: Accomplir les „. _ _ , . , ,

Ecritures. Paris: Seuil 1990. 450 S. ST= Parole de Dieu. Kart, ffr Dle unter E- Zen8er "arbeitete Munsteraner kath.-theol. Dis-

180.-. sertation beabsichtigt eine erneute redaktionsgeschichtliche (vgl.

36) Untersuchung der vielbehandelten Hiskia-Überlieferung.

Der Autor will in diesem Buche eine „relecture" der Bibel, be- Ausgangspunkt ist dafür das literarkritische Modell der sog.

sonders des Alten Testaments geben (13; 15). Er will die alte „Ty- Smend-Schule für die Schichtung des dtr. Geschichtswerkes (vgl.

Pologie" »transplanter dans une theorie contemporaine du lan- den forschungsgeschichtlichen Überblick in Teil I, 11-37), dem

Sage« (14). Das schwer zu übersetzende Wort „relecture" scheint gegenüber dem Ansatz von F. M. Cross der Vorzug gegeben wird.

von Albert Gelin zu stammen, und hat nach ihm großen Anklang Allerdings sieht der Vf. als noch offene Probleme: 1. Datierung

gefunden, besonders bei französischen Exegeten, aber auch bei und Absicht von DtrH (gegen Veijola „bietet es sich nicht an, für

anderen. H. Cazelles findet das Wort „nicht glücklich" schreibt DtrH die Hoffnung auf das Weiterbestehen der davidischen Dy-

aber. daß Gelin lieber »reinterpretation« gebraucht hätte (A la nastie an einer an David ergangenen Verheißung... festzuma-

Nijmegen J. P. M. van der Ploeg