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Ausgabe:

1991

Spalte:

287-288

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Finck von Finckenstein, Albrecht

Titel/Untertitel:

Bischof und Reich 1991

Rezensent:

Haendler, Gert

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287

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang Nr. 4

288

Überlegungen zur ,„filmische(n)' Montage im literarischen Werk"
(als Voraussetzung zur Erstellung eines Gesamtbildes der „narrati-
ven Organisation" des 2. Evangeliums) - ausführlich über die
„Montage im MkEv" gehandelt wird, erschließt sich bereits von
dem genannten Verständnis des Begriffs „Montage" her das Ergebnis
der nachstehenden Ausführungen. Es lautet - kurz gefaßt - so:
Das MkEv stellt (als Ganzes) eine - durch eine „geschickt und variantenreich
gehandhabte Montagetechnik" seiner einzelnen Perspektivensegmente
(560) geschaffene - homogene Größe dar. Dieses Urteil
erstreckt sich ebenso auf die formale wie auf die inhaltliche
Seite dieser (am ehesten als „filmische Erzählung" zu verstehenden)
Schrift. Daraus folgt: Das MkEv ist „,von Grund auf und nicht erst
von der Ebene der mittelgroßen Komplexe an montiert" (623).

Spätestens an dieser Stelle ist jedoch Widerspruch angezeigt.
Denn mit diesem Urteil bestreitet Zwick nicht nur die Annahme einer
- relativ leicht nachzuweisenden - vormarkinischen Passionsgeschichte
, sondern jedweder dem 2. Evangelisten vorgelegenen (kleineren
) Traditionssammlung. Das Unbehagen des Rez. regt sich
allerdings schon früher. Betroffen fragt er sich: Wohin führt der
Weg der neutestamentlichen Forschung, wenn es - wie hier vorgeführt
- eines so außerordentlichen (insbesondere methodologischen)
Aufwandes bedarf, um dadurch letztlich eine einzige - wenn auch
grundlegende - (Hypo- )These zu erhärten? Das alles schließt nicht
aus, daß der Vf. ein an Informationen wie an Einzelbeobachtungen
reiches Buch vorgelegt hat. Und: daß er es mit Umsicht und Sorgfalt
erstellte. Hierfür gebührt ihm allemal Respekt.

Leipzig Werner Vogler

Kirchengeschichte: Mittelalter

Finck von Finckenstein, Albrecht Graf: Bischof und Reich. Untersuchungen
zum Integrationsprozeß des ottonisch-frühsalischen
Reiches (919-1056). Sigmaringen: Thorbecke 1989. 292 S., 1
Farbtaf. gr. 8 = Studien zur Mediävistik 1. Lw DM 94,-.

Die Düsseldorfer Habilitationsschrift von 1982 untersucht die Bischöfe
im entstehenden deutschen Reich und will deren politische
Rolle näher erfassen. Es geht um das „Problem der Konsolidierung
des Reiches durch Integration seiner Teile unter dem Aspekt der
kirchlichen Verfassung" (15). Man kann schon im 10. Jh. von einem
„Reichsepiskopat" sprechen, wie er 1122 im Wormser Konkordat
als selbstverständlich vorausgesetzt wird (28). Die Grenzen
der Stammesherzogtümer und die der Bistümer und Erzbistümer
stimmen nicht überein. Zumal die Erzbistümer Köln und Mainz
„besondere Ansatzpunkte einer Verklammerung und damit auch einer
Konsolidierung des Reiches" waren (33). Es wird untersucht,
ob die Bischöfe aus dem jeweiligen Herzogtum stammten, in dem
sie wirkten. Von 303 Bischöfen werden 219 in den Quellen gekennzeichnet
, davon 79 als „nicht indigen". Die Erzbischöfe von Köln,
Mainz und Magdeburg waren überwiegend „Landfremde". Dagegen
waren in Bayern nur 4 von 26 Bischöfen landfremd (38). Ausführlich
wird der „Werdegang der Bischöfe" untersucht (48-78). Thiet-
mar von Merseburg z. B. nennt seine Mitschüler in der Domschule
Magdeburg, die Bischöfe wurden: Wigbert von Merseburg, Brun
von Querfurth, Adalbert von Prag, Gunther und Thietmar von Osnabrück
, Eid von Meissen, Suidger von Münster und Bernhard von
Oldenburg (57). Es wird klar, „welch tiefgreifender, wohl auch sozialer
Unterschied zwischen Stiften und Klöstern einerseits und den
plebani der Pfarrgeistlichkeit andererseits bestand, indem sich kein
einziger ehemaliger Pfarrgeistlicher im Reichsepiskopat nachweisen
ließ" (65). Am besten war eine Karriere in der Hofkapelle, „deren
Mitglieder in der Umgebung des Königs engeren regionalen Bezügen
enthoben wurden" (65). Man konnte aber auch über eine „Fürstenkapelle
" (73-76) oder eine „Bischofskapelle" (76-78) aufsteigen
. Verwandtschaft der Bischöfe mit der Dynastie ist für 41 Bischöfe
nachweisbar, besonders für Köln und Trier, deren hoher
Anteil „der politischen Bedeutung beider sedes für die Integration
des Reiches entsprach" (81). Auch verwandtschaftliche Verbindungen
zum Landadel (89-96) und zum Reichsadel (97-101) werden
festgestellt.

