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Ausgabe:

1991

Spalte:

213-215

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Titel/Untertitel:

Schöpfung und Vernichtung : religionsphilosophische Betrachtungen 1991

Rezensent:

Keil, Günther

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Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 3

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Buder, Walter: Mystik - Ereignis radikaler Menschlichkeit? Ein theolo- Metaphysik aus der Theologie zu entfernen. Ich sage, das ist eine

«■scher Versuch anhand Simone Weils Leben und Werk. Thaur: österr. Kultur- merkwürdige Folge, denn stellt man sich einen unvoreingenommenen

«rlag 1990.189 S. 8'=theologische trends, 3. Kart. öS 198.-. Nicht-Theologen vor, der von diesen Bemühungen erfährt, so würde

Dumont, Ch.: La spiritualite de Saint Bernard (NRTh 112, 1990, er stützen und fragen: ... Was sind denn Religion und Christentum

502-515>. ohne Metaphysik? Ich muß gestehen, daß ich diesem un voreingenom-

Espezel, A.: Quelques aspects de la soteriologie de Hans Urs von Balthasar menen Nicht-Theologen nur beistimmen kann. Religion und Chri-

(NRTh 112,1990,80-92). stentum enthalten eine Totaldeutung des Daseins, und das pflegen wir

J^^^^^^hlU^^mWttKm sonstMetaphysikzunennen."(263)

Fisichell., R.norRileggenoo Hans Urs von Balthasar (Gr. 71, 1990, Solche Gedanken entwickelt L.s Buch in ständiger Auseinanderset-

511 _546) zung mit der Philosophie, besonders der empiristischen, aber auch mit

Glooto, Daniela: Scholastik und Piatonismus im Prolog zum Sentenzenkom- der Lebensanschauung des modernen zum Nihilismus hinneigenden

mentar des Aegidius von Viterbo(Aug[L] 39,1989,132-153). Menschen überhaupt. Seine religionsphilosophische Methode ist

Graf, Friedrich Wilhelm: Friedrich Gogartens Deutung der Moderne (ZKG jjg phänomenologische. Auch Kunst und Literatur werden

100,1989,169-230). immer wieder in der Betrachtung berücksichtigt.

Kehl, N.: Bemerkungen zu einer Neuausgabe von Hippolyts „Refutatio" ^ s Gedanken gehen sehr oft eigene Wege, was ihnen Format gibt

<zKTh ii2,1990,304-314). und sie sehr lesenswert macht, aber sie sind deshalb nicht immer leicht

<ZKTh 112 S>o fSO TlTm m ChriS,US "aCh °riBeneS' verständlich, zumal sie nicht immer bis zum letzten durchgeführt und

Malanowski G E "Emile Mersch. S. J. (1890-1940). Un christocentrisme geklärt sind. Das gilt in besonderer Weise für den so wichtigen Gedan-

unifie(NRTh 112,1990,44-46). ken eines „singulären Universale" (139ff). Dieses singulare Univer-

Masset, P.: Une parente spirituelle: Saint Bernard et Aime Forest (NRTh sale steht einerseits im Gegensatz zu dem Allgemeinen, von dem aus
"2, 1990,551-569). sich das Besondere deduzieren läßt. Vor allem aber steht es andereren
«, Jose M.: Justicia de Dios. Rudolf Bultmann interprete de la teologia seits im Gegensatz zum Partikularen. Während das Partikulare teilbar
Paulina de lajustificaciön (Gr. 71,1990,259-291). jst unc) sejne Teile in Kontinuität zueinander stehen, so daß sie sich

Orbe, Antonio: En Torno al modalismo de Marcion (Gr. 71,1990,43-65). gegenseitig kausal beeinflussen können (ein Teil stößt an das andere),

Rieks. Annette: Die französische Sozial- und Mentalitätsgeschichte als Basis singuläres Universale zum anderen in Diskontinuität und

emerGescmchtederglaub.ndenMenschen,ZKG 101, 199*58-79). J J dem ^ ^ ^ ^

Rodger, Symeon: The Sotenology of Anselm of Canterbury: an Orthodox 6 . . , , „ ,. . r- u j- i> u- j

Perspective (GOTR 34 1989 19-43) Analogie (so hat z. B. die rote Farbe dieser Rose hier mit der roten

Schilson. Arno: Romano Guardini und die Theologie der Gegenwart. Farbe jenes Kleidungsstückes dort keine unmittelbare Berührung,

AsPekte einer vergessenen Wirkungsgeschichte (ThGI 80,1990,152-164). wohl aber eine Analogie). Singulär ist es, weil es je dieses (je diese rote

Tekippe, Terry J.: Lonergan's Analysis of Error: An Experiment (Gr. 71, Farbe) ist, universal, weil es untereinander in Analogie steht. Es erhält

1990,353-374). sich nicht durch Kausalität, sondern durch Selbstregulierung (so

erhält sich z. B. der menschliche Organismus durch Selbstregulie-

PhiIOSODhi6, ReligiOnSphilOSOphie ™ng je selbst). Leider wird ein so wichtiger Gedanke, der neben das

r ° r moderne Denken ausschließlich in Kausalitäten ein dem Religiösen

, . mehr angemessenes Denken in Analogien zu setzen erlaubt, nicht

Lentrup, Knud E, Schöpfung und Vernichtung. Religtonsph, oso- durchgeführt: Es fehlt z. B. eine Auseinandersetzung mit

