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Ausgabe:

1991

Spalte:

195-196

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Nr. 91 - 150 1991

Rezensent:

Haendler, Gert

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195

Theologische Literaturzeitung 116. Jahrgang 1991 Nr. 3

196

(78-83) eigens hinweist, erfolgt mit Recht, da das Verb „praesuppo-
nere" bei NvK (und nicht nur bei ihm!) eine Schlüsselstellung einnimmt
. Auch der Abschnitt „Die Entsprechung von Methode und
Inhalt der una fides" (83-87) erscheint als verdienstvoll, vor allem der
Hinweis auf De mente XV.

Zur Wirkungsgeschichte bringt der Vf. auch nicht viel Neues;
manches Bekannte fehlt, Wertungen verblüffen. Wie kann man NvK
vorwerfen: „Das alte scholastische Sprachgewand, in das er seine
humanistischen und neuzeitlichen Ideen kleidete, behinderte deren
Rezeption" (89)? Diesen Vorwurf zu erheben erscheint bei NvK als
grotesk! Kannte man im 17./18. Jh. NvK „nur im entstellenden Licht
des Giordano Bruno" (ib.) bzw. blieb diesen Jahrhunderten „die
cusanische Philosophie" verborgen (96)? Was hat jüngst Meier-Oeser
alles ans Licht geholt; dessen Arbeit konnte der Vf. freilich noch nicht
kennen. Aber Leibniz, Biedermann u. a. werden gar nicht erwähnt!
Die Konkordanz der Interpretationen des 19.(?) und 20. Jh. ist dagegen
verdienstvoll, m. E. das Beste am ganzen Buch. Aber von einer
„Entdeckung" des NvK im 19. Jh. kann man kaum sprechen.

Daß NvK den Weltreligionen zu seiner Zeit nicht gerecht geworden
ist, stimmt gewiß. Wie sollte er auch? Hier dürfte man den zeitlichen
Hintergrund nicht übersehen. Und meint der Vf. wirklich, E. Cassirer
werte die Christologie des NvK richtig: „Die Christus-Idee wird zur
Rechtfertigung, zur religiösen Legitimation und Sanktion der Idee der
Humanität aufgerufen" (122)? Man lese nur die Predigten des NvK!
Ging es NvK wirklich mit De pace fidei um „die vernunftgemäße
Suche nach der zugrundeliegenden Einheit der Religionen"; dürfen
die „christlichen Inhalte der Friedensschrift... nicht als positiv
fixierte Erkenntnisse mit absolutem Wahrheitsanspruch angesehen
werden, sondern als relativ präzise Bezeichnung der unaussprechlichen
Wahrheit" (126, vgl. 163)?

Kap. 3 wertet „Die Friedensschrift im Rahmen des cusanischen
Denkens" (128-181). Hier gelingen dem Vf. gute, bedenkenswerte
Interpretationen. Mir ist aber nicht immer einsichtig, in welchen
Beziehungen sie zu De pace fidei stehen. Und unter „Konsequenzen
und Ergebnisse" sucht man dies In-Beziehung-Setzen zunächst auch
vergeblich, geht es hier doch zuerst um Sprach- und Theologiekritik.
Am Schluß finden sich Aussagen dazu, doch: Sind wirklich alle Religionen
für NvK „nur mutmaßlich" (178)? NvK hätte sicher auch
nicht resümiert: „So fordert ,De pace fidei' nicht die Ausrottung der
Religionsvielfalt durch die Konstitution einer Universalreligion, sondern
den Dialog der Religionen und die Bildung eines der Wahrheit
angemessenen, und das heißt bescheidenen Bewußtseins" (179). Richtig
dagegen spricht der Vf. von „einer unbezweifelbaren cusanischen
Überzeugung von der Überlegenheit des Christentums gegenüber den
anderen Religionen", aber nicht „alle Religionen" weichen „unendlich
von der ewigen Wahrheit" ab (181). So relativiert NvK den christlichen
Glauben, der für ihn stets die fides orthodoxa ist, ganz gewiß
nicht!

Freiberg/Leipzig Karl-Hermann Kandier

Am meisten Briefe bekommt Papst Alexander II.: sieben. Die
Anrede ist demütig: „Domno Alexandra summae sedis antistiti,
Petrus peccator monachus servitutem" (46). Petrus beklagt Laster und
Unrecht in dieser Welt; er hofft, daß der Papst dagegen vorgehen möge
(Ep. 96). Er bittet den Papst, mit Gesetzen dagegen vorzugehen, daß
Kanoniker Privatbesitz für sich beanspruchen (Ep. 98). Brief 107 antwortet
auf Beanstandungen durch Papst Alexander und den Archidia-
kon Hildebrand. Brief 108 geht auf die Frage ein, weshalb Päpste oft
nur kurz amtierten; in seiner Antwort verweist Petrus u. a. auf die
römischen Kaiser Gelba, Otho und Vitellius, die auch nur kurz regiert
hatten; das erstaunt, da die Päpste - trotz aller faktischen Machtentfaltung
- sich doch kaum jemals als Nachfolger der altrömisch-heidnischen
Kaiser verstanden haben. Brief 122 bittet den Papst um Hilfe
für einen bedrängten Bischof. Brief 140 fordert den Papst auf, „gegen
diejenigen vorzugehen, die den Kauf eines Kirchenamtes von einem
Laien nicht für Simonie halten, wenn nur die durch Handauflegung
vorgenommene Einsetzung gratis erfolgte" (478; vgl. auch Ep. 141).

