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Ausgabe:

1991

Spalte:

282

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Grenholm, Cristina

Titel/Untertitel:

Romans interpreted 1991

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang Nr. 4

282

D>e eingehende Analyse der rhetorischen Struktur der Ermah- geeignete These. Doch sind ihr gegenüber erhebliche Zweifel angelungen
dieser Briefe nimmt den weitaus größten Teil der Untersu- bracht. Solche Leichtigkeit der Argumentation ist m. E. eine Folge
chung ein. Sie erfolgt freilich nicht isoliert, sondern auf dem Hinter- dessen, daß die zu Anfang erwähnte zweite Komponente der Pastogrund
anderer zeitgenössischer popularphilosophischer Schriften ralbriefe, ihr leidenschaftliches Bemühen um die paulinische Tradi-
vonviegend ethischen Charakters (Plutarch; Seneca), deren rhetori- tion, und damit auch um deren Wahrheits- und Verbindlichkeitsan-
sche Grundmuster in den einleitenden Kapiteln (II.-VI.) sehr in- Spruch, in dieser Studie kaum berücksichtigt wird.
struktiv herausgestellt werden. Als rhetorische Muster zeichnen sich

dabei ab: Anweisungen. Zitate, rhetorische Fragen, Verweise auf be- Erlangen Jürgen RolofT

reits Bekanntes und Gewohntes, gnomische Aussagen, Vergleiche,
Leidenskataloge, Tugend- und Lasterkataloge, Beispiele und Warnungen
(133). Das positive Beispiel des Sokrates bzw. seiner Schü-

|fr wird nicht nur direkt, sondern auch indirekt, in der Weise des Grenholm Cristina. Romans Interpreted. A Comparative Analysis
'ktiven brieflichen Berichtes über das Verhalten dieser Personen m of tne Commentaries of Barth, Nygren, Cranfield and Wilckens
est.rnrn.en Situationen dargestellt. Gleichsam spiegelbildlich dazu Qn pau,,s Epist,e tQ thg Romans Uppsa,a_StocknoIm. A, jst
■rd die Warnung vor Fehlverhalten durch das Kontrastbild der so- & wikse„ ,ntcm 199Q ,54 s gf g _ Ac(a Universita,is v

wstischen Gegner des wahren Philosophen vermittelt. Und zwar ijensis 30 Kart SEK 127-

bieten die Briefe ihre Beispiele durchweg in antithetischen Bezügen,

«m so anschaulich zu machen, was zu tun und was zu vermeiden ist Mjt der Hochflut der Kommentare die sejt einj Jahren dje

'63). Ja letztlich wollen sie selbst mittels ihrer biografischen De- exegetiscne Arbeit vor a„em am Neuen Testament heimsucht. nat

ans nichts weiter sein als "implicit examples along with the f.gures auch ejn neues Nachdenken darubgr begonnen, was dieses literari-

P'-cty singled out for Imitation or avoidance". (ebd.) sche Genus kennzeichnet und was man von ihm erwarten kann

c'n (etwas zu flüchtiger) Seitenblick auf die Rolle des persönh- 4 r ,. ... . . , • • . , ,

chP„ D . 6 ' , Auf diesem Hintergrund setzt nun eine komperativistische Analytik

« n Be ,s des Apos(els m den pauhnischen Homologumena ^ djg herausfinden will) in weIcher prismatischen Brechung der

U.) fuhrt zu dem Ergebnis, daß hier die zeitgenössischen Muster Gegenstand dgs Kommentars, die biblische Schrift. jm Werk des

"u rhetorischen Techniken zwar ebenfalls aufweisbar sind, jedoch . . , , . _.. . . K. , ..__. „ .

in rol ... , Auslegers ins Bild tritt. Die schwedische Neutestamentlenn Cnsti-

•eiativ bescheidenem Maße. Vor a em aber wachsen die Falle, in „ , ._ ..,„ . ,, u n . i- i j r...

den» u „ ... . ~ na Grenholm wählte das wohl anspruchsvollste Exempel, den Ro-

w'en sich Paulus in seinem Verhalten als Beispiel bzw. als Proto- , . c . . , . .. . . .