Phische Betrachtungen. Metaphysik IV. Ubers, von R. Logstrup. ° __.. . . ~

Tübingen: Mohr .990. XI, 346 S 8'. geb. DM 88,-. dem Universal.enprob.em in seiner ganzen Breite (nur Andeutungen

sind hier vorhanden). Es fehlt aber auch jede Erwähnung etwa von

-Glaube ohne Verstehen und ohne eine Rechenschaftsablage des- Leibniz' Monaden, die L.s singulären Universalien doch sehr nähern
, was wir glauben, ist gar kein Glaube, es ist Obskurantismus." kommen dürften. Damit ist ein Denkstil gegeben, der Gedanken von
(252) Glaube muß also überprüfbar sein. Diese Überprüfung der zweifellos weitreichender Bedeutung andeutet, aber eben zu oft nur
Glaubensgehalte bedeutet freilich weder deren Verifikation noch andeutet, ohne sie in der wünschenswerten Breite auch auszuführen.
deren Falsifikation, sondern eine Entbehrlichkeitsprobe. Mit anderen Aber es ist wohl die Fülle der Gedanken, die es L. unmöglich gemacht
worten: Auch wenn wir Freiheit haben, die religiösen Phänomene haben, sie eingehend durchzuführen, und für diese Fülle ist man dem
re'igiös oder irreligiös zu deuten, so läßt sich zeigen, daß religiöse Buch doch sehr dankbar.

Phänomene auch bei einer irreligiösen Deutung nicht verschwinden, So sind dem Vf. auch einige Flüchtigkeiten unterlaufen: Zum Beisondern
in der irreligiösen Deutung selbst - wenn auch in Illusionen spiel: „Den Gedanken vom Lauf der Zeit als einem Kreislauf können
verschleiert - wiederkehren. Eine solche Probe gibt es z. B. für das wir liegenlassen; er ist für uns" (heutige Menschen) „nicht aktuell und
Erschaffensein des Lebens: „Paradoxerweise verhält es sich so, daß wir können ihn nicht nachvollziehen." (26) Hier kann man L. nur fra-
Qer Gedanke vom Erschaffensein des Lebens um so lebendiger hervor- gen: Ist Nietzsche vielleicht kein moderner Mensch, der gerade als
lrit,> je kräftiger er bestritten wird und je heftiger das Absurditäts- moderner Mensch in der Wiederkehr des Gleichen den zyklischen
er|ebnis ist... Ein eindeutiger und absoluter Nihilismus ist unmög- Zeitbegriff bejahte? Doch das sind gewiß Kleinigkeiten.
lich." (268) Vor allem zeigt diese Überprüfung nun, daß unser Dasein Dieses Buch L.s, das nun in deutscher Übersetzung vorliegt, ist in
a"f etwas ruht, was wir in keiner Weise in unserer Gewalt haben (auf dänischer Sprache 1978 als (religionsphilosophischer) Band IV einer
e'nem überweltlichen Gott also): „Die Überprüfung besteht nicht „Metaphysik" erschienen. Nachdem wir uns bisher bemüht haben,
^rin, daß wir mit einer unanfechtbaren Grundlage und festgelegten die denkerischen Grundzüge und den Stil dieses Werkes in aller Kürze
Kriterien auftreten, vielmehr besteht sie in der Entlarvung unserer herauszustellen, müssen wir uns nun den behandelten Inhalten zu-
Totalillusionen, vor allem unserer Grundtäuschung, nicht wahrhaben wenden.
Zu wollen, daß wir in unserem gesamten Leben auf ein uns völlig , . _

Frpm, .... „ .. . , i_____ Das Buch beginnt mit der Frage nach der Zeit. Von Augustin ausgehend und

rremdes, das wir nicht in unserer Gewalt haben, angewiesen sind. •. U1J u

n«7, in Auseinandersetzung mit Husserl und anderen, versucht es sich eine eigene

Zeittheorie zu erarbeiten. In unserer Wirklichkeit steht alles Sein unter dem

Diese Art der Überprüfung ist damit weit entfernt von den dedukti- Gese(z yon Schöpfung und Vernichtung. Dennoch kann niemand die Vernich-

^er> Gottesbeweisen der alten Metaphysik. Aber ihre eigentliche (ung besonders seine eigene, einfach hinnehmen. Der Mensch lebt deshalb

Frontstellung richtet sich gegen die moderne Metaphysiklosigkeit in immer zugleich in einem „Aufstand gegen die Vernichtung": Er sucht das Sein

Philosophie und Theologie, besonders die Karl Barths: „.. . daß man gegen dessen Vernichtung aufzuschieben. Dieser Aufschub gegen die Vemich-

ln der Theologie bereits ein ganzes Jahrhundert lang bestrebt war, die tung konstituiert nun die Zeit. Zeit entsteht also aus dem Aufstand gegen die