Teil II fragt anhand ausgewählter Bischofsreihen nach den „Erhe-
bungsumständen und der politischen Wirksamkeit der Bischöfe vor
allem über die Grenzen ihrer Bistümer hinweg und in der Umgebung
des Königs im Reichsdienst" (193). Am Anfang steht Trier,
„dessen Erzbischöfe nach dem Anschluß Lothringens eine zentrale
Rolle bei der Integration dieses Reichsteiles spielen mußten" (106).
Es gab eine „Auswahl der Kandidaten aus allen deutschen Stammesprovinzen
, die entweder aus der Hofkapelle oder der königlichen
Verwandtschaft stammten" (118). Im Osten hat das Bistum
Merseburg dem Königtum besonders nahe gestanden; bei Bischofswahlen
waren die Könige meist dabei. Die Merseburger Bischöfe
waren „fast alle Kapelläne und fast zur Hälfte indigen" (130). Die
Bischöfe von Oldenburg haben den König nie beherbergt, eine „extreme
Königsferne" wird konstatiert, doch hat auch hier ein „stammesmäßiger
Austausch stattgefunden" (136). Bei den Bischöfen von
Chur gab es „eine zunehmende Verbindung zum Königtum" (141).
Die Reihe der Bischöfe von Brixen „zeichnet sich, soweit feststellbar
, durch die Geschlossenheit der bayerischen Herkunft ihrer Mitglieder
aus" (147). Der längste Abschnitt betrifft die Würzburger
Bischofsreihe (147-161), die fast durchweg aus „Mitgliedern der
Hofkapelle und darunter auch solchen, die der Dynastie nahe verwandt
waren" bestand (160). Zuletzt geht es um die Bischöfe des
erst spät gegründeten Bistums Bamberg: „Alle vier Bischöfe gingen
aus der engsten Umgebung des Königs hervor, drei waren Kapelläne
, darunter zwei Kanzler und ein naher Verwandter der Dynastie"

(169) . Es gab eine „Vielfalt der Voraussetzungen für die Integration
des Reiches und deren Verwirklichung durch den Reichsepiskopat"

(170) . Pauschal wird geurteilt: „Diese Konstanz im System einerseits
, aber auch der durch königliche Einwirkung unter all seinen
Voraussetzungen hohe Grad stammesmäßig-regionalen Austausches
im Reichsepiskopat selbst andererseits haben wohl wesentlich zu einer
Integration und Konsolidierung beigetragen" (175). Bischofslisten
und Personaltafeln (193-271) untermauern das Ergebnis, wobei
freilich häufig das Wort „unbekannt" in den Tafeln die Grenzen
unserer derzeitigen Kenntnis zeigt. Für Theologen, die am Problem
„Staat und Kirche" interessiert sind, wird Material in Hülle und
Fülle geboten.

Rostock Gert Hacndler

Wagner, Marion: Die philosophischen Implikate der ,Quarta Via'.
Eine Untersuchung zum vierten Gottesbeweis bei Thomas von
Aquin (S. Th. I 2,3c). Leiden-New York-Kopenhagen- Köln:
Brill 1989. XVIII, 146 S. gr. 8 = Studien zur Problemgeschichte
der antiken und mittelalterlichen Philosophie, 12. Lw. hfl 70,-.

Um es gleich vorab zu sagen: Für spezielle Thomasfreunde und
- kenner ist diese Arbeit sicher eine Freude. Für alle, die an mittelalterlicher
Philosophie und Theologie interessiert sind, ist sie ein
Buch, das man gern zur Kenntnis nimmt. Wessen Interessen zwar
der modernen Philosophie und Theologie gelten, wer aber keine besondere
Nähe zur Scholastik und ihrer uns heute manchmal recht
fremdartigen Terminologie hat, wird der Arbeit nicht allzu viel abgewinnen
können, denn das Buch baut keinerlei Brücken zu moderner
philosophischer Problematik und ihrer Begrifflichkeit.

Das Thema der Arbeit ist die quarta via, der vierte Gottesbeweis
(„Weg zu Gott") des Thomas von Aquin, also der sog. Stufenbeweis