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Ausgabe:

1990

Spalte:

143-144

Kategorie:

Religions- und Kirchensoziologie

Autor/Hrsg.:

Gill, Robin

Titel/Untertitel:

Theology and Sociology 1990

Rezensent:

R. M.

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Seite 1

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143

Theologische Literaturzeitung 115. Jahrgang 1990 Nr. 2

144

Ulrich, Hans G.: Wege und Perspektiven ethischer Diskussion (VF 34, 1989,
22-52).

Wolterstorff, Nicholas: Justice et paix s'embrassent. Traduction francaise de
P. Durand et J. Philibert. Geneve: Labor et Fides 1988. 256 S. 8" = LeChamp
Ethique, 15.

Religions- und Kirchensoziologie

Fischer, Gudrun: Alltag und Festtag im Jahreslauf. Ein landeskundliches
Lese- und Arbeitsbuch. Leipzig: VEB Enzyklopädie 1988.
152 S. m. Abb. 8". M 9,50.

Dieses Buch ist vorrangig als Ergänzungsmaterial für den fremdsprachlichen
Deutschunterricht in oberen Klassen von Schulen und
unteren Studienjahren an Hochschulen bestimmt. Vorausgesetzt wird
also ein mittleres bis fortgeschrittenes Sprachniveau. Als gestalterische
Grundidee wurde dabei die Form des Kalenders gewählt.
Jedem Monat sind zwei oder drei Themen zugeordnet. Anknüpfend
an Feier-, Gedenk- und Ehrentage sowie Feste im öffentlichen und
privaten Bereich, soll das Leben in der DDR anschaulich gemacht
werden. Einbezogen sind dabei alte und neue Sitten und Traditionen
bis zum volkstümlichen Aberglauben.

Für den Rez. sind jene Beiträge interessant, die auf kirchliches
Brauchtum Bezug nehmen. Unter der Überschrift: „Alte und neue
Osterbräuche" (S. 52 ff) macht z. B. Peter Salden auf das Osterreiten in
vielen Dörfern der Lausitz aufmerksam. Die Studierenden sollen
dabei die Frage 23 beantworten: „Sehen Sie Gemeinsamkeiten
zwischen den ursprünglich germanisch-heidnischen Frühlingsbräuchen
und dem christlichen Osterfest?" Auch bei der Frage nach der
Berechnung des Ostertermins informiert der Autor sachentsprechend
.

Interessant ist auch eine Tabelle für die Jahre 1977 bis 1985 mit den
Zahlen der Eheschließungen bzw. -Scheidungen pro 1000 der Bevölkerung
(S. 66). Immerhin ist die Zahl der Eheschließungen von 8,8 auf
7,9 zurückgegangen, während die Ehescheidungen von 2,6 auf 3,1
stiegen.

Aufschlußreich ist für den „traurige(n) Monat November"
(S. 130ff) eine Erzählung von Wolfgang Kohlhaase: „Worin besteht
das Neue auf dem Friedhof?" Es wird eine Bestattungsfeier geschil--
dert, die ein Redner hielt. „Der Mann hatte, hinter einer Brille,
erschrockene Augen, er trug eine rote Kunstledermappe in der Hand,
an seinem Revers sah ich das Abzeichen der SED... Er sprach
schnell und leise und wirkte unsicher. Erst jetzt wunderte ich mich,
warum eigenlich kein Pfarrer da war ... So gab es also keine Predigt,
sondern eine Rede, eine leise vorgelesene Rede. Und es fehlten ihr jene
Wendungen, die das Unabänderliche verklären und die das Gemüt so
seltsam anrühren, auch wenn wir nicht glauben." (S. 131)

Schließlich werden Advent, Weihnachten und Silvester thematisiert
(S. 137ff) mit den vielen Sitten und Bräuchen. Heinrich Heines
Gedicht: „Die Heil'gen Drei Könige" fehlt ebensowenig wie Martin
Luthers Choral: „Vom Himmel hoch, da komm ich her". Eine Aufgabenstellung
Tür die Studierenden lautet: „Erzählen Sie die Weihnachtsgeschichte
, wie sie in der Bibel überliefert ist!" (S. 141)

Insgesamt hält dieses Buch, was es im Titel verspricht. Es zeigt den
Alltag in der DDR, benennt gesellschaftliche und kirchliche Feste,
und das entsprechende Brauchtum wird kurz umrissen. Wer dieses
landeskundliche Lese- und Arbeitsbuch studiert, gewinnt ein Bild
vom Alltag und Festtag im Jahreslauf hierzulande.

Leipzig Gottfried Kretzschniar

Gill, Robin: Theology and Sociology: A reader, ed. and introduced.
London: Chapman; New York - Mahwah: Paulist 1987. VII,
424 S.8 Kart.S 14.95.