tVn H ,, , merbnef, und vergleicht die Auslegungen von vier Theologen von

■ v uarstellt, jeweils aus konkreten An ässen heraus; es fehlt die ,, „ jur r>__v__, n__,. . x,

TenHa „, _ , , ,. , hohem Rang und scharfem Profil: Karl Barth (2. Aufl.), Anders Ny-

■-'luenz zur Verallgemeinerung. Wenn Fiore darüber hinaus das „, , „ _ , . ... . „ , . . ,„,,

Fehl» a «. ■ j gren. Charles Cranfield (schottischer Presbytenaner, geb. 1915,

^-men aes Motivs besonderer, Gehorsam fordernder Autorität des „ . „.. ,„„(„,,, . ,„ . . ..... ,

Da,,.;„ u , ! , ... Kommentator des Rom im ICC 1985/86) und Ulrich Wilckens. Die

hunnischen Vorbilds konstatieren mochte (he aims at Imitation ,, . .. . „„ . ....

rattw .u j- , ■ ■•■ „ r.™, Verteilung hatte ausgewogener kaum sein können: je zwei Systema-

l"er tnan obedience of his authontative prescnptions [1901, so ... . . _ . , , . - .

ist h;0„ t- r ■,■ . , ... 7 „ ; .. ' tiker und zwei Exegeten, dabei zwei von reformierter und zwei von

' uies m. h. freilich uberzogen. Hier wäre die Bedeutung, die Pau- , • . -r , •• . * . ™ r> r , . ,

usri«.mn o j o . ■ _ , lutherischer Tradition geprägte Autoren. Die Befragung geschieht

U!> aem Umstand zumißt, daß er in seinem Verhalten durch seinen . ... . ... D , . . . .

anr,ct„i- . . „ ....... ,, , . auf drei Ebenen: sie gilt der jeweiligen Bestimmung des historischen

^wionschen Auftrag geprägt ist. starker in Anschlag zu bringen. . ~. , * , . . _

in(.„„ . ... , . . . ...... . „ Ortes, der Auffassung zentraler theologischer Themen und der Aus-

'"sgesamt aber durfte er mit seinem Nachweis richtig liegen, daß ^ un Rom 7

Einführung des persönlichen Vorbilds in den Pastoralbriefen eg"ng y°n om ' ... . , ,

weit „,„ . _ . . . - , . , . • Die Heraushebung gerade dieses Kapitels korrespondiert der

>-ii weniger den echten Paulusbriefen, als jener popularphilosophi- ...__, . ,. _ ,

sehp„ i . ■ , Wertung von Anders Nygren, war doch gerade dieser große Lehrer

•~"cn Literatur entspricht, deren repräsentatives Paradigma die So- . , ,, .__,__T ...___, .... ■ , •

kratiu= u ■ c ■ „,• ■ • ■ j -o des skandinavischen Luthertums darum bemuht, das simul mstus-

■oiiKerbnefe sind (VIII). Wie in jenen, so sind auch hier die Bei- . . . . . . _.....

SDielp i o, . ,, , . ^. . simul peccator der lutherischen Theologie in der Interpretation von

^'cie stark schematisierte Skizzen, die in Verbindung mit Tugend- -, c .., . „ . . _.

und i, . i , , ■ „,. . „" Rom 7 auf neue Weise zur Geltung zu bringen. Die Vorstellung

u,,a Lasterkatalogen erscheinen. Wie dort das Vorbild des Sokrates . - . ___, . °. . B ., _ . 77"

on o„j • ■ , ......„ , vom Aufeinandertreffen des alten und des neuen Aons im Subjekt

"» anderen weitergetragen wird, so wirkt hier das des Paulus wei- . „, . ■ . . . . .... . . _ r

terTi™ u , , .. .. . , ., „ . . des Christen ist nach wie vor der beachtlichste Gegenentwurf zur

