Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1991

Spalte:

272-273

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Schiffman, Lawrence H.

Titel/Untertitel:

The eschatological community of the Dead Sea scrolls 1991

Rezensent:

Kampen, John

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

271

zwar Probleme wegen der o.g. Kalenderumstellung, insgesamt fügen
sich hier die Daten aber besser zusammen.

In einem 6. Kapitel weist der Vf. zunächst auf die Besonderheiten
von M, LXX und Peschitta bzgl: der Chronologie hin. Anschließend
stellt er verschiedene nachbibl. Versuche vor, die z. T. miteinander
konkurrierenden Angaben des bibl. Texts in ein einheitliches System
zu bringen. Die Liste reicht von diversen antiken jüdischen Autoren
über das NT, Eusebius und Luther bis hin zu der weit verbreiteten
Arbeit des anglikanischen Erzbischofs in Irland Jakob Ussher
(1581-1656).

Dem Buch sind verschiedene Anhänge beigegeben: eine Synopse
bibl. Angaben, die Datierungen bei Josephus, eine mesop. Chronologie
(912-331 v.Chr.), eine absolute isr.-judäische Chronologie der
Regierungsjahre der Könige, eine Liste der babyl./jüd. Monatsnamen
. Daneben finden sich eine ausführliche Bibliographie, ein Stellenregister
(Bibel und AO), ein Sach- und Personenregister so wie
ein Verfasserverzeichnis.

Ob man nun alle mühselig gelernten Daten (etwa nach Jepsen) der
isr. Geschichte neu lernen muß? - Vielleicht! Auf jeden Fall kommt
derjenige, der über Ereignisse in der Geschichte Israels arbeitet,
nicht an dieser neuesten Studie über die Chronologie Israels vorbei.
Dabei ist ein geschlossenes chronologisches System, das ganz ohne
Hypothesen nicht auskommt, wegen der verschiedenen Interdepen-
denzen, die zwischen den einzelnen Angaben des AT und zwischen
diesen und der Umwelt bestehen, immer nur soviel wert, wie die
schwächste Hypothese zu tragen vermag. Wieviel Vertrauen man ihnen
schenkt, kann nur nach eigener sorgfältiger Prüfung entschieden
werden.

Marburg/Lahn Peter Mommer

Judaica

Kaufmann, Yehezkel: Christianity and Judaism. Two Covenants.
Transl. by C. W. Efroymson. Jerusalem: Magnes 1988. XI, 230 S.
8. Lw. $ 20,-.

Yehezkel Kaufmann (1889-1963) gehört zu jenen jüdischen Gelehrten
, deren Werk sich Außenstehenden nur schwer erschließt.
Das hat biographische, sprachliche und inhaltliche Gründe. Kaufmann
, in Südrußland geboren, erhielt seine religiöse Bildung in
Odessa zur Vorweltkriegszeit und kam als Zionist der ersten Generation
schon in den frühen zwanziger Jahren in das damalige Palästina
, wo er schließlich Professor für biblische Studien an der Hebräischen
Universität Jerusalem wurde. Seine Hauptwerke, die
zweibändige Geschichtsdarstellung "Gola we negar" (1929/30) und
die vierbändige israelitisch-jüdische Religionsgeschichte "Toledot
ha emunah hajisraelit" (1963), sind in Tel Aviv erschienen und haben
ihre Leser vor allem in Israel gefunden. Der andere Teil seiner
wissenschaftlich-publizistischen Arbeiten galt Fragen des Zionismus
, an dessen Selbstbestimmung in Auseinandersetzung mit dem
Kulturzionismus Achad Haams Kaufmann schon früh Anteil nahm,
und sozioreligiösen Problemen des Staates Israel.

Dem Historiker Kaufmann war es weniger um die Sammlung
von Fakten zu tun als um die Befragung der Geschichte vom Standpunkt
dessen, der die Diasporaexistenz mit der Zugehörigkeit zu einem
von außen und innen angefochtenen Gemeinwesen vertauscht
hatte. Der dem Verfasser persönlich verbunden gewesene amerikanische
Judaist C. W. Efroymson legt eine Teilübersetzung des älteren
Hauptwerks (englischer Titel: Exile and Estrangement) vor, die
die Kapitel 7-9 des ersten Bandes umfaßt. Man wird davon ausgehen
können, daß die Grundanliegen der Kaufmannschen Geschichtsbetrachtung
hier mit besonderer Deutlichkeit hervortreten.
Kernproblem ist die Frage nach den Ursachen und Folgen des Aufstiegs
des Christentums zur Weltreligion. Flankiert von je einem
Kapitel über das antike Judentum als Diasporareligion (1-45) und

272

Israels Ringen um seine Identität (181-208), galt der Hauptteil den
Anfängen der christlichen Kirche (46-108).