Zu dem einerseits ständig wachsenden Berührungsfeld zwischen
Theologie und Soziologie und andererseits der kontinuierlichen Spezifizierung
soziologischer Instrumente wie auch theologischer
Arbeitsweisen legt Gill, Senior Lecturer in Edinburgh, ein Arbeitsbuch
vor. Damit möchte er auch der sich verändernden Situation
Rechnung tragen: "Now the Situation has changed very considerably
and this Reader is an attempt to map out some of these changes and to
present them in a form convenient for students." (1)

Gill teilt die 28 "extracts" in vier Bereiche. Der erste Teil
"Classical Studies" bringt sechs Beiträge von Max Weber, Emile
Dürkheim, Ernst Troeltsch, H. Richard Niebuhr und Karl Mannheim
. Hg. möchte damit die Interaktionssoziologie, die Funktionali-
sations-Theorie, das Verhältnis Sekte - Kirche in soziologischer Sicht
und den Relationalismus vorstellen. Der zweite Teil "Implications for
Theological Studies" enthält acht Beiträge von Peter L. Berger, Rode-
rick Martin, Robert N. Bellah, Gregory Baum, Robin Göll, Timothy
Radclilfe, David Marlin und Garrett Green zu den methodologischen
Grundfragen, zur sozialen Rolle und zur Begriffsbestimmung der
Theologie. Im dritten Teil "Implications for Biblical Studies" sind
sieben Beiträge enthalten, von Norman K. Gotiwald, Cyril S. Rodd,
Robert P. Caroll, Robin Seroggs, John G. Gager, Gerd Theiflen und
Wayne A. Meeks, die sich mit der Bestimmung sozio-ökonomischer
Faktoren, der kognitiven Dissonanz bei der Interpretation biblischer
Texte sowie der Bedeutung der sozial-kritischen Analyse befassen. Im
vierten Teil "Implications for Applied Theology" werden in sieben
Aufsätzen von Robin Gill, David Martin. Mady A. f'hung, E. Mansell
Parrison. Robert Boeoek. Victor Turner und Edward Schillebeeckx
soziologische Konsequenzen für die christliche Ethik, die kirchliche
Organisation, für Seelsorge, Liturgie und Amt gezogen.

R.M.

Praktische Theologie: Allgemeines

Die Bedeutung der Taufe für die Zulassung zum Abendmahl. Ein

Votum der Kommission für theologische Grundsatzfragen des
Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR. Berlin: Evang.
Vcrlagsanstalt 1989. 48 S. 8 M 2,80.

Das hier behandelte Problem ist keinesweg DDR-spezifisch, sondern
überall dort aktuell, wo eine die bisherige Praxis des (selbstverständlichen
) Nacheinanders von Taufe und Abendmahl abstützende
Sozialgestalt von Kirche (.,Volkskirche") tiefergreifenden Veränderungen
ausgesetzt ist und diese auch theologisch problematisiert wird
(vgl. die Taufdiskussion im Anschluß an K. Barths Taufschrift).

Es ist zu begrüßen, daß die genannte Kommission das brisante
Thema aufgegriffen und aus praktisch-theologischer (Curt Stauss; 19),
neutestamentlicher (Günther Baumbach; 25), kirchengeschichtlicher
(Wolfgang Ullmann; 34) und systematisch-theologischer Sicht
(Ernst-Heinz Amberg; 44) bearbeitet hat. Die Konferenz der Ev.
Kirchenleitungen in der DDR hat das so erarbeitete Votum der Kommission
(7ff) „mit Zustimmung" entgegengenommen, und zwar als
eine „Erläuterung des Grundsatzes, daß die Taufe Voraussetzung Tür
die Teilnahme am Abendmahl ist" (48).

Aus der interessanten Diskussion können leider nur einzelne
Aspekte herausgegriffen werden. Da wird betont, „daß sich im Vollzug
des Abendmahls mehr ereignet als die Herstellung einer wirkungsvollen
menschlichen Gemeinschaft untereinander" (14), auch wenn
vor allem junge Menschen das Abendmahl eher als „Kommunikationswirklichkeit
" (24) und weniger als „Sakrament" verstehen
möchten. Weiter: „Missionarische Verkündigung soll auf die gemein'
same Feier des Abendmahls hinführen, kann diese aber nicht vorwegnehmen
wollen" (15). Endlich: „Die kirchliche GrundentschcicHm«
der Zuordnung von Taufe und Abendmahl bedarf der seelsorgcrlichcn
Vermittlung. Es genügt nicht, sie katcchctisch zu interpretieren"
(16).