' imotheus. Titus und deren Mitarbeitern. In beiden Briefcorpo- . . , . ~. ,■ , „ ... „

ra ««u „......., ■ dominierenden Auffassung, die (vor allem seit W. G. Kümmel

alenen negative Beispiele in antithetischer Relation zu den positi- ,rv-ir> • n- i u v j-- n ■__•. , xt. .. . . . .

ven „ u j- . ■ ... ^ 1929) in Rom 7,14-25 die Beschreibung des NichtChristen sieht,

wobei diese repräsentiert werden durch vage typisierte Gegner, ... , ... . . . . . . ,

an ri« ^ , • . ..... ^ . . - . . . , Hier kommt nun überraschenderweise von den drei Auslegern

"eren Geschick zugleich die Folgen des Fehlverhaltens veran- ~__j_vi u D~ u- Jr L »■

srh,„i L , ,. . ,^ ,■ ~ ■ Cranfield der Nygrenschen Position trotz unterschiedlicher Akzen-

"duueht werden. Hier wie dort wird ferner die Devise ausgege- .. . . ,____.__...__. „_r _..

ht'n a' , .,. . „ „ , * tuierung am nächsten - der dezidierte Reformierte dem profilierten

v"- uie verderbliche Gesellschaft dieser Repräsentanten des Nega- Lutheraner

tuBereichs zu meiden, bzw. ihnen mit konstruktiver Kritik _ ' . -r .r ». ..

öffpn.r u „ . r r weiteren „Testtragen zeigt sich, daß bei jeder von ihnen

,cmiich entgegenzutreten. Daruber hinaus ergeht der Aufruf, die . . „ , . . .

eie,»r,= r* . ■ , , . ... ...... neue Kombinationen von Konsens und Dissens zwischen den vier

senen Grundsätze durch werbende Lebensführung glaubwürdig . . . . „ r- , e ■ j j

dar7i,c«ii a ... n, r, a- r. Z <• • a Autoren auftauchen. Außer den sog. Einleitungsfragen sind es: das

zustellen. Und schließlich verfolgen die Pastoralbriefe wie die ..... . ... ... „ , ,, ...

SoWr^. i . . -......, . ....... Verhältnis von Altem und Neuem Bund, von Versöhnung und

"*rankerbriefe die Absicht, den Lehrer als gutes Beispiel und hilf- _ , .r . . . ... , , , . _ , . ,__ ,

reirh» ^ ■ • . . ,■ ■ Rechtfertigung, von vorchristlichem Leben und Eschatologie; dazu

,v-nen Gefährten stets gegenwartig zu halten zur ständigen Ennne- . „ .... ... . . . , _.. , . , „ .

mn„ . _ der Schlüssel (das geheime Thema) des Romerbnefs. Daß ein von

'ung an sein Programm (226). ...... „ , . . .. ... . „ ....

Po ■ . . ,,, . , . . . „. , , „ . , , . theologischen Grundentscheidungen bestimmtes Vorverstandnis
^ ist dem Vf. auch darin beizupflichten, daß es sich keineswegs .... .. , , ■ < < ■ j . • • ^

um „......... , „ . , , .. wichtig ist, dieses aber die Einzelexegese keineswegs determiniert,

.." eine direkte literarische Abhängigkeit handelt, daß vielmehr die . .. . . , ^ , .. , .. ... . . .

Ahni; l, ■ , ^f . ....... ist die bedeutsamste Erkenntnis, die wir dieser soliden Arbeit ent-

"iiucnkeit in der Einfuhrung und Auswertung des Vorbildmotivs . , ..

ak i„a • . j . , t t ■ i j • nehmen können,

inaiz für die weitgehende inhaltliche und motivliche Abhangig-

e«: der Pastoralbriefe von der zeitgenössischen Popularphilosophie LeipZig/Hallc (Saale) Wolfgang Wiefel

^' u30). Wenn er darüber hinaus annimmt, daß die Leser mit die-
^ni literarisch-rhetorischen Muster so weit vertraut gewesen seien,
^aß sie die Verfasserfiktion als dessen Teil erkannt und gleichsam
a's notwendiges „Spiel" durchschaut hätten, so ist dies zwar eine
Verlockende, weil zur Entschärfung der Pseudonymitätsproblematik