Für den Autor ist die Unterscheidung zwischen jüdischem Leben
unter dem vorchristlichen Paganismus und der späteren Minderheitssituation
in christlich-islamischer Umwelt von entscheidender
Bedeutung. Die monotheistische Propaganda der jüdisch-hellenistischen
Diaspora und die Gewinnung von Gottesfürchtigen hat nicht
das Judentum zur Weltreligion werden lassen, sondern den Triumph
der „Tochterreligionen" Christentum und Islam vorbereitet.
Daß in den Debatten um die Gültigkeit des jüdischen Gesetzes in
der frühen Christenheit die Mehrheit Paulus gefolg sei, erscheint
konsequent und zudem als Explikation dessen, was in Jesu Lehre
schon enthalten war (49). So ist denn auch das Bild des Paulus wie
auch das von Jesus selbst von allen polemisch-kritischen Untertönen
frei. Im Unterschied zu allen anderen jüdischen Interpreten
zweifelt er nicht daran, daß Jesu theologische Hauptgegner die Pharisäer
waren, die seine das Gesetz und damit das Judentum sprengende
Intention spürten (51), verurteilt wurde er jedoch von einem
sadduzäisch dominierten Synedrium als falscher Messias-Prophet
und wegen Blasphemie (123). Jesus habe im Zeichen der Naherwartung
des eschatologischen (unirdischen) Gottesreiches gelebt und
sich als apokalyptischen Menschensohn verstanden. Der in beiden
Vorstellungen angelegte Universalismus gehöre zu den Voraussetzungen
des Christentums als „Proselytenreligion". Auf Schritt und
Tritt spürt man, daß es sich um einen Text handelt, der vor über
sechzig Jahren formuliert wurde. Die Darstellung von Leben und
Lehre Jesu ist von formgeschichtlicher Kritik noch unberührt, zwischen
den Pharisäern der Zeit vor der Tempelzerstörung und den
Rabbinen der Mischna wird kaum unterschieden, die zur Zeit der
Abfassung neu erschlossene jüdische Apokalyptik ist präsent, die
moderne Gnosisforschung konnte noch nicht rezipiert werden. Der
Einfluß vom Julius Wellhausen und Wilhelm Bousset ist nicht zu
übersehen, Eduard Meyer und Joseph Klausner sind bevorzugte
Gesprächspartner.

Dennoch ist die Begegnung mit Yehezkel Kaufmann ein Gewinn.
Was an ihm besticht, ist die Konsequenz, mit der er die von ihm
herausgehobenen geschichtlichen Einzelheiten in den Dienst eines
Gesamtkonzepts stellt: das Christentum als Tochterreligion des Judentums
, dank deren die universalhistorische Mission Israels zum
Siege kam. An sich ist diese Idee nicht neu. In Deutschland wurde
sie von den jüdischen Hegelianern Salomo Formstecher und Samuel
Hirsch entfaltet, hat jedoch außerhalb der jüdischen Gemeinschaft
kaum Resonanz gefunden. Mit der vor allem dem angelsächsischen
Raum zugedachten Übersetzung, deren Zielsetzung auch
der vom Herausgeber gewählte Untertitel ausdrückt, möchte man
einen Beitrag zur Selbstdefinition des Judentums in einer christlichen
Umwelt leisten.

Leipzig/Halle (Saale) Wolfgang Wiefel

Schiffman, Lawrence H.: The Eschatological Community of Dad
Sea Scrolls. A Study of the Rule of the Congregation. Atlanta,
GA: Scholars 1989. XI, 101 S. gr. 8 = SBL. Monograph Series,
38. Kart. $ 14,95.

In his relentless efforts to provide major discussions of all the
texts of a legal nature found among the so-called Dead Sea Scrolls.
Lawrence Schiffman has produced a book-length study of the negle-
ted text, lQSa. In so doing he has produced the most extensive study
of this text available. White he does not wish to call it a com-
mentary (p. 10), he does discuss each literary unit in a separate
consecutive chapter, thereby producing a work which, with the ex-
ception of an introduction and conclusion, follows the body of the
text being discussed. An appendix contains a discussion of lQSb.
which he calls the Rule oj Benedictiom. A bibliography and various
indices aid the reader when using this study.

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang Nr. 4