Fünf Briefe sind an die Kaiserin Agnes gerichtet: Sie wird gelobt
wegen ihres Entschlusses, der Welt zu entsagen (Ep. 104). Brief 124
will sie trösten in der für sie ungewohnten Einsamkeit. Mit ähnlicher
Zielsetzung zitiert Brief 130 u. a. Hbr 13,14: „Non enim habemus hic
manentem civitatem, sed futuram inquirimus" (435). Als die Kaiserin
Agnes 1067 am deutschen Königshof weilt, drängt Petrus auf baldige
Rückkehr: „Revertere ergo, domina mi, revertere" (526, Ep 144). Er
warnt sie, wieder in das weltliche Lebens zurückzukehren (546,
Ep. 149). Die „Staatskirche" ist ihm nicht suspekt: Er fordert Heinrich
IV. 1065/66 zum Eingreifen in Rom auf (Ep. 120); Klerus und
Volk von Faenza sollen mit der Wahl ihres Bischofs auf den König
warten (Ep. 147).

Mehrfach setzt sich Petrus Damiani für den Zölibat ein. Dem
Bischof von Turin, der Klerikern die Ehe erlaubt hatte, will er aus
der Bibel und dem Kirchenrecht nachweisen, daß die Ehe den Geistlichen
verboten sei (Ep. 122). Markgräfin Adelheid soll ihn im Kampf
gegen im Konkubinat lebende Priester unterstützen (295); jene Markgräfin
war dreimal verheiratet und dürfte das Anliegen nicht voll
geteilt haben. Auch die Briefe 123 und 141 gehen in diese Richtung.
Eng ist seine Bindung an Klöster; er legt Wert darauf, in das Totengedenken
des Klosters Cluny aufgenommen zu werden (138, Ep. 103).
Sechs Briefe gehen nach Monte Cassino; Abt Desiderius wird 4mal
angeschrieben (Ep. 95, 102, 106 und 119). Abt und Mönche des
Marienklosters in Konstantinopel bekommen Glückwünsche, daß sie
in der Fremde nicht vom katholischen Glauben abgewichen sind
(437, Ep. 131). Dem Patriarchen in Konstantinopel schreibt er, um
ihm zu erklären, daß der Hl. Geist auch vom Sohne ausgehe (filioque)
(Ep. 91). Gelegentlich warnte Petrus Damiani auch vor Übertreibungen
(Ep. 133 und 139). Für sich selbst erbittet er Fürbitte „beim
Kampf gegen seine zahlreichen Sünden, von denen er die scurrilitas
für die schlimmste hält" (472, Ep. 138).

Rostock Gert Haendler

Reindel, Kurt [Hg.]: Die Briefe des Petrus Damiani. 3: Nr. 91-150.
München: MonumentaGermaniae Historica 1989. XXX, 557 S. 4°
= Monumenta Germaniae Historica. Die Briefe der deutschen Kaiserzeit
. IV. Bd., Teil 3. Lw. DM 120,-.

Band 1 der Briefe des Petrus Damiani erschien 1983 (ThLZ 112,
1987, 520; Band 2 mit den Briefen 41-90 aus den Jahren 1052-1062
erschien 1988 (ThLZ 114, 1989, 40). Band 3 beginnt mit der Feststellung
, daß sich „der ursprünglich geplante Umfang von drei Bänden
nicht einhalten ließ. Der vorgelegte 3. Band bringt die Briefe 91-150
aus den Jahren 1062-1067; der abschließende 4. Band soll die Briefe
151-180 sowie Register für das Gesamtwerk enthalten" (Vorwort).
Die nunmehr edierten 60 Briefe aus den 6 Jahren zeigen die weit gespannten
Beziehungen und vielfältigen Anliegen des Petrus Damiani.

Naszälyi, Emil: Mit Bernhard von Clairvaux ins Abenteuer der Liebe.

Hg. u. eingel. von G. Sartory, übers, von I. Koch. St. Ottilien: EOS
1989. 390 S. 8°. Pp. DM38,-.

Das Buch hieß im ungarischen Original „Csücsok es Szakadekok"
(Höhen und Tiefen). Es wurde geschrieben in der Cistercienserinnen-
abtei Regina Mundi unter denkbar schweren Umständen, die von der
Hgn. geschildert werden (14-24). In einer Einführung (26-56) heißt
es: „Wer mit einem eher historischen oder gar wissenschaftlichen
Interesse dieses Buch zur Hand nähme, wäre schnell enttäuscht. Die
Information wäre ihm nicht präzise genug. Kann man doch auf weite
Strecken hin nicht einmal erkennen, wer da jeweils spricht. Ist es
Bernhard? Ist es der Autor? Es ist wie eine Symbiose. Gewiß gibt es da
auch unzählige und ausführliche authentische Texte ... und natür-